- Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf
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Die Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf für die Opfer nationalsozialistischer Gewaltherrschaft wurde 1987 in Düsseldorf eröffnet und erinnert an alle Opfer des NS-Regimes. Sie befindet sich im historischen Stadthaus in der Altstadt, Mühlenstraße 29, und ist ein Ort des Lernens, Forschens und Gedenkens.
Inhaltsverzeichnis
Gedenkstätte im Stadthaus
Die Gedenkstätte befindet sich in historischen Räumen, denn diese dienten in der NS-Zeit als Büros, Vernehmungsräume und Haftzellen der Polizei. 1926 bis Anfang 1934 hatte hier das Polizeipräsidium seinen Sitz, dem zwischen April 1933 und März 1934 auch die neu entstandene Staatspolizeileitstelle Düsseldorf (Gestapo) untergeordnet war. Später bezog das Wehrbezirkskommando das Haus, ferner waren städtische Behörden untergebracht, die an der Verfolgung und Ausgrenzung von Juden, Sinti und Homosexuellen beteiligt waren oder für den „Arbeitseinsatz“ der rund 40.000 Zwangsarbeiter auf Düsseldorfer Stadtgebiet (Arbeitsamt) verantwortlich zeichneten. Im Krieg wurden die authentisch erhaltenen Kellerräume als öffentliche Luftschutzräume genutzt, die noch heute zu besichtigen sind.
Entstehung
Bereits kurz nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurde vorgeschlagen, eine Gedenkstätte für die Opfer des Nationalsozialismus in Düsseldorf zu errichten. Beschlossen wurde zunächst die Errichtung eines zentralen Mahnmals, das aber erst im November 1958 am Nordfriedhof enthüllt wurde und nun zugleich dem Gedenken an „die Opfer des politischen Terrors“, „die Opfer des Krieges und der Gefangenschaft“ und der „Flüchtlinge und Heimatvertriebenen“ dienen sollte: Die „drei Nornen“ des Künstlers Jupp Rübsam versinnbildlichen dieses Gedenken. Die Forderung nach einer Gedenkstätte für die Opfer des Nationalsozialismus blieb jedoch bestehen. Infolge des Prozesses gegen ehemalige Angehörige der Kommandantur und der Wachmannschaften des Konzentrationslagers Majdanek (Majdanek-Prozess), die 1975 bis 1981 vor dem Landgericht Düsseldorf stattfanden, wurden die Überlegungen, eine zentrale Gedenkstätte einzurichten, von Jugendverbänden, den Kirchengemeinden, der Jüdischen Gemeinde, dem 1982 gegründeten Landesverband Deutscher Sinti und Roma NRW und der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN) wieder aufgegriffen. Im Jahre 1986 stimmten alle im Rat vertretenen Parteien für die Einrichtung einer zentralen Gedenkstätte. Der Düsseldorfer Jugendring hatte besonders hierfür plädiert; alle Gruppen engagierten sich für die Einrichtung, die schließlich am 17. September 1987 als städtisches Kulturinstitut der Landeshauptstadt Düsseldorf eröffnet werden konnte. Die Gedenkstätte wurde von 1988 bis Ende 2010 von der Historikerin und Erziehungswissenschaftlerin Angela Genger geleitet.
Konzept und Aufgaben
Die Mahn- und Gedenkstätte widmet sich der Befragung von Zeitzeuginnen und Zeitzeugen, dokumentiert und analysiert die Zeit des Nationalsozialismus in Düsseldorf. Sie verfügt über umfangreiche Archiv- und Sammlungsbestände sowie über eine Präsenzbibliothek mit über 6.000 Bänden zur Zeitgeschichte. Zu besichtigen war bis 2011 die 1986/87 erstellte Dauerausstellung „Verfolgung und Widerstand in Düsseldorf 1933–1945“. Die Ausstellung, die maßgeblich durch den Historiker Bernd-A. Rusinek konzipiert wurde, informierte über die Situation der katholischen und evangelischen Kirche und deren Mitglieder, über die Zeugen Jehovas, über die politischen Parteien wie SPD und KPD, berichtete über die Anarchisten. Düsseldorfer Künstler unter dem Nationalsozialismus wurden vorgestellt, ebenso dargestellt wurden die Euthanasie, die Verfolgung der Sinti und Roma und deren Ermordung. Ein eigener Raum erinnerte zudem an die ausgegrenzten, vertriebenen und ermordeten Juden in Düsseldorf. Die Dauerausstellung wurde 2011 abgebaut.
Es finden Veranstaltungen und Sonderausstellungen, Schulprojekte, Führungen und Stadtrundgänge statt. Eine umfangreiche Bildungsarbeit wird angeboten; verschiedene Publikationen sind erhältlich. Das Institut richtet im Auftrag der Stadt Gedenkveranstaltungen aus, beispielsweise zum 9. November oder an der Statue Ehra oder Kind mit Ball am alten Hafen in der Altstadt (Mahnmal für die ermordeten Sinti und Roma). 2008 hatte die Gedenkstätte rund 21.000 Besucher. Die städtische Gedenkstätte ist im landesweiten Arbeitskreis der NS-Gedenkstätten und -Erinnerungsorte in NRW organisiert.
Umbau und Neukonzeption
Die Gedenkstätte ist seit dem 1. Februar 2011 umbaubedingt für einen längeren Zeitraum geschlossen, da der gesamte Baukomplex Stadthaus kernsaniert wird.[1] Eine neue Dauerausstellung zum Thema „Düsseldorfer Kinder und Jugendliche im Nationalsozialismus“ wird derzeit konzipiert. Die Wiedereröffnung erfolgt am selben Standort. Archiv-, Bibliotheks- und Verwaltungsräume sind seit 2009 dauerhaft im Haus Mühlenstraße 6 angesiedelt.[2]
Themenaspekte (Auswahl)
- Juden in Düsseldorf – Geschichte und Gegenwart der Düsseldorfer Juden
- Stadthaus (Düsseldorf) – Hausgeschichte
- Aktion Rheinland – Widerstandsaktion zur Rettung Düsseldorfs im April 1945
- Staatspolizeileitstelle Düsseldorf – die Gestapo im Regeriungsbezirk
- Bahnhof Düsseldorf-Derendorf – Ort der Deportationen 1941–1945
Persönlichkeiten aus der NS-Zeit (Auswahl)
- Max Eschelbacher – Rabbiner der Düsseldorfer Gemeinde
- Leo Statz – Karnevalist und Opfer des NS-Regimes
- Hilarius Gilges – dunkelhäutiger Düsseldorfer, der 1933 ermordet wurde
- Fritz Weitzel – Polizeipräsident und SS-Führer
- Friedrich Karl Florian – Gauleiter der NSDAP Düsseldorf
- Joseph Cornelius Rossaint – Kaplan, Gegner des NS-Regimes
- Maria Wachter – kommunistische Widerstandskämpferin
- Siegfried Klein – Rabbiner der Düsseldorfer Gemeinde
- Benedikt Schmittmann – Sozialwissenschaftler, Gegner des NS-Regimes
- Eduard Schulte, geb. in Düsseldorf, Großindustrieller, lieferte die Fakten zum Riegner-Telegramm
- Karlrobert Kreiten – Pianist, Opfer des NS-Regimes
- August Korreng – Polizeipräsident und SS-Führer
- Franz Jürgens – Polizist und Widerstandskämpfer
- Walter Albath – Gestapobeamter
- Karl Schabrod – kommunistischer Widerstandskämpfer
- Lore Agnes – sozialdemokratische Politikerin
Literatur aus der Arbeit der Gedenkstätte (Auswahl)
- 1933-1945 Einzelschicksale und Erlebnisse, Band II: Moritz Sommer. Herausgeber Landeshauptstadt Düsseldorf Bezirksverwaltungsstelle 3, Düsseldorf 1986.
- Andreas Kussmann (Wissenschaftliche Bearbeitung): 1933-1945 Einzelschicksale und Erlebnisse, Band III: Ein KZ-Außenlager in Düsseldorf-Stoffeln. Herausgeber Landeshauptstadt Düsseldorf Bezirksverwaltungsstelle 3 und Stadtarchiv, Düsseldorf 1988.
- Angela Genger: Verfolgung und Widerstand in Düsseldorf 1933–1945, 1990. Ausstellungskatalog
- Frank Sparing, Marie-Luise Heuser (Hrsg.): Erbbiologische Selektion und „Euthanasie“ Psychiatrie in Düsseldorf während des Nationalsozialismus, Klartext, Essen 2001.
- Christoph Moß (Hrsg.): Verfolgung und Widerstand der „Ernsten Bibelforscher“ (Zeugen Jehovas) während der NS-Zeit in Düsseldorf, 2000
- Frank Sparing: „Wegen Vergehen nach § 175 …“. Die Verfolgung der Düsseldorfer Homosexuellen während des Nationalsozialismus, 1997
- Karola Fings, Frank Sparing: „z. Zt. Zigeunerlager“. Die Verfolgung der Düsseldorfer Sinti und Roma im Nationalsozialismus, 1992
- Bastian Fleermann, Angela Genger (Hrsg.): Novemberpogrom 1938 in Düsseldorf, Klartext, Essen 2008
- Angela Genger, Kerstin Griese (Hrsg.): Aspekte jüdischen Lebens in Düsseldorf und am Niederrhein. Vlg. Mahn- und Gedenkstätte, Düsseldorf 1997 ISBN 3-9805963-1-1
- Hildegard Jakobs: Zeitspuren in Düsseldorf 1930–1950. Ein Stadtführer. 2002
- von 1991 bis 2007 wurde zudem das Periodikum Augenblick. Berichte, Informationen und Dokumente der Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf mit unterschiedlichen Themenschwerpunkten herausgegeben (Nr. 1 (1991) – Nr. 34/35 (2007)).
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Rheinische Post vom 31. Dezember 2010
- ↑ http://www.wz-newsline.de/lokales/duesseldorf/kultur/auf-augenhoehe-mit-den-kindern-1.735513
51.2272588888896.7725130555555Koordinaten: 51° 13′ 38″ N, 6° 46′ 21″ OKategorien:- Geschichtsdidaktik
- Museum in Düsseldorf
- Gedenkstätte für NS-Opfer
- Düsseldorf-Altstadt
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