- Apikale Parodontitis
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Die apikale Parodontitis (auch: apikale Periodontitis, apikale Ostitis oder Wurzelspitzenentzündung; v. lat. apex ‚Spitze‘) ist eine Entzündung an der Wurzelspitze eines Zahnes.
Inhaltsverzeichnis
Name
Das Parodont (oder Periodont) ist der Zahnhalteapparat. Eine Entzündung wird in der Medizin allgemein durch die lateinische Endung -itis gekennzeichnet. Die Lokalisation dieser Entzündung ist apikal – an der Wurzelspitze.
Nicht zu verwechseln ist diese apikale Parodontitis mit der marginalen Parodontitis – der Entzündung des Zahnhalteapparates am Zahnhals (im Volksmund auch als Zahnfleischschwund oder fälschlich als „Parodontose“ bezeichnet). Zwischen apikaler und marginaler Parodontitis besteht kein ursächlicher Zusammenhang.
Synonym für apikale Parodontitis wird die Bezeichnung apikale Ostitis (von Latein: os, ossis „Knochen“) verwendet: Ostitis: Knochenentzündung.
Ursache
Die apikale Parodontitis ist eine bakterielle Entzündung. Die Bakterien gelangen über einen entzündeten Wurzelkanal – also Pulpitis (Zahnmarkentzündung) – oder über tiefe Zahnfleischtaschen zur Wurzelspitze.
Die Ursachen für die Entzündung des Zahnmarks (Pulpitis) sind vielfältig. Meist beginnt es mit einem kariösen Defekt, der als Eintrittspforte für Krankheitserreger dient und nicht unbedingt Schmerzen verursacht. Aber auch eine Zahnfraktur oder ein Behandlungstrauma, zum Beispiel durch das Beschleifen für eine Zahnkrone, kann zu einer Pulpitis führen. Eine akute Pulpitis kann äußerst schmerzhaft sein. In vielen Fällen verläuft diese Entzündung der Pulpa auch fast schmerzfrei, das Zahnmark stirbt dann ab und die Keime breiten sich im System der Wurzelkanäle aus. Der Körper kann außerhalb des Zahnes mit einer Entzündung des Zahnhalteapparates (Parodontitis apicalis) reagieren. Diese stellt eine Abwehrreaktion des Immunsystems dar. Eine Parodontitis apicalis kann in einer akuten oder einer chronischen Form vorliegen. Die akute Form ist oft mit Schmerzen verbunden, sie kann unter Umständen röntgenologisch nur schwer verifiziert werden, während eine chronische Parodontitis apicalis bei einer Auflösung der Knochenstruktur im Bereich der Wurzelspitze im Röntgenbild gut sichtbar sein kann.
Extrem selten ist die apikale Parodontitis nicht bakteriell, sondern von chemischen Reizungen durch Wurzelfüllungen oder medikamentöse Wurzeleinlagen verursacht.
Symptome
Leitsymptom aller Zahnerkrankungen ist der Zahnschmerz. Typisch ist der Klopfschmerz oder Aufbissschmerz – bei akutem Krankheitsverlauf. Differentialdiagnostisch ist von der Pulpitis abzugrenzen, bei der noch kein deutlicher Klopfschmerz vorliegt, wobei es alle möglichen, fließenden Übergänge gibt.
Eindeutig ist die Diagnose, wenn zusätzlich zum Klopfschmerz ein tiefer kariöser Defekt an dem Zahn zu sehen ist. Bei bereits abgestorbener Pulpa ist typischerweise die Vitalitätsprüfung negativ – also keine Reaktion auf einen Kältereiz. Die apikale Parodontitis kann aber auch noch von einer Pulpitis begleitet werden, dann ist die Vitalitätsprobe positiv.
Aber die Ergebnisse der Vitalitätsprobe sind mit Vorsicht zu genießen und lassen weite Interpretationen zu. Bei alten, sehr tiefen Füllungen kann die Vitalitätsprobe falsch negativ sein − der Patient spürt den Kältereiz nicht, obwohl der Nerv in der Tiefe ganz normal lebt. Auch falsch positive Vitatlitätsproben kommen vor − der Patient spürt den Kältereiz, obwohl der Nerv schon eitrig zerfallen ist.
Röntgenologisch zeigt sich eine apikale Aufhellung. Weil das Röntgenbild ein Negativbild ist, sieht man eine Schwärzung in der Umgebung der Wurzelspitze, spricht aber von einer Aufhellung.
Bei starken Entzündungen tritt gelegentlich ein typisches Symptom auf: die scheinbare Zahnverlängerung. Natürlich ist der Zahn nicht länger geworden (elongiert), sondern der Zahn ist leicht aus der Alveole (Zahnfach) gehoben. Durch das entzündliche Sekret an der Wurzelspitze wird der Zahn aus der Alveole gedrückt, da die Sharpey-Fasern, die den Zahn in der Alveole verankern, dem Zahn eine gewisse vertikale Freiheit geben. Gewöhnlich ist der Zahn schon bei der geringsten Berührung durch die Zunge empfindlich. Da er jetzt auch noch „verlängert“ ist, kommt der Patient mit den Antagonistenzähnen an den stark schmerzhaften Zahn. Fingerdruck oder Beißen für 30 Sekunden auf diesen schmerzhaften, „verlängerten“ Zahn drücken das Sekret aus der apikalen Entzündungsregion und danach berichtet der Patient, dass der Zahn nicht mehr verlängert ist.
Verlaufsformen
Eine apikale Parodontitis kann akut oder chronisch verlaufen. Sehr oft beginnt die Entzündung chronisch − primär chronische apikale Parodontitis. Diese Entzündung ist durch keinerlei Schmerzen zu bemerken. Manchmal bestehen für einige Tage ganz leichte Zahnschmerzen. Oft erinnern sich die Patienten erst auf intensive Nachfrage an zurückliegende Zahnschmerzen.
Diese häufigen primär chronischen Formen schlagen dann irgendwann in eine akute Entzündung um, mit dem typischen Klopfschmerz. Dieses Umschlagen einer Entzündung von chronisch zu akut bezeichnet man als Aufflammen (exazerbieren). Die apikale Parodontitis kann auch sofort akut anfangen − primär akuter Verlauf.
Röntgenologisch sind apikale Aufhellungen erst nach mehrwöchigem Krankheitsverlauf sichtbar. Trotzdem wird bei jedem Verdacht auf eine apikale Parodontitis gleich ein Röntgenbild des verdächtigen Zahnes angefertigt (Zahnfilm). Da es sich meist um eine primär chronische apikale Parodontitis handelt, die schon einige Wochen bestand, ist meistens schon eine apikale Aufhellung zu erkennen.
Bei primär akuten Formen ist im Röntgenbild oft noch nichts oder sehr wenig an pathologischen Veränderungen zu erkennen. Meist ist dann nur ein erweiterter Periodontalspalt sichtbar − auch der ist im Röntgennegativ schwarz (so wie die Aufhellung).
Veränderungen der Knochendichte sind im gewöhnlichen Röntgenbild erst erkennbar, wenn mindestens 30 % des Mineralgehaltes im Knochen abgebaut sind. Das dauert auch bei einer apikalen Ostitis einige Tage oder Wochen. Bei geringen Beschwerden und unsicherer Aussagekraft des Röntgenbildes ist eine Wiederholungsaufnahme erst nach drei Monaten angebracht.
Folgeerkrankungen
Wird die apikale Parodontitis nicht behandelt, dann kann sich eine eitrige Entzündung im Kieferknochen ausbreiten – apikaler Abszess. Eine andere mögliche Folgeerkrankung ist die Ausbildung eines apikalen Granuloms, das sich zu einer radikuläre Zyste entwickeln kann.
Therapie
Die Therapie besteht in einer Wurzelbehandlung. Da auch die Pulpitis mit einer Wurzelbehandlung geheilt wird, ist in der Praxis die genaue Differentialdiagnose zwischen Pulpitis und apikaler Parodontitis nicht so wichtig. Diese Differentialdiagnose ist mehr von akademischem Interesse. Vor der Wurzelbehandlung reicht es also, den Zahn genau zu lokalisieren und festzustellen ob eine Pulpitis und/oder apikale Parodontitis vorliegt.
Die Lokalisation des richtigen Zahnes kann manchmal erstaunlich schwierig sein. Obwohl gewöhnlich nur ein einziger Zahn erkrankt ist, geben die Patienten den Klopfschmerz an zwei benachbarten Zähnen an.
Alternativ zur Wurzelbehandlung ist auch die Extraktion zu erwägen. Insbesondere, wenn schon stärkerer marginaler Knochenabbau, starke Zahnlockerung oder eine starke kariöse Zerstörung der Krone vorliegt. Allerdings wurden für Versicherte der deutschen Gesetzlichen Krankenversicherung seit 2005 die Indikationen für Wurzelbehandlungen im Seitenzahnbereich stark eingeschränkt.
Apikale Parodontitis bei vorhandener Wurzelfüllung
Gelegentlich tritt eine apikale Parodontitis an Zähnen auf, die bereits vor Monaten oder Jahren wurzelbehandelt wurden. In diesen Fällen ist eine Revision (Erneuerung) der Wurzelfüllung oder eine Wurzelspitzenresektion (WSR) indiziert.
Wurzelspitzenresektion
Auch nach einer erfolgreichen Wurzelbehandlung kann eine Wurzelspitzenresektion erforderlich werden, wenn der apikale Knochendefekt nicht ausreichend abheilt. Deshalb sollte nach ca. einem Jahr eine Röntgenkontrolle erfolgen.
Ein weitere Indikation für eine Wurzelspitzenresektion ist gegeben, wenn der apikal entzündete Zahn während der Wurzelbehandlung nicht beschwerdefrei bleibt. Auch ungünstige Wurzelverhältnisse (stark gekrümmte Wurzelspitzen) können eine Indikation für eine Wurzelspitzenresektion sein. Die WSR erfolgt entweder gleichzeitig mit dem Legen der Wurzelfüllung oder einen Tag danach oder mehrere Wochen oder Monate danach.
Bitte den Hinweis zu Gesundheitsthemen beachten! Kategorie:- Krankheitsbild in der Zahnmedizin
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