- Markian
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Markian (Flavius Marcianus, griechisch Μαρκιανός; * um 390; † Januar 457) war von 450 bis 457 Kaiser des Oströmischen Reiches.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Markian stammte aus einfachen Verhältnissen und wurde wahrscheinlich in Illyrien geboren. Wie sein Vater trat er dem Militär bei und machte bald Karriere. So diente er unter dem magister militum Aspar in mehreren Kriegen. Er nahm auch an einer fehlgeschlagenen Operation gegen die Vandalen in Nordafrika teil. Als Kaiser Theodosius II. 450 überraschend bei einem Reitunfall ums Leben kam, stand kein männlicher Verwandter zur Verfügung, und obwohl die Entscheidung über den neuen Augustus des Ostens eigentlich dem Westkaiser Valentinian III. zugestanden hätte, regelten Militärs und Senatoren die Nachfolgefrage selbstständig und in ihrem Sinne: Direkt vor seiner Erhebung zum Kaiser, die wohl von Aspar eingefädelt worden war, heiratete Markian die Schwester seines Vorgängers, Pulcheria, mit der er eine sogenannte Josefsehe führte. Durch diesen dynastischen Anschluss an das Kaiserhaus konnte er seinen Anspruch auf das (formal allerdings nicht erbliche) Kaisertum stützen. Gleich nach Herrschaftsantritt erließ der neue Augustus, der sich nun Imperator Caesar Flavius Marcianus Augustus nannte, alle Steuerrückstände bis 447 und hob einige Sondersteuern auf, die die Senatoren betroffen hatten. Die Spannungen mit Valentinian III. blieben indessen bestehen; erst nach zwei Jahren, 452, erkannte der Westkaiser Markian widerstrebend als seinen Mitherrscher an.
Auch wenn Markian offenbar teils unter dem Einfluss Aspars stand, betrieb er insgesamt eine erfolgreiche Politik und war kein schwacher Kaiser. So verwehrte er den Hunnen unter Attila sehr bald die jährlichen Tribute, was die Finanzen Ostroms entlastete und vor allem das Prestige des Imperiums erheblich vergrößerte. 452 ordnete er ein offensives Vorgehen gegen die Hunnen an, was zur Niederlage Attilas in Italien beitrug. Nach dem Tod Attilas und dem darauf folgenden Zerfall seines Reichs verständigte sich Markian mit mehreren Völkerschaften, die vorher unter hunnischer Vorherrschaft gestanden hatten. Allerdings setzte er nach dem Tod Valentinians III. (455) die kaiserlichen Herrschaftsrechte im Westen nicht energisch durch - er entsandte keinen neuen Augustus des Westens, wie es sein Vorgänger Theodosius II. 425 getan hatte - und unternahm auch sonst offenbar eher wenig, um dem Westreich beizustehen. Ob dies zu diesem Zeitpunkt allerdings überhaupt im Bereich des Machbaren gelegen hätte, ist schwer zu entscheiden. Im Rahmen seiner Möglichkeiten scheint Markian dem Westen, als dessen Herrscher er sich seit 455 sah, nämlich durchaus Unterstützung gewährt zu haben: So berichtet der zeitgenössische Chronist Hydatius von Aquae Flaviae nicht nur von Markians Hilfe für Italien beim hunnischen Angriff von 452, sondern auch davon, oströmische Truppen hätten 456 einen Sieg über die Vandalen, die Todfeinde Westroms, errungen (möglicherweise auf Korsika).
Des Weiteren bemühte sich Markian erfolgreich um gute Beziehungen zum persischen Sassanidenreich; so griff er nicht ein, als die Perser um 451 einen Aufstand der christlichen Armenier niederschlugen, sondern sicherte dem Großkönig Yazdegerd II. durch eine Gesandtschaft ausdrücklich Neutralität zu. In Ägypten gelang es seinen Truppen zudem wenigstens zeitweilig, die Grenze gegen die Blemmyer zu sichern. In Syrien kam es zu einigen Kämpfen mit plündernden Sarazenen.
Innenpolitisch konnte der Kaiser das Ostreich insgesamt stabilisieren. Da es in Markians Regierungszeit nur zu relativ wenigen Kampfhandlungen kam, entspannte sich die finanzielle Situation des Oströmischen Reiches, wie er überhaupt eine recht erfolgreiche Finanzpolitik betrieb. Auch die Belastungen für hohe kaiserliche Amtsträger, die vorher immense Summen für Spiele ausgeben mussten, wurde reduziert. Er sorgte in der Hauptstadt Konstantinopel für ruhige Verhältnisse. Kirchenpolitisch und historisch höchst relevant war die Verurteilung des Monophysitismus auf dem Konzil von Chalkedon im Jahre 451, das der Kaiser einberufen hatte und dessen Beschlüsse noch heute für die meisten christlichen Kirchen bindend sind. Gemeinsam mit dem römischen Bischof Leo erreichte Markian damit erneut eine weitgehende dogmatische Einigkeit der Ost- und Westkirche. 452 verlieh der Kaiser den Konzilsbeschlüssen Gesetzeskraft und setzte sie im monophysitisch geprägten Syrien und Ägypten teils gewaltsam durch (wenn auch ohne dauerhaften Erfolg).
Markian starb überraschend am 27. Januar 457, nachdem er tags zuvor einen Schlaganfall erlitten hatte. Er wurde wahrscheinlich 65 Jahre alt und galt trotz der Kürze seiner Herrschaft noch sehr lange als einer der erfolgreichsten und besten spätantiken Kaiser. Seinem Nachfolger scheint er einen Überschuss von gut 100.000 Goldpfund hinterlassen zu haben. In den folgenden Jahrzehnten wurde den Kaisern bei ihrem Herrschaftsantritt daher ein "Herrsche wie Markian" zugerufen. Im Rückblick erschien seine Regierung noch dem byzantinischen Chronisten Theophanes (um 800), der sich auf zeitgenössische Quellen stützte, als ein goldenes Zeitalter (Theophanes, A.M. 5946). Hierzu mag auch beigetragen haben, dass ihn die „orthodoxe“, nicht-monophysitische Kirche wegen seiner Parteinahme in Chalkedon sehr positiv betrachtete.
Nach dem überraschenden Tod des Kaisers kam es offenbar zu einem Machtkampf zwischen den beiden mächtigen Heermeistern Aspar und Anthemius, wobei letzterer Markians einzige Tochter Aelia Marcia Euphemia geheiratet hatte und als Markians Schwiegersohn zunächst die besseren Aussichten zu haben schien, jedoch von Aspars Kandidat Leo ausgestochen wurde, der neuer Augustus wurde. Anthemius wurde allerdings 467 mit dem weströmischen Kaisertum entschädigt. Sein Sohn Flavius Marcianus, der Enkel Markians, versuchte 479 vergeblich, selbst oströmischer Kaiser zu werden.
Rezeption
Markian wurde von dem US-amerikanischen Schauspieler Jeff Chandler in dem 1954 erschienenen Film „Attila der Hunnenkönig“ (Sign of the Pagan) verkörpert.
Literatur
- Richard W. Burgess: The accession of Marcian in the light of Chalcedonian apologetic and monophysite polemic. In: Byzantinische Zeitschrift 86/87 (1993/1994), S. 47–68.
- Andreas Gutsfeld: Marcian. In: Manfred Clauss (Hrsg.): Die römischen Kaiser. München 1997, S. 402-405.
- John Martindale, John Morris: The Prosopography of the Later Roman Empire II. Cambridge 1980, S. 714f.
Weblinks
Commons: Markian – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien- Geoffrey S. Nathan: Fachwissenschaftliche Kurzbiografie (englisch) aus De Imperatoribus Romanis (inkl. Literaturangaben).
Vorgänger Amt Nachfolger Theodosius II. Oströmischer Kaiser
450–457Leo I. Kategorien:- Kaiser (Rom)
- Kaiser (Byzanz)
- Theodosianische Dynastie
- Person der Spätantike
- Geboren im 4. Jahrhundert
- Gestorben 457
- Mann
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