Leo I. (Byzanz)

Leo I. (Byzanz)
Solidus Leos I.

Leo I. (griechisch Λέων Α′, mit vollständigem Namen Flavius Valerius Leo; * um 401; † 18. Januar 474) war vom 7. Februar 457 bis 474 Kaiser des Oströmischen Reiches.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Leo stammte aus einfachen Verhältnissen aus der Provinz Dacia in Thrakien. Er stieg zum Truppenführer auf und wurde nach dem Tod Kaiser Markians auf Veranlassung des mächtigen magister militum Aspar zum Kaiser (Augustus) erhoben, der offenbar davon ausging, Leo leicht steuern zu können. Leo wurde von Senatoren und Soldaten als Imperator akklamiert und sodann auf den Schild gehoben. Er war zudem offenbar der erste Kaiser, dessen anschließende Krönung durch einen geistlichen Würdenträger – in diesem Fall durch den Patriarchen von Konstantinopel – durchgeführt wurde (allerdings sollte es noch bis 602 dauern, bis die Zeremonie erstmals nicht mehr im Hippodrom bzw. im Palast, sondern in einer Kirche stattfand). Leo, der anders als alle seine Vorgänger seit 364 nicht einmal durch Einheirat zur theodosianisch-valentinianischen Dynastie zählte, entpuppte sich als tatkräftiger Herrscher, der auch den taumelnden Westen des Imperium Romanum nicht aus den Augen verlor. 467 schickte er Anthemius, der 457 selbst als möglicher Kaiser gehandelt worden war, als neuen Augustus des Westens nach Italien und stattete ihn mit einem starken Heer und gewaltigen finanziellen Mitteln aus. Die in Zusammenarbeit mit Westrom geplante Rückeroberung Africas scheiterte jedoch 468 kläglich und war mit einem enormen finanziellen Aderlass verbunden: Noch als der Kaiser sechs Jahre später starb, war der oströmische Staatsschatz fast erschöpft. Mit den Goten in Pannonien kam es dafür unter Leo zunächst zu einem Ausgleich, zumal der Alane Aspar die Goten favorisierte. Der junge Theoderich hielt sich von ca. 459 bis 469 als Geisel am Kaiserhof auf.

Porträtbüste Leos (heute im Louvre)

Anders als Aspar erwartet hatte, erwies sich Leo schon bald als geschickter Machtpolitiker. 462 brachte seine Frau einen Sohn zur Welt, womit die Nachfolgefrage geklärt schien, doch dieser starb nach wenigen Monaten, und Aspar begann, verstärkt auf einer Verschwägerung seiner Familie mit Leo zu drängen. Um sich des steigenden Drucks durch seinen Heermeister zu erwehren, stellte der Kaiser um die Isaurier eine neue Garde auf, die excubitores. Die Isaurier stammten aus einer abgelegenen Region Kleinasiens und galten als halbe Barbaren, waren aber im Unterschied zu den Alanen und Goten zumindest de iure Angehörige des Römischen Reiches. Viele von ihnen dienten seit langem in der Armee. Als Gegengewicht zu Aspar baute Leo den Isaurier und späteren Kaiser Zenon auf, den er mit seiner Tochter Ariadne verheiratete. Aspars Sohn, der magister militum per Orientem Ardaburius, wurde 466/67 vom Kaiser vor dem Senat des Hochverrats bezichtigt (die Beweise hatte Zenon beschafft) und abgesetzt. Zwar setzte Aspar, der auf den Thron für seinen anderen Sohn Patricius spekulierte, noch 470 dessen Erhebung zum Caesar durch, doch schon im Folgejahr wurde er mit Zenons Hilfe handstreichartig entmachtet und zusammen mit Ardaburius von Leos Männern im Palast erschlagen.[1] Patricius scheint verletzt überlebt zu haben, ebenso wie Aspars dritter Sohn Ermanerich, der sich zur fraglichen Zeit nicht in Konstantinopel aufhielt. Aufgrund dieser Tat erhielt Leo von den zeitgenössischen Geschichtsschreibern Malchus von Philadelphia und Candidus[2] den Beinamen Makelles („Schlächter“). Aspars Gefolgsmann Ostrys unternahm daraufhin mit einigen germanischen foederati, die sich in Konstantinopel aufhielten, einen Angriff auf den Palast, der aber von den excubitores abgewehrt werden konnte.

Der Mord an Aspar belastete das Verhältnis Leos zu den Goten, deren Druck auf die Balkanprovinzen daher zunahm: Ostrys war zu Theoderich Strabo geflohen und hatte diesen gegen den Kaiser aufgehetzt. Erst 473 konnte dieser Konflikt vorerst beigelegt werden, indem Strabo zum magister militum praesentalis ernannt und als König seiner Goten anerkannt wurde. Im Westen setzte Leo nach Anthemius' Hinrichtung durch den Heermeister Ricimer offenbar Julius Nepos als Kaiser ein. Nepos konnte jedoch keine Stabilisierung des Westens erreichen. Mit den Sassaniden konnte hingegen weiter Frieden gehalten werden, was das Reich militärisch entscheidend entlastete. Leos Nachfolger wurde für kurze Zeit sein Enkel Leo II., der Sohn Zenons, und nach dessen frühem Tod Zenon selbst.

Literatur

  • Brian Croke: Dynasty and Ethnicity. Emperor Leo I. and the Eclipse of Aspar. In: Chiron. Band 35, 2005, S. 147–203.
  • Stephen Mitchell: A History of the Later Roman Empire. Oxford 2007.
  • Gereon Siebigs: Kaiser Leo I. Das oströmische Reich in den ersten drei Jahren seiner Regierung (457–460 n. Chr.). Berlin/New York 2010, ISBN 978-3-11-022584-6.
  • Eckhard Wirbelauer: Leo I., 457-474. In: Manfred Clauss (Hrsg.): Die römischen Kaiser. München 1997, S. 406–411.

Weblinks

 Commons: Leo I. – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Vgl. zu den Ereignissen Henning Börm, Herrscher und Eliten in der Spätantike, in: Josef Wiesehöfer u. a. (Hgg.), Commutatio et contentio. Studies in the Late Roman, Sasanian, and early Islamic Near East, Düsseldorf 2010, S. 159-198.
  2. Suda Stichwort Cheirizô (Χειρίζω), Adler-Nummer: chi 245, Suda-Online


Vorgänger Amt Nachfolger
Markian Oströmischer Kaiser
457–474
Leo II.

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