Massaker von Damur

Massaker von Damur

Das Massaker von Damur ereignete sich am 20. Januar 1976 und war ein Ereignis des libanesischen Bürgerkriegs, der von 1975 bis 1990 dauerte. Es wurde von hauptsächlich palästinensischen und moslemischen Milizen verübt und richtete sich gegen die christlichen Einwohner von Damur.

Inhaltsverzeichnis

Ablauf der Ereignisse

Das Massaker folgt auf das am 18. Januar 1976 durch die Phalangisten an palästinensischen Flüchtlingen begangene Massaker von Karantina, bei dem nach Schätzungen mehrere hundert Zivilisten getötet wurden.

Zwei Tage später übten palästinensische Milizen in Damur Vergeltung. Damur liegt am Meer etwa 18 Kilometer südlich von Beirut und nahe der Heimatstadt von Camille Chamoun. Den meisten Einwohnern gelang die Flucht, aber einige blieben zurück, als die palästinensischen Kräfte die Kontrolle über die Stadt übernahmen. Die Angreifer zerstörten die Gebäude der Stadt systematisch und nahmen Rache an den verbliebenen christlichen Einwohnern. Der christliche Friedhof wurde zerstört, Särge aufgebrochen, Tote ausgeraubt, Krypten geöffnet und Leichen und Skelette über den Friedhof verstreut. Die Kirche wurde angezündet und eine Außenmauer mit einem Bild von Fatah-Kämpfern bedeckt, die AK-47-Gewehre hielten. Ein Porträt von Jassir Arafat wurde an einem Ende angebracht. Andere Quellen behaupten, dass die Kirche als Reparaturwerkstatt für PLO-Fahrzeuge und als Ziel für Schießübungen diente, wobei Zielscheiben auf die Ostwand des Kirchenschiffs gemalt wurden.[1]

Zwanzig Phalangisten wurden exekutiert, dann wurden Zivilisten entlang einer Mauer aufgestellt und mit Maschinengewehren beschossen. Eine unbekannte Anzahl von Frauen wurde vergewaltigt, Babys aus naher Distanz erschossen und Leichname geschändet und verstümmelt. Keiner der verbliebenen Einwohner überlebte.[2] Die Schätzungen über die Anzahl der getöteten Zivilisten reicht von 25-30 [3] bis zu 582 [4], wobei die verlässlichste Zahl wahrscheinlich bei etwa 330 liegt. Unter den Getöteten waren Familienmitglieder und die Verlobte von Elie Hobeika.[5] Nach dem Massaker von Tel al-Zaatar später im Jahr siedelte die PLO überlebende palästinensische Flüchtlinge in Damur an. Nach der israelischen Invasion des Libanon im Jahre 1982 wurden die Flüchtlinge von Zaatar aus Damur vertrieben und die ursprünglichen Einwohner wurden zurückgebracht[6].

Nach Thomas L. Friedman hat die phalangistische Damuri-Brigade, die während des Libanonkriegs 1982 das Massaker von Sabra und Schatila ausführte, nicht nur Rache für die Ermordung von Bachir Gemayel genommen, sondern auch für die Tötung ihrer Angehörigen durch Palästinenser in der Vergangenheit, einschließlich Damur.[7]

Täter

Es gibt eine Reihe von widersprüchlichen Angaben darüber, exakt welche Milizen an dem Massaker teilgenommen haben. Es ist klar, dass die Attacke durch die Palästinenser angeführt wurde, aber manche Quellen nennen eine starke Beteiligung von durch Syrien gestützten Gruppierungen. Jedenfalls wurde der Angriff und das folgende Massaker durch eine gemischte Gruppe von PLO und Milizionären der Libanesischen Nationalbewegung (LNM).ausgeführt.[8]

Nach Robert Fisk wurde die Attacke durch Oberst Abu Musa, einem Oberkommandierendem von PLO und Fatah befehligt, der später der Anführer des gegen Arafat gerichteten Fatah-Aufstands war. Die christliche libanesische Website cedarland.org nennt allerdings Zuheir Mohsen, den Führer der in Syrien beheimateten Palästinensergruppierung as-Sa'iqa, die direkt auf syrischen Befehl gehandelt habe und behauptet, dass Mohsen im Libanon als der „Schlächter von Damur“ bekannt war.[9]

Die Masse der angreifenden Kräfte scheint aus Brigaden der Palästinensischen Befreiungsarmee [10] und der as-Sa'iqa zusammengesetzt zu sein, sowie einigen anderen Milizen, einschließlich der Fatah. Manche Quellen nennen auch die Volksfront für die Befreiung Palästinas (PFLP), die Demokratische Front für die Befreiung Palästinas (DFLP) und die moslemische libanesische Miliz al-Murabitun. Es gibt auch Berichte, dass Freiwillige oder Milizionäre aus Syrien, Jordanien, Libyen, Iran, Pakistan und Afghanistan an dem Angriff teilgenommen haben und auch japanische Kommandos, die im Libanon trainierten [11].

Quellen

  • Antoine J. Abraham: The Lebanon War. Praeger, Westport, Conn. 1996, ISBN 0275953890
  • Robert Fisk: Pity the Nation: Lebanon at War. Oxford University Press, Oxford 2001, ISBN 0192801309
  • Thomas Friedman: From Beirut To Jerusalem. 2nd Edition. HarperCollins, London 1998, ISBN 0006530702
  • Mordekay Nisan: The Conscience of Lebanon. A Political Biography of Etienne Sakr (Abu-Arz). Frank Cass, London 2003, ISBN 0714653926

Ergänzende Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. http://www.111101.net/facts/history/chronology/phase.php?year=1976
  2. Fisk, 2001, S. 99-100
  3. Abraham, 1996, S. 33
  4. Nisan, 2003, S. 25
  5. http://www.moreorless.au.com/killers/hobeika.html
  6. http://justworldnews.org/archives/000976.html
  7. Friedman, 1998, S. 161.
  8. Friedman, New York Times, Artikel vom 20., 21., 26. und 27. September 1982.
  9. www.cedarland.org
  10. Einige Quellen benennen die zur Palästinensischen Befreiungsarmee gehörende Ayn-Jalout-Brigade, die von Ägypten bewaffnet wurde, und die vom Irak ausgestattete Qadisiyah-Brigade. www.freelebanon.org/articles/a381.htm USCFL nennt auch die von Syrien aufgestellte Yarmouk-Brigade.
  11. Nisan, 2003, S. 41

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