- Christentum im Libanon
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Das Christentum im Libanon hat eine lange Tradition und bildete bis ins letzte Jahrhundert eine religiöse Mehrheit innerhalb der libanesischen Bevölkerung, speziell in den Bergen.
In der Bibel ist der Libanon an etwa 60 Stellen zitiert. Der Libanon ist ein Zufluchtsland für Christen aus anderen Staaten des Nahen Ostens. In jüngerer Zeit wandern aufgrund des Bürgerkrieges, des Libanonkrieges 2006 und des islamischen Extremismus viele Christen nach Europa, Amerika und Australien aus.[1][2]
Inhaltsverzeichnis
Kirchen
Es gibt mehrere, teils sehr alte und autochthone Kirchen. Sie alle üben ihr eigenes Personenstandsrecht aus. Sie sind auch im Parlament repräsentiert (politischer Konfessionalismus).
- Die Maronitische Kirche stellt die größte christliche Gruppe im Libanon.[1] Der Patriarch residiert in Bkerke. Sie hat seit 1866 eine Priestergemeinschaft, die Kongregation der libanesisch-maronitischen Missionare.
- Die Rum-Orthodoxe Kirche stellt die zweitgrößte christliche Gruppe. Der Patriarch residiert in Damaskus
- Die Griechisch-katholische Kirche (auch Melkitische Kirche) stellt die drittgrößte christliche Gruppe. Der Patriarch residiert in Damaskus.
- Die Syrisch-Orthodoxe Kirche von Antiochien ist eine weitere christliche Gruppe im Libanon. Der Patriarch residiert in Damaskus.
- Die Syrisch-katholische Kirche ist eine mit Rom uniierte Kirche. Der Patriarch residiert in Damaskus.
- Die Armenische Apostolische Kirche ist die größte armenische Gruppe im Libanon. Der Katholikos residiert in Antelias. Die Armenier wurden während des Völkermordes in der Türkei auch in den Libanon vertrieben. Sie sind seit 1962 im libanesischen Parlament vertreten.
- Die Armenisch-Katholische Kirche ist die zweitgrößte armenische Gruppe im Libanon. Der Patriarch residiert in Bzommar (Libanon).
- Katholiken des lateinischen Ritus gibt es durch Zuwanderung oder Konversion.
- Der Protestantismus ist besonders seit dem Wirken angelsächsischer Missionare im Libanon vertreten.
Insgesamt kann man die christlichen Kirchen in vier große christliche Religionsgemeinschaften einteilen:
Katholische Kirchen: Die Maroniten, die Melkiten, die Syrisch-Katholiken sowie die Armenisch-Katholiken bezeichnet man auch als mit Rom unierten Katholiken. Die Kirchen besitzen alle einen eigenen Patriarchen. Der gegenwärtige maronitische Patriarch ist auch Kardinal. Die Lateinische Kirche d.h. römisch-katholische Kirche gehört direkt zu Rom. Ferner gehört die Chaldäisch-Katholische Kirche zu den katholischen Kirchen. Die Katholiken sind die größte christliche Religionsgemeinschaft im Libanon.
Orthodoxe Kirchen: Die rum-orthodoxe Kirche wird auch meist als griechisch-orthodoxe Kirche bezeichnet, sie ist die einzige orthodoxe Kirche im Libanon. Die Orthodoxen sind die zweitgrößte christliche Religionsgemeinschaft im Libanon.
Altorientalische Kirchen: Die Armenische Apostolische Kirche ist eine altorientalische Kirche, die erst seit dem Völkermord an den Armeniern ihren Sitz im Libanon hat. Die syrisch-orthodoxe oder Jakobitische Kirche erkannte das Konzil von Chalzedon nicht an und gehört deshalb zu den Altorientalischen Kirchen. Ihr Patriarch residiert in Damaskus. Die Koptisch-orthodoxe Kirche Agyptens hat einige Gemeinden im Libanon. Etwas außerhalb der Kirchenkategorie ist die Assyrische Kirche des Ostens. Die Altorientalische Christen sind die drittgrößte christliche Religionsgemeinschaft im Libanon.
Evangelische Kirchen: Zu den reformatorischen Kirchen zählen die Armenisch-protestantische Kirche, die Presbyterianische Synode von Syrien und Libanon, die Nationale Evangelische Kirche von Beirut sowie die Anglikanische Kirche und die Baptisten. Die Protestanten bilden die kleinste christliche Religionsgemeinschaft im Libanon.
Siedlungsgebiete
Die rum-orthodoxen Christen sind sowohl an der Küste als auch im Libanongebirge angesiedelt. Ein bekanntes Siedlungsgebiet rum-orthodoxer Christen ist Koura. Die Maroniten wohnen traditionell in den Bergen. Durch den Bürgerkrieg sind viele Maroniten nach Beirut gezogen.[1] Der Osten Beiruts ist hauptsächlich von Christen bewohnt. Die Stadt Zahlé ist überwiegend von Melkiten bewohnt. In Tripoli ist der Stadtteil Mina von Christen bewohnt. Im Süden des Libanons gibt es einige christliche Dörfer wie Marj Aioun.
Politische Situation
Siehe auch: Politisches System des LibanonDie konfessionelle Parität mit einem maronitischen Staatspräsidenten sowie einem orthodoxen Vizepremierminister sowie die Anzahl der gleichverteilten Kabinettsposten zwischen Muslimen und Christen ist im Nahen Osten einzigartig. Durch das Taif-Abkommen sind 50 Prozent der Parlamentssitze Christen vorbehalten. Die Staatsämter und Funktionen im öffentlichen Dienst sind paritätisch zwischen Christen und Muslimen aufgeteilt. Der libanesische Staatspräsident und der oberste Befehlshaber der Armee sind jeweils ein Maronit, der stellvertretende Ministerpräsident ein rum-orthodoxer Libanese.
Die Anzahl der Parlamentssitze pro christliche Konfession nach dem Abkommen von Taif (insgesamt 128, Christen:Muslime 5:5) und in Klammern vor dem Abkommen von Taif (insgesamt 99, Verteilung 6:5): Maroniten 34 (30), Rum Orthodoxe 14 (11), Griechisch-Katholische 8 (6), Armenisch-Orthodoxe 5 (4), Armenisch-Katholische 1 (1), Andere 1 (1)
Lage der Christen
Der Libanon war traditionell ein Zufluchtsort für Christen aus dem Nahen Osten. Die Christen im Libanon sind im Vergleich zu anderen Christen in der Region sehr autonom sowie weniger Repressionen ausgesetzt als in anderen Nachbarländern. Dennoch gibt es Übergriffe von Muslimen auf Christen bzw. auf deren Eigentum. So werden z. B. in manchen Gegenden Geschäfte, die Alkohol verkaufen, von muslimischen Gruppen attackiert.[2]
Die Libanonkrise 1958 und der libanesische Bürgerkrieg brachte eine Wende bezüglich der bis dahin recht guten Beziehungen zwischen Muslimen und Christen. So verübte die christliche Phalange-Miliz während des Bürgerkriegs im Jahr 1976 ein Massaker an palästinensischen Flüchtlingen, das Massaker von Karantina. Kurz darauf verübten Muslime in der Hafenstadt Damur das Massaker von Damur an christlichen Einwohnern. Als eines der schlimmsten Kriegsverbrechen von christlicher Seite gilt das Massaker von Sabra und Schatila 1982, bei dem zahlreiche Palästinenser durch die Phalangisten ermordet wurden.
Durch die vielen kriegerischen Konflikte mit Israel (Libanonkrieg 1982, Libanonkrieg 2006 sowie der Konflikt um die Schebaa-Farmen), die meist von muslimischen Extremisten, ohne innenpolitischen Konsens, verursacht werden, ist das politische wirtschaftliche Leben sowie die Sicherheitslage im Land für die Libanesen sehr schwierig geworden. Dadurch haben sich vor allem bei jungen Libanesen die Gründe für eine Auswanderung verstärkt. Im Vergleich zu den muslimischen Auswanderungswilligen gibt es bei den christlichen Libanesen immer noch einen Grund mehr, auszuwandern, und dies ist der zunehmende Druck sowie die Einschränkung ihrer Freiheiten. Es gibt keinen vergleichbaren Druck oder Einschränkung der Freiheit von der christlichen auf die muslimische Seite.
Zurzeit wird durch muslimische Investoren versucht, gezielt Grundstücke in christlichen Kerngebieten über Mittelsmänner zu kaufen. Ein bekannter Fall ist der Kauf eines Grundstücks oberhalb vom Kloster Balamand. Im Jahr 2006 gab es von muslimischen Extremisten Übergriffe auf Kirchen und christliche Gebiete, z. B. in Aschrafija, nach dem Karikaturenstreit im Frühjahr sowie nach der Ausstrahlung einer LBC-Sendung "Basmatwatan", in der der Generalsekretär der Hisbollah, Hassan Nasrallah, kontrakarikiert wurde (Mai 2006).[3]
Es gibt auch zahlreiche Mordfälle, z. B. Ermordung einer Nonne in Haddath, einem Grenzort zur Schiitischen Vorstadt von Beirut, im Jahre 2001, sowie andere vergleichbare Fälle. In den Jahren 2005 und 2006 wurden auf mehrere christliche Journalisten (Gebran Tueni, May Chidiac, Samir Kassir) und Politiker (George Hawi, Elias Murr, Pierre Gemayel junior, Michel Pharaon) Attentate verübt, bei denen die meisten ums Leben kamen.[4]
In der innerlibanesischen politischen Diskussion wird die offene Diskussion für Christen durch Drohungen und Einschüchterungen von muslimischer Seite zunehmend schwieriger.[1]
Literatur
- Rodriguez, Olga (2009): El hombre mojado no teme la lluvia. Voces de oriente medio. Ramdom House Montadori S.A.
- Bank & Marischka, 2007, Seite 21
Einzelnachweise
- ↑ a b c d Report: Nearly Half the Maronites Consider Fleeing Lebanon, An-Nahar, Beirut 2. April 2007
- ↑ a b Une branche d’el-Qaëda promet des « mers de sang » aux chrétiens du Liban
- ↑ IMI Magazin. Ausgabe April 2007. S. 21-22 Informationsstelle Militarisierung (IMI), Tübingen Online
- ↑ alsharq.de: Journalisten im Libanon
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