Meister von Rabenden

Meister von Rabenden
Meister von Rabenden: Heiliger Jakobus, Lindenholz. Bayerisches Nationalmuseum
Meister von Rabenden: Christi Gebet am Ölberg, um 1515 (Bode-Museum, Berlin)
Meister von Rabenden: Marienaltar aus der Schlosskapelle St. Georg in Unterelkofen, um 1517-20, Bayerisches Nationalmuseum
Meister von Rabenden: Heiliger Jakobus, Bayerisches Nationalmuseum

Als Meister von Rabenden wird einer der bedeutendsten süddeutschen Bildhauer des frühen 16. Jahrhunderts bezeichnet. Der namentlich nicht bekannte gotische Künstler erhielt seinen Notnamen nach dem von ihm geschaffenen Hochaltar in der Filialkirche St. Jakobus in Rabenden bei Altenmarkt an der Alz, einem spätgotischen Flügelaltar. Der Meister war vor allem in der Region des Chiemgau in Bayern tätig.

Inhaltsverzeichnis

Der Altar von Rabenden

Der sechs Meter hohe Hochaltar des Meisters von Rabenden in der Kirche in Rabenden zählt zu den bedeutendsten spätmittelalterlichen Bildwerken im süddeutschen Raum[1]. Der Mittelteil zeigt Holzskulpturen des Kirchenpatrons Jakobus und weiterer Heiliger, auf den Flügeln sind Bilder von Heiligen, den vier lateinischen Kirchenvätern und Szenen zu Maria, der Mutter Jesu zu sehen. Das dem Meister namensgebende Werk insgesamt ist ein Flügelaltar von „vollendeter Harmonie und reicher Ausstattung“ mit ausdruckstarkem Figurenschmuck. In einer von Krieg und Hungersnöten gezeichneten Zeit versucht der Künstler bewegende Skulpturen zu schaffen, die das Überirdische und Irdische verbinden und tröstliche Bilder schenken[2].

Identifizierung

Früher wurde angenommen, der Meister von Rabenden habe in Rosenheim seine Werkstatt gehabt. Heute wird vorgeschlagen, allerdings umstritten, ihn mit dem Bildhauer Wolfgang Leb zu identifizieren, der in Wasserburg am Inn tätig war. Auch wird sein Name als Andreas Taubenbeck für möglich gehalten, da man ein mit A.T.1515 signiertes Relief der Beschneidung Christi, das unter dem Namen des Monogrammist AT im Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum in Innsbruck geführt wird, auch durch Stilvergleich dem Meister von Rabenden zuschreiben könnte[3]. Letztere Identifikation würde eine künstlerische Beziehung des Meisters von Rabenden zu den Pustertaler Altarwerkstätten und dem salzburgisch-altbayerischen Stilbereich herstellen.

Stil

Die Werke des Meisters von Rabenden sind von großer Gestaltungskraft, die von ihm geschnitzten Figuren zeigen die dargestellten Personen mit für seine Zeit großer Individualität und hoher Ausdruckskraft. Die ist besonders bei Plastiken des St. Jakobus zu bemerken, die alle große eindringliche Augen unter ausdrucksstark herausgearbeiteten Brauen sowie einen detailreichen strähnigen Bart besitzen.

Werke (Auswahl)

  • Pfarrkirche St. Jakobus d. Ä., Rabenden
    • Flügelaltar

Weitere Werke des Meister von Rabenden befinden sich beispielsweise in folgenden Kirchen:

  • Katharinenkirche, Kitzbühel
    • Kupferschmidaltar von 1513[4]
  • Pfarrkirche St. Laurentius in Obing
    • 3 Schnitzfiguren Madonna mit Kind, Hl. Laurentius, Hl. Jakobus von 1515
  • Pfarrkirche St. Jakobus d. Ä. in Rohrdorf am Inn
    • Schnitzfigur Hl. Jakobus
  • Wallfahrtskirche Heilig Blut in Rosenheim
  • Kirche St. Ägidius in Seeon

Vierzehn Werke des Meisters sind in Besitz des Bayerischen Nationalmuseums in München, andere Werke im Bode-Museum in Berlin. Die Werke kommen beispielsweise aus

  • der Schlosskapelle St. Georg in Unterelkofen (Marienaltar, um 1517-20)

Einfluss und Nachfolger

Neben Hans Leinberger war der Meister von Rabenden wohl der bedeutendste Plastiker des frühen 16. Jahrhunderts im süddeutschen Raum.

Im Musée d'Unterlinden in Colmar befindet sich die Statue von 1520 mit der Heiligen Anna Selbdritt, die der Werkstatt des Meister von Rabenden zugerechnet wird[5]. Eine ähnliche Annen-Figur aus der Werkstatt des Meisters befindet sich im Museum The Cloisters in New York[6], aus den Beständen des Bayerisches Nationalmuseum aufgekauft. Des Weiteren wurden dem Meister und seinem Umfeld häufiger Figuren von Anna oder anderen Heiligen[7] oder Passionsszenen[8] in Privatbesitz zugeschrieben.

Der moderne Maler Lovis Corinth studierte die expressionistischen Figuren von Bildhauern des Mittelalters und deren Komposition und zeichnete 1909 mehrere Farbbilder mit Schnitzwerken des Meisters von Rabenden[9].

Literatur

  • Philipp Maria Halm: Der Meister von Rabenden und die Holzplastik des Chiemgaues. In: Jahrbuch der Königlich Preussischen Kunstsammlungen 32. Bd., (1911), S. 59-84
  • O. Heichele (Pfarrer): Kirchenführer Rabenden. Hannes Oefele Verlag, Ottobeuren 1982
  • Jürgen Rohmeder: Der Meister des Hochaltars in Rabenden. Verlag Schnell & Steiner, München, 1971
  • Johannes Goldner, Wilfried Bahnmüller: Meister von Rabenden. Pannonia-Verlag, Freilassing 1993

Weblinks

 Commons: Meister von Rabenden – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Deutsche Stiftung Denkmalschutz (Hrsg.) Hilfe für die Dorfkirche von Rabenden. Rettung für den Altar von St. Jakobus. Bonn 2007 (Broschüre zum Fördervertrag, Online aufgerufen November 2010)
  2. Ein Prunkstück aus der Nähe - Der restaurierte „Hochaltar von Rabenden“ aus Altenmarkt wird derzeit in Freising ausgestellt. Passauer Neue Presse, 29. Januar 2010 (pnp Onlineausgabe, aufgerufen November 2010) (Link nicht mehr abrufbar)
  3. Otto Wutzel (Hrsg.): Die Kunst der Donauschule 1490 - 1540. (Katalog der Oberösterreichischen Landesausstellung Linz 1965). Oberösterreichischer Landesverlag, Linz 1965
  4. Jonathan Bousfield, Rob Humphreys: The rought Guide To Austria. London 2001
  5. Virginia Nixon: Mary's mother: Saint Anne in late medieval Europe. Pennsylvania State University Press 2005, Abbildung 33
  6. The Cloisters Collection, Inventar-Nummer 1987.15
  7. beispielsweise Muttergottes mit Kind, Neumeister Kunstauktionen, Dezember 1993, Los 16 oder Anbetung der Könige, Neumeister Kunstauktionen, Mai 2010, Los 1
  8. beispielsweise Beweinung Christi (The Lamentation) Auktionshaus Sotheby's Amsterdam, Mai 1999, Los 258
  9. Horst Uhr: Lovis Corinth. University of California Press, Berkeley 1990, S. 158 (Englisch)

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