Jakobus der Ältere

Jakobus der Ältere
Jakob der Ältere aus einem Fresko an der Kathedrale von Le Puy-en-Velay

Jakobus der Ältere (hebräisch ‏יעקב בן־זַבדַיJa'akov ּBen-Savdai, lateinisch Jakobus Maior „Jakobus der Große“, lat. auch Iacobus Zebedaei „Jakobus Zebedäus“ oder spanisch Santiago; † ca. 44 n. Chr.) ist eine Gestalt des Neuen Testaments. Er zählt zu den zwölf Aposteln Jesu Christi.

Inhaltsverzeichnis

Neues Testament

Zusammen mit seinem Bruder Johannes gehört Jakobus neben Andreas und Simon Petrus zu den erstberufenen Jüngern (Mt 4,21 EU; Lk 5,10 EU). Der Name Jakobus ist eine latinisierte Form des Namens des Erzvaters Jakob. Die erstberufenen Jünger nehmen im Neuen Testament eine besondere Stellung im Kreis der Jünger ein (Lk 8,51 EU), weil Jesus sie an bedeutenden Ereignissen seines Lebens teilnehmen lässt. Jakobus ist zusammen mit Petrus und Johannes auf dem Berg der Verklärung (Mt 17,1 EU), als Jesus mit Elija und Mose spricht, und im Garten Getsemani (Mt 26,37 EU) wird er Zeuge der Verzweiflung Jesu angesichts seines bevorstehenden Leidensweges.

Jakobus und Johannes erhalten von Jesus wegen ihrer ungestümen Wesensart den aramäischen Beinamen Boanerges, was Donnersöhne bedeutet (Mk 3,17 EU, vgl. Lk 9,54 EU). Nach der Auferstehung befindet sich Jakobus mit den anderen Aposteln in Jerusalem (Apg 1,13 EU). Nach (Apg 12,1-2 EU) wurde er während der Herrschaft des Herodes Agrippa I. über ganz Judäa (41-44 n. Chr.) mit dem Schwert hingerichtet. Sowohl das Markus- als auch das Evangelium nach Matthäus reflektieren seinen gewaltsamen Tod (Mk 10,39 EU; Mt 20,23 EU).

Legenden

Um Jakobus ranken sich besonders in Spanien zahlreiche Legenden. So soll er der Apostel gewesen sein, der nach der Himmelfahrt Jesu auf der Iberischen Halbinsel predigte. Er soll Jünger mit der Prophezeiung geworben haben, dass er nach seinem Tod Unzählige bekehren werde. Während der Reise hatte er jedoch so wenig Erfolg, dass er eines Tages, laut Überlieferung, mutlos und verzweifelt im Gebiet des heutigen Saragossa am Ufer des Ebro gesessen habe. Als er den Entschluss gefasst habe, die Mission abzubrechen, soll ihm die Jungfrau Maria auf einer Säule erschienen sein und ihn ihrer Unterstützung versichert haben.

Nach einer anderen, für den Jakobuskult in Santiago de Compostela grundlegenden Legende übergaben seine Jünger den Leichnam des Apostels nach der Enthauptung einem Schiff ohne Besatzung, das später in Galicien im Nordwesten Spaniens anlandete. Helfer setzten ihn weiter im Landesinneren bei. Dann geriet das Grab in Vergessenheit. Nach der Wiederentdeckung im 9. Jahrhundert wurde darüber eine Kapelle, später eine Kirche und schließlich die Kathedrale errichtet, um die herum sich der Pilgerort Santiago de Compostela entwickelte und zu der die Jakobswege führen.

Seit dem späten 9. Jahrhundert wurde dem Apostel, der sich zum Nationalheiligen entwickelte, zunehmend eine militärische Funktion zugeschrieben. König Alfons III. von Asturien (866-910) führte seine Siege auf das Eingreifen des Heiligen zurück. Dabei handelte es sich um Kämpfe nicht nur gegen die Mauren, sondern auch gegen christliche Feinde.[1] Die Eroberung der Stadt Coimbra 1064 durch König Ferdinand I. von Kastilien und León schrieb man der Hilfe des „Soldaten Christi“ Jakobus zu.[2] Einer späten, aus dem 12. Jahrhundert stammenden Legende zufolge griff Jakobus schon im Jahre 844 in der Schlacht von Clavijo auf der Seite der Christen gegen die Mauren ein und führte den Sieg herbei, wobei er als Ritter auf einem Schimmel erschien.[3] In den Chroniken finden sich viele Berichte solcher Art. Jakobus erhielt den Beinamen Matamoros (Maurentöter). Im Spätmittelalter wurde er bildlich als galoppierender Ritter dargestellt. ¡Santiago y cierra, España! (Sankt Jakob und greif an, Spanien!) wurde zum traditionellen Schlachtruf der spanischen Heere. In der frühen Neuzeit erhielt Jakobus auch bei der Eroberung Amerikas und bei Kämpfen gegen die Türken die Funktion des Schlachtenhelfers.

Forschungsstand

Historisch besteht nach heutigem Forschungsstand kein Anhaltspunkt für die Vermutung, dass Jakobus sich tatsächlich auf der Iberischen Halbinsel aufgehalten hat. Die älteste Quelle, die einen Aufenthalt in Spanien erwähnt, ist das Breviarium apostolorum aus der Zeit um 600, wo nur knapp behauptet wird, er habe in Spanien und „an westlichen Orten“ gepredigt. Diese Idee wurde dann von verschiedenen Autoren (u.a. Isidor von Sevilla, Aldhelm von Sherborne und Beatus von Liébana) aufgegriffen, jedoch nicht besonders betont.[4] Erst im Hymnus „O dei verbum patris ore proditum“ aus dem späten 8. Jahrhundert wird Jakobus als Patron und Beschützer Spaniens bezeichnet.[5] Die Behauptung, dass die Gebeine des Jakobus nach Spanien gebracht wurden, taucht erstmals in Urkunden des 9. Jahrhunderts auf, wo auf die Entdeckung des angeblichen Apostelgrabs unter König Alfons II. (791-842) Bezug genommen wird, die nach 818 zu datieren ist.[6] Diese Behauptung wird von der Forschung nicht als glaubwürdig betrachtet, denn in der Spätantike und während der gesamten Zeit der Westgotenherrschaft auf der Iberischen Halbinsel, die bis zum Zeitraum 711-719 dauerte, war von einem Begräbnis des Apostels in Spanien nie die Rede.[7]

Kontroversen um die spanische Jakobuslegende

Schon im Mittelalter wurde in Spanien der Aufenthalt des Jakobus auf der Iberischen Halbinsel bestritten. Dabei ging es weniger um die historische Wahrheit als um Machtkämpfe zwischen Kirchenprovinzen. Die Kirche von Santiago beanspruchte mit Berufung auf ihre angebliche apostolische Gründung eine besondere Autorität, was insbesondere in Toledo auf Widerspruch stieß.[8]

Im späten 16. und frühen 17. Jahrhundert kam es zu einer heftigen Kontroverse, als in Rom eine Kommission von Kardinälen das Breviarium Romanum überarbeitete und dabei den Text über Jakobus ändern wollte, da seine Missionstätigkeit in Spanien nicht von glaubwürdigen Quellen belegt und daher sehr zweifelhaft sei. Der spanische Botschafter intervenierte, um das zu verhindern. Zunächst fand man eine Kompromisslösung. 1631 endete der Konflikt mit einem völligen Sieg der spanischen Diplomatie über die quellenkritische Argumentation der humanistischen Kardinäle, und die Legende wurde wieder zum offiziellen Standpunkt der katholischen Kirche.[9] Unter den Gelehrten setzte sich die Debatte über die Geschichtlichkeit der Missionstätigkeit des Apostels fort. Sie wurde bis ins 20. Jahrhundert mit großer Intensität geführt. An der Überführung der Gebeine nach Spanien und ihrer Beisetzung in Santiago wurde hingegen in der Frühen Neuzeit im katholischen Raum nicht gezweifelt. Martin Luther drückte jedoch in drastischen Worten seine Meinung aus, es gebe keinen Grund, das Grab für echt zu halten.[10] Zu diesem Ergebnis ist schließlich auch die im 19. Jahrhundert einsetzende moderne Quellenkritik gekommen.

Im späten 20. Jahrhundert ist der Graf von Quirós, Don Isidoro Millán González-Pardo, als entschiedener Verteidiger der historischen Zuverlässigkeit der Jakobuslegende hervorgetreten. Er veröffentlichte 1989 in einer Zeitschrift, deren wissenschaftliche Reputation umstritten ist[11], eine Mitteilung über einen sensationellen Fund: in der Kathedrale von Santiago sei eine Grabinschrift entdeckt worden, die laute: Athanasios martyr (Der Märtyrer Athanasios). Diese Inschrift könne ins 1. Jahrhundert n. Chr. datiert werden. Da Athanasios der Jakobuslegende zufolge ein Schüler des Jakobus war und neben ihm bestattet wurde, sei damit die Echtheit des Apostelgrabs erwiesen.[12]

Die 1989 angekündigte detaillierte Veröffentlichung über den Fund ist allerdings bis heute nicht erschienen, ein Foto wurde nicht veröffentlicht, eine Nachprüfung hat nicht stattgefunden. Der Graf ist im Jahre 2002 gestorben. Ein Jakobusschüler namens Athanasios wird erstmals im 12. Jahrhundert in einer Wundererzählung über die Überführung der Gebeine des Jakobus erwähnt; in einer älteren Version dieser Legende (11. Jahrhundert) lautet der Name „Anastasios“.[13]

Das Erzbistum Santiago schildert heute auf seiner Website die Geschichte des Jakobusgrabs auf der Basis der Angaben von Millán González-Pardo und stellt die Echtheit des Grabes als Tatsache dar. Dort wird behauptet, die Athanasios-Inschrift existiere, sei aber in sehr schlechtem Erhaltungszustand (muy desgastada).[14] Millán González-Pardo hatte angegeben, die Inschrift sei „in klarer griechischer Kursive“ geschrieben.[15]

Gedenktag

In der evangelischen und katholischen Kirche ist sein Gedenktag der 25. Juli, an dem im Mittelalter in vielen Gegenden Europas Erntefeste oder Kirmes gefeiert wurde, in der orthodoxen Kirche ist es der 30. April, in der koptischen Kirche der 12. April und in der äthiopischen Kirche der 28. Dezember.

Der Jakobstag (St. Jakob, kurz Jakobus oder Jakobi) 25. Juli ist seit dem 8. Jahrhundert als Festtag für Jakobus den Älteren, Bruder des Evangelisten Johannes nachweisbar.

Der Jakobstag ist ein Tag mit wichtigen Wetterregeln:

  • „Jakobi heiß - lohnt Müh' und Fleiß.“
  • „Jakobi klar und rein, wird's Christfest frostig sein.“
  • „Jakobi - schneid' obi“ - Beginn des Getreideschnitts

Schutzpatron

Jakobus der Ältere ist der Schutzpatron

  • von Spanien
  • der Pilger
  • der Apotheker und Drogisten
  • der Hutmacher, Wachszieher und Kettenschmiede
  • der Krieger
  • der Schröter
  • der Arbeiter
  • für Äpfel und Feldfrüchte
  • für das Wetter

Für ihre Sache in Anspruch nahmen ihn

  • die christlichen Heere der Reconquista,
  • die spanischen Conquistadores während der Eroberung Amerikas,
  • beide Seiten während der Ablösung der lateinamerikanischen Kolonien vom Mutterland Spanien,
  • die gegen die Republik putschenden Truppen Francos im spanischen Bürgerkrieg.

Ikonographie

Darstellung als Maurentöter

In der Ikonografie wird Jakobus dargestellt als sitzender Apostel (apostol sedente), als Pilger mit Jakobsmuschel, Pilgerstab (auch „Jakobsstab“), Hut und Mantel sowie als Ritter und Maurentöter (Matamoros), zu Pferd und mit dem Schwert kämpfend. Darstellungen von Jakobus als Matamoros sind in der mittelalterlichen darstellenden Kunst Spaniens weit verbreitet. Die wohl bekannteste Matamoros-Darstellung befindet sich als Relief über dem Hauptportal der Santiagokirche von Logroño.

Forschung

Die Deutsche-St.-Jakobus-Gesellschaft e.V. erforscht die Verehrung des Apostels und die Geschichte der Pilgerfahrt zu seinem Grab (Jakobsweg) in Santiago de Compostela.

Siehe auch

Sankt Jakobskirche in Kirchberg am Wechsel
Namensgleiche biblische Person(en)

Literatur

  • Klaus Herbers: Politik und Heiligenverehrung auf der Iberischen Halbinsel. Die Entwicklung des „politischen Jakobus“. In: Jürgen Petersohn (Hrsg.): Politik und Heiligenverehrung im Hochmittelalter. Sigmaringen 1994, ISBN 3-7995-6642-2, S. 177–275
  • Jan van Herwaarden: The origins of the cult of St James of Compostela. In: Journal of Medieval History 6, 1980, S. 1–35
  • Claudio Sánchez-Albornoz: Orígenes de la nación española, Band 2, Instituto de Estudios Asturianos, Oviedo 1974, ISBN 84-00-04032-5, S. 367−396 (Kapitel En los albores del culto jacobeo)

Weblinks

 Commons: Jakobus der Ältere – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Anmerkungen

  1. Thomas Deswarte: De la destruction à la restauration, Turnhout 2003, S. 106f.; Klaus Herbers: Politik und Heiligenverehrung auf der Iberischen Halbinsel. Die Entwicklung des „politischen Jakobus“, in: Politik und Heiligenverehrung im Hochmittelalter, hrsg. Jürgen Petersohn, Sigmaringen 1994, S. 199-202.
  2. Deswarte S. 107; Herbers S. 203-209.
  3. Herbers S. 233-235.
  4. Jan van Herwaarden: The origins of the cult of St James of Compostela, in: Journal of Medieval History 6, 1980, S. 3-7.
  5. Herwaarden S. 7-18.
  6. Herbers S. 196, Deswarte S. 102.
  7. Herwaarden S. 23-30.
  8. Robert Plötz: Der Apostel Jacobus in Spanien bis zum 9. Jahrhundert, in: Spanische Forschungen der Görresgesellschaft 1. Reihe, Bd. 30, 1982, S. 20-22.
  9. Plötz S. 22-24.
  10. Klaus Herbers: Der Jakobsweg, 3. Aufl. Tübingen 1990, S. 11f.
  11. es:Real Academia de la Historia#Crítica
  12. Isidoro Millán González-Pardo und Antonio Blanco Freijeiro: Hallazgo en el Mausoleo del Apóstol Santiago del título sepulcral griego de su discípulo San Atanasio, in: Boletín de la Real Academia de la Historia Bd. 186, 1989, S. 209-219.
  13. Plötz S. 125-131.
  14. La Tumba Apostólica
  15. Millán González-Pardo S. 218.

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