- Melnitz
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Im Buch Melnitz, das 2006 herausgegeben wurde, erzählt Charles Lewinsky die fiktive Geschichte der jüdischen Familie Meijer vor dem Hintergrund der geschichtlichen Ereignisse in der Schweiz zwischen 1871 und 1945.
Inhalt
Das Buch ist in fünf Teile gegliedert, die nach dem Jahr benannt sind, in dem sie beginnen. Die einzelnen Teile sind wiederum in eine unterschiedlich große Anzahl an Kapiteln unterteilt.
1871
Die jüdische Familie Meijer, bestehend aus dem Viehhändler Salomon Meijer, seiner Frau Golde Meijer, ihrer Tochter Mimi Meijer und der adoptierten Chanele Meijer, sitzt nach dem Abendessen zusammen, als es an der Tür klopft und ein Fremder mit einem blutigen Verband um den Kopf eintritt. Der Fremde ist Janki Meijer, ein entfernter Verwandter, der aus der den Deutschen unterlegenen französischen Armee zu seinen Verwandten in Endingen in der Schweiz geflohen ist. Mit dem Geld, dass er in dem Verband versteckt hielt, eröffnet er unter dem Namen Jean Meijer ein kleines Geschäft für auserlesene Stoffe in Baden, das Französische Stofflager. Jedoch hält ein verleumderischer Artikel im Badener Tagblatt die Kunden von dem Geschäft fern. Deshalb denken sich Mimi, die ein wenig in Jean verliebt ist, ihre nicht-jüdische Spielgefährtin und Tochter des Schulmeisters, Anne-Kathrin, und Pinchas, der Sohn des Schochers, der in Mimi verliebt ist, einen eigenen Artikel für das Badener Tagblatt aus, indem Janki Meijer ohne Nennung seines Namens zu einem verwundeten Kriegshelden erkoren wird. Danach finden sich die ersten Kunden in Jankis Geschäft ein. Bald sind es so viele, dass Chanele ihm im Geschäft hilft. Auch sie hat Gefallen an Janki gefunden. Nach einigen Wochen hält Janki bei Salomon um die Hand Mimis an. Mit Mimis Mitgift könnte er ein zweites Geschäft für die weniger reichen Kundinnen eröffnen. Doch die Ehe kommt nicht zustande, da sich Mimi weigert in den Geschäften ihres zukünftigen Gatten auszuhelfen und da Janki Mimi dabei ertappt, wie sie Pinchas zum Trost auf den Mund küsst. So heiratet Janki Chanele und zieht mit ihr nach Baden, während Mimi Pinchas heiratet und mit ihm nach Zürich zieht, um dort ein koschere Metzgerei zu eröffnen.
1893
Zwanzig Jahre sind vergangen. Janki und Chanele haben drei gesunde Kinder bekommen, François Schmul, Hinda und das Nesthäkchen Arthur. Außerdem haben sie neben dem ersten Geschäft von Janki, dem Französischen Stofflager, die Moderne Warenhalle gegründet, die von Chanele mit strenger Hand geführt wird. Golde Meijer ist in der Zwischenzeit verstorben. Salomon zählt die Tage bis er ihr nachfolgen kann. Den Viehhandel hat er aufgegeben. Nun lebt er zurückgezogen und beschäftigt sich hauptsächlich mit der Gematria, bei der durch komplizierte Berechnungen des Zahlenwerts hebräischer Buchstaben verborgene Zusammenhänge entdeckt werden sollen. Er weigert sich standhaft, zu Chanele und Janki nach Baden umzuziehen, besucht diese wie auch an diesem Tag aber immer zu den ungelegensten Zeitpunkten. An diesem Abend gibt Janki ein Essen für seine nicht-jüdischen Geschäftspartner. Denn Janki wünscht sich, trotz seines Glaubens in die Gesellschaft aufgenommen zu werden. Bei diesem Abendessen wird die bevorstehende Abstimmung zum Verbot des Schächtens zur Sprache gebracht. Dabei wirft Salomon der schweizerischen Bevölkerung Heuchelei vor. Hinda ist zu diesem Zeitpunkt zu Besuch bei Mimi und Pinchas in Zürich. Mimi und Pinchas Ehe ist bis auf eine Fehlgeburt kinderlos geblieben. Bei diesem Besuch lernt Hinda zufälligerweise Zalman Kamionker, einen jüdischen Schneider und Gewerkschafter aus Galizien kennen, der von seiner Gewerkschaft in Amerika an einen Gewerkschaftskongress nach Zürich geschickt wurde. Die beiden verlieben sich und beschließen zu heiraten. Mimi hilft zudem Chanele, eine Frau für François zu finden, um diesen zu bändigen. Denn François hat eine Verkäuferin von Chaneles Moderner Warenhalle geschwängert. Sie entscheiden sich für Mina Kahn aus einem reichen Elternhaus, die sich zu wehren versteht, deren rechtes Bein wegen einer Kinderlähmung aber steif ist. Pinchas, der Schocher von Zürich, wird von dem Schulmeister aus Endingen gebeten, an einer Diskussion zur Initiative über das Schächtverbot teilzunehmen. Pinchas nimmt die Einladung an, um das Schächten zu verteidigen. Bei dem Anlass kommt er aber gar nicht zu Wort, da das Publikum durch den ehemaligen nicht-jüdischen Metzger Gubser, der sich neu als Tierschützer engagiert und heftig für das Schächtverbot eintritt, sowie Dr. Jakob Stern, einen ehemaligen Rabbiner, der zur Erkenntnis gelangt ist, dass es gar keinen Gott gibt und das Schächten gemäß den Geboten lediglich zur Opferbringung aber nicht für den Alltag notwendig ist, gegen die Juden und das Schächten aufgehetzt wird. Salomon erleidet bei der Veranstaltung einen Schlaganfall. Zum gleichen Zeitpunkt erfährt Mimi in Zürich, dass ihr anhaltendes Unwohlsein auf eine Schwangerschaft zurückzuführen ist. Salomon erreicht das Bewusstsein nicht mehr. Arthur kümmert sich während seiner letzten Wochen um Salomon und beschließt, Arzt zu werden. Salomon verstirbt am Tag der Abstimmung über die Initiative zum Schächtverbot, dem 20. August 1893. Das Schächtverbot wird angenommen. In der Folge beschließt Pinchas, seine Metzgerei zu verkaufen und ein Geschäft für koschere Lebensmittel zu eröffnen. Der zweite Teil endet mit der Bar Mizwa von Arthur.
1913
Der dritte Teil beginnt mit einer Familienzusammenkunft zum Pessach in der Wohnung von Hinda und Zalman. Neben Hinda und Zalman sowie deren drei Kindern Ruben, Lea und Rachel haben sich Mimi und Pinchas mit ihrer Tochter Désirée, der immer noch ledige Arthur und Mina eingefunden. François und sein Sohn Alfred sind nicht anwesend, da sich François mit seinem Sohn vor sieben Jahren taufen ließ, um ein Grundstück direkt am Paradeplatz erwerben zu dürfen, das perfekt für sein neues Warenhaus wäre. Trotz Taufe wurde ihm als Jude das Grundstück jedoch nicht verkauft. Chanele und Janki sind nicht anwesend, da Janki nicht den Eltern von Mina begegnen möchte, nachdem sein Sohn François sich und Alfred taufen ließ. Am späten Abend kommt dann doch noch Alfred zu Besuch und beteiligt sich sogar an den jüdischen Gesängen, deren Text er noch aus seiner Kindheit kennt. Insbesondere Mimi ist über Alfreds Auftauchen empört. Janki beschließt, sein Geschäft, das Französische Stofflager, und gegen den Wunsch Chaneles auch die Moderne Warenhalle zu verkaufen, um einen ruhigen Lebensabend zu verbringen. Gemeinsam verbringen sie eine Ferienreise auf Sylt. Janki lernt in Sylt fünf Deutsche kennen, die in der Schlacht von Sedan gekämpft hatten. Er gibt aus Gewohnheit entgegen den Tatsachen an, dass auch er in der Schlacht von Sedan gekämpft habe, und wird von den fünf Deutschen in ihren Club aufgenommen. Sie verbringen mehrere Tage zusammen, erzählen sich Heldengeschichten und planen die Veranstaltung einer großen Jubiläumsfeier der Schlacht von Sedan auf Sylt. Janki soll sogar die Rede halten. Chanele lernt währenddessen die reiche, jüdische Familie Wasserstein mit deren Tochter Chaje Sore und dem Nachzügler Motti kennen. Die Wassersteins befinden, dass Arthur, der Sohn von Chanele und Janki, der perfekte Mann für ihre Tochter Chaje Sore wäre. Von Herrn Wasserstein erfahren die fünf Deutschen, dass Janki Jude ist und wollen nichts mehr mit ihm zu tun haben. Überstürzt reisen Chanele und Janki in die Schweiz zurück. In der Schweiz hat Arthur den jungen Joni Leibowitz kennengelernt und wegen ihm mit dem Ringen im jüdischen Turnverein begonnen. Arthur verliebt sich in Joni und beginnt mit ihm eine Affäre, worauf er mit dem Ringen aufhört, dem jüdischen Turnverein aber als Arzt erhalten bleibt. Joni beendet nach einiger Zeit das Verhältnis mit Arthur und interessiert sich für Désirée. Désirée hat sich aber in Alfred verliebt und verbringt mit ihm unter dem Vorwand, sie decke die heimliche Liebe ihrer Freundin, Nachmittage voller Gespräche und heimlicher Küsse. Als die Beziehung auffliegt, ist bis auf Mina, die ihren Sohn glücklich sehen möchte, die ganze Verwandtschaft gegen die Beziehung. Sie beschließen, Alfred solle ein Jahr lang ein Praktikum bei einem Geschäftskollegen von François in Paris absolvieren, ohne Désirée besuchen zu dürfen, nur Briefe sind als Kontakt erlaubt. Sie hoffen, dass die Liebe zwischen Alfred und Désirée in dieser Zeit erlischt. Jedoch bricht vor Ablauf des Jahres der Erste Weltkrieg aus, und Alfred, der wie sein Vater französischer Staatsbürger ist, wird eingezogen. Er stirbt durch den Einschlag einer verirrten französischen Granate. Désirée wird zur Witwe. Mina verschwindet, nachdem sie vom Tod ihres einzigen Sohnes erfahren hat. Während des Krieges treffen in Zürich immer mehr jüdische Flüchtlinge ein. Zalman und Pinchas kümmern sich um sie, besorgen ihnen eine Unterkunft und Arbeit. Auch die Familie Wassermann gehört dazu. Motti fehlt. Russische Truppen hatten das Sägewerk der Familie niedergebrannt, anschließend spießten sie Motti mit dem Bajonett auf und vergangen sich an Chaje Sore. Arthur fühlt sich irgendwie schuldig, obwohl er gar nichts von der Familie Wasserstein und der Heirat wusste. Doch Herr Wasserstein lehnt seine Bitte um Chaje Sores Hand ab. Zalman rettet seinen Sohn Ruben, der an der Jeschiwe in Kolomea studiert, mit List aus dem Kriegsgebiet. Der dritte Teil endet damit, dass Pinchas François auf dessen Bitten hin nach Ende des Krieges zum Grab seines Sohnes Alfred begleitet und für den getauften Alfred den Kaddisch spricht.
1937
Zu Beginn des vierten Teils ist Arthur bei seiner Mutter Chanele im Altersheim in Lengnau zu Besuch. Janki ist in der Zwischenzeit gestorben. Chaneles Gedächtnis lässt sie im Stich, weshalb sie sich immer wieder nach den nicht vorhandenen Kinder des ledigen Arthurs erkundet. Mimi und Pinchas sind im Winter 1918 kurz nacheinander an der Spanischen Grippe verstorben. Désirée hatte die Wohnung und das koschere Lebensmittelgeschäft ihrer Eltern übernommen. Hinda und Zalman haben eine eigene Kleiderfabrik gegründet, um Arbeit für die vielen Flüchtlinge zu schaffen. Ruben arbeitet als Rabbiner in Halberstadt in Deutschland. Um diese Stelle annehmen zu können, hat er die schweizerische gegen die deutsche Staatsbürgerschaft eingetauscht. Er hat eine deutsche Frau, die von allen nur Lieschen genannt wird, und mit ihr vier Kinder, drei Jungen und ein Mädchen. Trotz zunehmender antisemitischer Schikanen durch die Nationalsozialisten weigert er sich standhaft, Deutschland und damit seine Gemeinde zu verlassen. Lea hat Alfred Rosenthal, Lehrer für Mathematik und Geometrie, geheiratet und mit ihm einen Sohn namens Heinrich Hillel. Hillel ist ein Zionist, der irgendwann einmal nach Erez (Palästina/Israel) gehen möchte und deshalb als erster Jude in der Schulgeschichte eine Ausbildung in der landwirtschaftlichen Schule Strickhof begonnen hat. Dort lernt er den nicht-jüdischen Walter Böhni, Sohn eines Bauers, kennen und erlebt mit ihm allerlei. Denn Böhni ist an der antisemitischen Haltung der Nationalen Front interessiert und liest täglich die Front von Dr. Rolf Henne. Rachel ist bisher unverheiratet und leitet das Büro der Kleiderfabrik ihres Vaters. Dort lernt sie Herrn Felix Grün kennen, den ihr Vater nach einem längeren Gespräch einstellt, obwohl er gar nicht nähen kann. Später erzählt Herr Grün Rachel und Désirée, dass er in Deutschland zusammen mit seinem Partner Herr Blau, der eigentlich Siegfried Schlesinger hieß, im Kabarett aufgetreten sei. 1934 wurden sie und die anderen Darsteller des Kabaretts eines Tages nach der Vorstellung verhaftet und in ein Lager der Nationalsozialisten gebracht, wo sie gefoltert wurden. Im Sommer 1936 wurden sie wieder freigelassen und die Kabaretts wieder geöffnet, um die internationalen Gäste der in Berlin stattfindenden Sommerolympiade zu unterhalten. Herr Grün warnte die anderen davor, dass die Freilassung nur vorübergehend sei. Doch insbesondere Herr Blau wollte und konnte ihm nicht glauben. Vor der letzten Vorstellung floh Herr Grün nach Wien und von dort nach Zürich. Die anderen wurden wieder verhaftet und in die Lager gebracht, wo Herr Blau sterben musste. Rachel und Herr Grün verlieben sich ineinander und verloben sich. Arthur kümmert sich jeden Mittwoch Nachmittag im jüdischen Kinderheim Wartheim in Heiden um die medizinischen Anliegen der meist deutschen Kinder, die sich dort für eine Erholung von drei Monaten aufhalten dürfen und deren Eltern kein Geld für eine medizinische Betreuung schicken können. Unter der Aufsicht der Heimleiterin Fräulein Württemberger aus Deutschland werden ihm die zu behandelnden Kinder vorgeführt. Eines der Kinder ist die zwölf Jahre alte Irma Pollack. Sie ist mit ihrem neun Jahre alten Bruder Moses Pollack hier. Irma täuscht die Symptome einer Tuberkulose vor, um mit ihrem Bruder länger in der Schweiz bleiben zu dürfen, damit sie ihrer Mutter Rosa Pollack bei der Suche nach einem Visum nicht zur Last fallen. Der Vater der beiden Kinder ist tot, von den Nationalsozialisten ermordet, wie man später von der Mutter erfährt. Die Mutter hat unter dem Regime der Nationalsozialisten Arbeit und Obdach verloren und versucht, in ein anderes Land auszureisen, wo sie sich dann mit ihren Kindern wieder vereinen möchte. Arthur durchschaut die vorgetäuschten Beschwerden von Irma, verrät sie aber nicht, sondern spielt mit, erzählt der Heimleiterin, Irma leide an einer schweren Lungenerkrankung, und bringt Irma bei, wie sie sich zu verhalten habe. Außerdem versucht er, der Rosa Pollack bei der Ausreise zu helfen. Da er keine andere Lösung findet, reist er zuletzt selbst nach Deutschland, heiratet Rosa Pollack und nimmt sie dann mit sich in die Schweiz und rettet sie so vor den Nationalsozialisten. Arthur, Rosa, Irma und Moses wachsen zu einer glücklichen Familie zusammen und die Kinder übernehmen sogar den Familiennamen Meijer, damit der Stammbaum der Meijers nicht endet. Der vierte Teil endet mit der Beerdigung von Chanele. Die ganze Familie findet sich ein. Nur Ruben, seine Frau und seine Kinder fehlen. Sie wurden in ein Lager gebracht.
1945
Das fünfte und letzte Kapitel spielt im Jahre 1945. Viele Juden mussten unter der Herrschaft der Nationalsozialisten sterben. Auch Ruben und seine Familie. Melnitz kennt das Schicksal jedes einzelnen und verbreitet sein Wissen zusammen mit Gehilfen unter allen in Zürich lebenden Juden, damit niemand jemals vergisst, was geschehen ist.
Figuren des Romans
Charles Lewinsky bekräftigt, dass alle Figuren aus Melnitz erfunden sind und weder mit ihm verwandt noch verschwägert sind.
Melnitz
Melnitz ist eigentlich schon seit langer Zeit tot. 1648 am Ende des Dreißigjährigen Kriegs war es, als Melnitz gezeugt wurde. Damals wollte Bogdan Chmielnicki mit seinen Kosaken einen Krieg gegen die polnischen Magnaten auf dem heutigen Gebiet Ungarns führen. Auf dem Weg dorthin töteten sie jedoch alle Juden bis auf die hübschesten Mädchen, die sie in der Kirche taufen ließen, heirateten und anschließend schwängerten. Als sich alles wieder beruhigt hatte und die Kosaken abgezogen waren, wurden diese Frauen und ihre Kosakenkinder trotz Taufe wieder in die jüdische Gemeinschaft aufgenommen. Die Kinder bekamen aber alle einen Übernamen, Chmjelnizki. Onkel Melnitz ist ein Chmjelnizki. Melnitz, von allen Onkel Melnitz genannt, kommt, obwohl er schon lange tot ist, immer wieder zurück, um auf die ungleiche Behandlung der Juden und die antisemitischen Handlungen in der Vergangenheit, der Gegenwart und ebenso der Zukunft hinzuweisen und seine Nachkommen davor zu warnen.
Salomon Meijer
Salomon ist von Beruf Viehhändler. Er beabsichtigt einen Stammbaum aller im Bezirk gehaltenen Simmentaler Rinder zu erstellen. Nach dem Tod seiner Frau Golde beschäftigt er sich bis zu seinem Tod mit der Gematriah. Salomon erleidet bei einer Debatte zur Initiative über ein Schächtverbot einen Schlaganfall und verstirbt am Tag der Abstimmung, dem 20. August 1893, als das Schächtverbot vom Volk angenommen wird.
Golde Meijer
Golde ist Salomons Frau. Sie versteht sich mit Salomon blind und ist für die Organisation des Haushalts zuständig. Sie trauert ihrem Sohn nach, der bei der Geburt sterben musste. In Janki, der etwa im gleichen Alter ist, wie es ihr Sohn wäre, sieht sie einen Ersatz für ihren Verlust. Nach einem Besuch bei Mimi in Zürich stirbt sie auf der Rückfahrt im Zug, was erst an der Endstation bemerkt wird.
Mimi Meijer (1852-1918)
Mimi Meijer ist die verwöhnte Tochter von Salomon und Golde, die eigentlich Miriam heißt. Sie verbringt ihre Zeit gerne mit dem Lesen von Büchern. Von Janki ist Mimi begeistert, da er sie an einen Abenteurer aus ihren Büchern erinnert. Da Janki den Namen Mimi im Gegensatz zu ihrem wirklichen Namen Miriam interessanter findet, gibt Mimi den Widerstand gegen diese Bezeichnung auf und besteht nicht mehr darauf, Miriam genannt zu werden. Mimi und Janki verloben sich. Diese Verlobung wird aber wieder gelöst, da Mimi sich weigert Janki in seinen Geschäften auszuhelfen und von Janki ertappt wird, als sie Pinchas aus Mitleid einen Kuss auf die Lippen haucht. So heiratet Mimi Pinchas, der Mimi über alles liebt. Zusammen ziehen sie nach Zürich und eröffnen dort die einzige koschere Metzgerei. Mimi erleidet eine Fehlgeburt. Erst in höherem Alter wird sie unerwartet doch noch schwanger und gebärt ein Mädchen, das sie Désirée taufen, da sie sich so lange Zeit ein eigenes Kind gewünscht haben. Mimi leidet ihr Leben lang an Migräne und ist sehr oft unpässlich. Pinchas trägt sie ihr Leben lang auf Händen und nimmt auf ihre Leiden Rücksicht. Mimi ist es, die die heimliche Liebe zwischen ihrer Tochter und Alfred Meijer aufdeckt und zu der verhängnisvollen Entscheidung, Alfred ein Jahr lang nach Frankreich zu schicken, beiträgt. Sie erfährt dann als erste, dass Alfred gefallen ist, und muss die Nachricht ihrem Mann, ihrer Tochter und François überbringen. Im Winter 1918 stirbt Mimi nur wenige Stunden vor ihrem Mann an der Spanischen Grippe. Gemeinsam werden sie auf dem Friedhof in Endingen zur letzten Ruhe gebettet.
Naftali Pomeranz
Naftali ist mit Sarah Pomeranz verheiratet und hat mit ihr den gemeinsamen Sohn Pinchas. Naftali ist in Endingen Schlächter und Synagogendiener.
Sarah Pomeranz
Sarah ist die Frau von Naftali Pomeranz und die Mutter von Pinchas Pomeranz. Sie ist berühmt für ihren Käsekuchen.
Pinchas Pomeranz (1845-1918)
Pinchas ist der Sohn von Naftali und Sarah Pomeranz. Von seinem Vater hat er das Handwerk des Schlächters erlernt. Seine große Liebe ist Mimi. Er kann sein Leben lang sein Glück, dass Mimi ihn und nicht Janki wählt, kaum fassen. Nach einem Unfall fehlt ihm ein Zahn. Diesen lässt er vor der Heirat mit Mimi durch einen Stiftzahn ersetzen. Nach der Heirat mit Mimi ziehen sie nach Zürich und eröffnen dort die erste koschere Metzgerei. Nach dem Schächtverbot tauscht Pinchas seine Metzgerei gegen ein koscheres Lebensmittelgeschäft. Diese neue Arbeit gestattet ihm zudem, mehr Zeit für seine Frau und ihre Tochter Désirée zur Verfügung zu haben. Neben der Arbeit als Schlächter bzw. Besitzer eines Lebensmittelgeschäfts schreibt Pinchas ehrenamtlich Artikel für die lokalen Zeitungen, insbesondere das Israelitische Wochenblatt, und setzt sich mit Zalman für die jüdischen Flüchtlinge ein. Im Winter 1918 stirbt Pinchas nur wenige Stunden nach seiner Frau an der Spanischen Grippe. Gemeinsam werden sie auf dem Friedhof in Endingen zur letzten Ruhe gebettet.
Désirée Deborah Pomeranz (geb. 1894)
Désirée, die Tochter von Mimi und Pinchas, wird von allen nur Déchirée genannt, da ihre Geburt über 24 Stunden dauerte. Sie ist ein braves, etwas überbehütetes Kind. Mit 19 Jahren trifft sie Alfred am Pessachfest wieder. Danach begegnet sie ihm erneut. Er erzählt ihr seine Gedanken, wirbt um sie und gewinnt ihr Herz. Da Désirée und Alfred bewusst ist, das ihre Eltern sich gegen ihre Liebe stemmen werden, treffen sie sich heimlich, wobei Désirées Freundin Esther Weill die beiden deckt. Désirée berichtet Mimi sogar alles von ihren Treffen, gibt aber vor, dass sie nur als Anstandsdame bei den Begegnungen von Esther und deren Geliebten anwesend sei und deren heimliche Liebe decke. Als Mimi das Schauspiel durchschaut, weigert sich Désirée, auf ein Leben mit ihrer einzigen Liebe zu verzichten. Sie willigt sogar ein, Alfred für ein Jahr lang nicht mehr zu sehen, während dem er ein Praktikum in Paris bei einem Geschäftspartner seines Vaters absolvieren soll. Die Nachricht, dass Alfred gefallen ist, überbringen Pinchas und Mimi ihr ihm Lebensmittelladen ihres Vaters. Désirée empfindet sich danach als Witwe und bleibt ihrem Alfred ein Leben lang treu, alles andere wäre ihr wie Betrug vorgekommen. Nachdem ihre Eltern an der Spanischen Grippe gestorben sind, übernimmt sie deren Lebensmittelgeschäft und Wohnung. Die Wohnung tauscht sie später mit Arthur, nachdem er mit Rosa, Irma und Moses Pollack eine kleine Familie gegründet hat.
Chanele Hanna Meijer (Bär) (1852-1938)
Chanele ist die Ziehtochter von Salomon und Golde Meijer. Salomon hat sie von einer Geschäftsreise im Elsass mitgebracht. Denn Chaneles Mutter Sarah Bär war im Kindsbett gestorben und ihr Vater, Menachem Bär, der seine Frau über alles liebte, hatte am Verlust seiner Frau den Verstand verloren. Erst mit 41 Jahren soll Chanele auf Bemühen Salomons hin ihren richtigen Vater kennenlernen, der in einer psychiatrischen Anstalt in Straßburg lebt. Sein Name ist Menachem Bär, ihre Mutter hieß Sarah. Von dieser Begegnung erzählt sie aber niemandem. Salomon nahm den Säugling damals in seine Obhut, da er der Meinung war, zwei Kinder machen weniger Arbeit als eines. Chanele wird im Hause Salomons teils als Tochter, teils als Dienstmädchen behandelt. Sie fällt niemandem zu Last und trägt die Kleider Mimis nach. Wie Mimi findet Chanele Interesse an Janki. Sie unterstützt ihn in seinem Geschäft und zupft sich sogar die Augenbrauen, um ihm zu gefallen. Nachdem die Verlobung zwischen Mimi und Janki gelöst wird, heiratet Janki Chanele. Chanele gründet dann zusammen mit Janki neben dem ersten Geschäft für die höhere Gesellschaft, dem Französischen Stofflager, die Moderne Warenhalle, in dem jede Frau jeder Gesellschaftsschicht einkaufen kann. Chanele ist insgeheim die Chefin der Warenhalle. Daneben sorgt sie für die Erziehung ihrer drei Kinder François, Hinda und Arthur. Nachdem François eine Verkäuferin ihrer Warenhalle geschwängert hat, bereinigt sie die Angelegenheit und verheiratet François mithilfe von Mimi mit Mina Kahn. Erst zu diesem Zeitpunkt werden aus Chanele und Mimi Freundinnen. Chanele ermöglicht Hinda eine Heirat aus Liebe mit Zalman Kamionker. Und Arthur, ihr Lieblingskind, unterstützt sie bei dessen Werdegang. Chanele bleibt trotz zunehmendem Reichtum immer bodenständig und unterstützt Janki in allem. Den Verkauf ihrer Modernen Warenhalle verzeiht sie ihm jedoch nicht ohne weiteres. Chanele kümmert sich danach bis zu dessen Tod um die Pflege von Janki. Ihre letzten Jahre verlebt Chanele im Altersheim in Lengnau. Ihr Gedächtnis lässt sie immer mehr im Stich. Ohne zu leiden, verstirbt Chanele im Schlaf und wird neben Janki beigesetzt. Sie muss damit nicht mehr erfahren, dass ihr Enkelkind Ruben Kamionker mit Frau und Kindern von den Nationalsozialisten in ein Lager gebracht wird und alle dort sterben müssen.
Janki Jakauw Meijer (Jean Meijer)
Janki ist Franzose, er nennt sich deshalb auch Jean. Er ist der Sohn von Schmul, dem Sohn von Jossel, dem Sohn von Chajim, dessen Vater ein Bruder von Salomons Urgroßvater war. Schmul war nach Blotzheim gezogen und zog dann nach Guebwiller, da er eine Frau geheiratet hatte, deren Vater dort eine Kneipe besaß. Zusammen hatten sie einen Sohn, Janki. Während der Choleraepidemie verstarben Jankis Eltern und Großvater. Danach zog er nach Paris und arbeitete bei dem berühmten Schneider François Delormes. Bevor er dort ein eigenes Stoffgeschäft eröffnen konnte, wurde er vom Militär eingezogen. Nachdem die Franzosen gegen die Deutschen verloren hatten, floh sein Corps, ohne je an einem Gefecht teilgenommen zu haben, vor den Deutschen in die Schweiz. Ein schweizerischer Soldat hilft ihm, aus dem Lager zu entkommen und zu seinen Verwandten in Endingen zu gelangen. Sein Geld versteckt er unter einem Kopfverband. Mit diesem Geld und den Einnahmen aus einem Geschäft mit dem ansässigen nicht-jüdischen Metzger eröffnet er in Baden ein Geschäft für erlesene Stoffe in Baden, das Französische Stofflager. Dessen Erfolg begründet sich nicht zuletzt auf Pinchas erfundenem Bericht über Jankis Teilnahme an der Schlacht von Sedan und eine dort erworbene Kriegsverletzung. Diesen erfundenen Bericht lässt Janki immer mehr mit seiner wahren Vergangenheit verschmelzen und täuscht sogar ein Hinken vor. Janki verlobt sich mit Mimi, verhandelt dabei aber schlecht mit Salomon um Mimis Mitgift und verschafft dadurch Chanele eine Mitgift. Nach der Lösung der Verlobung mit Mimi heiratet Janki Chanele. Zusammen eröffnen sie ein zweites Geschäft, die Moderne Warenhalle, in Baden und bekommen drei Kinder, François, Hinda und Arthur. Mit zunehmendem Reichtum nimmt Jankis Wunsch, trotz seines jüdischen Glaubens in die Gesellschaft aufgenommen zu werden, immer mehr zu. Auf der Insel Sylt trifft er deutsche Kriegsveteranen und sein Traum geht beinahe in Erfüllung, doch da erfahren die Deutschen von seinem Glauben und verstoßen ihn. Mit dem Alter nehmen die Schmerzen in seinem Bein, an dem er im Krieg angeblich verletzt worden ist, immer mehr zu. So wird aus dem vorgetäuschten ein echtes Hinken. Er zieht mit Chanele schließlich sogar nach Zürich, um sein Bein in der dortigen Universitätsklinik behandeln zu lassen. Die Ärzte können ihm aber nicht mehr helfen, versuchen es zuletzt sogar mit einer Amputation. Janki stirbt. Auf seinen Wunsch wird er auf dem Friedhof in Endingen beigesetzt.
François Schmul Meijer (geb. 1872)
François ist der älteste Sohn von Chanele und Janki. Seit seiner Kindheit verfügt er über die Fähigkeit, andere Menschen, beispielsweise Mitschüler oder Lehrer, zu manipulieren und für sein eigenes Wohl auszunutzen. Er fühlt sich anderen Menschen überlegen und verachtet sie dafür. Janki ist so stolz auf François, dass er ihn in Schutz nimmt. Dass François eine Verkäuferin aus Chaneles Moderner Warenhalle schwängert, hat für ihn nur wegen einer List Chaneles Konsequenzen. Chanele sieht nur in einer Heirat mit einer reichen, nicht zu hübsch aussehenden und selbstbewussten Frau eine Möglichkeit, François zu zügeln. Mit der Hilfe Mimis verheiratet Chanele François mit Mina Kahn, einer reichen Erbin. Zusammen haben sie einen Sohn, Alfred. Mit der Mitgift Minas und der Unterstützung durch Janki kann François in Zürich ein eigenes Warenhaus eröffnen. Er träumt zudem von einem perfekten Warenhaus und hat dafür auch bereits ein perfektes Grundstück direkt am Paradeplatz gefunden. Der Besitzer will ihm das Land aber nicht verkaufen, da François Jude ist. Nach längerem Abwägen lässt François sich und, um ihm zu einem besseren Leben zu verhelfen, auch seinen Sohn Alfred 1907 taufen. Das Grundstück wird ihm aber trotzdem nicht verkauft, da ein getaufter Jude immer noch ein Jude ist. Mina, die als einzige François Beweggründe kennt, lässt sich nicht von ihm scheiden, weigert sich aber auch, sich taufen zu lassen. Der Rest der Familie ist abgestoßen von der Taufe. François ist wie der Rest seiner Familie gegen eine Verbindung zwischen Désirée und Alfred. Denn er glaubt, dass sich Alfred durch diese Verbindung, alle durch die Taufe erlangten, unbegrenzten Möglichkeiten, wieder verbauen würde. Er schickt seinen Sohn deshalb für ein Praktikum bei einem Geschäftsfreund für ein Jahr nach Paris. Um seinen Sohn vor der französischen Armee zu bewahren, tauscht er erfolglos seine französische Staatsbürgerschaft und die seines Sohnes gegen die schweizerische ein. Als er vom Tod Alfreds erfährt schreit er voller Trauer Minas Namen, die er während den vergangenen Jahren zu lieben gelernt hat und deren Verlust er nur erahnen kann. Zusammen mit Mina hält er eine Trauerwoche ab, nach der Mina spurlos verschwindet. Nach dem Krieg fährt François mit Pinchas zum Grab Alfreds, wo Pinchas auf François Bitte hin für Alfred den Kaddisch spricht. Nach dem Tod des alten Besitzers, kann François sein Grundstück am Paradeplatz doch noch erwerben, verliert es und sein Haus aber wieder, da die Geschäfte schlecht laufen und er die Raten nicht begleichen kann. Nach dem Verlust von Frau, Kind und Lebenstraum steckt François alle seine Lebenskraft in sein Warenhaus. Er ist es auch, der der Kleiderfabrik Kamionker den ersten Auftrag beschafft. Sein Verhältnis zu Chanele verbessert sich mit der Zeit und er sorgt dafür, dass sie im Altersheim im besten Zimmer untergebracht und gut betreut wird.
Mina Kahn Meijer (whs. † 1914)
Mina ist die Tochter der größten Seidenimporteure des Landes. Mina hat einen Bruder namens Siegfried, der den Juristen-Beruf ergreift. Mina litt in der Kindheit an Kinderlähmung. Ihr rechtes Bein ist deshalb steif, sodass sie es seither immer nachzieht. Mina wird mit François verheiratet. Zusammen haben sie einen Sohn, Alfred. Mina liebt ihren Sohn über alles. Sie liebt wahrscheinlich auch François. Denn sie stellt sich ihm weder in den Weg, als er sich und ihren gemeinsamen Sohn taufen lässt, noch fordert sie von ihm die Scheidung. Außerdem unterstützt sie François in allem, was dieser anpackt. Mina ist die einzige, die eine Verbindung zwischen Alfred und Désirée gut heißt. Sie wünscht sich, dass ihr Sohn glücklich sein kann. Sie ist gegen das Praktikum in Paris. Als sie vom Tod Alfreds erfährt, hält sie mit François eine Trauerwoche ab, danach verschwindet sie und lässt lediglich die Botschaft, sie wolle zu ihrem Sohn gehen, zurück.
Alfred Meijer (1894-1914)
Alfred ist der Sohn von François und Mina. Mit zwölf Jahren wird er auf Wunsch seines Vaters getauft. François verspricht sich durch die Taufe ein besseres, einfacheres Leben für seinen Sohn. Der hingegen weiß mit seinem neuen Status nicht umzugehen und weiß nicht mehr, wo er hingehört. Mit 19 Jahren taucht er bei seinen Verwandten beim Pessachfest auf und beteiligt sich am Gesang. Dort trifft er auch Désirée wieder. Die beiden begegnen sich danach auf der Straße wieder. Alfred wirbt um Désirée und gewinnt deren Herz. Um seine große Liebe heiraten zu dürfen, willigt er sogar ein, Désirée für ein Jahr lang nicht mehr zu sehen und ein Praktikum in Paris bei einem Geschäftspartner seines Vaters zu absolvieren. Noch bevor das Jahr um ist, wird Alfred, der wie sein Vater die französische Staatsbürgerschaft besitzt, in die französische Armee eingezogen. Sein Vater erwirbt umgehend für sich und Alfred die schweizerische Staatsbürgerschaft, was Alfred jedoch nicht aus der Armee entlässt. Er stirbt 1914 durch eine verirrte französische Granate im Elsass.
Hinda Meijer
Hinda ist die Tochter von Janki und Chanele. Auf Besuch bei ihrer Tante Mimi lernt sie zufälligerweise Zalman Kamionker kennen und verliebt sich ihn. Sie heiraten und bekommen drei Kinder, Ruben und die Zwillinge Lea und Rachel. Sie liebt ihren Mann und ihre Kinder über alles und unterstützt sie in allem. Den Verlust von Ruben kann sie kaum ertragen.
Zalman Kamionker
Zalman Kamionker stammt ursprünglich aus Kolomea in Galizien. Nachdem er sich in Kolomea für die Arbeiter stark gemacht hatte und ihnen durch einen Streik zu einem besseren Lohn verhalf, verlor er seine Arbeit und fand keine neue mehr. Er wanderte deshalb nach Amerika aus und fand in New York eine Arbeit als Schneider. Er gründete dort eine Gewerkschaft, die den Angestellten Rechte verschaffte. Die Gewerkschaftsmitglieder schickten Zalman als ihren Vertreter zu dem Internationalen Sozialistischen Arbeiterkongress in Zürich. Im Palmenhaus wird aus einer Diskussion ein Handgemenge. Zalman stürzt dabei auf den Schoss von Hinda Meijer, die mit Mimi im Palmenhaus eine Schokolade trinkt. Zalman beschädigt bei seinem Sturz das Kleid von Hinda. Noch am gleichen Abend sucht er die Pomeranz zuhause auf, um sich bei Hinda und Mimi zu entschuldigen. Zalman und Hinda verlieben sich und heiraten. Sie bekommen drei Kinder, Ruben, Lea und Rachel. Zalman setzte sich weiter für die Rechte der einfachen Arbeiter ein und organisiert mit der Unterstützung von Pinchas für die jüdischen Flüchtlinge Nahrung, Obdach und Arbeit. Als er keine neue Arbeitsstellen mehr finden kann, gründet er selbst eine Kleiderfabrik. Die dort produzierten Kleider tragen das Monogramm KK, das eigentlich für Konfektion Kamionker steht, aber als Koschere Kleiderfabrik interpretiert wird.
Ruben Kamionker (geb. 1894, † zwischen 1938 und 1945)
Ruben, der Sohn von Hinda und Zalman, ist sehr gläubig und geht mit 19 Jahren auf die Jeschiwe nach Kolomea in Galizien. Als der Erste Weltkrieg ausbricht und der telegraphische Kontakt abbricht, reist Zalman nach Galizien, um seinen Sohn in den Unwirren des Krieges zu suchen. Dank einer List kann Zalman seinen Sohn aus den Händen der russischen Truppen befreien und wohlbehalten nach Hause bringen. Ruben beendet seine Ausbildung in Berlin und tritt dann eine Rabbinatsstelle in Halberstadt in Deutschland an, wozu er auch die deutsche Staatsbürgerschaft annimmt und die schweizerische aufgibt. Er heiratet Lieschen Sternberg, die er in Berlin kennengelernt hat, und hat mit ihr vier Kinder, drei Knaben und ein Mädchen. Ruben besteht trotz zunehmender Macht der Nationalsozialisten und deren Schikanen gegen die Juden darauf, in Deutschland bei seiner Gemeinde zu bleiben. Nach der Beerdigung von Chanele 1938 erfahren Hinda und Zalman, dass ihr Sohn mit Frau und Kinder von den Nationalsozialisten in die Lager gebracht wurden. Sie müssen alle sterben.
Lieschen Sternberg († zwischen 1938 und 1945)
Lieschen stammt aus Berlin und ist die Frau von Ruben. Sie haben vier Kinder, drei Knaben und ein Mädchen. 1938 werden sie alle in ein Lager der Nationalsozialisten gebracht und müssen dort sterben.
Lea Kamionker (geb. 1896)
Lea, Tochter von Hinda und Zalman, ist die um eine Viertelstunde ältere Zwillingsschwester von Rachel Kamionker. Äußerlich ähnelt sie mit ihren durchgezogenen Augenbrauen stark ihrer Großmutter Chanele. Lea heiratet mit 19 Jahren Adolf Rosenthal und bekommt mit ihm einen Sohn, Heinrich Hillel.
Dr. Adolf Rosenthal
Adolf heiratet Lea Kamionker. Zusammen bekommen sie einen Sohn, Heinrich Hillel. Adolf ist Lehrer für Mathematik und Geometrie an der Kantonsschule. In seinen Überzeugungen und Gewohnheiten liebt er das Exakte.
Heinrich Hillel Rosenthal (geb. 1920)
Hillel ist der Sohn von Lea und Adolf Rosenthal. In seinen Papieren lautet sein Name Heinrich. Er möchte aber Hillel genannt werden, welches sein jüdischer Name ist. Hillel ist begeisterter Zionist und schmiedet Pläne für seine Alijáh (Emigration nach Palästina/Israel), weshalb er nach der Sekundarschule auch entgegen den Wünschen seines Vaters und als erster Jude in der Schulgeschichte an die landwirtschaftliche Schule Strickhof geht. Dort lern er Walter Böhni kennen, der sich für die Fröntler und deren Gedankengut interessiert. Hillel und Böhni werden von den Lehrern immer wieder zusammen für Aufgaben eingeteilt und bilden ein Gespann, das allerlei anstellt und erlebt.
Rachel Kamionker (geb. 1896)
Rachel, Tochter von Hinda und Zalman, ist die um eine Viertelstunde jüngere Zwillingsschwester von Lea Kamionker. Sie besitzt flammend rotes Haar. Mit zunehmendem Alter hilft sie der Farbe ihrer Haare etwas mit Henna nach. Rachel ist immer die hübschere der beiden Zwillinge, bleibt aber überraschenderweise beinahe bis zu ihrem 40. Lebensjahr ledig. Sie verliebt sich zwar einige Male, es wird aber nie etwas daraus. Rachel leitet in Zalmans Kleiderfabrik das Büro. Dort trifft sie auch Herrn Grün. Als Herr Grün krank wird kümmert sich Rachel um ihn. Nach seiner Genesung berichtet Herr Grün von seinem früheren Leben, den Geschehnissen in den deutschen Lagern, seiner Flucht und dem Schicksal seines Partners Herr Blau. Rachel und Herr Grün kommen sich näher und verloben sich. Sie genießen es, sich zu streiten.
Felix Grün
Herr Grün, ein Berliner, taucht eines Tages in Zalmans Kleiderfabrik auf und verlangt dort eine Arbeit. Diese erhält er nach einem langen Gespräch mit Zalman dann auch. Eines Tages schlägt Herr Grün Joni Leibowitz mit einem Bügeleisen ohnmächtig, nachdem dieser vor einem Mannequin behauptet hat, dass die Juden, die in die Lager der Deutschen gebracht werden, auch selbst eine Schuld dafür tragen. Denn Herr Grün war selbst Insasse dieser Lager. Zusammen mit seinem Partner Herr Blau, der eigentlich Siegfried Schlesinger hieß, war er früher in Kabaretts als Klischeejuden aufgetreten und hatte dabei auch Kritik an den Nationalsozialisten geübt. Deshalb wurden sie mit den anderen Mitarbeitern der Kabaretts in ein Lager gebracht, dort wurden sie gefoltert. Zur Unterhaltung der ausländischen Gäste wurden sie für drei Wochen während der Sommerolympiade 1936 unter der Bedingung wieder freigelassen, dass sie die Kabaretts wieder zum Leben erwecken. Herr Grün warnte die anderen, dass sie nach Ende der Olympiade wieder zurück in die Lager kämen, doch wollte insbesondere Herr Blau ihm keinen Glauben schenken. In der Nacht vor der letzten Aufführung floh Herr Grün zu Bekannten nach Wien und von dort in die Schweiz, wo er in Zürich Arbeit bei Zalman Kamionker fand. Alle diese Geschehnisse erzählt Herr Grün auch Rachel und Désirée, die ihn während einer schweren Erkältung pflegen. Von der Kleiderfabrik wechselt Herr Grün dann ins Corso-Theater, wo er als Garderobier beschäftigt wird. Er und Rachel Kamionker kommen sich näher und verloben sich. Sie genießen es sich zu streiten.
Arthur Chajim Meijer (geb. 1880)
Arthur ist das dritte Kind von Chanele und Janki. Er ist deutlich jünger als seine Geschwister. Nur Salomon spricht mit ihm wie mit einem Erwachsenen und nimmt ihn ernst. So auch bei einem Gespräch, in dem Arthur aus Angst vor der bevorstehenden Bar Mizwe und wegen des Drucks, den sein Vater auf ihn ausübt, gesteht, dass er lieber ein Mädchen wäre. Arthur kümmert sich dann auch um Salomon, der nach einem Schlaganfall nicht mehr zu Bewusstsein kommt. Dabei beteiligt Arthur sich an Salomons Pflege, bis dieser verstirbt, da er Arzt werden möchte und dann auch wird. In Zürich eröffnet Arthur eine Arztpraxis. Er ist immer noch Junggeselle. Seine erste Liebe ist Joni Leibowitz, der wegen einer Muskelzerrung in der Schulter seine Arztpraxis aufsucht. Arthur beginnt mit dem Ringen, um Joni nahe sein zu können. Die beiden haben eine Affäre. Damit niemand etwas von ihrer Beziehung merkt, beendet Arthur das Ringen wieder. Joni beendet die Affäre zwischen ihnen, um eine Familie zu gründen. Danach steht Arthur dem jüdischen Turnverein als Mannschaftsarzt zur Verfügung und sammelt Geld für eine Vereinsfahne, da er der Meinung ist, etwas gutmachen zu müssen. An Erew Sukkes trifft Arthur die Familie Wasserstein und erfährt, dass er Chaje Sore hätte heiraten sollen und sie dadurch ein anderes Schicksal gehabt hätte. Aus Schuldgefühlen hält er bei Herrn Wasserstein um die Hand von Chaje Sore an. Herr Wasserstein lehnt dieses Ansinnen ab. „Es ist nicht anständig, sich über die Unglücklichen lustig zu machen.“ Arthur kümmert sich immer am Mittwoch Nachmittag um die meist deutschen Kinder, die drei Monate im jüdischen Kinderheim Wartheim in der Schweiz verbringen dürfen, um sich zu erholen. Dort lernt er Irma und Moses Pollack kennen und erfährt von ihrem Schicksal und den Bemühungen ihrer Mutter, aus Deutschland auszureisen. Er schließt mit Irma einen Pakt und bestätigt, dass Irma an einer schweren Lungenerkrankung leidet und deshalb trotz der abgelaufenen Aufenthaltszeit nicht nach Deutschland zurückreisen könne. Außerdem bemüht er sich, Rosa Pollack, der Mutter von Irma und Moses, bei der Ausreise aus Deutschland behilflich zu sein. Als alle Versuche fehlschlagen, reist er nach Deutschland und heiratet Rosa. Arthur, Rosa, Irma und Moses wachsen zu einer glücklichen Familie zusammen. Rosa ist auch einverstanden damit, dass Irma und Moses den Namen Meijer annehmen, damit die Familie weitergeführt wird.
Rosa Recha Pollack (geb. 1900)
Rosa Pollack aus Kassel ist die Mutter von Irma und Moses Pollack. Ihr Mann war Rechtsanwalt in Kassel und wurde 1932 von den Nationalsozialisten getötet, da er einige Fälle gegen sie gewonnen hatte. Rosa konnte ihre Kinder in einen Erholungsurlaub in die Schweiz senden. In dieser Zeit versucht sie erfolglos, ein Visum zu erhalten, um Deutschland verlassen zu dürfen. Arthur unterstützt sie bei der Suche und erleichtert ihr diese, indem er Irma krank schreibt und damit Irmas und Moses Aufenthalt in der Schweiz verlängert. Rosa nimmt Arthurs Vorschlag, sich zu vermählen, gerne an. Rosa, Arthur, Irma und Moses werden zu einer glücklichen Familie und Rosa kommt Arthurs Bitte, dass Irma und Moses seinen Familiennamen annehmen, gerne entgegen.
Irma Pollack (geb. 1925)
Irma Pollack aus Kassel ist die zwölf Jahre alte Tochter von Rosa Pollack. Sie und ihr kleiner Bruder Moses Pollack dürfen drei Monate im jüdischen Kinderheim Wartheim in der Schweiz verbringen. Als ihre Aufenthaltszeit dem Ende entgegen geht, täuscht sie die Symptome einer Tuberkulose vor, indem sie sich ins Bein schneidet und das Blut anschließend als herausgehustetes Blut vorgibt. Damit will sie erreichen, dass sie und ihr Bruder solange im Wartheim bleiben dürfen, bis ihre Mutter ein Visum erhält, um aus Deutschland auszureisen. So würden sie und ihr Bruder ihrer Mutter nicht zur Last fallen. Arthur durchschaut Irma, verbündet sich aber mit ihr und bringt ihr bei wie sie sich zu verhalten hat. Dadurch können Irma und Moses im Wartheim bleiben, bis Arthur und ihre Mutter heiraten und sie abholen.
Moses Pollack (geb. 1928)
Moses Pollack aus Kassel ist der neun Jahre alte Sohn von Rosa Pollack. Er und seine große Schwester Irma Pollack dürfen drei Monate im jüdischen Kinderheim Wartheim in der Schweiz verbringen. Dank einer List von Irma und der Mithilfe von Arthur können Moses und Irma im Wartheim bleiben, bis Arthur und ihre Mutter heiraten und sie abholen.
Anne-Kathrin
Anne-Kathrin ist die beste Freundin von Mimi. Sie ist die Tochter des Schulmeisters. Sie und Mimi verheimlichen ihre Freundschaft, da Mimi Jüdin ist und Anne-Kathrin nicht. Anne-Kathrin heiratet später den ältesten Sohn des Metzgermeisters Gubser und hat mit ihm vier Kinder.
Schulmeister
Er ist der Vater von Anne-Kathrin, der besten Freundin von Mimi. Sein Leben lang träumt er davon, einen Volksbildungsverein zu gründen. Dies gelingt ihm erst mit der Hilfe des Metzgermeisters Gubser. Gemeinsam organisieren sie eine Diskussion zur Abstimmung über das Schächtverbot, die Metzgermeister Gubser dazu nutzt, die Anwesenden gegen die Juden aufzubringen.
Metzgermeister Alois Gubser
Alois Gubser ist der Metzgermeister in Endingen. Er hat eine schlechte Meinung über die Juden und bringt diese immer wieder zum Ausdruck. Nachdem er ihn den Ruhestand getreten und seine Metzgerei dem ältesten seiner drei Söhne überlassen hat, wird Gubser Vorsitzender des kantonalen Tierschutzvereins. Dabei gibt er vor, sich um das Leid der Tiere zu kümmern. Doch nutzt er die Gelegenheit, um Stimmung gegen den jüdischen Brauch des Schächtens und für das Schächtverbot zu machen.
Doktor Jakob Stern
Doktor Stern war Rabbiner in einer kleinen Ortschaft namens Buttenhausen auf der schwäbischen Alb. Eines Tages kam er jedoch zur Kenntnis, dass es keinen Gott gäbe und Gott nur eine Erfindung der Menschen sei. Damals wechselte er vom Rabbiner zum Vorsitzenden der deutschen Freidenkervereinigung. Seine Ansicht über den jüdischen Glauben und Gott verbreitet er gerne. So schlägt er auch das Angebot von Metzgermeister Gubser nicht aus, der Dr. Stern wegen seiner Überzeugung zur Debatte über das Schächtverbot als Redner einlädt. In seiner Rede führt er dann aus, dass das Schächten nur für Opfertiere gedacht sei, die jüdischen Gelehrten dies jedoch falsch übersetzt hätten und deshalb auch im Alltag anwenden. Pinchas bezeichnet er als einen professionellen, approbierten Tierquäler. Nach seiner Rede sind die Anwesenden so gegen die Juden aufgebracht, dass Pinchas seine Rede nicht mehr halten kann.
Familie Wasserstein
Die Familie Wasserstein besteht aus der Mutter Malka, dem Vater Hersch, der Tochter Chaje Sore und dem Sohn Motti. Janki und Chanele lernen die Familie Wasserstein in ihrem Kururlaub auf Sylt kennen. Die Wassersteins stammen aus Marjampol in Galizien. Sie sind durch den Betrieb eines Sägewerks reich geworden. In Sylt suchen sie einen geeigneten Ehemann für ihre Tochter Chaje Sore. In Arthur, dem Sohn von Chanele und Janki, glauben sie, den geeigneten Kandidaten gefunden zu haben. Doch nachdem Jankis deutsche Kameraden durch Herrn Wasserstein von dessen jüdischem Glauben erfahren und diesen verstoßen, reisen Janki und Chanele so plötzlich aus Sylt ab, dass die Eheverhandlungen nicht weitergeführt werden. Jahre später trifft Arthur die Familie Wasserstein in Zürich. Sie mussten flüchten. Russische Soldaten hatten das Sägewerk zerstört, Motti getötet und Chaje Sore geschändet. Arthur fühlt sich schuldig und will Chaje Sore zu seiner Frau nehmen, was deren Vater entschieden zurückweist.
Jonathan Leibowitz
Jonathan, von allen nur Joni genannt, ist Ringer im Jüdischen Turnverein. Dort zieht er sich eine Muskelzerrung in der Schulter zu und sucht deshalb Arthur in seiner Praxis auf. Arthur verliebt sich in den 17-jährigen Joni und beginnt mit dem Ringen, um Joni nahe sein zu können. Die beiden haben eine Affäre, die Joni beendet, da er eine Familie gründen möchte. Er interessiert sich für eine Heirat mit Désirée Pomeranz, deren Vater ein eigenes Geschäft besitzt. Diese interessiert sich aber nur für Alfred Meijer. Einige Male geht er mit Rachel Kamionker aus, die seine körperlichen Annäherungsversuche aber abweist und die Joni deshalb für frigide betrachtet. Danach hat Joni immer wieder Frauenbekanntschaften auch mit den Mannequins der Kleiderfabrik Kamionker, heiratet aber nie. In der Kleiderfabrik Kamionker arbeitet Joni als Einkäufer. Eines Tages wird er von Herrn Grün mit einem Bügeleisen ohnmächtig geschlagen, da Joni vor einem der Mannequins mit seiner Anpassungsfähigkeit angibt und dabei behauptet, dass die Juden, die in ein Lager der Nationalsozialisten kämen, immer auch etwas dazu beigetragen haben.
Walter Böhni
Walter wird von allen nur Böhni genannt. Er ist der Sohn von armen Bauern und besucht die landwirtschaftliche Schule Strickhof, um eine bessere Zukunft zu erhalten. Böhni findet Gefallen an den Fröntlern, deren Zeitung er regelmäßig liest. Deren Erklärungen, warum er und seine Eltern trotz harter Arbeit oft nicht wussten, von wo sie zu den angebauten Kartoffeln etwas Fleisch hernehmen sollen, scheinen ihm plausibel. Die Juden mit den Warenhäusern und Banken sind die Verursacher ihres Leids. Im Strickhof lernt er den Juden Hillel kennen. Sie werden von den Lehrern immer wieder zusammen für Aufgaben eingeteilt und bilden ein Gespann, das allerlei anstellt und erlebt.
Textausgaben
- Charles Lewinsky: Melnitz. Deutscher Taschenbuch Verlag, 3. Auflage, Februar 2008, München. ISBN 978-3-423-13592-4.
- Charles Lewinsky: Melnitz. Nagel & Kimche, 2006, Zürich. ISBN 978-3-423-13592-4
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