- Michael Dietmar Eschner
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Michael Eschner (* 16. Februar 1949 in Berlin; † 13. November 2007 in Bergen an der Dumme) war ein deutscher Thelemit und Autor aus Bergen an der Dumme, Niedersachsen. Er veröffentlichte mehrere Bücher zum Themenbereich Magie und Psychologie, darunter kommentierte Ausgaben von Werken Aleister Crowleys, als dessen Reinkarnation er sich sah. Eschner gründete die thelemische Gruppe „Thelema-Orden des Argentum Astrum“, (heute Thelema Society).
Inhaltsverzeichnis
Leben und Werk
Mit fünf Jahren begann Eschner Schach zu spielen, später war er Turnierspieler und veranstaltete in Berlin auch Schachturniere. Eschner hatte eine Ausbildung als Elektromechaniker. Er begann ein Studium als Betriebswirt, das er aber vorzeitig abbrach. Mit 19 Jahren war er in Berlin der jüngste Immobilien- und Finanzmakler und eröffnete kurze Zeit später den ersten Sexshop von Berlin. Später arbeitete er unter anderem als Elektromechaniker, Vertreter und GEZ-Mitarbeiter. Er fühlte sich von der 68er-Bewegung angezogen und trat als Referent über Marxismus und marxistische Wirtschaftstheorie in Erscheinung.
Eschner verstand sich als autodidaktischer Philosoph. Ende der 1960er-Jahren wurde er auf Aleister Crowleys als Thelema bezeichnete Geisteshaltung aufmerksam. Er gründete 1979 in Berlin eine Kommune, die er unter den Namen „Thelema-Orden des Argentum Astrum e.V.“ als Verein eintrug. In Arbeitsgruppen wurden Kurse angeboten, die magische Themen, Philosophie, Systemtheorie und Kommunikation umfassten. Die deutsche Erstauflage von „Magick“, einem Werk Aleister Crowleys, wurde publiziert, das Liber AL vel Legis und weitere Bücher von Crowley wurden übersetzt, ebenso gab es Kassetten und Fernlehrgänge zu magischen Themen. Um 1983 nahmen Vorwürfe von Medien und Sektenberatungsstellen zu. Der Verein wurde aufgelöst und das sogenannte „Netzwerk Thelema“ aufgebaut. Ein Teil der Berliner Gemeinschaft zog nach Bergen ins Wendland.
Eschner erweiterte Anfang 1980 den von Crowley übernommenen thelemischen Ansatz, um Fragmente aus dem Bereich der Neurobiologie, Kybernetik und Soziologie. Das von Timothy Leary stammende und von Eschner erweiterte Schaltkreismodell der Psyche beschreibt das menschliche Gehirn als Computer und den menschlichen Körper als Bioroboter. Im Rahmen seines „Thelema-Ordens des Argentum Astrum“ versuchte Eschner, Menschen „umzuprogrammieren“. Dazu diente nach Angabe ehemaliger Mitglieder Ekeltraining, meditative Übungen, übermäßiger Alkoholkonsum und sexualmagische Übungen. Dies sollte beim Mitglied zu einer weitgehenden Löschung alter hemmender Verhaltensweisen führen. Im Rahmen dieser Übungen soll es häufiger zu sexuellen Übergriffen gekommen sein, allerdings haben Aussteiger aus der Gruppe fast nie Aussagen vor Gericht gemacht.
Danach erlebte der Orden mehrere Umwandlungen in dem verschiedene Strukturen und Methoden ausprobiert wurden. So gab es die Live Unlimited Society of Thelema (L.U.S.T.), worin der Schwerpunkt bei selbstorganisierten Gruppen lag. Dann die Ethos Gemeinschaft Thelema (E.G.T.) und das Konzept der reflexiven Letztbegründung von Wolfgang Kuhlmann. Und zuletzt die Thelema Society worin es um die Entwicklung des Einzelnen geht, im Kontext des von Niklas Luhmann geprägten Wortes des operativen Konstruktivismus.
Eschner starb in seinem Haus an Herzversagen .
Einflüsse
Der von Eschner geprägte Thelema-Begriff ist ein Konglomerat aus Philosophie, Soziologie, Psychologie und Spiritualität. Thelema biete, so Eschner, „nicht Wahrheit, sondern Möglichkeiten.“ Will man dennoch von Wurzeln und einer Art Genealogie seines Thelema-Begriffs sprechen, sind vor allem Friedrich Nietzsche, Niklas Luhmann, Georg Hegel, Alfred North Whitehead, Charles Sanders Peirce und Martin Heidegger zu nennen.
Zu Beginn seiner Thelema-Laufbahn nahm Eschner für sich in Anspruch, als Wegbereiter eines neuen Zeitalters der Menschheit – das Horus-Äon –, den nächsthöheren Menschen, zu formen. Das Anliegen der 68er-Bewegung, Änderung der Gesellschaft durch planbare Änderung des Menschen, war für Eschner durch Vernunftappelle nicht zu erreichen. Später wandte er sich davon ab und suchte nach Wegen, die es einem ermöglichen, sich selbst zu entwickeln. Dabei stützte er sich im Wesentlichen auf den von Luhmann geprägten operativen Konstruktivismus.
Eschner nahm Kontakt zur Fraternitas Saturni auf, die ihn auf Aleister Crowley aufmerksam machte. Seit den 1970er Jahren entwickelte Eschner seine eigene Version der Lehren von Thelema. Eschner übernahm die Lehre, dass die christlich-abendländische „Sklavenmoral“ mit ihren menschenfeindlichen Tendenzen dadurch aufgehoben werden müsse, dass jeder Mensch seinen „wahren Willen“ fände und entwickele.
Problematik
Eschners Methode führe, so Kritiker, weniger zu Individuation als vielmehr zu unbedingtem Gehorsam ihm gegenüber. Medien und Kirchen kritisieren Eschners Methoden und seine Lehrinhalte. Eschner selbst wiederum warf den Medien vor, häufig undifferenziert und vorurteilsbelastet zu berichten. Ebenso sei es typisch, dass Kirchen und Medien "Andersdenkende" kritischer beäugten bzw. sie wegen ihrer Andersartigkeit diffamierten. Da nach Eschners Meinung diese Menschen noch im alteuropäischen Denken verhaftet sind, hatte er Verständnis für ihre Kritik.
1992 wurde Eschner wegen gefährlicher Körperverletzung und Vergewaltigung eines Gruppenmitglieds zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt. Die Tat stritt Eschner bis zu seinem Lebensende ab. 2002 tauchten wieder vermehrt Medien-Berichte über sexuelle Ausbeutung innerhalb der Gruppe auf. Ein Mitglied der Gruppe wurde verurteilt, weil er eine Frau mit Gewalt zum Sex mit Eschner genötigt hatte. Laut Angaben der Polizei handelte es sich dabei nicht um einen Einzelfall.
Bibliografie
- Netzwerk Thelema. Die geheimnisvoll spektakulären Wege aus der Roboter-Einfalt zur Vielfalt der Erleuchteten, 1985
- Psychologik. Praktisches Handbuch für den Gebrauch/Entwicklung des menschlichen Nervensystems, 1985
- Netzwerk Thelema, 1985
- Die geheimen Unterweisungen und Rituale des hermetischen Ordens der Goldenen Dämmerung, Bd.1, 1985
- Die geheimen Sexualmagischen Unterweisungen des Tieres 666, 1985
- Das Henochische Schachspiel von Michael D Eschner und Andreas Baar, 1986
- Die geheimen Unterweisungen und Rituale des hermetischen Ordens der Goldenen Dämmerung, Bd.2, 1987
- Die Henochischen Schlüssel der Magie, 1988
- Mathemagie, 1989
- Liber Al vel Legis, mit Kommentaren von Aleister Crowley, Edward A. Crowley, und Michael D. Eschner, 1992
- Die magische Kabbala, 1993
- Techniken der Bewußtseinserweiterung, 1993
- Magie, eine Einführung, 1998
- Götterdämmerung, 1998
- Die Henochische Magie nach Dr. John Dee. Band 1: Das ursprüngliche System des Dr. John Dee, 2000
- Leben wie der Phönix, 2000
- Die Henochische Magie nach Dr. John Dee: Bd.2, System und Anwendung im Hermetischen Orden des G.D., 2006
- Leben wie der Phönix: Der Weg zur Unsterblichkeit , 2011
- Tarot - Geheimnis Abenteuer Spiel , 2011
Weblinks
- Michael D. Eschners private Website
- Literatur von und über Michael Dietmar Eschner im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
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