Miliz (Volksheer)

Miliz (Volksheer)

Als Milizarmee oder Volksheer werden Streitkräfte oder Teile von Streitkräften bezeichnet, die zum größten Teil oder vollständig erst im Bedarfsfall aus Wehrpflichtigen aufgestellt werden. Milizarmeen haben im Frieden meist nur sehr schwache Stäbe aus Rahmen- und Ausbildungspersonal. Ihr Material wird in Depots gelagert. Die Miliz steht somit im Gegensatz zu Stehenden Streitkräften, die bereits im Frieden personell und materiell stark präsent sind. Ein Milizangehöriger wird Milizionär oder Milizsoldat genannt. Das klassische Beispiel eines Milizheeres ist die Schweizer Armee.

Geschichte und Definition

Bis zur frühen Neuzeit bestanden die meisten Heere aus angeworbenen oder berufsmäßigen Soldaten bzw. Söldnern bestanden – mit Ausnahme der Bürgerheere der Antike. Größere Stehende Heere wurden seit dem 17. Jahrhundert gebildet. Mit Anfängen seit der Französischen Revolution setzte sich die Wehrpflicht ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in Europa und dann weltweit durch. In Deutschland geht die Tradition der allgemeinen Wehrpflicht bis auf die Preußischen Reformen zurück. Während stehende Streitkräfte ihre Wehrpflichtigen zu einem mitunter mehrere Jahre dauernden Wehrdienst einziehen, sind für Milizarmeen wiederholte Ausbildungsabschnitte wesentlich kürzerer Dauer (Wochen bis wenige Monate) kennzeichnend. Diese Unterschiede spiegeln die jeweilige Militärpolitik wider: während Großmächte oft anstreben, Streitkräfte als ein möglichst vielseitig verwendbares machtpolitisches Instrument zu schaffen, auch geeignet für Abenteuer und Angriffskriege, ist die Militärpolitik vieler kleinerer Staaten defensiv/reaktiv und von Sparsamkeit diktiert. Man will das Zivilleben von Belastungen durch den Militärdienst möglichst freihalten. Ebenso kann Fehlentwicklungen wie Militarismus oder der Bildung eines Militärs als Staat im Staate durch eine Milizkonzeption vorgebeugt werden. Im 19. Jahrhundert wurde die mit der Wehrpflicht verbundene Kasernierung aus moralischen Gründen von katholischen Stimmen abgelehnt, die deutsche Sozialdemokratie sprach sich lange Zeit für ein Volksheer aus und stand der auf die Monarchie eingeschworenen herkömmlichen Kaderarmee kritisch gegenüber.

Die fortschreitende Technisierung des Kriegshandwerks, die Verteuerung der Waffensysteme und die Unpopularität des Wehrdiensts haben in den Jahren des Kalten Krieges nach dem Zweiten Weltkrieg einige westliche Staaten veranlasst, wieder zu Berufsarmeen überzugehen. Bekannteste Beispiele sind Großbritannien 1961 und die USA 1973. Dieser Trend verstärkte sich nach dem Ende des Blockkonfrontation. Nahezu sämtliche größeren Staaten unterhalten stehende Armeen, während das Milizsystem traditionell von einer Reihe kleinerer Länder und Kleinstaaten bevorzugt wird.

Miliz (französisch aus lateinisch) das im 19. Jahrhundert eine Bezeichnung für Bürger- oder Volksheere war, im Gegensatz zum regulären stehenden Heer. Seit dem 20. Jahrhundert ist Miliz eine Bezeichnung einerseits für Polizei- und paramilitärische Verbände, andererseits für eine besondere Organisationsform der Landstreitkräfte (Milizheer), die gekennzeichnet ist durch einen im Frieden geringen Präsenzgrad der Truppen sowie durch einen sehr kurzen Grundwehrdienst und zahlreiche auf diesem aufbauende Wehrübungen. Eine Armee kann entweder fast vollständig (zum Beispiel wie in der Schweiz) oder teilweise als Ergänzung zur stehenden Truppe nach dem Milizprinzip aufgebaut sein. Die Rekrutierung der Milizionäre kann auf der Grundlage der Wehrpflicht erfolgen (z.B. wie in der Schweiz), ist aber auch auf freiwilliger Basis (wie in der Nationalgarde in den USA) möglich. Die deutschen Landwehren im 19. Jahrhundert zum Beispiel wurden auch als Landmiliz, Bürgergarde oder Landsturm bezeichnet. Milizcharakter hatte auch der deutsche Volkssturm in der Endphase des Zweiten Weltkrieges.

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