Enterokokken

Enterokokken
Enterococcus
Enterococcus (Gramfärbung)

Enterococcus (Gramfärbung)

Systematik
Domäne: Bakterien
Abteilung: Firmicutes
Klasse: Bacilli
Ordnung: Lactobacillales
Familie: Enterococcaceae
Gattung: Enterococcus
Wissenschaftlicher Name
Enterococcus
(ex Thiercelin & Jouhaud 1903)
Schleifer & Kilpper-Bälz 1984
Arten

Enterokokken (eingedeutschter Plural aus dem latinisierten Singular Enterococcus, der sich aus den beiden altgriechischen Bestandteilen ἔντερον énteron ‚Darm‘, ‚Eingeweide‘ und κόκκος kókkos ‚Kern‘, ‚Korn‘ zusammensetzt)[1] sind Streptokokken der Serogruppe D[2] und werden zu den Milchsäurebakterien gerechnet. Sie kommen in der Umwelt, beim Tier und beim Menschen sowie in traditionellen Lebensmitteln wie Käse oder Rohwürsten vor.

Inhaltsverzeichnis

Mikrobiologische Eigenschaften

Enterokokken sind grampositiv, Katalase-negativ und aufgrund des Fehlens von Porphyrinen und Cytochromen als aerotoleranter anaerober Keim eingestuft. Die kugelförmigen (kokkoiden) Bakterien sind in Paaren oder kurzen Ketten angeordnet.

Bei Menschen und Tieren spielen von den etwa 25 bekannten Enterokokken-Spezies zwei Arten, nämlich E. faecium und E. faecalis, eine wichtige Rolle im Verdauungssystem. Sie werden daher auch in probiotischen Lebensmitteln zur Förderung der Mikroflora des Verdauungssystems eingesetzt.

In Lebensmitteln spielen Enterokokken eine wichtige Rolle bei Fermentations- und Reifungsprozessen und tragen zum besonderen und gewünschten Geschmack der Lebensmittel (z. B. Büffel-Mozzarella, Camembert und Ziegenkäse) bei.

Weitere Spezies, die selten beim Mensch vorkommen können, sind E. durans sowie E. casseliflavus.[3]

Eigenschaften als Krankheitserreger

Neben ihren positiven Eigenschaften weisen bestimmte Enterokokken-Stämme (insbesondere bestimmte E. faecalis-Stämme) auch negative Wirkungen auf. Bei Menschen, deren Immunsystem stark geschwächt ist, können sie Infektionen auslösen. Die Zahl der Infektionen, an denen derartige Enterokokken-Stämme beteiligt sind, hat zugenommen. Sie sind bisher aber ausschließlich in Krankenhäusern beobachtet worden. Ein Zusammenhang zwischen diesen nosokomialen Infektionen und dem Verzehr von Lebensmitteln bzw. Probiotika ist bisher nicht nachgewiesen worden und gilt als unwahrscheinlich.

In den letzten Jahren werden sie zunehmend als Erreger zum Teil schwerer nosokomialer Infektionen isoliert. Sie sind vor allem als Ursache für Harnwegsinfekte, Sepsis und Endokarditis zu finden. Amoxicillin und Ampicillin sind zur antibiotischen Therapie geeignet, sofern keine Resistenzen gegen diese vorliegen. Gegen Cephalosporine und einige Penicilline besteht eine natürliche Resistenz. Besorgnis erregend ist das zunehmende Auftreten von Vancomycinresistenten Enterokokken (VRE), von denen erstmals 1988 berichtet wurde.[4] Heute sind VRE einer der häufigsten Gründe einer Bakteriämie bei Krankenhauspatienten nach Antibiotikabehandlung, insbesondere bei Krebspatienten nach einer Chemotherapie.[5] Vancomycinresistenz tritt am häufigsten bei Enterococcus faecium auf.

Literatur

  • Constanze Wendt, Henning Rüden, Michael Edmond: Vancomycin-resistente Enterokokken. Epidemiologie, Risikofaktoren und Prävention. In: Deutsches Ärzteblatt. Köln, Jg. 95 (1998), Heft 25, ISSN 0012-1207, S. A1604–A1611.
  • Mathias Kolbert, Pramod M. Shah: Multiresistente Enterokokken. Epidemiologie, Risikofaktoren, Therapieoptionen. In: Arzneimitteltherapie. Jg. 17 (1999), Heft 4, ISSN 0723-6913, S. 133 ff.
  • G. Schulze, W. Schott, G. Hildebrandt: Vancomycin-resistente Enterokokken. Krankenhausküche als Vektor? In: Bundesgesundheitsblatt, Gesundheitsforschung, Gesundheitsschutz. Bd. 44 (2001), Heft 7, ISSN 0007-5914, S. 732–737.
  • Arne Simon, Nora Gröger, Steffen Engelhart, Ernst Molitor, Martin Exner, Udo Bode, Gudrun Fleischhack: Vancomycin-resistente Enterokokken (VRE). Übersicht zu Bedeutung, Prävention und Management in der Pädiatrie. In: Hygiene und Medizin. Jg. 29 (2004), Heft 7/8, ISSN 0172-3790, S. 259 ff.
  • Barbara Murray: Diversity among multidrug-resistant enterococci. In: Emerging Infectious Diseases. Jg. 4 (1998), S. 37–47.

Einzelnachweise

  1. Wilhelm Gemoll, Karl Vretska: Griechisch-Deutsches Schul- und Handwörterbuch. 10. Auflage. Oldenbourg, München 2010, ISBN 978-3-637-00234-0.
  2. Herbert Hof: Medizinische Mikrobiologie. 3. Auflage. Thieme, Stuttgart 2005, ISBN 3-13-125313-4.
  3. Herbert Hof, Rüdiger Dörries: Duale Reihe Medizinische Mikrobiologie. 4. Auflage. Thieme, Stuttgart 2009, ISBN 978-3-13-125314-9, S. 330.
  4. Anne H. Uttley, C. Collins, Jay Naidoo, R. George: Vancomycinresistant enterococci (letter). In: The Lancet, Bd. 331 (1988), Heft 8575/8576, ISSN 0939-6217, S. 57–58.
  5. Carles Ubeda, Ying Taur, Robert R. Jenq u. a.: Vancomycin-resistant Enterococcus domination of intestinal microbiota is enabled by antibiotic treatment in mice and precedes bloodstream invasion in humans. In: Journal of Clinical Investigation. Bd. 120 (2010), Heft 12, ISSN 0021-9738, doi:10.1172/JCI43918, S. 4332–4341.

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