- Mogilew
-
Mahiljou
Магілёў
МогилёвBasisdaten Staat: Weißrussland Woblast: Mahiljou Einwohner: 365.102 (2004) Fläche: -- Höhe: -- Postleitzahl: BY - 212xxx Telefonvorwahl: -- Geografische Lage: 53° 54′ N, 30° 20′ O53.902530.333333333333Koordinaten: 53° 54′ N, 30° 20′ O KFZ-Kennzeichen: 6
Stadtverwaltung Bürgermeister: Viktor Shorikov Adresse: -- Homepage: http://www.city.mogilev.by E-Mail: -- Mahiljou (weißrussisch Магілёў/Mahilëŭ; russisch Могилёв/Mogiljow, ältere deutsche Transkription Mogilew) ist eine Stadt in Weißrussland mit 359.700 Einwohnern (Stand 1. Januar 2004), im Osten des Landes nahe der Grenze zu Russland am Dnepr gelegen. Sie ist Sitz der Verwaltung des Bezirkes (Woblasz) Mahiljou, Industriestadt (Maschinenbau, Chemiefaser-, Leicht-, Nahrungsmittelindustrie), Eisenbahnknoten, Hafenstadt und kultureller Mittelpunkt des Gebietes mit Hochschulen, Theater und Baudenkmälern.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Im Jahre 1267 ist der Ort zum ersten mal erwähnt worden. Er wurde als Festung und zur Verteidigung gegen mongolische Invasoren errichtet. Im 14. Jahrhundert gehörte Mahiljou zu Litauen und war ein bedeutendes Handelszentrum in der Region. Am 12. August 1569 beschlossen Polen und Litauen im Vertrag von Lublin die Vereinigung der beiden Länder. Mahiljou wurde Teil des neu gegründeten Staates.
Am 28. Januar 1577 erhielt Mahiljou das Stadtrecht. Im Verlauf der Kampfhandlungen zwischen russischen und polnisch-litauischen Truppen im Livländischen Krieg um die Kontrolle im Baltikum wurde die Stadt im Jahre 1580 stark zerstört und ein beachtlicher Teil der Häuser niedergebrannt.
Während des Großen Nordischen Krieges von Schweden gegen Russland und Polen besetzten schwedische Streitkräfte unter König Karl XII. (1682-1718) am 7. Juli 1708 die Stadt. Sie plünderten und zerstörten sie fast vollständig. 1772 fiel Mahiljou durch die Erste Teilung Polens an Russland. Ab 1915 war der Ort Hauptquartier des Kommandos des Obersten Befehlshaber der Armee Nikolaus II., dessen Oberkommandierender Duchonin hier von Rotgardisten nach der Oktoberrevolution ermordet wurde. Im Russischen Bürgerkrieg wechselte die Stadt im Jahre 1918 mehrmals den Besitzer.
In Mahiljou wurde am 15. April 1783 eine Erzdiözese der römisch-katholischen Kirche errichtet. Diese wurde 1991 mit dem Bistum Minsk zum Erzbistum Minsk-Mahiljou vereinigt.
Zweiter Weltkrieg und Holocaust
Am 26. Juli 1941 eroberte die deutsche Wehrmacht die Stadt, die von den Besatzern Mogilew genannt wurde. Diese Bezeichnung hat sich (teils in der ebenfalls älteren englischen Schreibweise Mogilev) bis heute in der deutschsprachigen historischen Fachliteratur gehalten.
Der Höhere SS- und Polizeiführer (HSSPF) Erich von dem Bach-Zelewski nahm dort seinen Dienstsitz. Unter seiner Verantwortung wurden 1941 jüdische Frauen, Männer und Kinder massenweise erschossen: Am 2. Oktober 1941 trieben Angehörige des III. Bataillons des Polizeiregiments Mitte (vormals Polizeibataillon 322), SS-Männer und ukrainische Hilfspolizisten Juden im Ghetto von Mogilëv zusammen. Am nächsten Tag wurden sie auf LKW der Kraftfahrzeugstaffel des Polizeibataillons zu einem Panzergraben vor der Stadt gefahren und dort von Polizisten der 7. und 9. Kompanie erschossen. Während die deutschen Polizisten die Männer und Frauen ermordeten, wurden die ebenfalls herangebrachten Kinder von ukrainischen Hilfswilligen getötet. Insgesamt fielen diesem Massaker 2208 Menschen zum Opfer.[1] Am 19. Oktober 1941 erschoss das Einsatzkommando 8 und das Polizeibataillon 316 insgesamt 3726 Juden; am 23. Oktober 1941 wurden 279 Juden auf die gleiche Weise ermordet. An diesem Tage kam Heinrich Himmler nach Mogilew.[2] Er ordnete an, nach anderen Vernichtungsmethoden zu suchen.
Im Oktober 1941 wurden geistig behinderte Anstaltsinsassen in Mogilew versuchsweise mit Autoabgasen vergiftet.[3] Der Versuch verlief im Sinne der Täter zufriedenstellend und erwies sich als ein folgenschweres Ereignis, denn die hier erprobte Tötungsmethode durch Motorabgase wurde später in mehreren Vernichtungslagern zum Massenmord eingesetzt. Himmler gab zunächst den Auftrag, Gaswagen bauen zu lassen, von denen ein Exemplar - allerdings mit anderer Technik - bereits in Ostpolen bei der Aktion T4 eingesetzt wurde. Im November 1941 erhielt außerdem die Erfurter Firma J. A. Topf und Söhne den Auftrag, für ein geplantes riesiges Krematorium in Mogilew 32 Öfen zu liefern. Vermutlich war zu diesem Zeitpunkt daran gedacht, bei Mogilew ein großes Lager zu bauen, dessen Funktion später vom KZ Auschwitz-Birkenau und weiteren Vernichtungslagern in Polen übernommen wurde. Der Auftrag für Mogilew wurde storniert, einige der Öfen wurden später nach Auschwitz geliefert. Im nicht weit von Minsk entfernten Vernichtungslager Maly Trostinez wurden ab 1942 mindestens 40.000 Juden erschossen oder in Gaswagen ermordet.
Am 28. Juni 1944 wurde Mahiljou von der Roten Armee zurückerobert. Im Verlauf des deutschen Kriegs gegen die Sowjetunion erlitt Mahiljou bei Kämpfen zwischen deutschen und sowjetischen Truppen schwere Zerstörungen. Nach Beendigung des Zweiten Weltkriegs wurde die Stadt wieder aufgebaut und zu einem Industriezentrum und Verkehrsknoten entwickelt.
Unabhängigkeit
1991 wurde Weißrussland durch den Zusammenbruch der Sowjetunion unabhängig und Mahiljou Teil des neuen Staates.
In Mahiljou studierte an der dortigen landwirtschaftlichen Hochschule auch der weißrussische Präsident Aljaksandr Lukaschenka.
Infrastruktur
Im Ortsteil Polykowichi befindet sich ein 350 Meter hoher Sendemast zur Verbreitung von Fernseh- und UKW-Hörfunkprogrammen. Er gehört zu den höchsten Bauwerken Weißrusslands.
Söhne und Töchter der Stadt
- Modest Altschuler, amerikanischer Cellist, Dirigent und Filmkomponist
- Max Eitingon, Arzt und Psychoanalytiker
- Alexei Fjodorow, weißrussischer Schachgroßmeister
- Leonid Isaakowitsch Mandelstam, russischer Physiker
- Henads Nawizki (russisch Gennadi Nowizki), weißrussischer Politiker (ehemaliger Ministerpräsident)
- Lew Abramowitsch Polugajewski, russisch-sowjetischer Schachmeister
- Otto Juljewitsch Schmidt, sowjetischer Geophysiker und Arktisforscher
- Issai Schur, Mathematiker
Fußnoten
- ↑ Andrej Angrick, Martina Voigt, Silke Ammerschubert, Peter Klein: „«Da hätte man schon Tagebuch führen müssen» Das Polizeibataillon 322 und die Judenmorde im Bereich der Heeresgruppe Mitte während des Sommers und Herbstes 1941.“ In: Helge Grabitz u.a. (Hg.): Die Normalität des Verbrechens. Bilanz und Perspektiven der Forschung zu den nationalsozialistischen Gewaltverbrechen. Festschrift für Wolfgang Scheffler zum 65. geburtstag. Berlin 1994, S. 346ff.
- ↑ Peter Longerich: Politik der Vernichtung. Die Gesamtdarstellung der nationalsozialistischen Judenverfolgung. Piper Verlag, München 1998 ISBN 3-492-03755-0 S.371
- ↑ Peter Longerich: Politik der Vernichtung... ISBN 3-492-03755-0, S. 403f)
Literatur
Peter Longerich: Politik der Vernichtung. Die Gesamtdarstellung der nationalsozialistischen Judenverfolgung. Piper Verlag, München 1998 ISBN 3-492-03755-0 (Diverse Angaben zu Mogilev im Register)
Weblinks
Wikimedia Foundation.