Mont Ventoux

Mont Ventoux
Mont Ventoux
Mont Ventoux in der Abendsonne (von Südwesten)

Mont Ventoux in der Abendsonne (von Südwesten)

Höhe 1.912 m
Lage Département Vaucluse, Frankreich
Gebirge Provenzalische Voralpen
Geographische Lage 44° 10′ 26″ N, 5° 16′ 38″ O44.1738895.2772221912Koordinaten: 44° 10′ 26″ N, 5° 16′ 38″ O
Mont Ventoux (Frankreich)
Mont Ventoux
Gestein Kalkstein
Gipfel von Süden

Gipfel von Süden

Übersichtskarte zum Mont Ventoux

Der Mont Ventoux ist ein einsam aufragender, 1.912 m hoher Berg in der französischen Provence. Er gilt als heiliger Berg der Kelten und wurde durch die Besteigung durch Francesco Petrarca im Jahr 1336 bekannt. Heute ist er durch eine Bergstraße erschlossen, die große Bedeutung für den Radsport hat.

Inhaltsverzeichnis

Topographie

Der Mont Ventoux liegt in den Provenzalischen Voralpen, vereinzelt wird er auch den Dauphiné-Alpen zugeordnet.[1] Das Gebiet gehört zum Kanton Malaucène im Département Vaucluse. Orte in der Umgebung sind Malaucène etwa 10 Kilometer westlich und Sault etwa 15 Kilometer südöstlich.

Im Vergleich zur flachen Südseite fällt der Mont Ventoux nach Nordwesten und vor allem nach Nordosten hin deutlich steiler ab, hier finden sich auch Felswände und Schrofengelände. Das Gebiet besteht aus Kalkstein und ist von deutlicher Verkarstung geprägt.

Der Gipfel ist einer der wenigen Orte, von denen man bei sehr gutem Wetter gleichzeitig das Mittelmeer und die höchsten Gipfel der Alpen und der Pyrenäen sehen kann. Dort befinden sich heute unter anderem ein Observatorium und verschiedene Sendeanlagen.[2]

Klima und Vegetation

An seinen Hängen vereinigt der Ventoux alle europäischen Klima- und Vegetationszonen vom Mittelmeer bis Lappland. Bis in den Mai hinein kann es auf dem Ventoux schneien. Das ganze Jahr hindurch muss man allerdings mit einem starken und besonders im Sommer sehr kalt wirkenden Wind, dem Mistral, rechnen.

Das immense Kalkschotterfeld direkt unterhalb des Gipfels wurde erst durch die Rodung des Berges freigelegt. Wie anderenorts in der Provence hatte man den ehemals üppigen Baumbestand zum Bau der Seeflotten des Ancien Régime, aber auch für Brennholz und die Holzkohleherstellung gerodet. Die Hänge des noch zu Zeiten Jean-Henri Fabres als „nackter“ oder „rasierter“ Berg bezeichneten Ventoux sind heute aufgeforstet. Einzelne Vertreter der ursprünglichen Vegetation werden intensiv gepflegt und sind zum Beispiel bei einem Spaziergang entlang des Wanderweges GR 9 auf der Nordseite zu bewundern. Eine weitere Besonderheit sind die hier wachsenden Trüffel.

Die UNESCO erklärte 1990 den Mont Ventoux zum Biosphärenreservat, um das Überleben der Pflanzenvielfalt langfristig zu sichern.

Geschichte

Der Name des Berges leitet sich wahrscheinlich von „Mons Ventosus“ (lat. „Windiger Berg“) ab. Eine andere Interpretation ist das altkeltische Wort „went“, was soviel wie „Berg“ bedeutet. Wegen seiner abgeholzten, kahlen Flanken wurde er auch als Mont Pelé (geschälter Berg) bezeichnet.[3]

Die aus vielen Blickrichtungen kegelförmig scheinende, weithin sichtbare und imposante Gestalt des Berges hat ihm in den Augen vieler Einheimischer und Besucher besondere Bedeutung verliehen, neben Massif de la Sainte-Baume und Montagne Sainte-Victoire zählt er zu den „Drei Heiligen Bergen der Provence“. Schon von den Kelten wurde er vermutlich als Sitz einer Windgottheit verehrt, unter anderem zeugen Artefakte wie kleine Tontrompeten von dem Kult. Vermutlich wurde der Berg dabei auch bereits sehr früh bestiegen.[3]

Der heilige Berg der Provence: Schnee bis in den Mai

Am 26. April 1336 wurde der Mont Ventoux angeblich von dem Dichter Francesco Petrarca bestiegen. Die Schilderung dieser Besteigung, die der Dichter in einem Brief an den Frühhumanisten Dionigi di Borgo San Sepolcro festhielt, gilt daher seit langer Zeit als Ausdruck einer neuen Natur- und Landschaftserfahrung, bei der sich ästhetische und kontemplative Sichtweisen miteinander verbinden.[4] Aus diesem Grund wird die Besteigung des Mont Ventoux heute von einigen Forschern als Schlüsselmoment an der Schwelle vom Mittelalter zur Neuzeit angesehen. Die Schilderung dieser Bergsteigung wäre in dieser 1926 von Jacob Burckhardt begründeten Lesart also als Geburtsstunde des Alpinismus anzusehen, da hier das Bergsteigen erstmals als Selbstzweck dargestellt würde:

“Den höchsten Berg dieser Gegend, den man nicht unverdient Ventosus, den Windumbrausten, nennt, habe ich am heutigen Tage bestiegen, einzig von der Begierde getrieben, diese ungewöhnliche Höhenregion mit eigenen Augen zu sehen.“[5]

Auch der Dichterfürst der Provence, Frédéric Mistral, bestieg den Mont Ventoux, dem französischen Universalgelehrten Jean-Henri Fabre diente der Berg als biologisches Freiland-Labor quasi direkt vor seiner Haustür.

Tourismus

Alpenblick vom Balcon Nord

Der „heilige Berg“ der Provence ist ein beliebtes Ziel von Autotouristen, die von Malaucène, Sault oder Bédoin aus den Gipfel erreichen. Gleichzeitig ist der Berg auch eine besondere Attraktion für Radfahrer.

Für Wanderer bieten sich immer noch viele Möglichkeiten, den Mont Ventoux abseits der Touristenstraße zu erforschen. Zwei der für Frankreich typischen Fernwanderwege (sentiers de grande randonnée), der GR 9 und der GR 4, kreuzen sich am „Balcon Nord“ des Mont Ventoux.

Sport

Radsport

Mont Ventoux
Blick nach Osten
Blick nach Osten auf den Col des Tempêtes und den Anstieg von Bédoin und Sault.
Höhe 1.912 m
Land Frankreich, Vaucluse
Gebirge französische Alpen
Wintersperre 1. November - 15. Mai
Nordwestseite Südwestseite
Ausgangsort Malaucène Bédoin
Unterschied 1535 m 1622 m
Länge 21,3 km 22,7 km
Steigung 7,2 % 7,1 %
Steilster km 11 % 11 %
Bergwertung HC HC
Gedenkstätte für Tom Simpson
Gedenkstätte für Tom Simpson
Steigungsprofil
Steigungsprofil der Südseite
Motorradrennen 1904
Louis Inghilbert beim Mont Ventoux-Motorradrennen 1904

Der Ventoux ist von drei Seiten aus zu erreichen. Der schwerste der Anstiege (von Bédoin im Südwesten) überwindet auf rund 21 km mehr als 1.600 Höhenmeter bei einer durchschnittlichen Steigung von 7,6 Prozent. Hier werden auch Automobil-Bergrennen ausgetragen, jedoch nicht mehr ganz bis zum Gipfel, sondern nur noch bis zum Chalet Reynard. Berühmt ist der „Col des Tempêtes“ (Sattel der Stürme), an dem die Straße auf dem Grat verläuft. Die Ostseite ist die leichteste (26 km / 1150 Höhenmeter / 4,5 % / 1. Kategorie).

1951 stand der Mont Ventoux erstmals bei der Tour de France auf dem Streckenplan. Obwohl er bis heute erst 14 Mal erklommen wurde (zuletzt 2000, 2002 und 2009), hat er sich zu einem der legendärsten Gipfel der Tour entwickelt. Er gehört mit dem Col du Galibier, dem Col du Tourmalet und L’Alpe d’Huez zu den „heiligen Bergen“ der Frankreich-Rundfahrt. Neben der schweren Steigung ist der Mont Ventoux bei den Radrennfahrern vor allem wegen seiner kahlen Kuppe gefürchtet, da im Sommer eine große Hitze mit starken Winden vorherrscht. Während bei der ersten Befahrung der Berg von Malaucène auf der Nordseite aus in Angriff genommen wurde, wurden alle weiteren Tour-de-France-Etappen über den Mont Ventoux aus Richtung Bédoin, über die Südwestseite, geführt.[6]

1967 gelangte der Mont Ventoux zu trauriger Berühmtheit: am 13. Juli brach der englische Radprofi Tom Simpson eineinhalb Kilometer vor dem Gipfel erschöpft zusammen und verstarb noch an der Unglücksstelle. Es stellte sich heraus, dass Simpson, ein starker Klassikerfahrer, eine hohe Dosis von Amphetaminen und wohl auch Alkohol zu sich genommen hatte.

Drei Jahre später, 1970, gewann Eddy Merckx auf dem Weg zu seinem zweiten Toursieg die Ventoux-Etappe, hatte sich beim Anstieg aber so verausgabt, dass er nach dem Ziel einen Schwächeanfall erlitt und Sauerstoff verabreicht bekommen musste.

Auch vielen Radamateuren wird der Berg zum Verhängnis: jährlich sterben nach Angaben der örtlichen Behörden ca. 10 bis 20 der sich am Berg versuchenden Sportler durch Überforderung oder Unfälle.

Die Etappensieger am Mont Ventoux:

Führende bei Überquerungen:

Motorsport

Die D 974 an der Südseite des Berges diente über viele Jahre als Rennstrecke. Am 12. September 1900 fuhren drei Wagen der Marke Dion-Bouton in zweieinhalb Stunden zum Gipfel. Das erste organisierte Rennen (Concours de côte du mont Ventoux) fand 1902 statt. Der Sieger fuhr einen Panhard-Levassor und erreichte eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 47,5 km/h. Wesentlich schneller waren 1957 zwei Porsche und ein Maserati mit etwa 100 km/h. Der Geschwindigkeitsrekord wurde 1976 mit 150 km/h erreicht. Seit 1977 gibt es keine Autorennen mehr auf den Mont Ventoux.[7]

Literatur

  • Kristian Bauer: Roadbook Tour de France. Bruckmann, 2006 (Rennradführer)
  • Geschichte:
    • Peter Leisl: Die legendären Anstiege der Tour de France. Covadonga 2004
    • Francesco Petrarca: Die Besteigung des Mont Ventoux. Insel, Frankfurt/Leipzig 1996 (Insel-Bücherei Nr. 1163)
  • Serge Laget: Cols mythiques du Tour de France. L’Equipe,2005 (Fotoband)

Weblinks

 Commons: Mont Ventoux – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Mont Ventoux bei Peakbagger.com (englisch)
  2. Mont Ventoux in: Microsoft Encarta
  3. a b Karl Gratzl: Mythos Berg. Lexikon der bedeutenden Berge aus Mythologie, Kulturgeschichte und Religion. Hollinek, Purkersdorf 2000, ISBN 3-85119-280-X, S. 266–269.
  4. Brieftext in dt. Übersetzung auf bergnews.com
  5. Helmuth Zebhauser: Frühe Zeugnisse der Alpenbegeisterung. München 1986
  6. le dico du tour
  7. Stefan Brandenburg, Ines Mache: Provence. Bielefeld 1996 ISBN 3-89416-609-6 S. 191

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