3. Sinfonie (Haydn)

3. Sinfonie (Haydn)
Joseph Haydn
Joseph Haydn.jpg
Sinfonie Nr. 3 in G-Dur
Hob: I:3
Entstehungsjahr: 1760/61
AD: ca. 15 min
Besetzung
Streicher
2 Oboen
2 Hörner
Continuo: Fagott, Cembalo
Sätze
1. Allegro
2. Andante moderato
3. Menuet & Trio
4. Alla breve
Sinfonien Joseph Haydns

Die Sinfonie Nr. 3 in G-Dur komponierte Joseph Haydn um 1760/61. Das Werk gilt innerhalb Haydns früher Sinfonien durch den Gebrauch von Kontrapunktik, Tendenzen zur Sonatensatzform und der Aufwertung des Schlusssatzes als bedeutsam.

Inhaltsverzeichnis

Allgemeines

Die Sinfonie Nr. 3 G-Dur entstand um 1760/61.[1] Innerhalb von Haydns frühen Sinfonien hat Nr. 3 eine Sonderstellung und wird daher z. T. als besonders bedeutsam hervorgehoben.[2] [3] Dies liegt zum einen daran, dass das Werk schon Merkmale von dem aufweist, was später als typische Sinfonie der Wiener Klassik bekannt wird:

  • erster Satz mit Tendenzen zur Sonatensatzform: typische Kontrastierung von erstem und zweitem Thema, Durchführung mit Verarbeitung von Material der Exposition;
  • Viersätzigkeit mit einem Menuett als dritten Satz;
  • Aufwertung des Finales: kein leichtgewichtiges Kehraus mehr, sondern ein gleichwertiges Gegenstück zum 1. Satz.

Andererseits weist die Polyphonie insbesondere im 3. und 4. Satz auf Elemente des Barock hin.

Zur Musik

Besetzung: zwei Oboen, zwei Hörner, zwei Violinen, Viola, Cello, Kontrabass. Zur Verstärkung der Bass-Stimme wurden damals auch ohne gesonderte Notierung Fagott und Cembalo (sofern im Orchester vorhanden) eingesetzt, wobei über die Beteiligung des Cembalos in der Literatur unterschiedliche Auffassungen bestehen.[4]
Aufführungszeit: ca. 15 Minuten.

Das, was später als typische Sonatensatzform bekannt werden sollte, war zum Zeitpunkt der Komposition noch in Entwicklung begriffen. Dies ist bei den hier benutzten, entsprechenden Begriffen zu berücksichtigen. – Die hier vorgenommene Gliederung der Sätze ist als Vorschlag zu verstehen. Je nach Standpunkt sind auch andere Abgrenzungen und Deutungen möglich.

1. Satz: Allegro

G-Dur, 3/4-Takt, 122 Takte
Der Satz wird eröffnet von zwei fallenden Intervallen (Quarte und Sexte) der parallel geführten Violinen und Oboen (ähnlich zu Beginn des 1. Satzes von Mozarts Sinfonie KV 183). Die vier Töne werden als punktierte Halbe Noten ganztaktig gehalten. Das zweite Motiv des „ersten Themas“ besteht aus einer in Vierteln aufsteigenden Figur mit Triller. Beide Motive sind unterlegt von einer durchlaufenden Bassbewegung im Staccato. Von Takt 7 bis 9 folgt noch ein drittes Motiv mit fallender Linie im Piano, bei der die 2. Violine die Achtelbewegung vom Bass aufgreift. Das Thema ist somit aufgrund der ungleichen Länge seiner Bestandteile nicht periodisch bzw. symmetrisch aufgebaut. In Takt 10 setzt das ganze Orchester forte mit einer Fortspinnung des Hauptmotivs ein. Bis zum Beginn des „zweiten Themas“ in Takt 29 wird dann neues Material gebracht, von dem ein aufwärts sequenziertes Motiv mit Synkope (Takt 20-24) hervorzuheben ist. Dabei führt die 2. Violine, während die 1. Violine eine Figur des Basses von Takt 10 bis 14 aufgreift (aufsteigende, gebrochene Akkorde). Dieses Synkopen-Motiv taucht später im Satz nochmals auf.

Das zweite Thema (Takt 29-36) in der Dominante D-Dur steht im Piano und basiert auf einem zweitaktigen, sanglichen Motiv, das sich die Oboen und Violinen dialogartig zuwerfen. Die Exposition endet im Schlussabschnitt (Takt 37-45) mit einer Tremolo-Figur aus der Überleitung zum zweiten Thema, wobei eine Floskel im Bass für Auflockerung sorgt.

In der Durchführung werden das erste Thema sowie das Synkopen-Motiv verarbeitet. Dabei moduliert Haydn von Takt 57 bis 71 über C-Dur, F-Dur, a-Moll und E-Dur / e-Moll. Von Takt 53 bis 56 wird das Hauptthema in der 2. Violine von einem Motiv der 1. Violine begleitet, dass sich in ähnlicher Form im 4. Satz wieder findet.

Die Reprise beginnt in Takt 80 mit dem ersten Thema in der Tonika G-Dur. Nach einem ersten Durchlauf greifen Viola und Bass das Thema auf, überlagert von einer gegenstimmenartigen Begleitung der Violinen. Der weitere Verlauf der Reprise ist ähnlich der Exposition strukturiert. Exposition sowie Durchführung und Reprise werden einmal wiederholt.

2. Satz: Andante moderato

g-Moll, 2/4-Takt, 86 Takte, nur für Streicher
Der Satz ist bis auf wenige Forzati durchweg piano gehalten und insgesamt durch einen auftaktigen Charakter der Motive mit hoquetusartigen Pausen gekennzeichnet. Die beiden Hauptthemen sind periodisch (Vorder- und Nachsatz) aufgebaut, jedoch spiegelbildlich zueinander: Im ersten Thema macht die erste Phrase vom Vordersatz durch Sechzehntelpausen einen stockenden Eindruck, während die zweite Phrase durch das Fehlen von Pausen mehr fließend wirkt. Im zweiten Thema (Takt 12-20) in der Tonikaparallele B-Dur ist es umgekehrt: Im Vordersatz setzt sich der fließende Charakter fort, es dominiert die 1. Violine. Der Nachsatz, in dem 1. und 2. Violine versetzt spielen, hat dagegen wieder einen durch Sechzehntelpausen stockenden Charakter. Es folgt ein Schlussabschnitt (Takt 20-28) in B-Dur mit zwei kurzen Unisono-Vorhalten im Forte.

In der Durchführung (Takt 29-59) wird das erste Thema, insbesondere dessen erste Phrase, verarbeitet, indem das Material leicht abgewandelt und moduliert wird; es werden z. B. f-Moll (Takt 40), Es-Dur (Takt 42) und c-Moll (Takt 48 ff.) erreicht. Die Reprise ist ähnlich der Exposition strukturiert. Exposition sowie Durchführung und Reprise werden je einmal wiederholt.

3. Satz: Menuet

G-Dur, 3/4-Takt, mit Trio 48 Takte
Das auftaktlose Menuett ist ein zweistimmiger Kanon, wobei die 1. Stimme von Oboen und Violinen, die um einen Takt versetzte 2. Stimme von Viola, Cello und Kontrabass gespielt wird; die Hörner begleiten. In Takt 19 / 20 wechselt die Stimmführung, nun ist die 2. Stimme der ersten um einen Takt voraus. - Ein kanonartiges Menuett benutzt Haydn auch in den Sinfonien Nr. 23 und Nr. 44.

Das Trio steht ebenfalls in G-Dur und ist durch einen Triolen-Dialog zwischen solistischen Bläsern und den Violinen geprägt.

4. Satz: (Allegro)

G-Dur, 4/4-Takt (alla breve), 131 Takte, Mischung von Sonatensatzstil und Fuge[3] [5]

Der Satz basiert auf einem Cantus firmus-artigen Thema und zwei weiteren Motiven:

  • Cantus firmus-Thema: Sekunde aufwärts – Terz abwärts – Sekunde aufwärts. Das Thema hat am Satzanfang auch noch eine die Haupttöne umspielende Gegenstimme, die im weiteren Satzverlauf nicht mehr auftritt.
  • Motiv 1 oder je nach Standpunkt zweites separates Thema (dann ggf. Satz als Doppelfuge anzusehen): Tonrepetition und Sekunde aufwärts;
  • Motiv 2: absteigender gebrochener Akkord, in den Bläsern als Halbe Noten, in den Streichern als umspielender Achtellauf.

Mögliche Gliederung:
1. Abschnitt („Exposition“) mit Vorstellung des Themas und der Motive in der Tonika G-Dur:

  • Takt 1-26: Das Thema wird mit seiner Gegenstimme zunächst in den Violinen vorgestellt. Es folgen Viola (Takt 9-12), Cello und Kontrabass (Takt 13-16), Hörner (Takt 17-20) und zuletzt die Oboen (Takt 21-24). Der Abschnitt steht durchweg im Pianissimo und entspricht einer formgerechten Fugenexposition.[3]
  • Takt 26-38: Vorstellung von Motiv 1 und 2; die Lautstärke wechselt abrupt zu forte. Keine „formgerechte“ Fugenexposition mehr, sondern lediglich Aufwärts-Sequenzierung. Als Zwischenspiel folgt von Takt 35-38 eine Tremolopassage mit Wechsel von A-Dur und D-Dur und mit dem Kopf vom ersten Thema im Bass.

2. Abschnitt (Takt 39-102, „Durchführung“): Verarbeitung und Gegenüberstellung vom Hauptthema (dieses auch versetzt gegen sich selbst), Motiv 1 und 2; Takt 91 ff. vierstimmige Engführung vom Hauptthema. Beginn in der Dominante D-Dur, danach Modulationen. Ab Takt 97 folgt das Zwischenspiel analog Takt 35 ff.

3. Abschnitt (Takt 103-131, „Reprise“)

  • Takt 103 ff.: Hauptthema gegen Motiv 1 in den Streichern, piano;
  • Takt 110 ff. Motiv 2, forte und mit Bläsern;
  • Takt 115 bis 122: Orgelpunkt im Bass auf D, darüber Hauptthema in Engführung und Motiv 1.

Der Satz endet nach rasanten Unisono-Achtelläufem von Motiv 2 mit einer schließenden Dominante-Tonika – Wendung. Webster[3] lobt: „Das Finale aber, ein Meisterwerk, übertrumpft all dies[6] mit einer großartigen Synthese aus Fuge und Sonatenstil und ist vermutlich das erste Beispiel für diesen bei Haydn so wichtigen Finalsatztyp. Dem Finale der „JupiterSymphonie“ ähnelt es insofern, dass es sich um einen Sonatensatz mit kunstvoller kontrapunktischer Struktur über einem „Cantus-Firmus“-artigen Thema aus vier ganzen Noten handelt.“

Einzelnachweise

  1. Das Werk wird teilweise (noch) der Anstellungszeit beim Grafen Karl von Morzin auf Schloss Lukavec zugeordnet (z. B. Holland 1987) oder (bereits) der Anstellung beim Hofe von Esterházy (z. B. Ludwig Finscher: Joseph Haydn und seine Zeit. Laaber-Verlag, Laaber 2000, ISBN 3-921518-94-6); ggf. wurde das Werk auch für einen (unbekannten) Auftraggeber / Anlass komponiert.
  2. Dietmar Holland: Joseph Haydn. Symphonien zwischen 1757 (oder 1758) und 1761. In: Attila Csampai & Dietmar Holland (Hrsg): Der Konzertführer. Orchestermusik von 1700 bis zur Gegenwart. Rowohlt-Verlag, Reinbek bei Hamburg 1987, ISBN 3-8052-0450-7
  3. a b c d James Webster: Hob.I:3 Symphonie in G-Dur. Informationstext zur Sinfonie Nr. 3 von Joseph Haydn im Rahmen des Projektes „Haydn 100&7“ der Haydn-Festspiele Eisenstadt: http://www.haydn107.com/index.php?id=2&sym=3, Stand April 2010
  4. Die Haydn-Festspiele Eisenstadt (http://www.haydn107.com/index.php?id=21&pages=besetzung, Stand April 2010), schreiben hierzu: „Haydn setzte, außer in London, für seine Symphonien höchstwahrscheinlich kein Tasteninstrument ein. Diese Ansicht, die von früheren Meinungen abweicht, wird heute unter Musikwissenschaftlern weithin anerkannt.“
  5. teilweise auch als Doppelfuge bezeichnet, z. B. bei Michael Walter: Haydns Sinfonien. Ein musikalischer Werkführer. C. H. Beck-Verlag, München 2007, ISBN 978-3-406-44813-3
  6. gemeint sind die vorigen Sätze

Weblinks, Noten


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