Muzaffer Efendi

Muzaffer Efendi

Muzaffer Ozak al-Dscherrahi al-Halveti (* 1916; † 1985) war ein islamischer Mystiker (siehe auch Sufismus) und Sheikh der Dscherrahi-Tariqa (Dscherrahi-Derwisch-Orden) in Istanbul (Türkei). Er war der 19. Nachfolger des Ordensgründers Pir Nureddin al-Dscherrahi al-Halveti. Sein Vater war Hadji Mehmed Efendi aus Konya, islamischer Gelehrter und Lehrer am Hof des Sultans Abdul Hamid, seine Mutter Hadja Aysha Ozak, Enkelin von Sayyid Hussein Efendi (Halveti-Sheikh aus dem Ort Yanbolu, das heute auf dem Staatsgebiet von Bulgarien liegt), der von Ali, dem Schwiegersohn des Propheten Muhammad, abstammt.

Von seinen Derwischen wird er Muzaffer Efendi genannt.

Inhaltsverzeichnis

Kindheit und Jugend

Während des Ersten Weltkrieges (1914 – 1918) erleidet die Familie von Muzaffer Ozak schwere Verluste. Das Ende des Kriegs erleben nur noch er, seine Mutter, seine Schwester und zwei Cousins; und das in Armut.

Im Alter von ungefähr fünf oder sechs Jahren kommt er in die Obhut von Sayyid Sheikh Abdurrahman Samiyyi Saruhani, der ein Sheikh der Qadiri-, Naqschbandi-, Ushshaki- und Halveti-Tariqas ist. Dieser kümmert sich um Muzaffer Ozak in den darauffolgenden zwölf Jahren bis zu seinem Tod.

In den Jahren seiner Jugend und im jungen Erwachsenenalter erfährt er unter verschiedenen Lehrern eine Ausbildung in den Bereichen Koran-Rezitation, Hadith und islamisches Gesetz, unter anderem bei Gumuljineli Mustafa Efendi, der den Spitznamen „Wandelnde Bücherei“ trägt.

Ausbildung

Muzaffer Ozak qualifiziert sich ebenfalls als Muezzin und führt diese Tätigkeit zunächst in der Ali-Yaziji-Moschee aus, später in der Soghan Agha- und in der Kefeli-Moschee in Karagümrük, einem Stadtteil im europäischen Teil Istanbuls. In letzterer wird er von dem Imam Shakir Efendi in den Beruf des Buchhändlers eingeführt.

Anschließend wird er zum Muezzin der großen Beyazit-Moschee ernannt, die sich unmittelbar neben dem Bücher-Basar in Istanbul befindet. Dort unterhält Muzaffer Ozak einen eigenen Buchladen, der später von westlichen Sufismus-Interessierten als eine Art Wallfahrtsstätte während des Türkeiaufenthalts bekannt ist. Dieser Buchladen wird noch heute von seinem Sohn weitergeführt.

Der Imam von Bakirköy, Hafiz Ismail Hakki Efendi, bewundert Muzaffer Ozaks Stimme und Stil als Muezzin, worauf er ihn in die Kunst der religiösen Musik, bekannt als Ilahi, Kaside, Durak, Mevlud und Mersiye, einweist.

Er ist aber nicht nur als Muezzin tätig, sondern er bekleidet später auch das Amt des Imam der Veznejiler-Moschee; während des Fastenmonat Ramadan ist er zusätzlich in einem Zeitraum von 23 Jahren ehrenamtlicher Imam der großen Süleymaniye-Moschee.

Sufismus

Muzaffer Ozak kommt schon in frühester Kindheit mit dem Sufismus in Kontakt. Wie bereits erwähnt wird er nach dem Verlust seines Vaters als Fünf- oder Sechsjähriger in die Obhut von Sheikh Samiyyi Saruhani gegeben. Dieser ist ein gebildeter Mann, der über zwanzig verschiedene Bücher über das islamische Gesetz und Sufismus auf türkisch und arabisch veröffentlicht hat. Außerdem gibt es noch einige weitere unveröffentlichte Manuskripte über Chemie, Alchemie, Pflanzenheilkunde und andere Themen.

Nach dessen Tod begegnet Muzaffer Ozak noch während seiner Jugend Sayyid Sheikh Ahmed Tahir ul-Marashi von der Halveti-Schabani-Tariqa. Dessen Spezialgebiet ist der bekannte Sufi-Meister Ibn Arabi († 1240), und mit ihm studiert er dessen Werke al-Futuhat al-Makkiya und Fusus.

Unter Nevschehirli Haddschi Hayrullah und Atif Hodscha befasst sich Muzaffer Ozak mit der Koran-Interpretation. Weitere Lehrer sind Haddschi Abdul Hakim Arvasi und Sheikh Schefik Efendi.

Jahre später wird er von Sayyid Sheikh Ibrahim Fahruddin al-Dscherrahi al-Halveti als sein Derwisch akzeptiert. Bald darauf wird er sogar zu seinem Khalifa, seinem Stellvertreter, ernannt.

Ungefähr zehn Jahre später, 1966, tritt Muzaffer Ozak die Nachfolge seines Sheikhs nach dessen Tod an. Er öffnet noch am darauffolgenden Tag die Tekke (Ort der Derwisch-Versammlungen, persisch Dergah) in Karagümrük der Öffentlichkeit, obwohl ein Verbot durch Atatürk, dem Gründer der türkischen Republik, nach wie vor Bestand hat. Dieser hatte vom 2. September 1925 an sämtliche Tekkes schließen lassen, seitdem finden die Derwisch-Zeremonien nur noch im Geheimen statt.

Reisen

Ende der 1970er Jahre unternimmt Muzaffer Ozak mehrere Reisen nach West-Europa und in die USA, um dort die Derwisch-Zeremonie (Dhikr) der Dscherrahi-Halveti-Derwische der Öffentlichkeit vorzustellen. So tritt er beispielsweise 1978 im Rahmen des 5. Festivals der traditionellen Künste in Rennes (Frankreich) mit seinen Derwischen vor einem großen Publikum auf.

Vor allem in die USA reist Muzaffer Ozak mehrere Male und durchquert das Land von New York bis nach San Francisco. Neben den Aufführungen des Dhikr gibt er auch einige Interviews oder es entstehen ausführliche Gespräche über den Sufismus mit den interessierten Zuhörern, so zum Beispiel in der Columbia University im März 1978.

Bei seinen Besuchen in den USA trifft er unter anderem auf Lex Hixon, der daraufhin zum Islam konvertiert und sein Schüler wird. Unter dem Namen Nur al-Jerrahi begründet dieser eine Abzweigung der Dscherrahi-Tariqa namens Nur Ashki Jerrahi Sufi Order, der bis heute eine große Anzahl an Anhängern in den Vereinigten Staaten und Mexiko hat.

Muzaffer Ozak unternimmt diese Art von Reisen bis zu seinem Tod im Jahr 1985, wodurch er eine große Anzahl an Anhängern auf sämtlichen Kontinenten gewinnt.

Literarische Werke

Muzaffer Ozak ist auch Autor einiger Bücher, die vor allem im türkischen Raum bekannt sind. Aufgrund seiner Ausbildung in den Bereichen Koran, Hadith und islamisches Gesetz gilt er dort nicht nur bei den Sufis als Autorität. Die meisten seiner Werke liegen auch in Übersetzungen vor, meist auf englisch.

  • Irşad
    • englisch: Irshad – Wisdom of a Sufi Master
    • spanisch: Irshad. Sabiduría de un maestro sufí. (vol. 1 + 2)
  • Aşk Yolu Vuslat Tariki
    • englisch: The Unveiling of Love
    • spanisch: La Develación del Amor
  • Envar-ül-Kulub
    • englisch: Lights of the Hearts (in Vorbereitung)
  • Ziynet-ül-Kulub
    • englisch: Adornment of Hearts
  • Gülsar-i Arifan
  • Hazret-i Meryem (auf türkisch nicht veröffentlicht)
    • deutsch: Die gesegnete Jungfrau Maria im Islam
    • englisch: Blessed Virgin Mary
    • spanisch: Mariam
  • Sofiyye Sohbetleri (auf türkisch nicht veröffentlicht)
    • englisch: Garden of Dervishes
  • Love is the Wine (edited by Robert Frager)
    • deutsch: Der Wein der Sufis
      • (Titel der ersten Auflage: Liebe ist der Wein)
    • spanisch: El Amor es el Vino
    • bosnisch: Ljubav je vino

Tonträger mit Muzaffer Ozak

  • LP Halveti-Jerrahi-Dhikr
    • Journey To The Lord Of Power
  • CD Chant des Derviches de Turquie
    • La Cérémonie du Zikr
    • (5. Festival des Arts Traditionnels 1978, Rennes)
  • CD Garden of Paradise
    • Sufi Ceremony of Remembrance
    • (recorded April 5, 1983 in Istanbul)
  • CD Reunion
    • Ceremonial Music of the Sufis
    • (recorded April 16, 1984 in New York City)

Literatur

  • Gregory Blann: Lifting the Boundaries - Muzaffer Efendi and the Transmission of Sufism to the West

Weblinks


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