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SAP ERP ist das Hauptprodukt des deutschen Software-Unternehmens SAP AG, das es seit 1993 vertreibt. ERP steht für Enterprise-Resource-Planning oder Unternehmens-Informationssystem, womit alle geschäftsrelevanten Bereiche eines Unternehmens im Zusammenhang betrachtet werden können.
Bis Dezember 2003 wurde das Produkt unter dem Namen SAP R/3 geführt, bis 2007 unter mySAP ERP. Für die noch mit R/3 arbeitenden Kunden wird derzeit (März 2009) noch Wartung angeboten und durchgeführt. Die letzte angebotene R/3-Version heißt R/3 Enterprise 4.70 Extension Set 2.00.
Der Name SAP R/3 entstand aus der Konzeption als Client-Server-System, das „R“ steht dabei für realtime („Echtzeit“) und die „3“ steht für die drei Ebenen (Schichten), aus denen ein R/3-System besteht, siehe unten. Der Vorgänger SAP R/2 war für den Betrieb auf Großrechner-Anlagen konzipiert. Dessen Vorgänger war 1973 das Programm RF, später auch als R/1 bezeichnet, zur „rechnergestützten Abwicklung der Finanzbuchhaltung“.
Inhaltsverzeichnis
Struktur
SAP ERP unterscheidet sich von R/3 vor allem dadurch, dass es auf SAP NetWeaver aufbaut: integrale Bestandteile können in ABAP und in Java implementiert sein, und neue Funktionsbereiche werden häufig nicht mehr als Teil des bisherigen ERP-Systems, mit teils eng untereinander verknüpften Bestandteilen, erstellt, sondern als eigenständige Komponenten oder gar Systeme. Der ABAP-Teil der zentralen Komponente SAP ECC (ERP Central Component) ist der technische Nachfolger des R/3 Enterprise 4.70 (einschließlich dessen Enterprise Extensions und Industry Solutions). Die Kernmodule von R/3 werden aber in ERP unverändert eingesetzt, welches auch ohne Netweaver einsetzbar ist.
Es gibt die Releases
- mySAP ERP 2004 mit ECC 5.0, SAP Web AS 6.40
- SAP ERP 6.0 (vorher mySAP ERP 2005) mit ECC 6.0, SAP Web AS 7.0
SAP ERP ist erhältlich unter einem eigenen Lizenzvertrag, oder im Rahmen eines Vertrags über die SAP Business Suite. SAP ERP soll in der nächsten Zukunft nicht in neuen Versionen ausgeliefert werden, sondern durch Enhancement Packages funktional erweitert werden, zusätzlich zur üblichen Wartung.
Da R/3 im wesentlichen in ERP aufgegangen ist, treffen die Aussagen zu SAP R/3 im folgenden Text ebenso auf SAP ERP zu.
Module
SAP R/3 erlaubt die EDV-gestützte Abwicklung einer Vielzahl der Aufgaben, die in einem typischen Wirtschaftsunternehmen anfallen. Der modulare Aufbau entspricht der in vielen Unternehmen üblichen Organisationsstruktur. Die Module sind jedoch nicht im informationstechnischen Sinne unabhängig (modular), vielmehr sind die Funktionen eng miteinander verzahnt (Funktionsintegration) und die Inbetriebnahme eines Moduls hat stets auch Auswirkungen in anderen Modulen.
Nach R/3-Systematik sind dabei den drei von R/3 unterstützten betriebswirtschaftlichen Anwendungsbereichen Rechnungswesen, Logistik sowie Personalwirtschaft jeweils „Module“ zugeordnet, die mit einem eindeutigen Kürzel bezeichnet werden. Die Module wiederum lassen sich in „Komponenten“ unterteilen.
Mit ERP hat sich die Systematik gegenüber R/3 insofern geändert, als nun unterschieden wird zwischen:
- ECC (ERP Central Component) mit den unten genannten R/3 Modulen
- Weitere Komponenten, die Charakter von Branchenlösungen haben, darunter Media, Telecommunications, Utility, Insurance, Health Care, Oil and Gas oder Mining
Rechnungswesen
(engl. Financials)
- FI: Finanzwesen (engl. Financial Accounting) Rechnungswesen
- FI-GL: Hauptbuchhaltung (engl. General Ledger Accounting)
- FI-AP: Kreditorenbuchhaltung (engl. Accounts Payable)
- FI-AR: Debitorenbuchhaltung (engl. Accounts Receivable)
- FI-BL: Bankbuchhaltung (engl. Bank Accounting)
- FI-AA: Anlagenbuchhaltung (engl. Asset Accounting)
- CO: Controlling (Kostenrechnung)
- CO-OM: Gemeinkostenrechnung (engl. Overhead Cost Management)
- CO-PC: Kostenträgerrechnung (engl. Product Costing)
- CO-OM-CEL: Kostenartenrechnung (engl. Cost Element Accounting)
- CO-OM-CCA: Kostenstellenrechnung (engl. Cost Center Accounting)
- CO-PA: Ergebnis- und Marktsegmentrechnung (engl. Profitability Analysis)
- SEM: Unternehmenscontrolling (engl. Strategic Enterprise Management)
- SEM-BCS: Business Consolidation
- SEM-BPS: Business Planning and Simulation
- SEM-CPM: Corporate Performance Monitor
- SEM-SRM: Stakeholder Relationship Management
- SEM-BIC: Business Information Collection
- EC: Unternehmenscontrolling (engl. Enterprise Controlling) (darunter EC-PCA Profit-Center-Rechnung)
- IM: Investitionsmanagement (engl. Investment Management)
- PS: Projektabwicklung (engl. Project System)
- RE: Immobilienmanagement (engl. Real Estate Management)
- TR: Finanzmanagement (engl. Treasury)
Personalwirtschaft
(engl. Human Capital Management)
- PA: Personalmanagement (engl. Personnel Management)
- PT: Personalzeitwirtschaft (engl. Personnel Time Management)
- PY: Personalabrechnung (engl. Payroll)
- PE: Veranstaltungsmanagement (engl. Training and Event Management)
- PD: Personalentwicklung (engl. Personnel Development)
- CP: Kostenplanung (engl. Cost Planning)
Logistik
(engl. Logistics)
- MM: Materialwirtschaft (engl. Materials Management)
- PP: Produktionsplanung und -steuerung (engl. Production Planning and Control)
- darunter Bedarfsplanung MRP II; ergänzt ggf. durch das Zusatzprodukt Advanced Planner & Optimizer (APO)
- PM: Instandhaltung (engl. Plant Maintenance)
- darunter Inspektion,Wartung,Instandsetzung, gemäß DIN31051
- SD: Vertrieb (engl. Sales and Distribution)
- Auftragsverwaltung, Versand und Transport, Fakturierung, Kreditmanagement, Außenhandel/Zoll
- LE: Lagerverwaltung, Versand und Transport (engl. Logistics Execution)
- EHS: Umwelt, Gesundheit und Sicherheit (engl. Environment, Health & Safety )
- CS: Kundendienst (engl. Customer Service)
- QM: Qualitätsmanagement (engl. Quality Management)
- LO: Logistik Allgemein (engl. Logistics - General)
- PLM: Product Lifecycle Management
- PS: Projektsystem (engl. Project System)
- WM: Lagerverwaltung (engl. Warehouse Management)
Anwendungsübergreifende Komponenten
- IS: Branchenlösungen (s. u.)
- WF: Workflow
Branchenlösungen
Diese Module können durch Branchenlösungen ergänzt werden, die mit dem Präfix IS (Industry Solution) gekennzeichnet werden (z. B. IS-H (Healthcare), IS-U (Utilities), oder IS-OIL).
Zielgruppe
SAP R/3 gilt als recht komplex und relativ teuer, bei der Einführung insbesondere durch die aufwendige individuelle Konfiguration und Anpassung (das sogenannte Customizing). Daher kommt R/3 in der Regel nur für größere Betriebe in Frage.
Das R/3-System ist grundsätzlich mandantenfähig, d.h. es können mehrere Unternehmen mit weitgehend eigenständigen Einstellungen auf einem (physischen und/oder logischen) System verwaltet werden.
Für Klein- und Mittelbetriebe stellt SAP eine Variante des R/3-Systems namens SAP SMB (Small and Midsize Businesses) zur Verfügung. Für diese bietet SAP weiterhin die Möglichkeit, den Server bzw. die Wartung des Servers aus der eigenen Firma auszulagern, sodass diese kein eigenes Rechenzentrum betreiben müssen.
Architektur
Client-Server Architektur
Das System verwendet eine dreigliedrige (three-tier) Client-Server-Architektur, bestehend aus:
- Datenbank-Server
- Applikationsserver
- Präsentationsschicht auf Client-Seite
Durch diese Struktur ist es bei steigenden Anforderungen möglich, die Aufgaben auf weitere Maschinen zu verteilen und dadurch die Leistungsfähigkeit des Gesamtsystems zu erhöhen.
Datenbank
Die verschiedenen SAP-Komponenten setzen eine eigene, relationale SQL-Datenbank voraus, die nicht von dem Unternehmen selbst geliefert wird. R/3 / ERP und der SAP Web Application Server unterstützen gängige Produkte wie DB2, Informix, MaxDB (basierend auf einer von SAP lizenzierten Version von Adabas), Microsoft SQL-Server sowie Oracle. Die aktuell unter einer Plattform unterstützten Kombinationen sind online in der Platform Availability Matrix (PAM) im Service-Marketplace dokumentiert.
Applikationsserver
Die gesamte betriebswirtschaftliche Verarbeitung erfolgt im Applikationsserver durch spezielle Programme, die in der proprietären Programmiersprache ABAP/4 (Advanced Business Application Programming Language) geschrieben sind, die durch Tools wie Data Dictionary, Maskengenerator oder Query-Manager ergänzt werden.
Die Sprache wurde seit SAP R/2 (1979) laufend weiterentwickelt. In neueren Releaseständen ab dem Jahr 2000 kann teils auch in Java programmiert werden. Der ABAP-Quellcode ist ohne Zusatzlizenzen zugänglich, sodass an der ausgelieferten Standardsoftware Änderungen möglich sind, oder diese zur Vorlage eigener Anwendungen herangezogen werden kann.
Die Programme werden innerhalb einer speziellen Laufzeitumgebung ausgeführt, die SAP „Kernel“ nennt.
Kernel
Der Kernel ist in C programmiert und kann vom Kunden weder eingesehen noch geändert werden; im Unterschied zu den meisten ABAP-Programmen. Der Kernel abstrahiert sowohl von den Gegebenheiten der eingesetzten Betriebssysteme als auch von der speziellen SQL-Syntax des eingesetzten DBMS, so dass ABAP-Programme auf allen Plattformen, für die ein R/3-Kernel zur Verfügung steht, lauffähig sind. Im Gegenzug müssen diese auf maschinen- oder datenbankspezifische Optimierungen oder Features verzichten.
Der Kernel enthält folgende wesentliche Bestandteile:
- Sperrserver
- Verbuchungsprozesse
- Spoolprozesse
- Dialogverarbeitung
- Hintergrundverarbeitung
Die Prozesse können je nach Bedarf auf unterschiedliche Maschinen verteilt sein. Der einfachste Fall (alle Prozesse laufen auf einem Applikationsserver) wird als sogenannte „Zentralinstanz“ bezeichnet. Für kleinere Szenarien ist diese Anordnung ausreichend, oft kann auch die Datenbank auf der gleichen Maschine gehalten werden. Einige Komponenten (insbesondere Sperr- und Verbuchungsprozesse) dürfen je System nur genau einmal existieren; die „Arbeitstiere“ hingegen (die Dialog- und Hintergrundprozesse), die die eigentliche Programmausführung übernehmen, können über mehrere Maschinen verteilt werden. Die Kombination aus Datenbank und Applikationsserver-Prozessen wird als R/3-System bezeichnet.
Benutzeroberfläche
Ein Großteil der Anwendungen wird über die von SAP entwickelte grafische Benutzeroberfläche SAP GUI bedient. Je nach Komponente sind alternativ andere Clients möglich: Webbrowser mit oder ohne Java, WAP oder Java Web Start.
Erprobt wurden auch Möglichkeiten, OpenOffice.org als Frontend für R/3-generierte Berichte einzusetzen. Weiterhin wurde mit SAP Muse ein Projekt aufgesetzt, das künftig service-orientierte User-Interface-Funktionalität zur Verfügung stellen soll, die mit PC-Standard-Software/-Tools für Rich Internet Applications (RIA), wie Adobe Apollo, Microsoft WPF/Vista oder IBM with Rich Client Platform / RCP arbeiten kann. Aus dem Projekt ging die neue Clientsoftware SAP NetWeaver Business Client hervor, die es erlaubt, alle von SAP entwickelten Anwendungen rollenbasiert darzustellen.
Unter dem Namen Mendocino begann SAP 2005 gemeinsam mit Microsoft ein Projekt, das beide Software-Welten weiter verbinden sollte. Ein Jahr nach Projektstart kündigten beide Firmen die Auslieferung der Software an, die den Namen Duet trägt.
Customizing
Anders als bei den meisten kleineren ERP-Systemen sind im R/3 zahlreiche Variationen der Funktionalität allein durch Parameter einstellbar. Die Anpassungen dieser Einstellungen werden als Customizing bezeichnet und sind bei jeder Einführung des Systems oder eines Moduls vorzunehmen.
Die Vielzahl von Parametern wird über Datenbank-Tabellen gesteuert, die zur Laufzeit ausgewertet werden; einige Tausend an der Zahl. Deren Pflege erfolgt über einen Parameter-Baum, der ähnlich der Anwendungsstruktur nach Modulen aufgebaut ist und Pflegemasken und Funktionshinweise für die zulässigen Einträge bietet. Alternativ kann dies auch direkt über die Pflege der Steuertabellen erfolgen.
Reichen die Einstellungsmöglichkeiten durch die vorhandenen Customizing-Funktionen nicht mehr aus, stellen die Standardprogramme an einer Reihe von Stellen Erweiterungspunkte zur Verfügung, an denen über eine definierte Schnittstelle kundenspezifische Programmteile in die Standardverarbeitung eingebettet werden können (User Exits, Business Add-Ins (BAdIs)).
Wenn auch diese Möglichkeiten nicht ausreichen, können kundenspezifisch (fast) alle Standardprogramme verändert werden. Diese „Modifikationen“ werden automatisch aufgezeichnet, um im Falle von Fehlern die Verantwortung zuordnen zu können. Wegen des erhöhten Folgeaufwands (Abgleich beim Update der Standardprogramme) werden Modifikationen daher meist vermieden.
Das Zusammenspiel der verschiedenen Parameter ist nur teilweise dokumentiert – die Anpassung an ein Unternehmen bedarf daher seitens der verantwortlichen Berater einer gewissen Erfahrung.
Host-Betriebssysteme
R/3 und die auf dem SAP Web AS ABAP bzw. SAP NetWeaver aufbauenden späteren SAP-Systeme (darunter SAP ERP/ECC) unterstützen serverseitig eine Reihe gängiger Plattformen:
- Unix-Derivate AIX, HP-UX, Linux (verschiedene CPU-Plattformen), Solaris und Tru64.
- Windows NT und dessen Nachfolger.
- AS/400 und Nachfolger (IBM System i5, eServer i5, eServer iSeries).
- z/OS für IBM-Grossrechner.
Seit 1999 befassen sich im SAP Linux Lab SAP-Mitarbeiter, Distributoren und Hardware-Hersteller gemeinsam mit der Herstellung von SAP-Produkten speziell für Linux. Zum Stand Mitte 2005 werden SuSE, Red Hat und Red Flag unterstützt, allerdings nur in bestimmten Server-Ausführungen dieser Distributionen. Andere Linux-Derivate sind durch die SAP nicht zertifiziert.
Literatur
- Bernd Herth, Navratil, Otterbein, Rhein: SAP R/3 Basissystem. Release 4.6. Addison-Wesley, München 2001, ISBN 3-8273-1727-4 (SAP Anwenderedition).
- Knut Hildebrand, Michael Rebstock (Hrsg.): Betriebswirtschaftliche Einführung in SAP R/3. R. Oldenbourg Verlag, München/Wien 2000, ISBN 3-486-25548-7.
- Michael Hölzer, Michael Schramm: Qualitätsmanagement mit SAP R/3. Galileo-Press, Bonn 2005, ISBN 3-89842-655-6 (SAP PRESS).
- Gunther Friedl, Christian Hilz, Burkhard Pedell: Controlling mit SAP. 4. Auflage. Vieweg, Wiesbaden 2005, ISBN 3834801011.
Weblinks
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