Märzaufstand

Märzaufstand
Grab und Denkmal für Hagener Tote des Ruhraufstand

Der Ruhraufstand, auch Märzaufstand genannt, war ein Aufstand linksgerichteter Arbeiter des Ruhrgebiets im März 1920. Der Aufstand erfolgte zunächst anlässlich des Kapp-Putsches vom 13. März 1920, richtete sich dann aber auf das Ziel der „Erringung der politischen Macht durch die Diktatur des Proletariats“. Nach dem Ende des Kapp-Putsches ließ die Reichsregierung den andauernden Ruhraufstand von der Reichswehr niederschlagen.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Am 13. März 1920 marschierten rechtsgerichtete, von der Auflösung bedrohte Freikorps in Berlin ein. Die „Vorläufige Reichswehr“ verweigerte der legitimen Regierung ihren Schutz, woraufhin diese aus der Stadt floh und die Putschisten Wolfgang Kapp zum Reichskanzler erklärten. Kapp konnte sich aber wegen der Verweigerung der Ministerialbürokratie keine effektive Regierung führen und gab, nachdem auch noch der Generalstreik gegen seinen Putsch erklärt wurde, am 17. März 1920 auf. Der Generalstreik wurde am 22. März offiziell für beendet erklärt.

Im Ruhrgebiet kam es am 13. März 1920 zu ersten Demonstrationen, so zum Beispiel mit 20.000 Menschen in Bochum.

Gleichzeitig zum Kapp-Putsch fand am 14. März 1920 in Elberfeld ein Treffen von Vertretern von KPD, USPD und SPD statt. Die linken Arbeiterparteien beschlossen ein spontanes Bündnis gegen die Putschisten. SPD, USPD und KPD verfassten einen gemeinsamen Aufruf zur „Erringung der politischen Macht durch die Diktatur des Proletariats“.

In Folge dieser Erklärung und im Rahmen des Generalstreiks versuchten einige Arbeiter im regionalen Maßstab die Regierungsgewalt zu übernehmen. In den größeren Orten des Ruhrgebietes übernahmen spontan gebildete lokale „Vollzugsräte“ die politische Macht. Sie wurden meist von der USPD dominiert, die KPD war ebenfalls mit dabei. Aber auch die anarchosyndikalistische Freie Arbeiter-Union Deutschlands (FAUD) war vertreten. Arbeitersoldaten wurden aufgestellt, die die Städte kontrollierten und u. a. Fabrikantensöhne gefangennahmen.

Der Roten Ruhrarmee, deren Stärke aus den später abgegebenen Gewehren auf etwa 50.000 Angehörige geschätzt wurde, gelang es, binnen kürzester Zeit die bewaffneten Ordnungskräfte im Revier zu besiegen.

Am 17. März 1920 griffen Einheiten der Roten Ruhrarmee bei Wetter eine Vorhut des Freikorps Lichtschlag unter Hauptmann Hasenclever an, der sich auf Nachfrage als Anhänger der neuen Kapp-Regierung zu erkennen gegeben hatte. Sie erbeuteten die Geschütze, nahmen 600 Freikorpsangehörige gefangen und besetzten Dortmund.

Am 20. März 1920 bildete sich in Essen der Zentralrat der Arbeiterräte, die in Teilen des Ruhrgebiets die Macht übernahmen. Auch in Hagen gab es eine Zentrale.

Die Reichswehrfestung Wesel wird am 24. März angegriffen.

Dem Ultimatum der ins Amt zurückgekehrten Regierung, bis zum 30. März bzw. 2. April Streik und Aufstand aufzugeben, kamen die Arbeiterräte nicht nach.

Der Versuch, den Konflikt auf dem Verhandlungsweg im sogenannten Bielefelder Abkommen beizulegen, scheiterte letztlich am eigenmächtigen Vorgehen des regionalen Militärbefehlshabers Oskar von Watter.

Die Folge war die erneute Proklamation eines Generalstreiks. Daran beteiligten sich mehr als 300.000 Bergarbeiter (rund 75 Prozent der Belegschaften). Der kommunistische Aufstand brachte auch Düsseldorf und Elberfeld in die Hände der Arbeiter. Bis Ende März war das ganze Ruhrgebiet erobert.

Die beteiligten Aufständischen, oftmals Weltkriegsveteranen, bezogen sogar Sold von den Arbeiterräten. Man operierte oft in kleinen Gruppen, die sich auf Fahrrädern fortbewegten. Auch die Festung in Wesel wurde belagert, doch erlitt die Ruhrarmee hier ihre erste Niederlage.

Die Struktur der Roten Ruhrarmee war ebenso wie die politischen Forderungen und Positionen der einzelnen Arbeiterräte sehr heterogen und häufigen Wechseln unterzogen. Insgesamt lässt sich ein starkes Ost-West-Gefälle feststellen. Das von der USPD dominierte östliche Ruhrgebiet organisierte und bewaffnete sich frühzeitiger, unterstützte aber nicht eine Fortführung der bewaffneten Aktionen als Aufstand gegen die wieder handlungsfähige Reichsregierung. Demgegenüber verzögerte sich die Mobilisierung im vor allem von Syndikalisten dominierten westlichen Ruhrgebiet, die Fortführung als Aufstand fand hier aber später größere Sympathien.

Am 2. April 1920 marschierten Reichswehreinheiten ins Ruhrgebiet ein, um den Aufstand niederzuschlagen. Pikanterweise befanden sich darunter auch Einheiten, die noch Tage zuvor den Putsch unterstützt hatten, wie etwa die Marine-Brigade von Loewenfeld.

Mit Rückendeckung der Reichsregierung wurde der Aufstand von General Watter von Norden her niedergeschlagen. Sein Stab führte im Auftrag der Reichsregierung von Münster aus den Bürgerkrieg im Ruhrgebiet, bei dem Verbände von Reichswehr und Freikorps die Rote Armee im Ruhrgebiet niederwarfen.

Es erfolgten Todesurteile sowie Massenerschießungen. Wer bei Festnahme bewaffnet war, wurde erschossen – auch Verletzte. Am 3. April 1920 ließ Reichspräsident Friedrich Ebert die Standgerichte wieder verbieten, um das Schlimmste zu verhüten. Am 12. April 1920 untersagte General von Watter seinen Soldaten „gesetzwidriges Verhalten“.

Erst an der Ruhr machte die Reichswehr halt, weil die britischen Besatzungstruppen wegen Verletzung des Friedensvertrages von Versailles mit der Besetzung des Bergischen Landes drohten.

Nach dem Ende der Kämpfe hatten die Aufständischen weit mehr als 2.000 Tote zu beklagen, Reichswehr und Freikorps etwa 372.

Siehe auch

Literatur

  • Diethart Kerbs: Die Rote Ruhrarmee März 1920. Berlin: Nishen, 1985, ISBN 3-88940-211-9
  • Karl Grünberg: Brennende Ruhr. Verlag RuhrEcho, ISBN 3-931999-03-3
  • Erhard Lucas: Märzrevolution 1920. 3 Bände, Verlag Roter Stern Frankfurt am Main 1973–1978, ISBN 3878770758, ISBN 3878770642, ISBN 3878770855
  • George Eliasberg: Der Ruhrkrieg von 1920. Schriftenreihe des Forschungsinstituts der Friedrich-Ebert-Stiftung ; Verlag Neue Gesellschaft Bonn/Bad Godesberg 1974. ISBN 3-87831-148-6
  • Hans Spethmann: Die Rote Armee an Ruhr und Rhein. Verlag R. Hobbing, Berlin, 1932 (3. Auflage)

Weblinks


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