Armin Raufeisen

Armin Raufeisen

Armin Raufeisen (* 13. November 1928 in Endrejen, Ostpreußen; † 12. Oktober 1987 in Leipzig-Meusdorf) war ein Spion der Hauptverwaltung Aufklärung, dem Auslandsgeheimdienst der DDR.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Raufeisen wuchs in Tilsit auf, von wo die Familie 1944 ins Erzgebirge flüchtete. Dort arbeitete er zunächst als Hauer, später als Geophysiker bei der Wismut im Uranbergbau. 1957 verpflichtete sich Raufeisen als überzeugter Kommunist zur Arbeit für den DDR-Auslandsgeheimdienst. Er wurde zur Wirtschaftsspionage in die Bundesrepublik geschleust und nahm eine Tätigkeit als Geophysiker bei der Preussag in Hannover auf.

Als am 18. Januar 1979 der Oberleutnant des Ministeriums für Staatssicherheit, Werner Stiller, der in der Abteilung Wissenschaftlich-Technische Aufklärung der Staatssicherheit insgesamt 32 Wirtschaftsspione der DDR in westdeutschen Hochtechnologieunternehmen führte, in den Westen überlief, wurde die Gefahr der Enttarnung Raufeisens akut. Ohne seine Familie über die wahren Hintergründe der überhasteten Reise aufzuklären, fuhr Raufeisen mit Frau und Söhnen am 22. Januar 1979 in die DDR, um einer drohenden Verhaftung im Westen zu entgehen.

Die Söhne, beide in Hannover geboren, wollten sich mit der Situation nicht abfinden und nach Hannover zurückkehren. Während der bereits volljährige Michael sich weigerte, den Staatsbürgerschaftsantrag zu unterschreiben und schließlich im Dezember 1979 wieder ausreisen durfte, musste der minderjährige Thomas mit den Eltern in der DDR bleiben.

Die Ausreise des erwachsenen Sohnes änderte auch den Status Armin Raufeisens in der Staatssicherheit. Da er nun einen Verwandten ersten Grades in der Bundesrepublik hatte, wurde seine hauptamtliche Mitarbeit bei der Staatssicherheit beendet.

Nachdem ein Ausreiseantrag der Familie von den DDR-Behörden abgelehnt worden war, erkundete Raufeisen denkbare Ausreise- und Fluchtmöglichkeiten. Dazu nahm er unter anderem Kontakt zu CIA-Mitarbeitern, einem Schleuserunternehmen, westdeutschen Journalisten und der deutschen Botschaft in Ungarn auf. Diese Bemühungen blieben der Staatssicherheit nicht verborgen; man war unter anderem informiert durch einen IM der Staatssicherheit beim niedersächsischen Staatsschutz in Celle. Am 11. September 1981 wird die Familie schließlich verhaftet und in die Untersuchungshaftanstalt der Staatssicherheit in Berlin-Hohenschönhausen gebracht. Der im Westen lebende Sohn Michael erfährt erst nach einem Jahr durch einen Westberliner Anwalt, was mit seiner Familie geschehen ist. Nach über einjähriger Untersuchungshaft wird Raufeisen wegen versuchter Flucht (§ 213 Strafgesetzbuch der DDR) im besonders schweren Fall, landesverräterischer Agententätigkeit (§ 100 StGB der DDR) wegen illegaler Verbindungsaufnahme mit Vertretern fremder Mächte – gemeint ist die bundesdeutsche Botschaft in Budapest und der Kontakt zum eigenen Sohn—, und Spionage (§ 97 StGB der DDR) zu lebenslanger Haft verurteilt. Seine Frau erhält sieben Jahre Haft, der Sohn Thomas aufgrund der §§ 213 und 100 drei Jahre Haft. Alle drei werden zur Haftverbüßung ins Zuchthaus Bautzen II gebracht. Thomas verbüßte seine volle Haftstrafe im Zuchthaus Bautzen II. Im September 1984 wurde er entlassen und durfte zu seinem Bruder nach Hannover ausreisen. Die Eltern blieben weiterhin inhaftiert. Am 12. Oktober 1987 verstarb Armin Raufeisen unter bis heute ungeklärten Umständen nach einer Gallenoperation im Haftkrankenhaus Kleinmeusdorf. Als offizielle Todesursache wurde Lungenembolie angegeben. Charlotte Raufeisen wurde im September 1988 nach voller Verbüßung ihrer Strafe aus der Haft in Bautzen entlassen, durfte jedoch erst im April 1989 in die Bundesrepublik ausreisen.[1][2]

Literatur

  • Thomas Raufeisen: Der Tag, an dem uns Vater erzählte, dass er ein DDR-Spion sei. Eine deutsche Tragödie. Herder Verlag: Freiburg 2010 ISBN 978-3-451-30345-6 Rezension

Weblinks

Einzelnachweise

  1. http://www.webarchiv-server.de/pin/archiv05/022005paz39.htm
  2. dradio.de

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем написать курсовую

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Raufeisen — ist der Familienname folgender Personen: Armin Raufeisen († 1987), Spion des DDR Auslandsgeheimdienstes Dirk Raufeisen (* 1966), deutscher Jazzpianist Diese Seite ist eine Begriffsklärung zur Unterscheidung me …   Deutsch Wikipedia

  • Liste der Biografien/Rat–Raz — Biografien: A B C D E F G H I J K L M N O P Q …   Deutsch Wikipedia

  • Gelbes Elend — Im sächsischen Bautzen gab es historisch zwei Gefängnisse, die heute insbesondere für Unrecht und politische Verfolgung in der Sowjetischen Besatzungszone und in der DDR bekannt sind. Das zwischen 1900 und 1904 gebaute Zuchthaus Bautzen, später… …   Deutsch Wikipedia

  • JVA Bautzen — Im sächsischen Bautzen gab es historisch zwei Gefängnisse, die heute insbesondere für Unrecht und politische Verfolgung in der Sowjetischen Besatzungszone und in der DDR bekannt sind. Das zwischen 1900 und 1904 gebaute Zuchthaus Bautzen, später… …   Deutsch Wikipedia

  • Klaus-Peter Fischer — Werner Stiller (* 24. August 1947 in Weßmar) war Oberleutnant der Hauptverwaltung Aufklärung und nach der offiziellen Darstellung des Bundesnachrichtendienstes Doppelagent für den BND. Er flüchtete 1979 mit zahlreichen geheimen Unterlagen der DDR …   Deutsch Wikipedia

  • Zuchthaus Bautzen — Im sächsischen Bautzen gab es historisch zwei Gefängnisse, die heute insbesondere für Unrecht und politische Verfolgung in der Sowjetischen Besatzungszone und in der DDR bekannt sind. Das zwischen 1900 und 1904 gebaute Zuchthaus Bautzen, später… …   Deutsch Wikipedia

  • Werner Stiller — (* 24. August 1947 in Weßmar) war Oberleutnant der Hauptverwaltung Aufklärung (HVA) und nach der offiziellen Darstellung des Bundesnachrichtendienstes Doppelagent für den BND. Er flüchtete 1979 mit zahlreichen geheimen Unterlagen der DDR… …   Deutsch Wikipedia

  • Dösen (Leipzig) — Dösen ist ein Leipziger Stadtteil, der durch die Eingemeindung des Dorfes Dösen im Jahr 1910 entstand. Seit der kommunalen Neugliederung von Leipzig 1992 bildet Dösen zusammen mit Dölitz den Ortsteil Dölitz Dösen. Dabei wurden Teile von Dösen… …   Deutsch Wikipedia

  • Justizvollzugsanstalt Bautzen — Im sächsischen Bautzen gab es historisch zwei Gefängnisse, die heute insbesondere für Unrecht und politische Verfolgung in der Sowjetischen Besatzungszone und in der DDR bekannt sind. Das zwischen 1900 und 1904 gebaute Zuchthaus Bautzen, später… …   Deutsch Wikipedia

  • Der Unhold — Filmdaten Deutscher Titel Der Unhold Originaltitel The Ogre Produktionslan …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”