Nahrungsmittelpyramide

Nahrungsmittelpyramide

Die Nahrungspyramide (auch Nährstoffpyramide oder Ökologische Pyramide) ist in der Ökologie eine vereinfachte, schematische, graphische Darstellung der quantitativen Verhältnisse der Trophieebenen einer Biozönose (Lebensgemeinschaft) in einem Ökosystem.

An der Basis der Pyramide sind in der Regel die Primärproduzenten (autotrophe Organismen). Die folgenden Stufen nehmen die Konsumenten (heterotrophe Organismen) ein: zunächst die Konsumenten erster Ordnung (Pflanzenfresser), gefolgt von den verschiedenen Trophieebenen der Fleischfresser. An der Spitze der Pyramide befinden sich die sogenannten Endverbraucher.

Qualitative Grundlage einer Nahrungspyramide ist eine Nahrungskette, also ein Ausschnitt aus dem Nahrungsnetz eines Ökosystems. In der Regel werden Saprobionten und Destruenten nicht berücksichtigt. Auch Aasfresser werden meist nicht einbezogen, da diese gleichzeitig verschiedenen Stufen zugeordnet werden können.

In der Literatur werden meist Nahrungspyramiden dargestellt, die alle Organismen zu wenigen Trophieebenen zusammenfassen.

Inhaltsverzeichnis

Typen von Nahrungspyramiden

Je nach gemessenem Parameter kann man verschiedene Nahrungspyramiden (eltonsche Zahlenpyramiden) unterscheiden:

Biomasse

1 Mäusebussard mit einem durchschnittlichen Körpergewicht von 1 kg frisst in einem Jahr
3000 Feldmäuse mit insgesamt 90 kg Körpergewicht, die ihrerseits
1 Tonne Getreidekörner vertilgen.

Hier kann man erkennen, wie die Biomasse von Trophieebene zu Trophieebene abnimmt. Dies ist darauf zurückzuführen, dass ein Konsument im Laufe seines Lebens das Vielfache seines Körpergewichts an Nahrung zu sich nehmen muss, da ein Teil nicht verwertet werden kann und wieder ausgeschieden wird und ein großer Teil zur Energiegewinnung veratmet wird, so dass weniger Biomasse an die nächste Trophieebene weitergegeben werden kann.

Trophieebene Biomasse-Weitergabe an die nächst höhere Ebene (%) Detritus-Verlust an Biomasse (%) Atmungsverluste (%)
Primärproduzenten 16 26 58
Primärkonsumenten 1,8 5,2 9
Sekundärkonsumenten 0,1 0,2 1,5
Endkonsumenten 0 0,04 0,06
Summe:   31,44 68,56

(Quelle Lutz Hafner et al., Ökologie, Schroedel-Verlag, 1978, S. 60) Anmerkung: Die Zahlenangaben beziehen sich auf die Biomasse der Produzenten (100 %). Die Detritus-Biomasse kann in einem geschlossen Ökosystem durch die Destruenten rasch vollständig abgebaut werden (Tropischer Regenwald). In einem offenen System wird die Biomasse langfristig deponiert (als Faulschlamm, Torf, Kohle oder Erdöl).

Reviergröße

Um auf lange Sicht die Anzahl der Beute in einem Revier nicht so stark einzuschränken, dass er nicht genügend Nahrung findet, muss ein Beutegreifer auf einer hohen Trophieebene mit hohem Nahrungsbedarf ein großes Revier besitzen. Allerdings hängt die Reviergröße bei Nahrungsspezialisten vor allem von der Dichte ihrer Beutetiere ab. Beispiel: Reviergrößen von Vögeln

Art Reviergröße (ha)
Adler 14000
Uhu 8000
Habicht 4000
Sperber 1000
Eichelhäher 25
Kohlmeise 0,25

Anmerkung: Adler, Uhu, Habicht und Sperber sind in der Regel Endverbraucher verschiedener Nahrungsketten.

Nachkommenzahl

Aufgrund des Feinddruckes produzieren in einem Ökosystem im Gleichgewicht die Arten niederer Trophieebenen mehr Nachkommen. Arten höherer Stufen ziehen dagegen weniger Nachkommen auf, da die Nahrungsbeschaffung aufgrund der Reviergröße schwieriger ist. Allerdings hängt die Nachkommenzahl auch von anderen Faktoren wie Intensität der Brutpflege und Entwicklungsdauer der Jungtiere ab.

Individuenzahl

In manchen Ökosystemen korrespondiert die Pyramide der Individuenzahl mit der Biomasse-Pyramide. Beispiel Gewässer: Phytoplankton – Zooplankton – Planktonfresser – Fische – Vögel. Es sind aber auch andere Verhältnisse möglich: Sind Bäume die Basis der Nahrungspyramide, genügen wenig Individuen, um eine große Anzahl von Insekten zu ernähren.

Individuengröße

In der Regel ist bei Räuber-Beute-Beziehungen der Beutegreifer größer als die Beute. Damit ergibt sich eine auf der Spitze stehende Pyramide.
Beispiel: Phytoplankton 2 mm – Zooplankton 4 cm – Hering 40 cm – Thunfisch 4 m - Schwertwal 9 m

Parasiten

Auch die Individuenzahl-Pyramide von Parasitenbeziehungen stehen auf der Spitze: Ein Wirt hat wenige Parasiten, deren Parasiten (Sekundärparasiten) sind wieder zahlreicher.

Anmerkungen

  • Nahrungspyramiden können im Verlauf eines Jahres oder während der Entwicklung eines Ökosystems (Sukzession) ihre Gestalt ändern. So ist auf der Nordhalbkugel im Winter die Ebene der Primärproduzenten bei der Biomasse-Pyramide stark verkleinert, während die Ebenen der Konsumenten im Wesentlichen gleich bleiben, abgesehen von den Verringerungen durch Abwanderungen im Herbst (Zugvögel, Rentiere).
  • Aus den quantitativen Verhältnissen der Trophiebeziehungen ergibt sich das Verständnis für die Anreicherung von Stoffen in der Nahrungskette, die nicht abbaubar sind und von den Organismen kaum ausgeschieden werden.
    Beispiel: Die Anreicherung von DDT nach einer Gnitzenbekämpfung im Clear Lake (Kalifornien, USA) führte zu einer nahezu vollständigen Vernichtung der ursprünglich 500 Brutpaare der Zwergtaucher. In den auf die Aktion folgenden 20 Jahren wurde nur ein Junges aufgezogen. Im Wasser war nach 2 Wochen das DDT nicht mehr nachweisbar. Die Anreichehrung im Plankton betrug gegenüber dem Wasser das 250fache – bei Kleinfischen das 2000fache – bei Felchen und Welsen das 10000fache – bei den Sonnenbarschen das 12000fache – bei den Zwergtauchern das 80000fache.
  • Ernährungspyramide: Die Nahrungspyramide der Ökologie ist nicht zu verwechseln mit der Ernährungspyramide der Ernährungskunde (Ökotrophologie), wie sie zum Beispiel vom US-Landwirtschaftsministerium 1992 veröffentlicht wurde. Sie gibt an, von welchen Nahrungsmitteln wie viel am Tag konsumiert werden sollte, um Schäden durch eine falsche Ernährung zu vermeiden. An der Basis stehen die Stärke enthaltenden Grundnahrungsmittel wie Brot, Reis und Nudeln (6 bis 11 Rationen). Auf der nächsthöheren Ebene befinden sich Gemüse und Obst (jeweils 2 bis 3 Rationen). Die dritte Stufe nehmen eiweißreiche Nahrungsmittel wie Milch und Milchprodukte (2 bis 3 Rationen) einerseits sowie Fleisch, Fisch, Geflügel, Eier, Nüsse und Bohnen (2 bis 3 Rationen). An der Spitze der Pyramide sind Fette, Öle und Süßigkeiten zu finden, von welchen nur wenig konsumiert werden sollte. Aufgrund neuerer Erkenntnisse und differenzierter Betrachtung der einzelnen Nahrungsmittelklassen schlagen Walter C Willett und Meir J. Stampfer (Harvard Medical School Boston) eine neuen Ernährungspyramide vor: Pflanzenöle sind jetzt an der Basis bei den Getreideprodukten zu finden, während geschälter Reis, Weißbrot, Kartoffeln und Nudeln sowie Butter und rohes Fleisch an der Spitze, also bei den nur in geringen Mengen zu verzehrenden Nahrungsmitteln, stehen. Die Autoren räumen aber auch hier gewisse Unsicherheiten über den Zusammenhang von Essgewohnheiten und Gesundheit ein. (Quelle: Spektrum der Wissenschaft, März 2003, S. 58 ff.)

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