- Nemesis
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Nemesis (griechisch Νέμεσις „Zuteilung (des Gebührenden)“) ist in der griechischen Mythologie die Göttin des „gerechten Zorns“. Sie wurde dadurch auch zur Rachegottheit.
Ihre Begleiterin ist die Göttin Aidos („Scham“). Nemesis bestraft vor allem die menschliche Selbstüberschätzung (siehe auch Hybris) und die Missachtung von Themis, des göttlichen Rechts und der Sittlichkeit.
Inhaltsverzeichnis
Mythos
Sie ist eine Tochter der Nyx („Nacht“), entweder nur aus dieser geboren[1] oder die Tochter der Nyx und des Erebos[2], bzw. Tochter des Okeanos.[3]
Zeus paarte sich mit Nemesis in der Gestalt eines Schwans, nachdem sie zunächst aus Scham und gerechtem Zorn vor seinen Nachstellungen geflüchtet war. Auf ihrer Flucht über das Meer verwandelte sie sich in einen Fisch, am Rand der Erde angelangt, schließlich in eine Ente oder Gans, mit der Zeus als Schwan die Helena zeugte, um derentwillen schließlich der Trojanische Krieg geführt wurde.[4]
In einer anderen Version der Geschichte spielt Aphrodite die Nemesis Zeus zu, indem sie sich als Adler auf den Schwan stürzt, der sich in den Schoß der Nemesis „flüchten“ kann. In beiden Erzählungen wird das Ei zu Leda gebracht, die Helena aufzieht – wenngleich sie nicht selbst die Mutter Helenas ist. Schwan und Adler wurden zu den entsprechenden Sternbildern.[5]
Nach Bakchylides ist Nemesis mit Tartaros die Mutter der Telchinen von Rhodos.[6]
In Ovids Metamorphosen bestraft sie den Narkissos, weil dieser die Nymphe Echo und andere durch seine Unerbittlichkeit zugrunde gerichtet hat.[7]
Ihre Attribute sind mannigfach. Unter anderem hält sie einen Zweig vom Apfelbaum in der Hand und wird von einem Greif begleitet. Wie die Erinys kann auch sie in der Mehrzahl (Nemeseis) angerufen werden. Zwei Nemeseis wurden in Smyrna verehrt, die bei dem dortigen Heiligtum Alexander dem Großen im Traum erschienen, als er erschöpft von der Jagd unter einer Platane schlief: Sie forderten ihn zur Neugründung der Stadt Smyrna auf, wo sich ihre älteste Kultstätte befand. Das Orakel des Apollon zu Klaros bestätigte den Auftrag.[8]
In Aischylos' Der gefesselte Prometheus heißt Nemesis auch Adrasteia („die Unentfliehbare“), in Ovids Metamorphosen Rhamnusia nach ihrem Heiligtum mit dem berühmten Kultbild in Rhamnous.
Dass im Unterschied zum modernen Verständnis die Göttinen Nemesis mehr Richterin als Rächerin ist, macht der Orphische Hymnos „An Nemesis“ deutlich:
Ich rufe Dich, Nemesis!
Höchste!
Göttlich waltende Königin!
Allsehende, Du überschaust
Der vielstämmigen Sterblichen Leben.
Ewige, Heilige, Deine Freude
Sind allein die Gerechten.
Aber Du hassest der Rede Glast,
Den bunt schillernden, immer wankenden,
Den die Menschen scheuen,
die dem drückenden Joch
Ihren Nacken gebeugt.
Aller Menschen Meinung kennst Du,
Und nimmer entzieht sich Dir die Seele
Hochmütig und stolz
Auf den verschwommenen Schwall der Worte.
In alles schaust Du hinein,
Allem lauschend, alles entscheidend.
Dein ist der Menschen Gericht.
[…] [9]Heutiger Gebrauch
Im Fremdwörterbuch des Duden (3. Aufl, 1991) wird Nemesis als "ausgleichende, vergeltende Gerechtigkeit" beschrieben.
Literatur
- Hans Herter: Nemesis. In: Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft (RE). Band XVI,2, Stuttgart 1935, Sp. 2338–2380.
- Paulina Karanastassis, Federico Rausa: Nemesis. In: Lexicon Iconographicum Mythologiae Classicae (LIMC). Band VI, Zürich/München 1992, S. 733–770.
- Noel D. Robertson: Nemesis. Dissertation, Ithaca, N.Y 1964
- Otto Rossbach: Nemesis. In: Wilhelm Heinrich Roscher (Hrsg.): Ausführliches Lexikon der griechischen und römischen Mythologie. Band 3,1, Leipzig 1902, Sp. 117–166 (Digitalisat).
- M. Scott: Aidos and Nemesis in the Works of Homer, and Their Relevance to Social or Co-operative Values. In: Acta Classica 23, 1980, S. 13-35
- Jan Stenger: Nemesis. In: Der Neue Pauly (DNP). Band 8, Metzler, Stuttgart 2000, ISBN 3-476-01478-9, Sp. 818–819.
- Marion Tradler: Die Ikonographie der Nemesis. Dissertation, Mainz 1998
Weblinks
Commons: Nemesis – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien- Nemesis im Theoi Project (englisch)
- Nemesis-Votivrelief aus dem Amphitheater von Virunum
Einzelnachweise
- ↑ Hesiod Theogonie 233. Pausanias 7,5,3
- ↑ Hyginus Mythographus Fabulae, praefation. Cicero De Natura Deorum 3,17)
- ↑ Pausanias 7,5,3. Nonnos Dionysiaka 48,375. Johannes Tzetzes zu Lykophron 88
- ↑ Kypria Frag. 8. Bibliotheke des Apollodor 3,127. Pausanias 1,33,4
- ↑ Hyginus Mythographus Astronomica 2,8
- ↑ Bakchylides Frag. 52
- ↑ Ovid Metamorphosen 3,406
- ↑ Pausanias 7,5,1ff
- ↑ Orphische Hymnen 62. Zitiert nach: „Orpheus“ Altgriechische Mysterien übertragen und erläutert von J.O. Plassman, erschienen im Rahmen von Diederichs gelbe Reihe Eugen Diederichs Verlag Köln 1982, S. 103
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