- Niendorfer Hafen
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Der Niendorfer Hafen liegt im Ortsteil Niendorf der Gemeinde Timmendorfer Strand. Er befindet sich an der Mündung der Aalbek in die Ostsee.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Vor 100 Jahren zogen die in Niendorf angesiedelten Fischer ihre kleinen Boote auf den Strand und ankerten größere im Wasser. Die Fische wurden an Land weiterverarbeitet und die Netze auf Stellagen zum Trocknen aufgestellt. Niendorf war zu Beginn des 20. Jahrhunderts ein gut besuchter Badeort. Die Badegäste kamen nach Niendorf, um sich in die Sonne am Strand zu legen und in der Ostsee zu baden. Bekannt wurde der Badeort durch seinen breiten, feinen Badestrand. Der Tourismus wurde sogar wichtiger für den Ort als der Fischfang. Die Fischerei gab Niendorf zwar eine ursprüngliche Atmosphäre und authentisches Flair, führte aber auch zu Konflikten. Die Kreisverwaltung in Eutin beschloss, der Fischerei Strandverbot zu erteilen. Dagegen organisierte sich allerdings erfolgreicher Widerstand. Man entschied sich, einen Hafen anzulegen, der auch Platz für Segelboote bieten sollte und damit die Attraktivität von Niendorf erhöhen sollte.
Der Niendorfer Hafen wurde in den Jahren 1920-22 künstlich durch Verbreiterung der Aalbeck geschaffen. Die im Jahre 1909 geschätzten Kosten von 700.000 Mark beliefen sich aufgrund der Inflation nachher auf rund 14,7 Mio. RM (1922). Durch diese Mehrkosten wurde der Hafen niemals so wie geplant gebaut. Am heute noch existierenden Alten Zollhaus war zunächst eine Klappbrücke vorgesehen, die jedoch nie realisiert werden konnte. Die Hafenwände wurden nicht durch Spundwände ausgekleidet, sondern mit Hilfe von Faschinen. Der Hafen war für eine Kapazität von 15 Motorbooten ausgelegt.
Da keine Brücke zur Überquerung des Hafenbeckens vorhanden war, setzte der Hafenmeister die Fußgänger über. Dies tat er noch bis Anfang der 1970er Jahre. Im Jahre 1948 wurde das Hafenbecken des Niendorfer Yachtclubs angelegt. 1968, 1970 und 1977 wurden die Spundwände erneuert und das Innenhafenbecken vergrößert.
Die Trägerschaft des Hafens ging 1992 vom Kreis auf die Gemeinde Timmendorfer Strand über. 1994-96 entstand das Hafenbecken des Seglervereins Niendorf/Ostsee und das Clubhaus (Altes Zollhaus). Im Winter 2005/2006 wurde der Niendorfer Hafen grundsaniert. Die Hafenerneuerung und Deichschutzbaumaßnahmen, finanziert durch Gemeinde, Land und EU, kosteten ca. rund 5,5 Mio Euro.
Wirtschaft
Neben der Fischerei und der Evers-Werft hat sich das Erscheinungsbild des Niendorfer Hafens in den letzten Jahren stark geändert. Sportboote dominieren heute das Bild des Hafens. Neben einer Holzbootsbauerei bevölkert eine Segelschule den Hafen. Mehrere gastronomische Betriebe sind in den alten Gebäuden zu entdecken. Ebenfalls zentral gelegen findet sich eine Hafentöpferei und der Maler Reinhold Liebe, der hier sein Atelier hat. Ein weiterer Anlaufpunkt ist auch das Cafe Strandvilla, eine der letzten Gründerzeitvillen in direkter Strand- und Hafenlage mit erhöhter Holzterrasse und Hafenblick zur eine Seite sowie Holzdeck und Ostseeblick zur anderen Seite.
Die Fischerei
Fischerei hat in Niendorf eine rund 300 Jahre alte Tradition. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs erfuhr die Niendorfer Fischerei mit 140 Fischkuttern (davon 15 Hochseekutter und 10 Flüchtlingsfischerfamilien) einen nie gekannten Höhepunkt. Es verdienten damit 1951 rund 175 Menschen ihren Lebensunterhalt. Damals wurden jährlich ca. 5.000 Tonnen Fisch angelandet. In den folgenden Jahren wurden die Fangerträge allerdings immer weniger. Die Flüchtlingsfischer wanderten teilweise ab oder gaben auf.
Der größte Einbruch erfolgte Anfang der 1990er Jahre mit der Einführung von Fangquoten in der Ostsee: heute landen ca. 20 Niendorfer Fischer jährlich nur noch ca. 100 t Fisch an: 60 % Dorsch, 10 % Hering, der Rest sind Plattfische, Sprotten, Aale, Lachs und anderer Beifang.
Die Evers-Werft
Die Geschichte der Evers-Werft begann 1923, als der Bootsbauer Ernst Evers einen kleinen Teil des Hafengeländes pachtete und in einem Schuppen Holzboote reparierte. Durch Aufträge der Kriegsmarine wuchs der Betrieb an. Im Jahr 1942 wurden 14 Fischkutter und Ausflugsboote zu Küstenschutzbooten umgerüstet und mit je zwei Mann Besatzung in das Schwarze Meer geschickt.
Nach dem Krieg war Evers zunächst durch die schlechte Wirtschaftslage gezwungen, Küchenschränke für die über 2.000 Flüchtlingsfamilien zu bauen, die nach der Vertreibung in Niendorf in Hotels und Pensionen untergekommen waren. In den folgenden Jahren blühte der Werftbetrieb durch Aufträge der Bundesmarine wieder auf. Die hölzernen Minensucher wurden hier regelmäßig überholt.
Da ab Ende der 1970er Jahre die Marine ihre Minensucher aus anderen Materialien bauen ließ, sattelte die Werft um. Das Gelände wurde in eine moderne Marina mit 70 Liegeplätzen, die Hallen in Lagerhallen für Sportboote umgebaut. Ebenfalls siedelten sich eine Segelschule (Skipper) und ein Spezialist für Bootsmotoren auf dem Gelände an.
Während der Sommermonate wird die große Halle für Veranstaltungen des Schleswig-Holstein Musikfestivals, das Hafenkonzert des NDR und diverse Hafenfeste verwendet.
Personenschifffahrt
Die erste regelmäßig Niendorf anfahrende Schifffahrtslinie nahm 1876 ihren Betrieb auf. Sie verkehrte zwischen Neustadt in Holstein und Lübeck. Nachdem Travemünde an das Bahnnetz angeschlossen wurde, lohnte sich der Betrieb nicht mehr. Sie wurde deshalb 1882 eingestellt.
Es dauerte 18 Jahre bis zur nächsten Schiffsanbindung. Von 1900 bis 1928 lief erneut ein Passagierschiff Niendorf an, ab 1909 entlud es seine Gäste an der seinerzeit neu erbauten Landungsbrücke. Nachdem Timmendorfer Strand 1928 seinen Bahnanschluss erhielt, wurde diese Verbindung ebenfalls eingestellt. Ab etwa 1930 gab es kleine Schiffe und Boote, die den Sommerfrischlern Ausflugsfahrten anboten. Auch nach dem Krieg blieben diese Verbindungen bestehen.
Unter anderem bot das Niendorfer Original „Onkel Charly“ mit seinem Segelboot auch den Urlaubern seine Dienste an (der Holzbildhauer Wolfgang Gerdhagen hat ihm im Hafen ein Denkmal gesetzt).
Eine neue Blütezeit erlebten die Passagierfahrten, als in den 1970er Jahren neben den Ausflugsfahrten die sogenannten Butterfahrten mit angeboten wurden. Dabei fuhren die Schiffe außerhalb der 3-Meilen-Zone, um zollfreien Einkauf anzubieten. Ende der 1990er Jahre wurden solche Fahrten im Rahmen der Aufhebung der Zollschranken durch die EU beendet. Heute fahren sechs Ausflugsboote wieder zu normalen Preisen zu Bädern der Lübecker Bucht und bis nach Mecklenburg.
In den letzten Jahren hat sich die Seebestattung stark entwickelt.
Niendorfer Bootsbauerei
Seit 1994 hat die Niendorfer Bootsbauerei ihren Sitz im Hafen. Sie gehört Ulrich Schütte, der sich auf traditionellen Holzbootsbau spezialisiert hat, aber auch Reparaturen an GFK-Booten durchführt. Trotz ihrer geringen Größe erhält sie sogar aus Skandinavien Aufträge. Zusätzlich hat sich der Betrieb in den letzten Jahren auf den Bau von Holzmasten spezialisiert.
Yachtclubs
Der Niendorfer Hafen beheimatet zwei Yachtclubs sowie eine Jollenstation. Der Niendorfer Yachtclub (NYC), gegründet 1913 in Altona, besitzt seit 1948 ein eigenes Hafenbecken. Der Seglerverein Niendorf/Ostsee (SVNO) mit 60 Liegeplätzen befindet sich heute auf der Ostseite des Hafens. Er wurde 1974 durch Bemühungen des damaligen Hafenmeisters Eddie Stop ursprünglich an der Westseite des Niendorfer Hafens angesiedelt. Seit 1996 verfügt er auch über ein eigenes Clubhaus, das alte Zollhaus. Ebenfalls auf der Ostseite befindet sich die Segler-Gemeinschaft-Jollenstation (SGJ).
Festivitäten
Jährlich im August finden die „Niendorfer Hafentage“ statt, Anfang Dezember wird „Fischers Wiehnacht“ gefeiert. Zu Fischers Wiehnacht kommen viele bekannte Gaffelsegler wie die „Krik Vig“ und die „Norden“.
Besonderheiten
- Der Hemmelsdorfer See sollte Napoleon I. als Kriegshafen dienen (siehe Lübecker Franzosenzeit). Er wurde umfangreich vermessen, die Pläne sind noch erhalten. Im Dritten Reich sollte der See als U-Boothafen dienen, auch als Flugboothafen. Vier im See versenkte Poller mit Stahlseil befinden sich im westlichen Teil des Flachsees (der nördliche Teil des Sees). Beide Pläne sind nicht ausgeführt worden. (Siehe Hauptartikel Hemmelsdorfer See)
- 2006 wurden die Fundamente von Panzersperren auf der Schleusenbrücke freigelegt.
- Vor dem Hafen gibt es eine kleine Bucht, die den Namen Schweinebucht trägt.
Probleme
Versandung
Die Beseitigung der immer wiederkehrenden Versandung im Bereich der Hafenausfahrt verschlang in den über 80 Jahren des Bestehens des Hafens immense Summen.
Die hohen Kosten für die Ausbaggerung der Fahrrinne war einer der Gründe für die Aufgabe des Schiffbaus auf der Evers-Werft.
Umbau des Hafengeländes
Im Zuge der Hochwassersicherung wurde der Niendorfer Hafen umgebaut und neu gestaltet. Dabei wurden zum Teil auch neue EU-Richtlinien umgesetzt, die auf viel Kritik stießen. So wichen die individuellen Fischverkaufsstände neueren aus Kunststoff. Des Weiteren plant die Gemeinde eine Umbauphase, in der einige ältere Gebäude umgestaltet werden. Damit wäre fast keine alte Bausubstanz mehr vorhanden.
An der Acht
Der Kurpark An der Acht ist der Rest der ehemaligen Aalbeckmündung. Im Dezember 2006 tagte ein nicht öffentlicher Ausschuss, der sich mit einer eventuellen Erweiterung des Hafengeländes am Westufer auseinandersetzte. So ist geplant, ein Hotel mit eigener Marina zu errichten. Widerstand durch den Ortsverband der Grünen hat sich schon formiert. Sollte die Anlage wie geplant entstehen, könnten einige Probleme, wie die Versandung und die zu geringe Hafengröße, damit kompensiert werden.[1]
Weblinks
- Offizielle Website der Gemeinde Timmendorfer Strand
- Offizielle Website des Fremdenverkehrsverein Ostseeheilbad Niendorf e.V.
- Zeitungsartikel zum Geplanten Hotel An der Acht
Quellen
53.99374444444410.810805555556Koordinaten: 53° 59′ 37,5″ N, 10° 48′ 38,9″ O
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