Nikolaus Graf von Ballestrem

Nikolaus Graf von Ballestrem

Nikolaus Graf von Ballestrem-Plawniowitz (* 29. November 1900 in Ober-Gläsersdorf; † 13. Februar 1945 in Dresden) war ein deutscher Adeliger, Industrieller und Politiker (Zentrum).

Inhaltsverzeichnis

Leben und Wirken

Ballestrem entstammte dem Hause Ballestrem, einer alten schlesischen Adelsfamilie. Er wurde 1900 als Sohn von Valentin Graf von Ballestrem (* 21. Dezember 1860; † 17. Mai 1920) und dessen Ehefrau Agnes Gräfin zu Stolberg-Stolberg (* 11. Mai 1874; † 26. März 1940) geboren. Sein Großvater war der Zentrumspolitiker und langjährige Präsident des Reichstags Graf Franz von Ballestrem.

Weimarer Republik (1918–1933)

Seit dem Tod seines Vaters 1920 galt Ballestrem als Erbe des Ballestrem’schen Familienvermögens als einer der reichsten Männer Deutschlands.[1] Als oberschlesischer Magnat war er Besitzer von Kohlengruben, Fabriken, Grundbesitz – insbesondere dem Stammsitz seiner Familie, dem Schloss Plawniowitz (1936 in Flössingen umbenannt) bei Gleiwitz – sowie der „Ballestrem’schen Güterdirektion“ in Gleiwitz. Außerdem war Ballestrem Eigentümer umfangreicher Aktienpakete.

Sein Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Göttingen schloss Ballestrem 1925 mit einer Promotion zum Thema Das Materielle Bergbauliche Grundabtretungsrecht Preussens in Seinen Grundzügen ab. Aus Ballestrems am 8. September 1927 in München geschlossenen Ehe mit Anna Gräfin von Walderdorff (* 19. Juli 1901; † 31. August 1965 in Landshut) gingen acht Kinder hervor, darunter der Geschäftsmann Valentin Graf von Ballestrem (* 1. November 1928; † 20. Januar 2006 Straubing), der Kapuzinermönch Pater Caspar (* 6. Januar 1930; † 9. Juni 2008 Ruhpolding) und Teresa Gräfin von Ballestrem (* 1936).

Als frommer Katholik war Ballestrem Mitglied der Deutschen Zentrumspartei, zwischen 1871 und 1933 das Sammelbecken des katholischen Zentrums im Deutschen Reich. Innerhalb der Partei unterhielt Ballestrem unter anderem enge Beziehungen zu Heinrich Brüning und Franz von Papen.[2] Ballestrems wichtigste Einflussquelle innerhalb der Partei, war die Parteizeitung Germania, an der er – unter anderem zusammen mit Papen – große Aktienanteile hielt und so ihre politische Haltung bedingt mitbeeinflussen konnte.[3]

NS-Zeit (1933–1945)

Auf die Entscheidung des Reichspräsidenten Paul von Hindenburg, Adolf Hitler am 30. Januar 1933 zum Reichskanzler einer rechten Koalitionsregierung zu ernennen, reagierte Ballestrem, der den Nationalsozialismus als überzeugter Katholik und Monarchist ablehnte, mit großer Sorge. Da auch sein Freund Papen – der maßgeblichen Anteil an der Entscheidung gehabt hatte, Hitler mit der Regierungsbildung zu beauftragen – der neuen Regierung als Hitlers Vizekanzler und preußischer Ministerpräsident angehörte, besaß Ballestrem in der Folge allerdings die Gelegenheit zur (wenn auch begrenzten) Einflussnahme auf die Regierung. Diese nutzte er, indem er im Februar 1933 den Plan entwickelte, die Nationalsozialisten „aus dem Apparat“ heraus „von innen“ zu bekämpfen. Zu diesem Zweck lancierte Ballestrem im Frühling/Frühsommer 1934 mehrere junge Männer, die seine Gesinnung teilten, in den Regierungsapparat, namentlich in die Umgebung Papens, der diese auf Wunsch seines Freundes als seine Mitarbeiter einstellte. Namentlich konnte Ballestrem Wilhelm Freiherr von Ketteler, Fritz Günther von Tschirschky, Friedrich-Carl von Savigny und Herbert von Bose als „subversive Elemente“ in die Regierung Hitler einschleusen. Von der Schlüsselstellung der Vizekanzlei sollten diese das Walten der Nationalsozialisten „beaufsichtigen“, Untaten verhindern (oder zumindest abmildern) und im gegebenen Augenblick die Staatsmacht gegen die Nationalsozialisten (d. h. den nationalsozialistischen Teil der Koalitionsregierung und die Partei) wenden. Als Hebel für das zuletztgenannte Ziel sollte der Oberbefehl des Reichspräsidenten von Hindenburg über die Reichswehr als der stärksten Macht im Staat dienen: Da Papen über überragenden Einfluss beim Reichspräsidenten verfügte – der seit 1932 beinahe ausnahmslos Papens Ratschlägen gefolgt war –, sollten die „Maulwürfe“ in der Vizekanzlei Papen systematisch einrahmen und fest für ihre antinazistische Pläne einspannen. Ihre Kontrolle über Papen sollten die Männer aus der Vizekanzlei schließlich einsetzen um Papen dazu zu forcieren, den Reichspräsidenten zum Einsatz der Reichswehr gegen die Nationalsozialisten einzusetzen.[4]

Die durch Ballestrems Idee und Mithilfe ins Leben gerufene „Vizekanzlei-Gruppe“ agierte vom Frühling 1933 bis zum Sommer 1934 in seinem Sinne, so konnte sie unter anderem die Gleichschaltung der Presse durch das Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda um einige Monate verzögern; Ballestrem selbst spielte nach dem Frühjahr 1933 für ihre Widerstands- und Sabotagetätigkeit jedoch keine nennenswerte Rolle mehr. Der ursprüngliche Plan Ballestrems konnte ebenfalls nicht verwirklicht werden: Die Gruppe wurde am 30. Juni 1934 von der SS zerschlagen, Bose wurde ermordet, Savigny und Tschirschky in wurden in Konzentrationslager eingewiesen.

Ungeachtet seiner Gegnerschaft zum Nationalsozialismus konnte Ballestrem in den nationalsozialistischen Jahren seinen Reichtum steigern, indem er zusätzliche Fabriken und Firmen erwarb.[5]

Anfang 1945 musste Ballestrem sein Schloss Plawniowitz bei Gleiwitz verlassen um vor der heranrückenden Roten Armee zu fliehen. Einen Monat später starb er während des Luftangriffs auf Dresden.[6]

Schriften

  • Das Materielle Bergbauliche Grundabtretungsrecht Preussens in Seinen Grundzügen, Berlin, 1925.

Einzelnachweise

  1. Erich Matthias/Rudolf Morsey: Das Ende der Parteien, 1933, 1960, S. 327.
  2. Franz von Papen: Der Wahrheit eine Gasse, 1952, S. 285.
  3. Werner Imig: Streik bei Mansfeld 1930. Der Streik der Mansfeldarbeiter im Jahre 1930, 1958, S. 36.
  4. Fritz Günther von Tschirschky: Erinnerungen eines Hochverräters, 1972, S. 95.
  5. Library of Congress Legislative Reference Service: Facism in Action. A Documented Study and Analysis of Fascism in Europe, 1947, S. 88.
  6. Klaus Ullmann: Schlesien-Lexikon. Für Alle, die Schlesien Lieben, 1982, S. 30.

Weblinks


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