- Nogaier
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Die Nogaier (nogaisch Hогъай, Ногъайлар Noġaj, Noġajlar) sind eine turksprachige Ethnie des Kaukasusgebietes. Sie sind ein westtürkisches Volk der kiptschakischen Untergruppe.
Inhaltsverzeichnis
Alternative Bezeichnungen
Für die Volksgruppe der Nogaier ist im deutschen auch „Noghaier“ gebräuchlich. Frühere Bezeichnungen sind auch „Karatataren“ bzw. „Schwarz-Tataren“,[1] „Nogai-Tataren“, „Berg-Tataren“ oder einfach nur „Tataren“. Im Türkischen ist die Bezeichnung „Nogay Türkleri“ (nogaische Türken) gebräuchlich.
Namensherkunft und Ethnogenese
Der Volksname „Nogaier“ leitet sich von einem Nachfahren Dschingis Khans ab. Nogai Khan spaltete sich 1260 mit verschiedenen tatarischen Regionalstämmen von der Goldenen Horde ab und errichtete ab 1280 ein autonomes Khanat. „Nogai“ stammt vom mongolischen Wort Нохой Nochoj (Hund) ab und war unter Umständen damit auch eine mögliche turksprachige Bezeichnung für „Zigeuner“ bzw. für „Nomade“.
Die Nogaier gelten heute allgemein als Nachfahren von Mongolen und kiptschakischen Völkern. Ihnen schlossen sich zahlreich andere Ethnien an, die von den späteren Nogaiern assimiliert wurden.
Religion
Der Religion nach sind die Nogaier überwiegend sunnitische Muslime, daneben existiert mit dem Clan der Karaagatsch eine kleine schiitische Minderheit.[2]
Siedlungsraum
Russland und Europa
Die Nogaier leben heute vor allem im südlichen Russland. Ihr russisches Hauptsiedlungsgebiet bildet der Nordkaukasus.
Das Gros der russischen Nogaier lebt hauptsächlich in den Steppengebieten des nördlichen Kaukasus. Ihr Siedlungsgebiet in Dagestan wird nach ihnen auch als „Nogaier-Steppe“ bezeichnet. Wichtigste Flüsse der nogaischen Steppenbewohner sind der obere Kuban und vor allem der Terek und die untere Wolga nahe Astrachans. Dort leben heute rund 90.000 Nogaier. Dort sind diese noch immer einem hohen Assimilierungsdruck von Seiten der bevölkerungsreicheren Nachbarvölker ausgesetzt.
Nogaische Minderheiten sind auch außerhalb Russlands anzutreffen. So zum Beispiel in der Ukraine, wo rund 200.000 Nogaier in den Gebieten Budschak, Jedisan und Taurien leben. Aber auch in der Dobrudscha leben noch einige tausend rumänische Nogaier, die dort offiziell als „Tataren“ summiert werden. In Rumänien siedeln die Nogaier hauptsächlich in den Regionen rund um die Ortschaften Kogolniceau, Kocali, Vala Dacilor und Kubadin. Nogaische Minderheiten leben darüber hinaus in Litauen, Polen und Bulgarien. Eine ungewisse Anzahl von Nogaier lebt auch in Westeuropa als ethnische Minderheit. Doch dort werden sie von den jeweiligen Ländern nicht nach ihrer Nationalität, sondern nach der Staatsangehörigkeit erfasst. So sind die meisten von ihnen dann auch amtlich als „Russen“ summiert worden.
Türkei
In der Türkei lebt mit etwas über 1 Million Nogaiern der größte Teil dieser Volksgruppe. Deren Siedlungsgebiet verteilt sich dort auf die Provinzen Ceyhan/Adana, Eskisehir und Ankara. Ferner auch Tokat, Konya und Istanbul. Die türkischen Nogaier, dort seit 1965 generell dem türkischen Staatsvolk zugerechnet, versuchen in der Türkei auch weiterhin ihre eigene Sprache sowie auch die alten Traditionen wie etwa die nogaische Küche zu bewahren.
Untergruppen
In den verschiedene Siedlungsräumen bildeten sich im Laufe der Geschichte fünf Untergruppen aus:
- die Kuban-Nogaier nördlich des Asowschen Meeres
- die Kara-Nogaier in Dagestan
- die Bujak (oder Bicak), die ursprünglich zwischen Donau und Dnjestr beheimatet waren
- Jedsan (oder Cedsan), ursprünglich zwischen Dnjestr und Bug (das Gebiet hieß daher auch Jedisan)
- Jamboyluk, ursprünglich zwischen Bug und Krim
- Jedischkul, ursprünglich nördlich der Krim
Die Nogaier wurden mitunter auch nur in drei Territorialgruppen eingeteilt:[3]
- Atschikulak-Nogaier (Zentral-Nogaier)
- Kara-Nogaier (Schwarz-Nogaier)
- Ak-Nogaier (Weiß-Nogaier)
Diese Unterteilung gilt heute aber überwiegend als veraltet und wird kaum noch verwendet.
Geschichte
Um 1260 spalteten sich die Vorfahren der heutigen Nogaier von der Goldenen Horde ab und gründeten um ca. 1280 das unabhängige Khanat der Nogaier-Horde. Damit waren sie zeitweise die Herrscher des pontischen Steppengebietes bis zur Dobrudscha. Später waren sie Vasallen des mongolischen Khanats Astrachan, und nachdem dieses 1556 von Russland unterworfen wurde, schlossen sie sich dem Krim-Khanat an, für das sie den nördlichen Grenzschutz übernahmen. Die Nogaier besaßen lange eine nomadische Tradition und zogen ihren Viehherden zu den Weidegründen nach. Daneben betrieben sie aber auch vereinzelt den Anbau von Getreide. Nogaier trugen zur Ausbreitung des Islam in der Ukraine bei. Allerdings hatten die Nogaier der russischen Expansion in Richtung Schwarzes Meer und Kaukasus wenig entgegenzusetzen. Hatten die ständigen Raubzüge der Nogaier zunächst ein Vordringen slawischer Siedler verhindert, wurden nach dem Sieg Russlands über das Krim-Khanat und die Annexion der entsprechenden Gebiete im Jahre 1783 nach Süden verdrängt. Ihre Zeltsiedlungen wurden nun oft von Russen in Brand gesteckt, ihr Besitz konfisziert, sodass die meisten Nogaier im Gebiet der Tscherkessen am Fuß des Kaukasus Zuflucht suchten oder in das Osmanische Reich emigrierten. So siedelten vor allem Angehörige der Bujak und der Jedsan (insgesamt rund 7.000 Menschen) im Gebiet der Dobrudscha, von denen aber später viele weiter nach Anatolien zogen. Der größte Exodus fand allerdings um das Jahr 1859 statt, als etwa 50.000 der insgesamt 70.000 um Stawropol und am Kuban lebenden Nogaier das Zarenreich Richtung Osmanisches Reich verließen. Ihnen schlossen sich auch Nogaier an, die auf der Krim und in der Ukraine lebten. 1860 zogen auch rund 300.000 Krimtataren, mit denen die Nogaier ja traditionell verbündet waren, ins Osmanische Reich. Andere Nogaier zogen, gemeinsam mit Tscherkessen, direkt aus dem Kaukasus in die Türkei.
In der Sowjet-Zeit besaßen die Nogaier keinen Status als anerkannte Minderheiten-Nation oder ein entsprechend abgegrenztes Territorium, wie das bei anderen Kaukasus-Völkern der Fall war. Dadurch wurde die Ausbildung einer eigenen nationalen Identität erschwert.
Siehe auch
Einzelnachweise
- ↑ Der Neue Brockhaus, 3. Band L–R, Leipzig 1938, S. 388
- ↑ Der Neue Brockhaus, 3. Band L–R, Leipzig 1938, S. 388
- ↑ Heinz-Gerhard Zimpel: Lexikon der Weltbevölkerung, S. 386
Literatur
- Heinz-Gerhard Zimpel: Lexikon der Weltbevölkerung. Geografie – Kultur – Gesellschaft, Nikol Verlagsgesellschaft mbh & Co. KG Hamburg 2000, ISBN 3-933203-84-8
Weblinks
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