- Oberbadische Okkupation
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Der Begriff der „Oberbadischen Okkupation“ wird in der historischen Literatur für die Besetzung der oberen Markgrafschaft Baden-Baden durch Truppen des Markgrafen Ernst Friedrich von Baden-Durlach unter Wolf Dietrich von Gemmingen (1550–1595) verwendet, die am 21. November 1594 erfolgte.[1] Der Begriff umfasst auch die bis 1622 andauernde Besetzung und Verwaltung.
Inhaltsverzeichnis
Besetzte Gebiete
Unmittelbar wurden die Hauptorte Ettlingen, Baden-Baden, Kuppenheim, Stollhofen und Rastatt besetzt.[2] Die Herrschaft Gräfenstein sowie die Vordere und Hintere Grafschaft Sponheim wurden nicht besetzt; die Herrschaften Rodemachern, Useldingen und Hesperingen bildeten zu dieser Zeit die gesonderte Markgrafschaft Baden-Rodemachern und wurden von Philipp III., einem Bruder Eduard Fortunats regiert. Ein Versuch Ernst Friedrichs die Herrschaft Gräfenstein einzunehmen wurde abgewehrt.[3]
Den badischen Anteil an der Grafschaft Eberstein[4] hatte Eduard Fortunat im Frühjahr 1595 an Philipp III. von Eberstein verpfändet, wofür er über 20'000 Gulden zur Finanzierung seiner Söldner erhalten sollte.[5] Da die Verpfändung nach den Gesetzen des Gesamthauses Baden der Zustimmung durch die Brüder und Agnaten Eduard Fortunats bedurfte, forderte Ernst Friedrich den Ebersteiner zunächst auf den ungültigen Vertrag in Güte zu beenden. Nachdem dieser dem nicht nachkam, sandte Ernst Friedrich seine Truppen auch in die Grafschaft Eberstein und Philipp III. hielt seine Zahlung an Eduard Fortunat zurück.[6] Auch die Herrschaften Lahr und Mahlberg[7] wurden alsbald von Ernst Friedrich besetzt.[8]
Rechtsgrundlage
Ernst Friedrich stützte seine Intervention rechtlich auf die Pragmatische Sanktion des Markgrafen Christoph I. von Baden und den Schadloshaltungsvertrag von 1537 ab.[9]
Nach dem Hausgesetz von Markgraf Christoph bildete das gesamtbadische Gebiet trotz aller Teilungen weiterhin eine Einheit. Nach dem Tod Bernhard III. von Baden-Baden wurde zwischen den Vormündern seiner Kinder und seinem Bruder Ernst eine erweiterte vertragliche Bindung vereinbart. Sofern eine Linie des Hauses Baden bei der Abtragung gemeinsamer Schulden säumig war und die andere Linie dafür von Gläubigern in Anspruch genommen wurde, so erhielt die geschädigte Linie das Recht sich durch Besetzung des Landes der anderen Linie schadlos zu halten. Dieser Fall trat ein nachdem ein Gläubiger des Markgrafen Eduard Fortunat von Baden-Baden ausgebliebene Zinszahlungen auch bei den baden-durlachischen Städten Durlach und Pforzheim eintrieb.[10] Eduard Fortunat änderte trotz aller Anmahnungen seines durlachischen Vetters sein Verhalten nicht und lebte weiter über seine Verhältnisse.
Moralische Rechtfertigung
Die Bevölkerung der Markgrafschaft litt unter der drückenden Schuldenlast des Landes, die zu erhöhter Abgabenlast führte. Darüber hinaus bestand unter Eduard Fortunat eine erhebliche Rechtsunsicherheit, die in Justizmord und fürstlich organisiertem Straßenraub gipfelte.[11] Es ist wohl davon auszugehen, dass vor dem Hintergrund der religiösen Konflikte die protestantische Seite die Verfehlungen Eduard Fortunats überbetonte, aber auch die eigenen, katholischen Berater[12] bezeugen solche Verfehlungen und die Versuche Eduard Fortunats sich als Opfer einer protestantischen Intrige darzustellen, zielten nur darauf ab Beistand durch katholische Stände zu gewinnen. Seine religiöse Einstellung und sein Charakter wurden von allen Seiten stark kritisiert.
Politische Absicherung
Direkt nach der Besetzung sandte Ernst Friedrich eine Denkschrift an Kaiser Rudolf II. und eine Reihe evangelischer und katholischer Fürsten in denen er die juristische und moralische Begründung für seine Maßnahme darlegte und keinerlei religionspolitische Motive andeutete.[13]
Der Preis
Der Preis, den Ernst Friedrich für die Okkupation bezahlen musste, war recht hoch. Zur Besetzung und zur Abwehr der drohenden Rückerorberung durch Eduard Fortunat musste er Truppen anwerben. Deren Kosten und die Schuldenlast des Landes zwangen ihn dazu die Ämter Besigheim und Mundelsheim 1595 an Herzog Friedrich I. von Württemberg zu verkaufen und 1603 auch noch die Ämter Altensteig und Liebenzell gegen Malsch und Langensteinbach einzutauschen. Durch diese Verkäufe verlor Baden-Durlach reichen Waldbesitz und Schifffahrtsrechte.[14] Das Herzogtum Württemberg nahm damit immer mehr Positionen im ehemaligen badischen „Nordosten“ ein.
Geschichte
Markgraf Ernst Friedrich (1577-1604) besetzte im Jahr 1594 die obere Markgrafschaft Baden-Baden und vertrieb den dort regierenden Fürsten Eduard Fortunat. Dieser Akt, verschärfte die konfessionellen Gegensätze am Oberrhein und führte Baden-Durlach politisch noch näher an die calvinistisch geprägte Kurpfalz heran.
Auch Ernst Friedrichs Nachfolger, sein Bruder Georg Friedrich hielt das baden-badische Territorium weiterhin besetzt, in dem es jedoch auf Grund der politischen Großwetterlage nur ansatzweise zur Einführung des evangelischen Glaubens kam. Am 22. April 1622 dankte Markgraf Georg Friedrich zugunsten seines Sohnes, Friedrich V. ab, da seine gegen den Kaiser gerichteten militärischen Rüstungen nicht das Erbe Friedrichs gefährden sollten. Nach der Niederlage Georg Friedrichs in der Schlacht bei Wimpfen (6. Mai 1622) sprach Kaiser Ferdinand II. am 25. August 1622 die Markgrafschaft Baden-Baden dem ältesten Sohn Eduard Fortunats, Wilhelm zu. Im weiteren Verlauf des Dreißigjährigen Krieges (1618-1648) wurde die Markgrafschaft Baden-Baden nochmals und für kurze Zeit (1634/1635) von Baden-Durlach besetzt.
1627 und 1629 wurden zwischen Wilhelm und Friedrich Vereinbarungen über die Entschädigung für die Okkupation getroffen, die Friedrich jedoch später anfocht, da sie unter militärischem Druck der kaiserlichen Truppen erzwungen wurden. So beschäftigte der badische Sukzessionsstreit auch noch 1648 die Diplomaten die den Westfälischen Frieden aushandelten.
Friedrich wurde zwar wieder amnestiert und in seine 1618 bestehenden Rechte restituiert, die Markgrafschaft Baden-Baden blieb jedoch verloren, da die katholischen Stände und Frankreich sich sperrten und Schweden dieser Streitpunkt nicht wichtig genug war, weshalb Friedrich gedrängt wurde die Festlegungen so zu akzeptieren.[15]
Erst Erbvertrag von 1765 und Erbvereinigung von 1771 führten die beiden badischen Territorien unter Markgraf Karl Friedrich wieder zusammen.
Literatur
- Werner Baumann: Ernst Friedrich von Baden-Durlach. Die Bedeutung der Religion für Leben und Politik eines süddeutschen Fürsten im Zeitalter der Gegenreformation (= VKGLBW B 20), Stuttgart 1962, S.64ff
- Michael Buhlmann: Badische Geschichte. Mittelalter – Neuzeit (= VA 29), St. Georgen 2007, S.27ff
- Hansmartin Schwarzmaier: Baden. Dynastie – Land – Staat (= Urban Tb 607), Stuttgart 2005, S.128ff
- Markgraf Ernst Friedrich: Grundtlicher Warhaffter und Bestendiger Bericht: Was sich vor und nach Unlangst durch den Herrn Ernest Friderichen Maggraven zu Baden ... fürgenommen Occupation, deß Obertheils deß Fürstenthumbs der Marggraffeschafft Baden mit einzihung etlicher Marggraff Eduardi Fortunati Dienern ... verloffen u.s.w.,1595
- Johann David Köhler: Ein Haupt rarer Thaler des so berüchtigten Marggrafens zu Baaden in Baaden, EDUARD FORTUNATS, von A. 1590, in: Der Wöchentlichen Historischen Münz-Belustigung, 16. Theil, 16. Stück, 15. April 1744, S. 117-124
- Ferdinand III., Kristina von Schweden: ''Westfälischer Friede - Vertrag von Osnabrück (Instrumentum Pacis Osnabrugensis). Frankfurt am Main, Philipp Jacob Fischer 1649.
Abkürzungen
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- VA = Vertex Alemanniae
- VKGLBW B = Veröffentlichungen der Kommission für geschichtliche Landeskunde Baden-Württemberg, Reihe B: Forschungen
Weblinks
Einzelnachweise / Anmerkungen
- ↑ s. Baumann S. 78-80
- ↑ s. Baumann S. 79
- ↑ s. Baumann S. 89
- ↑ die Grafschaft Eberstein war ein Kondominium in dem die Grafen von Eberstein und die Markgrafen von Baden-Baden die Herrschaft gemeinsam ausübten
- ↑ s. Baumann S. 123
- ↑ s. G.H. Krieg von Hochfelden: Geschichte der Grafen von Eberstein in Schwaben, Karlsruhe 1836, S. 192
- ↑ die Herrschaften Lahr und Mahlberg waren Kondominien in denen die Grafen von Nassau-Saarbrücken und die Markgrafen von Baden-Baden die Herrschaft gemeinsam ausübten
- ↑ s. Ferd. Stein: Geschichte und Beschreibung der Stadt Lahr und ihrer Umgebungen, Lahr 1827, S. 55
- ↑ s. Baumann S. 64/65
- ↑ s. Baumann S. 64/65
- ↑ s. Baumann S. 76/77 spricht von einem "rechtsbrecherischen Regiment"
- ↑ Franziskus Bornius a Madrigal und Johannes Pistorius der Jüngere
- ↑ s. Baumann S. 80/81
- ↑ s. Josef Bader:Badische Landesgeschichte, Freiburg 1836, S. 478/479
- ↑ s. Köhler S. 123
Kategorie:- Badische Geschichte
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