- Oberlandesgericht Hamm
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Das Oberlandesgericht Hamm ist eines der drei Oberlandesgerichte des Landes Nordrhein-Westfalen und mit seinen 32 Zivilsenaten, 12 Familiensenaten, 5 Strafsenaten und derzeit (Stand: 2010) 851 Mitarbeitern – davon 202 Richter – das größte in Deutschland.[1]
Inhaltsverzeichnis
Gerichtssitz und -bezirk
Das Gericht hat seinen Sitz in Hamm. In dem rund 21.600 km² großen Gerichtsbezirk leben mehr als neun Millionen Menschen. Zum Bezirk gehören zehn Landgerichte und 78 Amtsgerichte in Westfalen; der Bezirk des Landgerichts Essen liegt teilweise im Rheinland. Hamm ist das einzige verbliebene Oberlandesgericht für Westfalen seit der Reichsjustizreform von 1877.
Über- und nachgeordnete Gerichte
Wie jedem deutschen Oberlandesgericht ist dem Oberlandesgericht Hamm der Bundesgerichtshof übergeordnet.
Nachgeordnet sind die Landgerichte Arnsberg, Bielefeld, Bochum, Detmold, Dortmund, Essen, Hagen, Münster, Paderborn und Siegen mit den diesen Gerichten jeweils nachgeordneten 78 Amtsgerichten. Dabei stellen die Amtsgerichte Dortmund und Essen eine Besonderheit dar, da sie als sogenannte Präsidialamtsgerichte aufgrund ihrer Größe organisationsrechtlich einem Landgericht gleichstehen und anstelle eines Direktors als Behördenleiter einen Präsidenten haben.
Zu den nachgeordneten Amtsgerichten gehört unter anderem das für die Oberlandesgerichtsbezirke Hamm und Düsseldorf zuständige zentrale Mahngericht, das Amtsgericht Hagen.
Nebenstellen
Nebenstellen des OLG Hamm sind das Validierungszentrum an der Marker Allee 72 und die Oberjustizkasse (Am Hülsenbusch).
Die Zweigstelle an der Römerstraße in Hamm-Bockum-Hövel wurde schon während der 1990er Jahre aufgelöst.
Geschichte
16. Jahrhundert
Das Hofgericht in Kleve war seit 1597 Appellationsgericht für das Herrschaftsgebiet der Herzöge von Jülich-Kleve-Berg. Aus diesem Gericht ging am 11. März 1817 das königlich-preußische Oberlandesgericht Kleve hervor, das zum 1. Juli 1820 als Oberlandesgericht nach Hamm verlegt wurde. Dessen erster Präsident war der seit 1792 an der Kriegs- und Domänenkammer in Hamm tätig gewesene Friedrich Wilhelm von Rappard († 1833). Zu seinen Nachfolgern im Präsidentenamt gehörten Wilhelm Johann Heinrich Lent (1792–1868)[2] und Ludwig Hartmann. In der Zeit von 1882 bis 1900 wirkte der vormalige preußische Kultusminister Adalbert Falk als Oberlandesgerichtspräsident in Hamm.
Zeit des Nationalsozialismus
Das Oberlandesgericht Hamm verurteilte hier unter anderem den sozialdemokratischen Widerstandskämpfer Friedrich Lohmeyer wegen Vorbereitung zum Hochverrat zu fünfeinhalb Jahren Zuchthaus.[3]
Nach dem Zweiten Weltkrieg
Präsident des Oberlandesgerichtes Hamm war von 1996 bis 2008 Gero Debusmann, der seit 2002 zugleich Mitglied des Verfassungsgerichtshofs für das Land Nordrhein-Westfalen war. Am 3. April 2009 wurde der bisherige Leiter der Zentralabteilung des nordrhein-westfälischen Justizministeriums, Ministerialdirigent Johannes Keders, zum Präsidenten des Oberlandesgerichts ernannt.[4]
Am 17. Dezember 2007 enthüllte die damalige Landesjustizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter eine Gedenktafel zur Erinnerung an Menschen, die während der Zeit des Nationalsozialismus Unrecht durch die Justiz erlitten hatten, und verwies in ihrer Rede auf die Rolle der Justiz während der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft. Als hervorstechendes Beispiel nannte sie die brutale Rechtsprechung der damaligen Sondergerichte, die eine Unzahl von Todesurteilen gefällt hatten. Die Psalmüberschrift der Gedenktafel „Denn zur Gerechtigkeit wird zurückkehren das Recht“ bringe zum Ausdruck, dass eine Rechtsordnung Gerechtigkeit zum Ziel haben müsse. Am 1. Juni 2011 drohte ein Mann das Oberlandesgericht Hamm, mit Hilfe von Gasflaschen und Benzin von seinem Auto aus, in die Luft zu sprengen. Dies wurde allerdings durch die Erstürmung des Vorplatzes durch ein Sondereinsatzkomando der Polizei unblutig verhindert. Die genaueren Umstände der Tat sind noch unbekannt. [5] [6]
Gebäude des OLG zu Hamm
Erste Unterkunft des OLG in Hamm war das alte Haus der Märkischen Kriegs- und Domänenkammer für die Grafschaft Mark, als deren Hauptstadt Hamm seit 1226 fungiert hatte. Das Gebäude, das ehemalige Stadthaus der Freiherren von Plettenberg zu Heeren (sog. Heeren'sches Haus), befand sich auf der Nordseite des Marktplatzes. Es konnte jedoch erst nach notdürftiger Instandsetzung für 1344 Taler, 11 Groschen und 6 Pfennige 1820 bezogen werden.
Schon bald reichte der Platz im Heeren’schen Haus nicht mehr aus, so dass unter Oberlandesgerichtspräsident Adalbert Falk zwischen 1890 und 1894 ein Neubau südlich der Hammer Altstadt und der Ahse errichtet wurde. Der Neubau gehört damit zu den ältesten staatlichen Gebäuden, die in der Hammer Südstadt errichtet wurden. Die Südstadt entwickelte sich in den folgenden vierzig Jahren zu einem geschlossenen administrativen Zentrum für die Stadt Hamm und die Region. Das alte Heeren'sche Haus wurde nach dem Auszug des OLG Hamm von der Postverwaltung verwendet und ging später im Stadthauskomplex auf.
Der Neubau des OLG wurde zwischen 1894 und 1957 genutzt. Am 1. Januar 1958 zog das OLG in einen durch das Anwachsen der Bedeutung und Aufgaben des OLG erforderlich gewordenenen Neubau an der Heßlerstraße um. Der repräsentative Altbau wurde in der Folge von der Stadt Hamm übernommen, die ihn bis heute als ihr Rathaus nutzt.
Das neue Gebäude an der Heßlerstraße wurde Anfang dieses Jahrhunderts aufwendig renoviert und ausgebaut. Dem OLG stehen dort insgesamt 35.000 m² Nutzfläche zur Verfügung.[7]
Liste der Oberlandesgerichtspräsidenten
- Friedrich Wilhelm Berthold von Rappard (1820–1830)
- Christian Julius Ludwig Steltzer (1830–1831)
- August Ferdinand von Scheibler (1831–1840)
- Johann Heinrich Lent (1841–1868)
- Ludwig Hartmann (1868–1882)
- Adalbert Falk (1882–1900)
- Anton Holtgreven (1900–1919)
- Hermann Reiff (1919–1924)
- P. Jockwer (1924–1932)
- Rudolf Schneider (1933–1942)
- Hans Semler (1943–1945)
- Ernst Hermsen (1945–1946)
- Joseph Wiefels (1946–1961)
- Heinrich Rempe (1961–1967)
- Franz Hense (1967– ?)
...
- Otto Tiebing
- Gero Debusmann (1996–2008)
- Johannes Keders (seit 2009)
Generalstaatsanwaltschaft Hamm
Die Generalstaatsanwaltschaft Hamm entstand in Folge der Empfehlungen einer großen Juristentagung am 14.Oktober 1848 in Hamm, die sich mit der Reform des damaligen Rechtswesens befasste, zunächst als Oberstaatsanwaltschaft. Ihre Empfehlung legte der Preußische König Friedrich Wilhelm IV. in den Artikeln 92 und 93 der neuen preußischen Verfassung vom 5. Dezember 1848 fest. Dazu gehörte die Einführung der Grundsätze von Öffentlichkeit und Mündlichkeit sowie der Geschworenengerichte. Im folgenden Jahr, am 2. Januar 1849, wurde die Organisation der Gerichtsbehörden neu geregelt. Eine zweite Verordnung vom 3. Januar 1849 gab neue Rechtsvorschriften für das Strafprozessverfahren und die Organisation und Tätigkeit der Staatsanwaltschaften. Mit dieser Verordnung wurde auch das Schwurgerichtswesen in Preußen eingeführt.
Bei jedem Appellationsgericht wurde deshalb ein Oberstaatsanwalt und bei den Kreis- oder Stadtgerichten jeweils ein Staatsanwalt eingesetzt. Am 1. April 1849 trat in Hamm der erste Oberstaatsanwalt Graßhof sein Amt an. Er versah es ebenso wie seine beiden Nachfolger allein. Erst 1879 verdoppelte sich die Stellenzahl auf zwei Staatsanwälte. Dies war die Folge der Zusammenlegung der vier westfälischen Appelationsgerichte Arnsberg, Hamm, Münster und Paderborn zum westfälischen Oberlandesgericht in Hamm. Schon 1892 wurde eine dritte Stelle eingerichtet, da sich auch das OLG Hamm in dieser Zeit vergrößerte. Mit dem steten Wachstum des OLG kamen weitere Staatsanwälte und ihnen beigeordnete Beamte hinzu.[8] Heute sind bei der Generalstaatsanwaltschaft Hamm dem amtierenden Generalstaatsanwalt 89 Mitarbeiter beschäftigt. Davon fünf Leitende Oberstaatsanwälte, 24 Oberstaatsanwälte und 13 Rechtspfleger. Im Bezirk der Generalstaatsanwaltschaft Hamm sind insgesamt bei den Staatsanwaltschaften etwa 2000 Mitarbeiter beschäftigt, davon ca. 420 Staatsanwälte und 145 Amtsanwälte. Die Generalstaatsanwaltschaft Hamm bearbeitet jährlich rund 9500 Verfahren. Im gesamten Bezirk werden jährlich ungefähr 560.000 Ermittlungsverfahren bearbeitet, von denen nur etwa 77.000 Fälle zur Klageerhebung gelangen. In rund 50.000 Fällen wird ein Strafbefehl beantragt.[9]
Leiter der Ober- und Generalstaatsanwaltschaft Hamm
- 1849–1857 Grasshoff
- 1858–1873 Rocholl
- 1873–1878 Hecker
- 1879–1902 Irgahn
- 1902–1905 Zaehle
- 1905–1909 Perterson
- 1909–1923 Schulze-Sölde
- 1923–1933 Hohmann
- 1933–1935 Freiherr von Steinaecker
- 1936–1943 Semler
- 1943–1945 Joel
- 1945–1957 Kesseböhmer
- 1958–1964 Ahmann
- 1964–1973 Heimeshoff
- 1974–1988 Dr. Geißel
- 1988–1999 Mosqua
- 1999–2000 Sent
- seit 2001 Proyer[10]
Beigeordnete Gerichtshöfe am OLG Hamm
Anwaltsgerichtshof des Landes Nordrhein-Westfalen
Der Anwaltsgerichtshof für NRW ist das beim OLG angesiedelte oberste Landesgericht für berufsrechtliche Fragen der Anwaltschaft.
Das Gericht besteht aus zwei Senaten mit insgesamt 13 anwaltlichen und 6 richterlichen Mitgliedern, deren Zuständigkeit nach Sachgebieten unterteilt ist. Der 1. Senat ist zuständig für Verfahren um die Zulassung, deren Widerruf oder die Rücknahme derselben, einschließlich der Fachanwaltsverfahren sowie aller nach dem Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit zu entscheidenden Verfahren. Ausgenommen all jener Verfahren die dem 2. Senat zufallen.
Der 2. Senat dient als Berufungsinstanz die Disziplinarsachen (z. B. Verletzungen der anwaltlichen Berufspflichten) und entscheidet als erste Instanz über Anträge auf gerichtliche Entscheidung gegen den Anwalt belastende Verwaltungsakte, für die in der Bundesrechtsanwaltsordnung keine besondere Anfechtungsregelung getroffen worden ist.[11]
Der Dienstgerichtshof der Richter bei dem OLG Hamm
Der Dienstgerichtshof für Richter beim Oberlandesgericht Hamm ist das oberste Landesgericht für disziplinarrechtliche und dienstrechtliche Fragen der Richterinnen und Richter in Nordrhein-Westfalen. Er ist Berufungsinstanz für Urteile des Dienstgerichtes und zuständig als erste Instanz in allen ihm vom Landesrichtergesetz zugewiesenen Fällen.[12]
Justizprüfungsamt Hamm
Das Justizprüfungsamt Hamm ist neben den beiden anderen nordrhein-westfälischen Justizprüfungsämtern in Düsseldorf und Köln für die Anmeldung und Durchführung der ersten juristischen Staatsprüfung zuständig.[13]
Siehe auch
Literatur
- Rechtspflege zwischen Rhein und Weser. Festschrift zum 150jährigen Bestehen des Oberlandesgerichts Hamm. Hrsg. vom Verein für Rechtsgeschichte im Gebiet des Oberlandesgerichts Hamm, Hamm 1970 DNB
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Website des OLG Hamm: Zahlen und Fakten (gesichtet 28. Januar 2010)
- ↑ Vgl. Nebeneintrag in Bruno Rimmelspacher: Lent, Friedrich. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 14, Duncker & Humblot, Berlin 1985, S. 218.
- ↑ Klaus Mlynek: Lohmeyer, Friedrich, in: Stadtlexikon Hannover, S. 415f.
- ↑ Pressemitteilung des Justizministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen vom 3. April 2009
- ↑ Zugriff am 1. Juni 2011, 20.00 Uhr
- ↑ Pressemitteilung des Justizministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen vom 17. Dezember 2007.
- ↑ Westfalenspiegel, Februar 1976, S. 26 f.
- ↑ http://www.gsta-hamm.nrw.de/wir_ueber_uns/historie/index.php Wir über uns, Historie der Generalstaatsanwaltschaft Hamm
- ↑ http://www.gsta-hamm.nrw.de/wir_ueber_uns/zahlen_fakten/index.php#gsta_hamm Wir über uns, Zahlen und Fakten der Generalstaatsanwaltschaft Hamm
- ↑ http://www.gsta-hamm.nrw.de/wir_ueber_uns/historie/beh_leiter_gsta_hamm_gesamt/index.php Wir über uns, Ober- und Generalstaatsanwälte (Leiter) der Generalstaatsanwaltschaft Hamm
- ↑ http://www.olg-hamm.nrw.de/aufgaben/03_gerichtshoefe/anwaltsgericht/index.php Anwaltsgerichthof des Landes NRW
- ↑ http://www.olg-hamm.nrw.de/aufgaben/03_gerichtshoefe/dienstgericht/index.php Der Dienstgerichtshof der Richter bei dem OLG Hamm
- ↑ http://www.olg-hamm.nrw.de/aufgaben/05_justizpruefungsamt/index.php Jsutizprüfungsamt Hamm
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