Offizier des militärfachlichen Dienstes

Offizier des militärfachlichen Dienstes

Offizier des militärfachlichen Dienstes (OffzMilFD) ist die Bezeichnung für Angehörige einer Laufbahn der Bundeswehr. Diese Soldaten im Offizierdienstgrad haben zuvor meist als Unteroffiziere gedient und sich auf Grund ihrer Leistung für eine weitere Förderung qualifiziert. Umgangssprachlich spricht man auch von Fachdienstoffizieren. Diese oft verwendete Bezeichnung ist jedoch nicht korrekt, da es sich bei den "echten" Fachdienstoffizieren um Offiziere der drei Fachdienste der Bundeswehr handelt. Diese Fachdienste sind der Sanitätsdienst, der Militärgeographische Dienst und der Militärmusikdienst. Alle Offiziere der drei Fachdienste sind, unabhängig vom jeweiligen Dienstgrad, Fachdienstoffiziere. Auf die korrekte Bezeichnung muss geachtet werden, weil es auch in den drei Fachdiensten Offiziere des Militärfachlichen Dienstes gibt. (OffzMilFD in den Fachdiensten).

Offiziere des militärfachlichen Dienstes tragen, anders als in den Armeen anderer Staaten, kein sichtbares Unterscheidungsmerkmal gegenüber Offizieren des Truppendienstes (OffzTrD). Dienstgradabzeichen, Paspelierung sowie Insignien der Truppengattungszugehörigkeit sind demnach bei OffzMilFD und OffzTrD identisch.

In den Streitkräften anderer NATO-Staaten findet man den in der Funktion vergleichbaren Warrant Officer.

Auswahl & Ausbildung

Voraussetzungen für die Auswahl und die Zulassung zum Anwärter OffzMilFD sind das Bestehen eines Eignungs- und Verwendungsverfahrens und als Schulbildung mindestens die Mittlere Reife. In Einzelfällen kann fehlende Schulbildung an einer Bundeswehrfachschule nachgeholt werden. Bei Eignung durchläuft der Offizieranwärter eine dreijährige Ausbildung zum Offizier und wird anschließend mit der Beförderung zum Leutnant oder Leutnant zur See gleichzeitig zum Berufssoldaten übernommen.

Eine Besonderheit stellt die Laufbahn der OffzMilFD im fliegerischen Dienst dar. Um auch Bewerbern ohne Abitur oder mittlerer Reife & abgeschlossener Berufsausbildung eine Ausbildung zum Transportflugzeugführer und Hubschrauberführer zu ermöglichen, werden Bewerber mit mittlerer Reife bei Vorliegen der entsprechenden Eignung in eine Feldwebel- und Pilotenausbildung gesteuert. Mit erfolgreicher Beendigung der Pilotenausbildung erfolgt die Übernahme zum OffzMilFD und, damit einhergehend, zum Berufssoldaten.

Der höchste zu erreichende Dienstgrad für einen OffzMilFD ist im Heer und der Luftwaffe der Dienstgrad Stabshauptmann und in der Marine der Dienstgrad Stabskapitänleutnant. Da jedoch die Dienstposten für diese Besoldungsgruppe rar gesät sind, verbleibt die überwiegende Mehrheit der OffzMilFD bis zur Pensionierung respektive Übernahme zum Offizier des Truppendienstes im Dienstgrad Hauptmann (Marine: Kapitänleutnant). Die Übernahme zum Offizier des Truppendienstes wird jedes Jahr einzelnen, besonders leistungsstarken OffzMilFD auf eigenen Antrag hin ermöglicht.

Die Einrichtung der Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes war innerhalb der Bundeswehr nicht unumstritten, da ein Auseinanderdriften des Offizierkorps befürchtet wurde. Trotzdem genießen die OffzMilFD in der Truppe oft großes Ansehen, da sie sich aus der Unteroffizierlaufbahn hochgearbeitet haben und über mehr Erfahrung und Fachkenntnisse auf ihrem Teilgebiet verfügen als junge Truppenoffiziere.

Historische Entwicklung der Laufbahn

Die Laufbahn der Offiziere des Militärfachlichen Dienstes wurde am 28. August 1968 von der Bundesregierung beschlossen. Ziel war es, qualifizierten Unteroffizieren mit Portepee einen Aufstieg in Spezialistenfunktionen zu ermöglichen.

Ab 1969 bekamen alle vorhandenen Stabs- und Oberstabsfeldwebel (alter Art, BesGr. A 9 und A 10) das Angebot in die Laufbahn der OffzMilFD übernommen zu werden. Die fachliche Stabsfeldwebelausbildung wurde zusammen mit der Erfahrung im fachlichen Einsatz als fachliche Qualifikation für die Laufbahn der OffzMilFD anerkannt, so dass noch die verkürzte militärische Offiziersausbildung mit einer Dauer von zwei bis drei Wochen durchlaufen werden musste. Nach Beendigung der militärischen Offiziersausbildung wurden die Lehrgangsteilnehmer am letzten Tag an der Offizierschule befördert, so dass Stabsfeldwebel als Leutnante und Oberstabsfeldwebel als Oberleutnante zur Truppe zurück kamen, auch wenn sie nicht die Mittlere Reife hatten. Bereits für die Beförderung zum Stabsfeldwebel war eine sogenannte Bildungsprüfung (Stufe für StFw) in der Truppe bzw. Einheit vor einem Offizier abgelegt worden, die nun als allgemeine Bildungsvoraussetzung für die Zulassung zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes als erste Übergangsregelung anerkannt wurde.

Ziel der Personalführung war auch der allmähliche Auslauf der Dienstgrade Stabs – und Oberstabsfeldwebel. Es gab seltene Einzelfälle, in welchen der Oberstabsfeldwebel, ein damals seltener Dienstgrad, die Übernahme in die Laufbahn der OffzMilFD ablehnte und es vorzog, den höchsten Dienstgrad der Unteroffiziere mit Portepee zu behalten. Ein geflügeltes Wort jener Zeit, welches die hier gebotene Sprachebene verlässt, lautete: „Lieber der Kopf der Ärsche als der Arsch der Köpfe.“ Kommandeure sollen auf diese „Verweigerer“ einwirken, um die „Laufbahnbereinigung“ erreichen zu können. Nach Einführung der Laufbahn der OffzMilFD wurden Beförderung zu den bisherigen Spitzendienstgraden StFw/OStFw nicht mehr durchgeführt. Später wurden diese beiden Dienstgrade wieder eingeführt. Dem Oberstabsfeldwebel wurde jedoch nicht wie früher die Besoldungsgruppe A10, sondern die BesGr. A9 mit Amtszulage zugeordnet.

Dieser für die ersten Anwärter vergleichsweise mühelose Weg, Offizier zu werden, wurde von den Truppendienstoffizieren (mit Abitur und ggf. mit Studium) mit Argwohn beobachtet. Da war z. B. auf Kommandeursebene von „substanziellen Mängeln“ bei den OffzMilFD die Rede. Zeitweise drohte eine Spaltung der Offizierskorps.

Die nächste Personengruppe, die man Anfang der 1970er Jahre für die Laufbahn der OffzMilFD gewinnen wollte, waren die Soldaten, die bereits Unteroffiziere mit Portepee waren (Feldwebel, Oberfeldwebel und Hauptfeldwebel). Diese Dienstgrade waren jedoch nicht zwingende Voraussetzung, sondern es konnten auch Stabsunteroffiziere (Dienstgradgruppe der Unteroffiziere ohne Portepee) den Antrag auf Übernahme in die Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Diensten stellen. Die Antragsteller mussten einen zweiwöchigen Auswahllehrgang an der Truppenschule der jeweiligen Teilstreitkraft bestehen (Beispiel: Unteroffizierschule der Luftwaffe in Iserlohn). Abweichend vom heutigen Verfahren wurde in diesem Auswahllehrgang ausschließlich nur die Eignung zum OffzMilFD festgestellt oder verneint. Andere Eignungen waren nicht Gegenstand der Eignungsprüfung. Das Bestehen dieses Auswahllehrgangs war ungewöhnlich schwierig. Bewährte, leistungsstarke Feldwebel fielen reihenweise durch. Dies brachte eine deutliche Unruhe in die Truppe und Kritik am Auswahlverfahren. Nur drei bis fünf Prozent bestanden ihn. Aufgrund von Gerichtsurteilen musste der Dienstherr alle Unterlagen aus den Personalakten entfernen, die im Zusammenhang mit den erfolglos versuchten Laufbahnwechseln standen.

Die Anzahl der Geeigneten war zu gering für die personelle Auffüllung der Laufbahn. Deshalb wurde eine vorbereitende Ausbildung für den Auswahllehrgang in der Truppe eingeführt. Soldaten, die den Auswahllehrgang nicht bestanden hatten, verzichteten in aller Regel auf die Wiederholung des Lehrgangs, obwohl dies möglich gewesen wäre. Auffällig war damals, dass Wiederholer überraschend gute Ergebnisse bzw. Noten erzielten. Dies führte zunächst zu einer Bevorzugung dieser Wiederholer bei den Zulassungen zur Laufbahn der OffzMilFD in der Reihenfolge der Lehrgangsergebnisse. Nach Beschwerden der Erstbesteher wurde von der Personalführung das faire Gleichgewicht wieder hergestellt. Die Unteroffiziere, die den Auswahllehrgang bestanden hatten, konnten auf Staatskosten nachträglich die Mittlere Reife als Mindestbildungsvoraussetzung für die Zulassung zur Laufbahn der OffzMilFD an einer Bundeswehrfachschule erwerben. Dieser Bildungsabschluss musste in drei Halbjahren geschafft werden. An der Bundeswehrfachschule konnte man vor Beginn der Ausbildung einen Eignungstest beantragen, der bei Bestehen die Ausbildungszeit für das Erreichen der Mittleren Reife auf ein Jahr verkürzte. Auf diesen Eignungstest konnte man sich per Fernkurs der Schule zu Hause vorbereiten.

Am Tag der Zulassung zur Laufbahn der OffzMilFD wurden die Feldwebel (A 7) zu Fähnrichen (A 7), die Oberfeldwebel (A 8) und die Hauptfeldwebel (A 8 m. A.) zu Oberfähnrichen (A 8 m. A.) ernannt bzw. befördert. Dabei kam es wegen des Alters der Betroffenen zu einer seltenen Kuriosität: Während die neu beförderten Oberfähnriche nun eine Offiziersuniform tragen durften, traf dies auf einen Hauptfeldwebel nicht zu. Aufgrund seiner höheren Besoldungsgruppe (A 9) konnte er nicht zum Oberfähnrich befördert werden, sondern wurde stattdessen zum Hauptfeldwebel OA ernannt. Es blieb bei ihm also zunächst bei der Uniform der Unteroffiziere. Saß dieser Hauptfeldwebel ohne Jacke im Diensthemd im Offizierskasino, so war seine OA-Eigenschaft nicht erkennbar, so dass er gelegentlich aufgefordert wurde, das Offizierskasino zu verlassen.

Siehe auch


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