Oskar Baum

Oskar Baum

Oskar Baum (* 21. Juni 1883 in Pilsen; † 20. März 1941 in Prag) war ein deutscher Schriftsteller böhmischer Herkunft.

Baum war der Sohn eines jüdischen Tuchwarenhändlers und litt von Geburt an unter Sehproblemen. Mit acht Jahren verlor er die Sehkraft eines Auges und als Elfjähriger bei einer Rauferei sein Sehvermögen komplett. Da er deshalb nicht mehr am normalen Unterricht in Gymnasium teilnehmen konnte, wurde er nach Wien an das Israelitische Blindeninstitut Hohe Warte geschickt. Dort machte er eine Ausbildung zum Musikreferenten und erlernte dabei das Orgel- und Klavierspielen. 1902 legte er die Lehramtsprüfung ab und kehrte nach Prag zurück. Seinen Lebensunterhalt verdiente sich Baum als Organist und Kantor einer Synagoge; später wurde er Klavierlehrer.

1904 machte Max Brod Baum mit Franz Kafka und Felix Weltsch bekannt. Die drei freundeten sich an und nach Baums Heirat mit Margarete Schnabel wurde die Wohnung des Ehepaars zum Treffpunkt des Prager Kreises. Hier lasen sich die Freunde gegenseitig eigene literarische Texte vor, aber man begeisterte sich auch an fremden Texten und der Hausmusik. In dieser Zeit begann auch ein reger Briefwechsel zwischen Kafka und Baum.

1908 konnte Baum mit seinem Roman „Uferdasein“ debütieren, der autobiographisch angelegt ist und ihn – quasi über Nacht – berühmt machte. Ab 1922 gewann ihn der Schriftsteller und Politiker Tomáš Garrigue Masaryk zur Mitarbeit für seine Tageszeitung Prager Presse. Ein Schwerpunkt in Baums journalistischer Arbeit waren Musik- und Theaterkritiken; aber auch Essays und Glossen zu sozialen Themen wurden von ihm verfasst. Nach und nach interessierten sich auch andere Zeitungen und Zeitschriften für die Arbeiten Baums; u. a. sind hier Die Weltbühne (von Siegfried Jacobsohn), Die Aktion (von Franz Pfemfert) oder Der Sturm (von Herwarth Walden) zu nennen.

1929 konnte Baum seine Erzählung „Nacht ist umher“ veröffentlichen, zu der Stefan Zweig ein Nachwort verfasst hatte. 1934 übernahm Baum den Vorsitz des „Schutzverbandes deutscher Schriftsteller“ in der Tschechoslowakei und hatte dieses Amt bis 1938 inne. Kurz vor der Okkupation durch die Nationalsozialisten wurde er von diesem Amt samt seiner journalistischen Tätigkeit entbunden.

Eine Ausreise nach Palästina scheiterte an der Bürokratie. Ende Februar 1941 unterzog sich Baum einer Darmoperation im Jüdischen Krankenhaus, deren Folgen er später erlag. Seine Frau wurde kurz danach ins KZ Theresienstadt deportiert und kam dort ums Leben. Der einzige Sohn des Paares, Leo Baum (1909–1946), kam am 22. Juli 1946 beim jüdischen Anschlag auf das King David Hotel in Jerusalem ums Leben.

Werke

  • Uferdasein. Abenteuer und Erzählungen aus dem Blindenleben von heute 1908
  • Das Leben im Dunkeln 1909 (autobiographisch)
  • Die böse Unschuld : ein jüdischer Kleinstadtroman 1913
  • Die verwandelte Welt 1919
  • Die Tür ins Unmögliche 1919 (Roman)
  • Das Wunder : Drama in drei Aufzügen 1920
  • Neue Wirklichkeit 1921
  • Nacht ist umher 1929
  • Der Weg des blinden Bruno in: Neue deutsche Erzähler Bd. 1 (Max Brod u.a.) Paul Franke, Berlin o.J (1930)
  • Die Schrift, die nicht log 1931
  • Zwei Deutsche, La Bibliothèque, Antwerpen 1934
  • Das Volk des harten Schlafs Löwit, Wien, 1937
  • Erzählungen aus dem Blindenleben

Literatur

  • Wilhelm Sternfeld, Eva Tiedemann: Deutsche Exilliteratur 1933–1945. Eine Bio-Bibliographie. Vorw. von Hanns Wilhelm Eppelsheimer, Schneider, Heidelberg/Darmstadt, 1962
  • Sabine Dominik. Oskar Baum – Ein Schriftsteller des Prager Kreises. Diss. Univ. Würzburg, 1988

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