Otto Ulitz

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Otto Ulitz (* 28. September 1885 in Kempten; † 28. Oktober 1972 in Borgholzhausen) war ein deutscher Politiker. In der Zwischenkriegszeit war er als Präsident des Deutschen Volksbunds und als Abgeordneter im Schlesischen Parlament der führende Vertreter der deutschen Minderheit in Ostoberschlesien. In der Bundesrepublik war er langjähriger Sprecher der Landsmannschaft der Oberschlesier.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Otto Ulitz stammte aus Bayern. Der Sohn eines Bahnbeamte wuchs zusammen mit seinem Bruder Arnold im oberschlesischen Kattowitz auf.[1] Er war dort von 1902 bis 1920 Mitglied der Polizei. Ostoberschlesien wurde in Folge des Versailler Vertrags und der Aufstände in Oberschlesien an Polen abgetreten. Zusammen mit einem Sanitätsrat aus Beuthen war Ulitz für die Deutsche Demokratische Partei Mitglied im Deutschen Plebiszitausschuss zur Vorbereitung des Plebiszits am 20. März 1921.[2]

Nach der Abtretung Ostoberschlesiens an Polen wurde im November 1921 der Deutsche Volksbund für Polnisch-Schlesien (Volksbund) gegründet. Von der Gründung an bis 1939 war Ulitz Präsident des Volksbunds, der die Dachorganisation der deutschen kulturellen, karitativen und wirtschaftlichen Organisationen in Ostoberschlesien und bis zu 35.000 Mitglieder stark war. Von 1922 bis 1935 war Ulitz außerdem für die Deutsche Partei Abgeordneter der deutschen Minderheit im Schlesischen Parlament in dessen erster bis dritter Legislaturperiode. Er war damit der führende Vertreter der deutschen Minderheit in Ostoberschlesien.[3] 1927 wurde Ulitz von offizieller polnischer Seite der Beihilfe zur Fahnenflucht beschuldigt, er hätte Deutschen in Oberschlesien geholfen, der Wehrpflicht in der polnischen Armee auszuweichen. Durch seine Immunität als Abgeordneter konnte gegen Ulitz kein Verfahren eröffnet werden, jedoch wiederholte der polnische Außenminister Zaleski 1928 die Anschuldigungen vor der Kommission des Völkerbundes. Nachdem 1929 ein erneuter Antrag des oberschlesischen Wojwoden Michał Grażyński auf Aufhebung der Immunität von Ulitz vom Schlesischen Parlament abgelehnt worden war, löste Präsident Mościcki das Schlesische Parlament kurzerhand auf. Wenige Stunden später wurde Ulitz verhaftet und auf Basis gefälschter Dokumente zu fünf Monaten Gefängnis verurteilt.[4]

Ulitz soll an den Vorbereitungen für den fingierten Überfall auf den Sender Gleiwitz beteiligt gewesen sein, der als einer der Vorwände für den Angriff auf Polen diente.[1] Am 1. September 1939 marschierte die Wehrmacht in Polen ein und begann damit den Zweiten Weltkrieg. Nach dem Ende der Kampfhandlungen in Polen am 6. Oktober 1939 erhielt Otto Ulitz, obwohl nicht Mitglied der NSDAP,[1] am 18. Oktober 1939 das Goldene Parteiabzeichen der NSDAP „für Verdienste um das Deutschtum“.[5] Ostoberschlesien wurde wieder dem Deutschen Reich zugeschlagen und mit dem deutschen Teil Schlesiens zum Reichsgau Oberschlesien vereinigt. Die Hauptstadt des Reichsgaus war Kattowitz. Ulitz wurde zum Ministerialrat ernannt und hatte in der Gau-Regierung als Abteilungsleiter die Verantwortung für das Schulwesen, bevor er in das Innenministerium des Reichsgaus wechselte.[6]

Nach Kriegsende wurde Ulitz 1945 vom NKWD festgenommen und erst in Polen und dann in der SBZ/DDR inhaftiert. 1952 wurde er in die Bundesrepublik entlassen, wo er 1953 zum Sprecher der Landsmannschaft der Oberschlesier gewählt wurde und „dezidiert rechtskonservative Positionen“ vertrat.[1] 1956 wurde er vom nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Karl Arnold für das Bundesverdienstkreuz vorgeschlagen. Nach Bekanntwerden des Goldenen Parteiabzeichens der NSDAP wurde der Vorschlag zurückgezogen.[5] Ulitz verfasste 1957 den schmalen Band „Aus der Geschichte Oberschlesiens“, der 1962 und 1971 in zweiter und dritter, jeweils erweiterter Auflage erschien.[7] 1960 unterlag Ulitz in einer Kampfabstimmung gegen Hans Krüger um den Vorsitz des Bund der Vertriebenen.[8]

Unter Hinweis auf seine vorgebliche Beteiligung an der Planung des Überfalls auf den Sender Gleiwitz wurde Ulitz zusammen mit 1800 Wirtschaftsführern, Politikern und führenden Beamten der Bundesrepublik im durch die DDR zu Propagandazwecken herausgegebenen Braunbuch aufgelistet.[9]

Zwei Jahre nach Ulitz' Tod erschien 1974 im Oberschlesischen Heimatverlag eine Ulitz-Biographie.[10]

Literatur

  • Richard Blanke: Orphans of Versailles: the Germans in western Poland 1918–1939. University Press of Kentucky, Lexington (KY) 1993. ISBN 0-8131-1803-4.

Weblinks


Einzelnachweise

  1. a b c d Manfred Kittel: Vertreibung der Vertriebenen? Der historische deutsche Osten in der Erinnerungskultur der Bundesrepublik (1961-1982). Oldenbourg, München 2007, S. 17. ISBN 3-486-58087-6. (Erschienen in einer Schriftenreihe des Instituts für Zeitgeschichte, München.)
  2. Walter Gruenfeld: Rückblicke. Paperbackshop - Echo Library, 2006. ISBN 978-1406810158. (Memoiren im BoD-Verlag.)
  3. Richard Blanke: Orphans of Versailles: the Germans in western Poland 1918-1939. University Press of Kentucky, Lexington (KY) 1993, S. 57. ISBN 0-8131-1803-4.
  4. Richard Blanke: Orphans of Versailles: the Germans in western Poland 1918 - 1939. University Press of Kentucky, Lexington (KY) 1993, S. 16–17. ISBN 0-8131-1803-4.
  5. a b Otto Ulitz. In: Der Spiegel. Nr. 11, 1956, S. 48 (14. März 1956, online).
  6. Richard Blanke: Orphans of Versailles: the Germans in western Poland 1918-1939. University Press of Kentucky, Lexington (KY) 1993, S. 238. ISBN 0-8131-1803-4.
  7. Otto Ulitz: Aus der Geschichte Oberschlesiens. Bundesverband der Landsmannschaft der Oberschlesier e.V., Bonn 1957. Zweite, erweiterte Auflage 1962. Dritte, stark erweiterte Auflage 1971 unter dem Titel Oberschlesien - Aus seiner Geschichte.
  8. Manfred Kittel: Vertreibung der Vertriebenen?. Oldenbourg, München 2007, S. 16. ISBN 3-486-58087-6.
  9. Norbert Podewin (Hrsg.): „Braunbuch“. Kriegs- und Naziverbrecher in der Bundesrepublik und in Westberlin. Staat, Wirtschaft, Verwaltung, Armee, Justiz, Wissenschaft. Edition Ost, Berlin 2002. ISBN 3-360-01033-7 (Reprint der 3. Auflage von 1968). Eintrag zu Otto Ulitz.
  10. Gerhard Webersinn: Otto Ulitz - ein Leben für Oberschlesien. Oberschlesischer Heimatverlag, Augsburg 1974.
    Der Autor Gerhard Webersinn stammt selbst aus Schlesien und wandte sich nach seiner Pensionierung als Richter am Oberverwaltungsgericht von Nordrhein-Westfalen in Münster (1969) der schlesischen Geschichte zu. Er wurde mit dem Schlesierschild der Landsmannschaft Schlesien ausgezeichnet.

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