Politische Philosophie

Politische Philosophie
Der griechische Philosoph Platon, Begründer der politischen Philosophie

Die politische Philosophie ist eine Teildisziplin der Philosophie und des politikwissenschaftlichen Teilfaches Politische Theorie und Ideengeschichte. Als normative Disziplin befasst sie sich hauptsächlich mit der Kritik, der Sinngebung und der Wegweisung allen politischen Handelns. Ihren Ursprung hat sie in der Philosophie der griechischen Polis, insbesondere in den Schriften Platons und Aristoteles’.

Inhaltsverzeichnis

Gegenstand

Im Gegensatz zur Staatsphilosophie, deren Forschungsgegenstand vor allem neuzeitliche und moderne Staaten sind,[1] nimmt die Politische Philosophie das Politische in Gesellschaften schlechthin in den Fokus, indem sie auf eine ethisch reflektierte normative Kritik der sozialen und politischen Verhältnisse sowie auf ein anthropologisches Konzept aufbaut.[2] Dieser besonders enge Bezug der Politischen Philosophie zum politischen System und die Politik von Gesellschaften unterscheidet sie auch von der Sozialphilosophie.[2] Allgemein zeigt die Politische Philosophie die Einheit von Politik, Recht und Geschichte an.[3] Zum Aufgabenbereich der Politischen Philosophie zählen die Themen Gerechtigkeit, Menschenwürde, Freiheit, Herrschaft, Staat, Macht und Frieden.

Politische Philosophie ist deshalb ferner ein Gebiet der praktischen Philosophie, in dem normative Fragen untersucht werden. Dabei werden Gesichtspunkte der Moralphilosophie und der angewandten Ethik mit der politischen Theorie verbunden, wobei in der Regel eine Reflexion auf die politische Ideengeschichte erfolgt. Wie eingangs bereits angesprochen, besteht ihre Aufgabe daher in der Kritik, der Sinngebung und der Wegweisung des politischen, d.h. im weiteren Sinne, des menschlichen Handelns schlechthin.

Themenbereiche

Aufgrund ihrer Themen ist die politische Philosophie eng verknüpft mit der Sozialphilosophie und der Rechtsphilosophie. Sie unterscheidet sich insofern von der Politikwissenschaft und der Soziologie als sie kein empirisches Material erforscht, sondern von diesem ausgehend normative Fragestellungen bearbeitet. Erkenntnisse aus benachbarten Disziplinen fließen aber in die politische Philosophie ein.

Themen der politischen Philosophie sind u.a.:

  • Bestimmung des Begriffs des Politischen.
  • Bestimmung und Begründung zentraler politischer Prinzipien, wie Freiheit oder Gerechtigkeit.
  • Begründung und Begrenzung politischer Herrschaft.
  • Begründung politischer Ordnungsmodelle überhaupt (siehe Staatstheorie).
  • Begründung und Durchsetzung von Menschenrechten.
  • Begründung und Gewährleistung von Toleranz und Minderheitenschutz.
  • Fragen der sozialen Gerechtigkeit.
  • Beteiligung des Bürgers in Politik und Gesellschaft (siehe Deliberative Demokratie, Kommunitarismus).
  • Begründung und Schutz ethischer Prinzipien in der Gesellschaft.
  • Bestimmung und Begrenzung politischer Planung.
  • Verhältnisbestimmung von öffentlichem Handeln und persönlichem Glück.
  • Verhältnisbestimmung von Politik und Moral.
  • Verhältnisbestimmung von Politik und Gewalt.
  • Fragen der Rechtfertigung von politischer Ordnung.
  • Fragen der internationalen Beziehungen und der Friedenssicherung.

Ausgehend von diesen grundlegenden Fragestellungen nimmt die politische Philosophie in der Praxis Stellung zu konkreten politischen Themen wie etwa der Rolle des Nationalstaates in einer globalisierten Welt, der Frage der Anerkennung und Förderung von benachteiligten gesellschaftlichen Gruppen, den Phänomenen multikultureller Gesellschaften, der Rolle internationaler Organisationen wie der UNO oder der Europäischen Union, des Eingriffs des Staates in individuelle Freiheitsräume, der Rechtfertigung staatlicher Gewaltausübung, zum Beispiel bei der Bekämpfung des Terrorismus, oder Fragen der betrieblichen Mitbestimmung und des staatlichen Einflusses auf ökonomisches Handeln.

Im 20. Jahrhundert wurde die politische Philosophie von der phänomenologischen-hermeneutischen Schule und der logisch-empiristischen Tradition des Wiener Kreises kaum oder gar nicht beachtet. Erst mit Erscheinen des Werkes "A theory of justice" von John Rawls wurde der Blick wieder weg von den allein analytischen und nicht-normativen Fragen und hin zu einer allgemeinen politische Philosophie erweitert.

Siehe auch

Literatur

  • Klaus Adomeit: Rechts- und Staatsphilosophie Band 1: Antike. Heidelberg: R. v. Decker, 2. Aufl. 1992, ISBN 3-8252-1136-3 (UTB Wissenschaft 1136) (Vorsokratiker bis Augustin)
  • Eberhard Braun, Felix Heine, Uwe Opolka: Politische Philosophie - Ein Lesebuch, rowohlts enzyklopädie, 1984 (zuletzt 8. Auflage 2002), ISBN 3-499-55406-2, erweiterte Neuausgabe 2008, ISBN 978-3-499-55700-2
  • Manfred Brocker (Hg.): Geschichte des politischen Denkens. Ein Handbuch 53 Texte über Denker von den Anfängen bis heute. Suhrkamp, Frankfurt 2007, ISBN 3-518-29418-0
  • Andre Brodocz, Gary S. Schaal (Hg.): Politische Theorien der Gegenwart I und II, UTB (Budrich), 2. Aufl. Opladen 2006, Band I: ISBN 978-3-8252-2218-5, Band II: ISBN 978-3-8252-2219-2.
  • Cornelius Castoriadis Gesellschaft als imaginäre Institution. Entwurf einer politischen Philosophie Suhrkamp 2002, ISBN 3-518-28467-3
  • Klaus Hartmann: Politische Philosophie. Handbuch Philosophie. Verlag Karl Alber, Freiburg / München 1981. ISBN 3-495-47455-2
  • Norbert, Hoerster (Hg.): Klassische Texte der Staatsphilosophie dtv, München 1987 u.ö. (zuletzt 2004) 309 S. Alle Aufl. sind identisch. (dtv-wissenschaft, 4455), ISBN 3-423-04455-1 (Inhalt: Texte von Platon, Aristoteles, Cicero, Augustin, Thomas von Aquin, Machiavelli, Hobbes, Locke, David Hume, Montesquieu, Rousseau, Kant, Hegel, Karl Marx, Engels, John St. Mill, Dostojewski)
  • Christoph Horn: Einführung in die politische Philosophie Darmstadt 2003, ISBN 3-534-15466-5
  • Will Kymlicka: Politische Philosophie heute. Eine Einführung Campus, Frankfurt/Main - New York 1997, ISBN 3-593-35891-3
  • Bernd Ladwig: Moderne politische Theorie. Fünfzehn Vorlesungen zur Einführung Wochenschau-Verlag, Schwalbach i.T. 2009, ISBN 3-89974-454-3
  • Heinrich Meier: Warum Politische Philosophie? Stuttgart - Weimar, Metzler Verlag, 2000, 40 S. Chinesisch 2001. Amerikanisch 2002. Französisch 2006. Spanisch 2006. Japanisch 2009.
  • Stephen Salkever (Hg.): The Cambridge Companion to Ancient Greek Political Thought, Cambridge UP 2009, ISBN 978-0-521-68712-6.
  • Willi Oelmüller & Ruth Dölle-Oelmüller: Philosophische Arbeitsbücher 1. Diskurs: Politik Schöningh (von Plato bis Lübbe) ISBN 3-506-99225-2 (versch. Ausgaben verfügbar)
  • Henning Ottmann: Geschichte des Politischen Denkens. Von den Anfängen bei den Griechen bis auf unsere Zeit Band I ff., Stuttgart 2001 ff.
  • Rüdiger Voigt, Ulrich Weiß (Hrsg.): Handbuch Staatsdenker. Franz Steiner Verlag, Stuttgart: 2010. ISBN 978-3-515-09511-2
  • Georg Zenkert: Die Konstitution der Macht. Kompetenz, Ordnung und Integration in der politischen Verfassung Tübingen 2004

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Gerhard Müller (Hrsg.): Theologische Realenzyklopädie. Berlin / New York 2001, S. 48, ISBN 3-11-016712-3.
  2. a b Peter Prechtl / Frank-Peter Burkard: Metzler Philosophielexikon. Begriffe und Definitionen. Stuttgart / Weimar 1996, S. 403, ISBN 3-476-01257-3.
  3. Thomas Kater: Politik, Recht, Geschichte. Zur Einheit der politischen Philosophie Immanuel Kants. Würzburg 1999, S. 17, ISBN 3-8260-1674-2.

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