Poschiavo

Poschiavo
Poschiavo
Wappen von Poschiavo
Basisdaten
Staat: Schweiz
Kanton: Graubünden
Bezirk: Berninaw
Gemeindenummer: 3561i1f3f4
Postleitzahl: 7742 Poschiavo
7710 Ospizio Bernina
7710 Alp Grüm
7741 San Carlo
7745 Li Curt
7746 Le Prese
UN/LOCODE: CH OBA (Ospizio Bernina)
Koordinaten: (801041 / 134673)46.33333710.049991014Koordinaten: 46° 20′ 0″ N, 10° 3′ 0″ O; CH1903: (801041 / 134673)
Höhe: 1'014 m ü. M.
Fläche: 191.01 km²
Einwohner: 3521 (31. Dezember 2009)[1]
Website: www.poschiavo.ch
Die Palazzi im Januar von Süden

Die Palazzi im Januar von Süden

Karte
Lago Bianco Lago di Gera Lago di Poschiavo Italien Maloja (Bezirk) Brusio PoschiavoKarte von Poschiavo
Über dieses Bild
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Poschiavo (deutsch/rätoromanisch Puschlav) ist eine politische Gemeinde im südlichen Graubünden (Schweiz) und entspricht gebietsmässig dem gleichnamigen Kreis. Zusammen mit der Nachbargemeinde Brusio bildet Poschiavo die Talschaft Valposchiavo (deutsch: Puschlav) und den Bezirk Bernina.

Inhaltsverzeichnis

Wappen

Blasonierung: In Rot zwei gekreuzte, durch silberne Kette verbundene, silberne Schlüssel

Ob die vom Wappen wiedergegebene Namensbedeutung (redendes Wappen) korrekt ist, ist strittig.

Geographie

Poschiavo liegt rund 15 Kilometer südlich des Berninapasses, der das Engadin mit dem Veltlin verbindet. Das Gemeindegebiet umfasst das obere Puschlav samt Seitentälern und erstreckt sich von der Wasserscheide im Norden des Tales, welche unter anderem durch die Berninagruppe und die Forcola di Livigno gebildet wird, bis zum südlichen Ende des Lago di Poschiavo (deutsch: Puschlaversee) auf 962 m. Höchster Punkt des im Westen und Osten von Gebirgskämmen begrenzten Territoriums ist der mittlere Gipfel des Piz Palü mit 3'901 m.

Die Dauersiedlungen liegen zumeist an oder in der Nähe der Talstrasse und werden in drei Gruppen (squadri) eingeteilt:

  • Squadra del Borgo, bestehend aus dem Hauptort (borgo, Poschiavo im engeren Sinne) und dem Dorf Cologna;
  • Squadra di Aino, nördlich gelegen, bestehend aus dem Dorf San Carlo und den Weilern Somaino, Angeli Custodi, Percosta und Permunt;
  • Squadra di Basso, südlich gelegen, bestehend aus
    • Sant'Antonio mit Campiglione, Li Curt und La Rasiga,
    • Prada mit Annunziata,
    • Le Prese mit Cantone, Pagnoncini und einem Teil von Miralago.

Ausserdem umfasst das Gemeindegebiet eine Vielzahl von Maiensässen und Alpsiedlungen.

Die flächenmässig viertgrösste Gemeinde des Kantons ist eine der waldreichsten der Schweiz. Im Jahr 1997 wurden 19.8 % der Gemeindefläche landwirtschaftlich genutzt, der Wald nahm 32.1 % ein, die Siedlungen 1.8 %. Als unproduktiv galten 46.2 %.

Nachbargemeinden sind Pontresina und Brusio sowie die zur italienischen Provinz Sondrio gehörenden Gemeinden Livigno, Valdidentro, Grosio, Grosotto, Chiuro und Lanzada.

Geschichte

Blick auf Poschiavo

Die Bedeutung der im Tal gemachten Funde aus römischer Zeit konnte noch nicht abschliessend geklärt werden. Sicher ist die frühmittelalterliche Landnahme vom Veltlin her. Der Ort Postclave und dessen Taufkirche, wahrscheinlich die spätere Stiftskirche San Vittore, werden urkundlich im Jahr 824 erwähnt. Verstärkt wurde das Puschlav im 11. Jahrhundert besiedelt. Aus jener Zeit stammen die Kirchen San Pietro bei Poschiavo und San Romerio oberhalb des Puschlaversees.

Im 13. Jahrhundert erschien Poschiavo als Lehnsgut des Churer Bischofs. Nach wechselnden Obrigkeiten gelangte das Dorf 1350 unter mailändische Herrschaft, von der es sich 1406 gewaltsam befreien konnte. Die nun stets als Einheit auftretende Cumün (Talgemeinde, inklusive Brusio) suchte Schutz beim Bischof und trat am 29. September 1408 dem Gotteshausbund bei. Mit dem Auskauf der bischöflichen Rechte wurde 1494 die volle Unabhängigkeit als Hochgericht innerhalb des Gotteshausbundes erreicht.

Nach der 1547 eingeführten Reformation benutzten zunächst beide Konfessionen die Stiftskirche, bis sich die Protestanten, als Folge der Gegenreformation nunmehr eine Minderheit, eine eigene Kirche bauten. Obwohl das Tal politisch Chur unterstand, gehörten die Puschlaver Katholiken bis 1870 zum Bistum Como.

Im Jahre 1549 gründete Dolfin Landolfi die erste Druckerei Graubündens.

Nach der turbulenten Phase der Bündner Wirren im Dreissigjährigen Krieg nahm Poschiavo eine eher ruhige Entwicklung, die sich vor allem auf den Passverkehr und die Landwirtschaft stützte. Vom 17. bis 19. Jahrhundert wanderten viele Puschlaver aus, bevorzugt nach Spanien, Portugal und Frankreich, einige auch nach Amerika oder Australien, um dort Kaffeehäuser und Confiserien zu betreiben.

Die heutige Einteilung mit selbständigen Gemeinden Poschiavo und Brusio besteht seit 1851. Mit dem Bau von Berninabahn und Kraftwerken 1904–12 wurde das Tal aus seiner Abgeschiedenheit befreit. Die Bevölkerungszahl stabilisierte sich, und der Tourismus konnte sich als wichtiger Wirtschaftszweig entwickeln.

Im Sommer 1987 wurden grosse Teile des Ortes durch ein schweres Unwetter verwüstet. Die Schäden wurden in jahrelanger Arbeit wieder behoben.

Name

Der Name wird großenteils als post clavem, also „hinter dem Schlüssel“ gedeutet, wobei das Wort Schlüssel für Talenge steht. Daneben gibt es die Ansicht, der Name gehe auf post lacum, also „hinter dem See“ zurück. Von Tirano im Veltlin ist Poschiavo sowohl durch die Talenge von Brusio als auch den oberhalb davon liegenden Lago di Poschiavo getrennt.

Bevölkerung

Bevölkerungsentwicklung
Jahr Einwohner
1850 2888
1860 2741
1870 2890
1900 3102
1910 3676
1950 4034
1980 3294
2005 3487

Nach einer ersten grossen Auswandererwelle zwischen 1850 und 1860 wuchs die Bevölkerung bis 1950 ununterbrochen an (1850-1950: + 39,68 %). Besonders gross war der Zuwachs zwischen 1900 und 1910 - als die Berninabahn vollendet war. Eine zweite Abwanderungswelle zwischen 1950 und 1990 führte in die Industriezentren und Touristenorte (1950-1990: - 21,22 %). Seither wächst die Bevölkerungszahl wieder (1990-2005: + 9,72 %).

Sprachen

Umgangssprache ist der alpinlombardische Dialekt Pusc'ciavin. Er wurde im Jahr 1900 von 2992 (= 96,45 %) der Einwohnerschaft gesprochen. Heute hat sich der Anteil der Italienischsprachigen bei rund 90 % eingependelt, wie folgende Tabelle zeigt:

Sprachen in Poschiavo
Sprachen Volkszählung 1980 Volkszählung 1990 Volkszählung 2000
Anzahl Anteil Anzahl Anteil Anzahl Anteil
Deutsch 208 6,31 % 255 8,02 % 255 7,91 %
Rätoromanisch 24 0,73 % 22 0,69 % 14 0,43 %
Italienisch 3028 91,92 % 2858 89,93 % 2917 90,45 %
Einwohner 3294 100 % 3178 100 % 3225 100 %

Einzige Amtssprache der Gemeinde ist das Italienische.

Herkunft und Nationalität

Von den Ende 2005 3487 Bewohnern waren 3246 (= 93,09 %) Schweizer Staatsangehörige.

Wirtschaft

Als Standort von Sekundarschule, Gewerbeschule und Spital bildet Poschiavo den Mittelpunkt des Tales. Die wirtschaftliche Struktur ist durch eine Vielzahl kleinerer Handwerks-, Gewerbe- und Dienstleistungsbetriebe gekennzeichnet, die praktisch alle Bereiche des täglichen Lebens abdecken. An grösseren Arbeitgebern sind die Rhätische Bahn und die Rätia Energie zu nennen.

In der Landwirtschaft waren 276 Personen tätig, im produzierenden Gewerbe 471 und im Dienstleistungsbereich 1049 (Stand 2000–01).

Verkehr

Bahnhof von Poschiavo

Die Berninastrasse durchzieht das Gemeindegebiet auf seiner ganzen Länge. Etwa 2 km unterhalb des Passes zweigt die nur im Sommer befahrbare Strasse über die Forcola ins zollfreie italienische Gebiet Livigno ab.

Für die 1908 eröffnete Berninabahn bedeutet Poschiavo den wichtigsten Bahnhof südlich des Passes. Im Depot mit angegliederter Werkstätte werden die Gleichstrom-Triebfahrzeuge der Rhätischen Bahn gewartet. Der Stützpunkt des Bahndienstes mit Fahrleitungsdienst betreut die gesamte etwa 60 km lange Bahnlinie. Im Jahre 1962 wurde das Stationsgebäude neu erbaut, von 1969 bis 1972 das Depot erweitert. Der Bahnhof weist auch einen regen Güterverkehr auf. Unter anderem wird der örtliche Supermarkt einer grossen Detailhandelskette über die Schiene mit Waren versorgt. Auf Gemeindegebiet liegen auch die bekannten Stationen Ospizio Bernina und Alp Grüm, dazu insgesamt 6 weitere Stationen und Haltestellen.

Sehenswürdigkeiten

Kirche Sta. Maria Assunta
Beinhaus St. Anna

Der Borgo von Poschiavo weist ein geschlossenes, städtisch anmutendes Ortsbild mit steinplattengedeckten Häusern des 16. bis 19. Jahrhunderts auf. Nachdem ein Hochwasser am 18. Juli 1987 schwere Schäden im Dorfzentrum verursachte, wurden die Gebäude sorgfältig restauriert. Ortsbild von nationaler Bedeutung.

Um die zentrale Plazza da Cumün gruppieren sich

Nicht weit entfernt liegt die reformierte Kirche Santa Trinità von 1649. Der jenseits des Flusses Poschiavino gelegene Palazzo Mengotti wurde als Talmuseum eingerichtet. Am südlichen Dorfrand stehen die Palazzi. Noch weiter südlich, ehemals auf freiem Feld etwa 500 m ausserhalb des Dorfes, wurde 1692 bis 1711 die Kirche Santa Maria Assunta errichtet, die als eine der schönsten Barockkirchen in der Schweiz gilt.

Am oberen Dorfeingang der Fraktion San Carlo steht die gleichnamige, von 1613 bis 1624 errichtete Pfarrkirche. Die später angefügte Passionskapelle birgt Fresken eines unbekannten lombardischen Meisters aus der Mitte des 17. Jahrhunderts. Zusammen mit dem Pfarrhaus, unter dessen Torbogen die Berninastrasse hindurch führt, bildet die Kirche eine malerische Baugruppe.

Auch in den Siedlungen der Squadra di Basso findet man eine Reihe gut erhaltener Häuser des 17. und 18. Jahrhunderts, mit Wandmalereien, Fenstergittern und den typischen Steindächern. Besonders geschlossene Ortsbilder besitzen das Dorf Prada und der kleine Weiler Cantone.

Reizvolle Wanderungen führen zu den Maiensässen und Alpen. Das Maiensäss Selva besitzt kleine Kirchen beider Konfessionen auf zwei benachbarten Hügeln. Seit 1825 wandern am ersten schönen Maiensonntag die evangelischen Familien zu ihrer kleinen Kapelle auf Selva. Nach dem Gottesdienst wird in einem riesigen Kessel Polenta aus Buchweizenmehl zubereitet.

Beispiele unverfälschter Kleinsiedlungen sind La Dota, Pisciadel und Splüga.

Piazza Communale Poschiavo
Piazza Communale Poschiavo

Weblinks

 Commons: Poschiavo – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Statistik Schweiz – Bilanz der ständigen Wohnbevölkerung nach Kantonen, Bezirken und Gemeinden

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