- Prinz-Albrecht-Gelände
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Die Topographie des Terrors ist ein seit 1987 bestehendes Projekt in Berlin zur Dokumentation und Aufarbeitung des Terrors der Nationalsozialisten in Deutschland insbesondere während der Herrschaftszeit von 1933 bis 1945. Dazu gehört eine bislang provisorische Freiluft-Dauerausstellung auf dem Gelände der ehemaligen Prinz-Albrecht-Straße 8, heute Niederkirchnerstraße 8 im Ortsteil Kreuzberg. Dort befand sich das Hauptquartier der Geheimen Staatspolizei (Gestapo) in der ehemaligen Kunstgewerbeschule. In unmittelbarer Nachbarschaft lag das Prinz-Albrecht-Palais in der Wilhelmstraße 102, das seit 1934 zur Zentrale des Sicherheitsdiensts (SD) der SS und ab 1939 auch des Reichssicherheitshauptamts (RSHA) wurde.
Das vormalige Hotel Prinz Albrecht, Prinz-Albrecht-Straße 9, war ab 1934 der Sitz des Reichsführers-SS. Dieses Gebäude-Ensemble fasst man heute unter dem Begriff „Prinz-Albrecht-Gelände“ zusammen.[1] Die Dokumentationsstätte in der Niederkirchnerstraße 8 zählt zu den staatlichen Museen in Berlin. Das Gelände befindet sich in zentraler Lage zwischen Anhalter Bahnhof, Potsdamer Platz und der alten Stadtmitte (etwas nördlich folgt das Gebiet um das Brandenburger Tor).
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Nach dem Abriss der Ruinen wurde das „Prinz-Albrecht-Gelände“ unter anderem anderthalb Jahrzehnte als Autodrom und als Schutthalde der Kreuzberger Flächensanierung genutzt. Die erste Ausstellung zur Topographie des Terrors entstand zur 750-Jahrfeier Berlins im Jahr 1987 und wurde anschließend fortgeführt. Die Ermittlungsarbeit zur Ausrichtung der Ausstellung mündete in ein Dokumentationszentrum, das weitere Belege über den Terror der Nationalsozialisten in Deutschland sammelte.
Seit 1992 besteht eine Stiftung zum Bau und Unterhalt eines Dokumentationszentrums mit angegliederter Dauerausstellung. Geschäftsführender Direktor ist der Rabbiner Andreas Nachama. Beabsichtigt ist, das Gelände der ehemaligen Gestapo-Zentrale an der Niederkirchnerstraße 8, vormals Prinz-Albrecht-Straße 8, in Berlin-Mitte dafür zu nutzen. Pläne, auf dem Gelände des ehemaligen Sitzes der Gestapo eine Gedenkstätte zu errichten, reichen zurück bis ins Jahr 1980.
Zumthor-Entwurf
Die Ausschreibung im Jahre 1993 für den Museumskomplex an der Niederkirchnerstraße gewann der Schweizer Architekt Peter Zumthor mit einem aufsehenerregenden Entwurf. Der Wunsch der Ausschreibung nach einfacher Form, die nur den Platz umhüllt, der für sich sprechen solle, wurde von ihm dadurch gelöst, die Formensprache der Baracke der provisorischen Ausstellung zu übernehmen.[2] Das Konzept erinnerte mit seinem Betonbalken-Tragwerk an eine skelettierte Baracke, die jedoch durch die verglasten Lücken viel Licht einliesse, wobei regelmäßige Schatten sich durch den Raum zögen.
Im Verlaufe der Realisierung zeigte sich, dass das architektonische Kunstwerk deutlich teurer wurde als erwartet.[3] Schon das ungewöhnliche Tragwerk bewirkte technische Mehrkosten.[4] Die beauftragte Baufirma für das Tragwerk ging insolvent und es fand sich keine andere Firma, die es für einen gedeckelten Preis realisieren mochte.[5] Die Stadt Berlin konnte keine Mehrkosten tragen, auch nicht für eine reduzierte Version „Zumthor II“ mit drei bis fünf Millionen Euro mehr, und die volle Übernahme der Kostenträgerschaft durch den Bund wurde von diesem jahrelang hinausgezögert.[6]
Nach 15 Jahren trat im März 2004 der Historiker Reinhard Rürup als Wissenschaftlicher Direktor der Stiftung Topographie des Terrors aus Protest zurück. Unmittelbarer Anlass war, dass „die vom Bund vor einigen Jahren bewilligten Mittel für die Vorbereitung der Ersteinrichtung des Neubaus nicht mehr ausgezahlt werden.“ Er warf zudem den zuständigen Vertretern in den Behörden von Land und Bund ein „auffälliges Desinteresse“ und eine „bestenfalls lauwarme Unterstützung“ vor.[7]
Das Land Berlin trennte sich schließlich im Streit von Zumthor. Er erhielt allerdings aufgrund vertraglicher Vereinbarungen eine Abfindung.[8] Die drei bereits für 13,8 Mio. Euro errichteten Treppentürme des Museumsbaus auf dem ehemaligen Gestapo-Gelände blieben ein Torso. Nach einer abgewiesenen Verfassungsbeschwerde von Zumthor und trotz Protesten von Architekten [9] wurden diese im Winter 2004 wieder abgerissen.
Neuer Architektenwettbewerb 2005
Im Juni 2005 wurde ein neuer Architektenwettbewerb ausgelobt. Von 309 eingesandten und 23 ausgewählten Entwürfen gewannen im Januar 2006 schließlich die Architektin Ursula Wilms aus dem Berliner Büro Heinle, Wischer und Partner und der Landschaftsarchitekt Heinz W. Hallmann. Der Entwurf sieht ein eingeschossiges, quaderförmiges, verglastes Gebäude vor, das mit einer Nutzfläche von 3500 m² über ein Erd- und ein Untergeschoss verfügen soll. Für den Bau stehen 15 Mio. Euro zur Verfügung. Weitere fünf bis neun Millionen Euro sind sowohl für die Innenausstattung als auch für die Sanierung des Außengeländes vorgesehen und werden je zur Hälfte vom Bund und vom Land Berlin getragen.[10] Die Architektin veranschlagte maximal 20 Mio. Euro und eine Bauzeit von zwei Jahren.[11]
Während einerseits die Beendigung der bereits seit zwölf Jahren andauernden Vertagung der Bebauungsplanung begrüßt wurde, bedauerte man andererseits die „vertane Chance“ zu einem Gesamtkunstwerk.[12]
Am 2. November 2007 wurde mit dem Neubau des Dokumentationszentrums begonnen, die Fertigstellung ist für den 65. Jahrestag des Kriegsendes am 8. Mai 2010 geplant.
Literatur
- Reinhard Rürup (Hg.): Topographie des Terrors. Gestapo, SS und Reichssicherheitshauptamt auf dem „Prinz-Albrecht-Gelände“. Eine Dokumentation. Verlag Willmuth Arenhövel, Berlin 1987 (überarbeitete Neuauflage 2004). ISBN 3-922912-21-4.
Filme
- Schaltzentrale der Hölle. Was passiert mit der „Topographie des Terrors“ in Berlin? Dokumentation, Deutschland, 2004, 7:08 Min., ZDF-aspekte, 20. Juli 2004
- Dokumentationen des Terrors. Nachrichtensendung, Deutschland, 2007, 1:52 Min., Produktion: ZDF-heute, Erstsendung: 2. November 2007
Weblinks
- Stiftung der „Topographie des Terrors“ und Webcam
- Online-Darstellung der Freiluftausstellung mit Geschichte der Wiederentdeckung des Geländes
- Rabbiner Dr. Andreas Nachama, Vorsitzender der Stiftung Topographie des Terrors
- Abbildung des Siegerentwurfs, Süddeutsche Zeitung, 25. Januar 2006
- „Glückliches Ende eines Trauerspiels“, Spiegel Online, 2. November 2007
Einzelnachweise
- ↑ Karte des „Prinz-Albrecht-Geländes“
- ↑ Stefanie Endlich: „Japanische, strukturelle Heiterkeit“, Berliner Zeitung, 26. Mai 2004
- ↑ Ulrich Paul: „Schiefer ist viel teurer als Beton“, Berliner Zeitung, 22. Januar 2002, Lokales, S. 20
- ↑ Nikolaus Bernau: „Und wo war der Bauherr? Das Scheitern Zumthors ist Folge kollektiver Verantwortungslosigkeit“, Berliner Zeitung, 27. Mai 2004, Feuilleton, S. 30
- ↑ „Wertvolle Erinnerung – Das ewige Finanzdesaster der „Topographie des Terrors“ “, 3sat, Kulturzeit, 19. Juli 2002
- ↑ „Topographie ist Bundessache“, Freitag, Nr. 31, Berlin, 23. Juli 2004, von Gerhard Schoenberner (Gründungsrektor der Gedenkstätte Haus der Wannsee-Konferenz)
- ↑ „Skandal und letzte Hoffnung“, Tagesspiegel, 27. März 2004, Interview mit Rürup über seinen Rücktritt
- ↑ Marlies Emmerich: „Zumthor verlangt fast eine Million Euro“, Berliner Zeitung, 27. Mai 2004, Lokales, S. 19
- ↑ Katrin Schoelkopf: „Streit um Abriss der Zumthor-Treppentürme“, Die Welt, 25. August 2004
- ↑ Marlies Emmerich: „Topographie des Terrors: Erster Spatenstich im Herbst 2007“, Berliner Zeitung, 26. Januar 2006, Lokales, S. 19
- ↑ Christina Tilmann: „Auf Sand gesetzt“, Tagesspiegel, 9. März 2006
- ↑ chp: „Zeichen und Zweck“, Tagesspiegel, 26. Januar 2006
52.50694444444413.382777777778Koordinaten: 52° 30′ 25″ N, 13° 22′ 58″ O
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