Przybyszewski

Przybyszewski

Stanisław Przybyszewski (* 7. Mai 1868 in Łojewo, Kujawien; † 23. November 1927 in Jaronty, Kujawien) war ein polnischer Schriftsteller, der zu Beginn seiner Laufbahn auf Deutsch schrieb.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Stanisław Przybyszewski

Stanisław Przybyszewski wurde als Sohn des Dorfschullehrers Józef Przybyszewski und dessen Gattin Dorota, Tochter eines Organisten, geboren. Er besuchte zunächst das deutsche Gymnasium in Thorn (1881 bis 1884), wo er in Konflikte mit seinen Mitschülern geriet und einen schlechten Schulerfolg aufwies. Von der Schuldirektion erhielt er deshalb einen Verweis. Sein Vater schickte ihn danach auf das deutsche Gymnasium Wongrowitz (1884 bis 1889).

Nach dem Abitur begann er in Berlin zunächst Architektur zu studieren, wechselte aber bald zur Medizin. 1892 wurde er Redakteur der in Berlin erscheinenden polnischensprachigen sozialistischen Wochenzeitschrift Gazeta Robotnicza (dt. Arbeiterzeitung). 1893 wurde er wegen der Kontakte zur Arbeiterbewegung der Universität verwiesen. Im gleichen Jahr heiratete er die norwegische Schriftstellerin Dagny Juel und pendelte zwischen 1894 und 1898 zwischen Berlin und Norwegen.

Przybyszewski entwickelte ein großes Interesse für Satanismus sowie die Philosophie von Friedrich Nietzsche und begann ein Bohème-Leben. Zu seinen Freunden in dieser Zeit gehörten Edvard Munch, Richard Dehmel und August Strindberg, die sich in ihrer Berliner Stammkneipe Zum schwarzen Ferkel trafen. 1895 wurde er Mitbegründer der Zeitschrift Pan, veröffentlichte daneben aber auch in Karl Kraus' Fackel und in der Freien Bühne.

1898 zog er mit seiner Frau nach Krakau, wo er Herausgeber der Zeitschrift Życie (dt. Leben) wurde, in der er sich als Haupt des Jungen Polen profilieren konnte. Im Jahre 1900 musste die Zeitung wegen Zensur- und Finanzproblemen eingestellt werden. Zwischen 1901 und 1905 lebte Przybyszewski in Warschau und begann mit der Übersetzung seiner Werke ins Polnische. Nachdem seine Frau Dagny im Jahre 1901 ermordet wurde, lebte er mit Jadwiga Kasprowicz zusammen, die zuvor ihren Mann, den Schriftsteller Jan Kasprowicz, und ihre Töchter verlassen hatte. In dieser Zeit unternahm Przybyszewski viele Reisen nach Russland, wo er sich großer Popularität erfreute.

1905 zog er mit Jadwiga nach Thorn, wo er, alkoholkrank bis zum Ende seines Lebens, sich einer Entziehungskur unterzog. In diesem Jahr konnten die beiden auch heiraten, da die Scheidung mit Jan Kasprowicz amtlich wurde.

1906 zog das Ehepaar nach München. Das Leben in Deutschland war wegen Przybyszewskis geschwundener Bekanntheit finanziell nicht einträglich. Während des Ersten Weltkrieges sah er sich sogar genötigt, Agitationsschriften gegen Entgelt anzufertigen, doch setzte er sich zu dieser Zeit sehr für eine deutsch-polnische Verständigung ein. Als Vermittler zwischen der deutschen und den slawischen Literaturen gilt Przybyszewski gleichfalls in der Tschechoslowakei, wo er kurze Zeit wohnte und literarisch befruchtend wirkte, bevor er 1919 wieder nach Polen zurückkehrte.

Hier arbeitete er intensiv am Aufbau des neuen polnischen Staates mit. Er war zunächst als Beamter in Posen angestellt und übersetzte bei der Post deutsche Dokumente. 1920 tat er gleiches in Danzig, leitete die polnische Bibliothek und engagierte sich für das polnische Gymnasium in der überwiegend deutschen Stadt. 1924 zog er nach Warschau, wo er in der Zivilkanzlei des Präsidenten der Republik angestellt wurde. In Anerkennung seiner Mitwirkung am Aufbau des jungen Staates wurden ihm das Offizierskreuz und das Kommandeurskreuz des Ordens Polonia Restituta verliehen. 1927 kehrte er nach Kujawien, seiner Heimat, zurück.

Er starb 1927 auf dem Gut Jaronty in der Nähe von Inowrocław (Hohensalza) im Alter von 59 Jahren. Seine sterblichen Überreste wurden auf dem Friedhof in Góry beigesetzt.

Künstlerisches Schaffen

Przybyszewski schrieb zunächst in deutscher Sprache. Sein Berliner Werk hatte besonderen Einfluss auf Richard Dehmel, aber auch auf den damals in Berlin lebenden August Strindberg.

1899 veröffentlichte er in Życie das programmatische Manifest der sich neu formierenden naturalistisch-symbolistischen Kunstrichtung Junges Polen, den Confiteor. Es wurde zu einem der wichtigsten programmatischen Texte dieser Gruppe polnischer Literaten. Hinter dem L’art pour l’art stand die Überzeugung, nur die Kunst würde die wesentlichen Wahrheiten des Seins offenbaren und ins Absolute vordringen. In dieser Phase machte er auf den polnischen Schriftsteller Jan Kasprowicz aufmerksam.

Przybyszewski war ein fruchtbarer Schriftsteller, der neben Romanen und Dramen auch Essays veröffentlichte. Zu seinen heute noch bekanntesten Werken zählen Die Gnosis des Bösen (auch als Die Synagoge Satans erschienen) (1897), eine Frucht seiner Auseinandersetzung mit dem Satanismus, sowie sein Roman Der Schrei (pl. Krzyk 1917, dt. 1918). Angeregt war der Titel dieser späten Reminiszenz an Przybyszewskis Berliner Zeit durch Edvard Munchs berühmtes Bild Der Schrei (1903), das dieser Przybyszewski schenkte, nachdem er selbst durch dessen Totenmesse zu dem Werk angeregt worden ist.

Werke (in deutscher Sprache)

  • Zur Psychologie des Individuums, Berlin 1892
  • Totenmesse, Gedichtbände, Berlin 1892
  • Vigilien, Berlin 1895
  • De profundis, Berlin 1895
  • Homo sapiens, 3 Bde., Berlin 1896
  • Im Malstrom, Berlin 1896
  • Satanskinder, München 1897
  • Das große Glück, Berlin 1897
  • Epipsychidion, Berlin 1900
  • Androgyne, Berlin 1900
  • Totentanz der Liebe, Berlin 1902
  • Schnee, München 1903
  • Erdensöhne, Berlin 1905
  • Gelübde, München 1906
  • Von Polens Seele. Ein Versuch, Jena 1917
  • Der Schrei, München 1918
  • Ferne komm ich her... Erinnerungen an Berlin und Krakau, Leipzig/Weimar 1985
  • Gesammelte Werke. Werke, Aufzeichnungen, Briefe in 8 Bänden Igel, Paderborn 1990-1999

Literatur

  • Thomas Hoeps: Authentizitätsstreben und Vitalismuskult. Terrorismus als Existenzform. Stanisław Przybyszewskis "Satans Kinder". In: Ders.: Arbeit am Widerspruch. 'Terrorismus' in deutschen Romanen und Erzählungen (1837-1992)., Thelem bei w.e.b., Dresden 2001. (= Arbeiten zur neueren deutschen Literatur; 8) ISBN 3-933592-24-0
  • Klaus Günther Just: Marginalien. Probleme und Gestalten der Literatur. Francke, Bern u.a. 1976. ISBN 3-7720-1217-5
  • George Klim: Stanisław Przybyszewski. Leben, Werk und Weltanschauung im Rahmen der deutschen Literatur der Jahrhundertwende. Biographie. Igel-Verl., Paderborn 1992. (= Reihe Literatur- und Medienwissenschaft; 6; Kölner Arbeiten zur Jahrhundertwende; 2) ISBN 3-927104-10-8
  • Jörg Marx: Lebenspathos und "Seelenkunst" bei Stanisław Przybyszewski. Interpretation des Gesamtwerkes unter besonderer Berücksichtigung der weltanschaulichen und kunsttheoretischen Positionen sowie der Poetik. Lang, Frankfurt am Main u.a. 1990. (= Studien zur deutschen Literatur des 19. und 20. Jahrhunderts; 14) ISBN 3-631-42562-7
  • Gabriela Matuszek: "Der geniale Pole"? Stanisław Przybyszewski in Deutschland (1892-1992). Igel-Verl., Paderborn 1996. (= Kölner Arbeiten zur Jahrhundertwende; 6; Reihe Literatur- und Medienwissenschaft; 41) ISBN 3-89621-014-9
  • Über Stanisław Przybyszewski. Rezensionen - Erinnerungen - Porträts - Studien (1892-1995). Rezeptionsdokumente aus 100 Jahren, hrsg. v. Gabriela Matuszek, Igel-Verl., Paderborn 1995. (= Kölner Arbeiten zur Jahrhundertwende; 5; Literatur- und Medienwissenschaft; 40) ISBN 3-89621-013-0
  • Manfred Schluchter: Stanisław Przybyszewski und seine deutschsprachigen Prosawerke 1892-99. Univ. Diss., Tübingen 1969.
  • Ulrich Steltner: Überlegungen zur Literarität am Beispiel von Stanisław Przybyszewskis Romantrilogie "Homo sapiens". Schmitz, Gießen 1989. (= Osteuropa-Studien der Hochschulen des Landes Hessen/2; 26) ISBN 3-87711-171-8

Weblinks


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