- Raumbildprojektion
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Raumbildprojektion (auch Stereoprojektion genannt) bezeichnet die stereoskopische Vorführung von 3D-Bildern oder 3D-Filmen durch dafür geeignete Projektoren. Sie kann als Auf- oder Frontprojektion oder als Rückprojektion erfolgen. Eine Raumbildprojektion erfordert höheren technischen Aufwand als eine herkömmliche Projektion mit einem Projektor und einer weißen Leinwand.
Die Bilder für linkes und rechtes Auge (Teilbilder genannt) werden gleichzeitig oder quasi gleichzeitig projiziert. Deshalb muss das Projektionssystem für die ersten beiden beschriebenen Techniken aus mindestens zwei konventionellen Projektoren oder einem Projektor mit zwei Objektiven bestehen. Die Unterschiede der nachfolgend beschriebenen Projektionstechniken beziehen sich im Wesentlichen auf die bei jeder stereoskopischen Betrachtungsmethode nötigen Trennung von linkem und rechtem Bild (Kanaltrennung).
Inhaltsverzeichnis
Allgemeines
Für einen 3D-Film müssen zwei Bilder von leicht unterschiedlichen Perspektiven aufgenommen werden - entweder mit einer Stereokamera mit zwei Objektiven oder mit zwei getrennten Kameras. Bei der Projektion mit der Polfiltertechnologie müssen diese Filmbilder auf der Silberleinwand übereinander projiziert, aber jedem Auge getrennt zugeführt werden, sonst kann das Gehirn keinen räumlichen Eindruck feststellen.
In der Anfangszeit des 3D-Films wurden die Filmbilder auf zwei getrennten Filmstreifen mit zwei mechanisch gekoppelten Projektoren projiziert. Dabei kam es öfter vor, dass ein Filmstreifen riss und die Filmvorführung nur noch „flach“ fortgesetzt werden konnte, weil eine Synchronisation der beiden Filmstreifen kaum noch möglich war. Abhilfe gab es für dieses Problem erst, als es gelang, beide Filmbilder auf einem Filmstreifen unterzubringen.
Polarisationsfiltertechnik
Bei dieser am weitesten verbreiteten Projektionstechnik wird die Kanaltrennung mit polarisiertem Licht erreicht. Es befinden sich jeweils um 90° versetzte Polfilterfolien vor den Projektionsobjektiven und in den Polfilterbrillen der Betrachter. In Kinos werden hierzu zwei Projektoren verwendet.
Zur Aufrechterhaltung des Polarisationsstatus des Lichts wird eine metallisch beschichtete Leinwand benötigt. Eine normale weiße Leinwand würde das Licht wieder zerstreuen und die Kanaltrennung wäre aufgehoben. Der Vorteil dieser Projektionstechnik liegt in der hohen Farbtreue der gezeigten Bilder. Nachteile sind zum einen der Lichtabfall durch die verwendeten Filter und die metallische Leinwand und zum anderen die Tatsache, dass der Kopf während der Bildbetrachtung gerade gehalten werden muss. Hält man den Kopf schräg, ändert sich der zur Kanaltrennung nötige Winkel von 90° zwischen den Folien vor den Projektionslinsen und den Filtern in der Brille. Dadurch ist eine Kanaltrennung nicht mehr gegeben, es erscheinen „Geisterbilder“. Dies trifft auf moderne Verfahren wie Real-D nicht mehr zu, da diese zirkular polarisiertes Licht verwenden - man kann den Kopf frei bewegen.
Ein weiteres Problem besteht in der uneinheitlichen Verwendung der Filter bei verschiedenen Herstellern von Brillen und Projektoren. Die Filter in der Brille müssen passend zu den Filtern im Projektor sein, sonst kommt es zu einer Vertauschung der Kanäle. Anwendung findet diese Technik auch bei vielen IMAX-3D-Vorführungen und seit 2009 auch in normalen Kinos, welche mit zwei Polprojektoren ausgestattet sind (Avatar – Aufbruch nach Pandora). Auch für diese Projektion muss eine metallisierte Leinwand verwendet werden, damit das polarisierte Licht (ausreichend hell) auch polarisiert zurückgestrahlt wird.
Anaglyphe Projektion
Unter „Anaglyphenprojektion“ (aus griechisch ἀνά aná „auf“, „aufeinander“ und γλύφω glýphō „meißeln“, „gravieren“, auch „darstellen“) im ursprünglichen Sinne versteht man zwar grundsätzlich jede Stereoprojektion, bei der beide Teilbilder gleichzeitig auf dieselbe Projektionsfläche geschickt werden (auch die Polarisationsprojektion ist also streng genommen eine „Anaglyphenprojektion“), meist ist jedoch mit „anaglyphisch“ eine farbanaglyphische Darstellung gemeint: Zur Trennung der beiden Einzelbilder werden verschiedene Farbfilter in 3D-Brillen verwendet, ursprünglich Rot vor dem rechten Auge und Grün vor dem linken. Beim Ansehen des Films löscht der Rot-Filter das rote Filmbild aus und das grüne Bild wird schwarz - der Grünfilter löscht das grüne Farbbild und das rote wird schwarz. Da beide Augen nun verschiedene Bilder sehen, entsteht im Gehirn wieder ein räumliches Bild.
Ende der 1970er Jahre verbesserte Stephen Gibson die Farbanaglyphentechnik erheblich mit seinem patentierten „Deep Vision“-System, das andere Filterfarben verwendet: Rot vor dem rechten Auge und Cyan vor dem linken. Inzwischen bietet auch die dänische Firma „Color Code“ ein eigenes Farbanaglyphen-System an. Die Filterfarben der „ColorCode“-Brillen sind Blau vor dem rechten Auge und Gelb vor dem linken. Für den Spielfilm „Journey to the Center of the Earth“ wurde 2008 in England ein weiteres Farbanaglyphenverfahren („Trio Scopics“) eingeführt, mit Grün vor dem linken Auge und Magenta vor dem rechten.
Interferenzfiltertechnik
Die Interferenzfiltertechnik ist ein von DaimlerChrysler entwickeltes System zur stereoskopischen Wiedergabe. Das System wird von der INFITEC GmbH vertrieben. Die Firma DOLBY Inc. hat später das Verfahren unter dem Namen Dolby 3D übernommen. Es arbeitet nach einem Lichtwellenlängenfiltersystem. Für jedes Auge wird jeweils ein Teil der vom Auge als Rot-Grün-Blau empfundenen Wellenlängen durchgelassen und der des anderen Auges sehr effektiv geblockt. Bei dieser Betrachtungstechnik ist der Kopf beliebig neigbar, und es wird keine Silberleinwand benötigt. Darum kommt das Verfahren auch in Planetarien zum Einsatz. Die Brillengläser und Filter bestehen aus beschichtetem Quarzglas und sind vergleichsweise teuer. Anfänglich vorhandene Farbunterschiede durch die Verwendung unterschiedlicher Spektralbereiche für die Grundfarben Rot, Grün und Blau im linken und rechten Auge werden in den neueren INFITEC-Systemen vollständig durch Bildsignalbearbeitung kompensiert. Grundlage dafür ist die Metamerie, die es ermöglicht, aus unterschiedlichen Spektren denselben Farbeindruck im Auge zu erzeugen.
Shuttertechnik
Bei dieser Methode werden beide Bilder nacheinander an die Leinwand projiziert. Für einen Film mit 24 Bildern pro Sekunde müssen also in der gleichen Zeit 48 Bilder auf die Leinwand gebracht werden, was für moderne Projektoren kein Problem darstellt. Um Flimmern zu vermeiden, werden meist höhere Frequenzen gewählt, wobei dann jedes einzelne Bild mehrfach gezeigt wird. Der Projektor gibt während der Vorführung über Infrarotsignalgeber, welche sich oberhalb der Leinwand befinden, Steuerimpulse an die von den Zuschauern getragenen Shutterbrillen. Diese Brillen verdunkeln jeweils wechselseitig das eingebaute LCD-Glas und sorgen so dafür, dass jedes Auge nur das für sich bestimmte Bild sieht. Vorteile sind dabei die hohe Farbtreue und die Nutzbarkeit einer normalen Leinwand sowie die Unabhängigkeit von der Kopfneigung des Betrachters. Außerdem ist ein solches System trotz der höheren Kosten für die Shutterbrillen bis zu einer gewissen Publikumsgröße kostengünstiger, da im Gegensatz zum Polarisationsverfahren weder ein zweiter Projektor noch ein Polfilter für die Projektoren noch eine metallisierte Leinwand erforderlich sind und der Synchronisierungsaufwand wegfällt.
Bei 3D-ready-Heimkino-Projektoren (meistens DLP-Beamer) wird über den HDMI-Anschluss i.d.R. ein 120 Hz-3D-Videosignal zugeführt und als 2x60-Hz-3D-Video zeitsequentiell projiziert. Neben passenden 3D-Shutterbrillen werden ggfs. preiswerte sogenannte "DLP-Link"-Shutterbrillen verwendet, die von einem Projektor-Weißimpuls zwischen den Videobildern synchronisiert werden und deshalb keinen Infrarot-Sender benötigen.
Drahtgitter-Leinwände
Die Projektion auf „Drahtgitter-Leinwände“, erstmals in Moskau 1930 durchgeführt, erlaubt das räumliche Filmsehen ohne Brille. Ein derartiges mechanisches Bildtrennsystem wurde erstmals 1906 von Estanawe postuliert, der ein feines Gitter von Metalllamellen als Leinwand vorschlug. Bei der Projektion müssen die Zuschauer sehr genau vor der Leinwand platziert sein, sonst können die Augen nicht das jeweils für sie bestimmte Bild sehen. Verbessert wurde das System durch Noaillon, der das Raster zum Zuschauer geneigt anordnete und die nun radial angeordneten Rasterstreifen leicht hin- und herbewegte. Weiterentwickelt wurde das System von Iwanow, der statt eines mechanischen Parallelrasters 30.000 sehr feine Kupferdrähte als Leinwand verwendete. Das aufwendige Verfahren erlangte keine Serienreife. Nur ein einziges Kino wurde für das System umgebaut, das Moskva in Moskau. Nur wenige Filme wurden in diesem Verfahren gezeigt, so 1940 Zemlja Molodosti, Koncert (Das Land der Jugend / Konzert) und 1947 der russische Spielfilm Robinzon Kruzo, der immerhin über 100.000 Zuschauer vorweisen konnte.
Literatur
- Gerhard Kuhn: Stereofotografie und Raumbildprojektion. ISBN 3-88955-119-X
- Peter A. Hagemann (Hrsg. Stiftung Deutsche Kinemathek zur Berlinale 1980): Der 3-D-Film. Verlag Monika Nüchtern, 1980
- David Hutchison (Hrsg.): STARLOG Photo Guidebook: Fantastic 3-D. Starlog Press, ISBN 0-931-06453-8 (Englisch)
- Thomas Abé: Grundkurs 3D-Bilder. VfV-Verlag, Gilching, ISBN 3-88955-099-1
Weblinks
Kategorien:- Projektionstechnik
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