Reinhard Opitz

Reinhard Opitz

Reinhard Opitz (* 1934 in Beuthen; † 1986 Köln) war ein deutscher Journalist, Privatgelehrter und Sozialwissenschaftler.

Inhaltsverzeichnis

Leben, Wirken

Reinhard Opitz war ein deutscher Linksintellektueller, der von Mitte der 1960er bis Mitte der 1980er Jahre vielbeachtet im damaligen links-publizistischen Milieu, etwa um das Hamburger Magazin „konkret“, die Kölner Zeitschrift „Blätter für deutsche und internationale Politik“ und „Das Argument“ (damals Berlin), zahlreiche zeitkritische Beiträge veröffentlichte, vor allem zur Rolle des Faschismus in Deutschland und zum Gesellschaftskonzept der „Formierten Gesellschaft“.

Opitz wurde 1973 als „Externer“ am Fachbereich Gesellschaftswissenschaften (FB 03) der Universität Marburg (Gutachter Hans Heinz Holz) mit einer politikhistorischen Studie über den deutschen Sozialliberalismus während der Weimarer Republik zum Dr. phil. promoviert. Später publizierte er grundlegende politikgeschichtliche Arbeiten, wie zum Beispiel die Edition „Europastrategien des deutschen Kapitals“ (1977) und „Faschismus und Neofaschismus“ (1984). Von 1984 bis zu seinem Tod wirkte er als Dozent in den Fachbereichen Politik, Geschichte und Gesellschaftslehre an der „Kölner Schule Institut für Publizistik e. V.“ (heute „Kölner Journalistenschule“).

Über zahlreiche zeitgebunden-ideologiekritische Arbeiten hinaus war Opitz auch als öffentlicher Redner und Referent zwanzig Jahre lang aktiv.

Publikationen

  • Der große Plan der CDU: Die „Formierte Gesellschaft“, in: „Blätter für deutsche und internationale Politik“, Jg. 9, 1965; Sonderdruck „Argumente zur Zeit“ 17, 5. Auflage.
  • Grundfragen oppositioneller Alternative und Strategie, in: „Alternativen der Opposition“, hgg. von Friedrich Hitzer und Reinhard Opitz, Pahl-Rugenstein, Köln 1969, S. 395-406
  • Thesen über den Faschismusbegriff, in: „Neofaschismus in der BRD. Analysen - Argumente - Dokumentationen“, Röderberg, Frankfurt am Main 1971, S. 25-28
  • Wie bekämpft man den Faschismus? In: „Faschismus. Entstehung und Verhinderung. Materialien zur Faschismus-Diskussion“, Röderberg, Frankfurt am Main 1972, S. 46-64
  • Der deutsche Sozialliberalismus 1917-1933, Pahl-Rugenstein, Köln 1973
  • Über die Entstehung und Verhinderung von Faschismus, in: „Das Argument“, H. 87, 1974, S. 543-603
  • (Mitautor): Antifaschistische Politik heute. Faschismus und Militarismus/Erfahrungen und Lehren, in: „Antifaschistische Politik heute [...]“, Röderberg, Frankfurt am Main 1975
  • (Hg.) Europastrategien des deutschen Kapitals 1900-1945, Pahl-Rugenstein, Köln 1977
  • Zur Entwicklungsgeschichte der Totalitarismustheorie, in: Frank Deppe u. a., „Marxismus und Arbeiterbewegung. Josef Schleifstein zum 65. Geburtstag“, Verlag Marxistische Blätter, Frankfurt am Main 1980, S. 106-122
  • Die Faschismus-Definition Dimitroffs und ihre Bedeutung für die aktuelle Faschismus-Diskussion, in: „Reden und Beiträge. Internationales Kolloquium der Marx-Engels-Stiftung [...] aus Anlaß des 100. Geburtstages Georgi Dimitroffs“, Verlag Marxistische Blätter, Frankfurt am Main 1982, S. 116-125
  • Faschismus und Neofaschismus, Verlag Marxistische Blätter, Frankfurt am Main 1984 + Akademie-Verlag, [Ost-]Berlin 1984
  • Faschismus und Neofaschismus, 2 Bde., 1: Der deutsche Faschismus bis 1945, 2: Neofaschismus in der Bundesrepublik, Pahl-Rugenstein, Köln 1988
  • Juden raus – Türken raus – Demokratie raus. Zur Geschichte und Aktualität reaktionärer und faschistischer Strategien, [Dokument] in: „1999 – Zeitschrift für Sozialgeschichte des 20. und 21. Jahrhunderts“, Jg. 1, 1989, S. 84-100
  • Bitburg 1985 und der 8. Mai 1945, in: „Z - Zeitschrift Marxistische Erneuerung“, H. 122, 1995, S. 9-18
  • Ilina Fach/Rainer Rilling (Hgg.): Liberalismus - Faschismus - Integration, 3 Bde., I: Liberalismus*Integration, II: Faschismus, III: Die ´Röhm-Affäre, BdWi-Verlag, Marburg [Dezember] 1999

Über Reinhard Opitz

„[...] Marxistischer Politikwissenschaftler, Faschismustheoretiker, politischer Polemiker und Musik- und Kunstliebhaber mit enzyklopädischen Interessen. Für die Stationen seines politischen Lebens standen [...] VVN, konkret, SDS, DFU oder BdWi. Er publizierte in Zeitschriften und Verlagen wie Röderberg und Pahl-Rugenstein, im Argument, dem Forum Wissenschaft, der DVZ/die tat, den Marxistischen Blättern und den Blättern für deutsche und internationale Politik, deren langjähriger Herausgeber er war [...] Einer der bedeutendsten marxistischen Publizisten der Bundesrepublik und vielleicht der scharfsinnigste Faschismustheoretiker der deutschen Linken.“

UTOPIE kreativ[1]

„Arbeitslos, ausserhalb der etablierten Wissenschaftsinstitutionen und in tradierten politischen Apparaten der bundesdeutschen Linken marginalisiert, arbeitete Opitz bis zu seinem Tod [...] in seiner Kölner Wohnung bis zuletzt wissenschaftlich weiter, insbesondere an seinem 1984 erschienenen Buch zum ´Neofaschismus´, das als sein Hauptwerk gelten kann.“

Fach/Rilling [Hg.][2]

„Vermissen werden wir seine nicht enden wollenden Sätze, die ständige Spannung, ob er nicht doch noch seine wildbewegte Brille in hohem Bogen in die Zuhörerschaft schleudert, die Freude über seine wache, an allem interessierte Art des radikalen Denkens, seine unbeirrte politische Standfestigkeit. [...] Dennoch hatten die Schärfe und Unerbittlichkeit seines wissenschaftlichen Denkens ihren Preis: eine selbstironisch, oft spitzbübisch aufgefangene, zuweilen geradezu ins Asoziale umkippende Skurrilität des Auftretens und Verhaltens, die sich vermittelte über die verblüffende Ernsthaftigkeit, mit der alles und jedes gründlichster intellektueller Begutachtung unterworfen wurde.“

Rainer Rilling (nachruf)[3]

Literatur

  • Richard Albrecht, Reinhard Opitz’ These der Bewußtseinsfalsifikation. 30 Jahre später, in: Topos – Internationale Beiträge zur dialektischen Theorie, H. 24, 2005, S. 124-146;[4]
  • Richard Albrecht, Sozialwissenschaft ist nicht so schön wie Kunst. Macht aber genauso viel Arbeit, in: „SUCH LINGE. Vom Kommunistenprozeß zu Köln zu google.de. Sozialwissenschaftliche Recherchen zum langen, kurzen und neuen Jahrhundert“, Aachen 2008, S. 5-18[5]
  • Georg Biemann, Kinderbilder für einen Weggefährten. Zur Biographie des Publizisten und Politikwissenschaftlers Reinhard Opitz, in: Forum Wissenschaft, H. 1, 1998, S. 50-54[6]
  • Ilina Fach / Rainer Rilling (Hgg.), Vorwort zu: "Liberalismus * Faschismus * Integration. Edition in drei Bänden" [...], 1999, hier: Band 1, 1999, S. 11-18[7]
  • Jean Kremet, Zwischen Treue und Erkenntnis. Von einem, der sich nicht vereinnahmen lassen wollte [...], in: Jungle World, 29. März 2000[8]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. UTOPIE kreativ, H. 118, 2000: 805
  2. Fach/Rilling [Hg.], Vorwort zur Edition in drei Bänden [1999], hier Band 1: 12 f.
  3. Rainer Rilling, Ein waches, radikales Denken. Reinhard Opitz ist tot, in: „Deutsche Volkszeitung/die tat“, Jg. [...], Nr. [...], [...] 1986
  4. erweiterte, kostenlose Netzfassung (2004)
  5. Shaker Verlag
  6. Bund demokratischer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler / BdWi
  7. BdWi
  8. jungle-world.com

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