- Richard Gottlieb Wilhelm von Doderer
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Richard Gottlieb Wilhelm Ritter von Doderer (* 28. Oktober 1876 in Wien; † 24. Mai 1955 in Weißenbach am Attersee) war ein österreichischer Ingenieur und Industrieller.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Nach dem Studium des Maschinenbaus an der TH Wien arbeitete Richard von Doderer bei der „Prager Eisenindustrie AG“ und wechselte dann zur „Poldihütte“ in Kladno.
1889 von Karl Wittgenstein gegründet und nach dessen Frau Leopoldine benannt, produzierte die Poldihütte seit 1900 „Schnelldrehstähle“ für Waggon- und Lokomotivachsen und seit 1904 hochwertige „Konstruktionsstähle“ für den Automobil- und Flugzeugbau. Die in den USA entwickelten Schnelldrehstähle waren von Doderer bei der Poldihütte eingeführt worden. Die Poldihütte wurde so zum ersten Hersteller dieser Stähle in Österreich-Ungarn. Außerdem war Doderer gemeinsam mit Technikern der Daimler Benz AG wesentlich an der Weiterentwicklung der Autofedern beteiligt. Seine fachliche Begabung und Organisationstalent ließen Doderer bei der Poldihütte rasch in leitende Positionen aufsteigen.
Als die Poldihütte während des Ersten Weltkrieges den Aufträgen der österreichisch-ungarischen Heeresverwaltung nicht mehr nachkommen konnte, musste sie sich nach einer weiteren Produktionsstätte umsehen. 1916 entschied man sich zum Bau eines Zweigwerks der Poldihütte in Komotau in Böhmen. Mit der Planung und der Organisation des Baus dieses neuen Zweigwerks wurde Richard von Doderer beauftragt. Nach dessen erfolgreicher Fertigstellung 1920 leitete es Doderer als Werksdirektor erfolgreich für die folgenden zehn Jahre.
Später wurde Doderer dann Zentraldirektor der „Eisenwerke AG Rothau-Neudek" mit Sitz im böhmischen Rotava. Diese schloss 1927 mit der "Berg- u. Hüttenwerks-Gesellschaft" in Brünn eine Interessengemeinschaft ab. In diesem Rahmen gründeten die beiden Unternehmen 1928 gemeinschaftlich die "Blechwalzwerke AG Karlshütte" in Friedeck. Mit der Planung, Errichtung und anschließende Leitung dieses Großunternehmens wurde Richard von Doderer betraut. Für Ihn stellte es die Krönung seiner Laufbahn dar, da er nun an der Spitze des damals größten und modernsten europäischen Feinblechwalzwerks stand.
Als die "Eisenwerke AG Rothau-Neudek" 1931 in Folge der Weltwirtschaftskrise zusammenbrachen, wurde ihre Feinblecherzeugung in Rothau und Neudek 1932 von der "Blechwalzwerk AG Karlshütte" übernommen. Wegen der wirtschaftlich schwierigen Situation musste Doderer harte Sanierungs- und Rationalisierungsmassnahmen durchführen. Die Werke in Rothau und Neudek mussten geschlossen und die Belegschaft im Werk Karlshütte spürbar reduziert werden. Insgesamt wurden rund 3000 Arbeiternehmer entlassen, was zu hoher Arbeitslosigkeit und sozialen Unruhen in den betroffenen Regionen führte.
Seine Kenntnisse und reichen Erfahrungen konnte Richard von Doderer später als Vorsitzender des Materialprüfungsamts der Technischen Hochschule Prag in der Wissenschaft einsetzen. Außerdem war Doderer Präsident des tschechoslowakischen Metallarbeitgeberverbands, Präsidiumsmitglied des Deutschen Hauptverbands der Industrie in der Tschechoslowakei und Präsidiumsmitglied des Spitzenverbands der tschechoslowakischen Industrie.
Familie
Richard von Doderers Eltern waren der österreichische Architekt und Professor Carl Wilhelm Christian von Doderer (1825–1900) und Maria von Greisinger (1835–1914). Der erbliche Adel war Richards Vater 1877 verliehen worden. Die Familie zählte mit einem Vermögen von rund 12 Millionen Kronen vor dem Ersten Weltkrieg zu den reichsten der Doppelmonarchie Österreich-Ungarn, das aber im Verlauf des Ersten Weltkrieges durch kontinuierliche Zeichnung österreichischer Kriegsanleihen stark vermindert wurde.
Richard von Doderer war mit Bertha Michel (1880–1957) verheiratet und hatte mit ihr vier Kinder:
- Herbert Richard Wilhelm Hyacinth (1903–1973)
- Wilhelma Bertha Maria Hyacintha (verh.Veranneman van Watervliet) (1906–1981)
- Peter Franz Karl (1909–1997)
- Richard Wilhelm Gottlieb (1919– 2000)
Richard von Doderer war der Bruder des Bauunternehmers Wilhelm Carl von Doderer und ein Onkel des berühmten österreichischen Schriftstellers Heimito von Doderer.
Letzterer erhielt nach Fertigstellung seines Buchs "Die Bresche" (Erschienen 1924) von seinem Onkel Richard von Doderer 2 Millionen Tschechoslowakische Kronen als Unterstützung für dessen schriftstellerische Karriere. Nach der Heimkehr aus der Kriegsgefangenschaft, wohnte Heimito von Doderer vom 1. Februar bis 19. Mai 1946 im Haus seines Onkels in Weißenbach am Attersee (Oberösterreich). In dieser Zeit verfasste Heimito einen wesentlichen Teil seines monumentalen Romans Die Strudlhofstiege.
Literatur
- Genealogisches Handbuch des Adels Band 36. C.A. Starke Verlag, Limburg a.d. Lahn 1965.Band 99, 1990
- Georg Veranneman: Doderer, Richard Gottlieb Wilhelm Ritter v.. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 4, Duncker & Humblot, Berlin 1959, S. 9.
Weblinks
- Kurzbiographie Richard von Doderers
- Dokument der Heimito von Doderer-Gedenkstätte im Bezirksmuseum Alsergrund mit Angaben zur Familie von Doderer (PDF-Datei; 318 kB)
- Geschichte der Poldihütte
- Rede über die Folgen der Verlegung der Blecherzeugung in das Blechwalzwerk Karlshütte
- Doderers Rolle in den tschechischen Industrieverbänden
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