Riederloh

Riederloh

Riederloh war die Bezeichnung zweier Lager, die die Schießpulver- und Munitionsfabrik der Dynamit AG (DAG) in Kaufbeuren (Bayern) während der Zeit des Nationalsozialismus mit Zwangsarbeitern versorgten. Die beiden Lager hießen „Riederloh“ und „Riederloh II“. Riederloh II war ein KZ-Außenlager und wurde auch als „Riederloh Teillager“ oder „Lager Steinholz“ bezeichnet.

Inhaltsverzeichnis

Riederloh

„Riederloh“ war ein Wohnlager, das direkt von der DAG betrieben wurde. Es existierte von 1939 bis 1945 und befand sich am Südende des DAG-Geländes. Das Lager Riederloh beherbergte die deutschen Beschäftigten der beteiligten Baufirmen während der Bauphase (1939–41) und anschließend dienstverpflichtete Reichsdeutsche und nicht-deutsche Zwangsarbeiter, hauptsächlich aus Polen und der Sowjetunion sowie italienische Militärinternierte (1941–45).

Riederloh II

„Riederloh II“ war ein Außenlager des KZ Dachau und wurde entsprechend von der SS betrieben. Es existierte vom 20. September 1944 bis zu 8. Januar 1945 und befand sich etwa 2 km östlich des DAG-Geländes.[1] Das KZ-Außenlager Riederloh II war mit dem Ziel der Vernichtung durch Arbeit errichtet worden. Neben vier Wohnbaracken gab es eine Lagerküche sowie Waschräume und Unterkunft für das SS-Lagerpersonal. Der Arbeitseinsatz der Häftlinge erfolgte in der nahegelegenen Zündhütchenfabrik der DAG, bei Waldarbeiten sowie im Straßen- und Gleisbau. Zwischen Herbst 1944 und Januar 1945 kamen dort 472 der etwa 1.300 jüdischen KZ-Häftlinge um, die ursprünglich hauptsächlich aus Polen und Ungarn stammten und nach überstandener Selektion von Auschwitz nach Kaufbeuren verbracht worden waren. Die Todesursachen waren überwiegend Unterernährung und körperliche Schwäche bei gleichzeitiger harter körperlicher Arbeit sowie die äußerst grausame Behandlung durch das SS-Lagerpersonal. Nach der Auflösung des SS-Lagers zwischen dem 8. und 11. Januar 1945 wurden die etwa 200 bis 300 Überlebenden ins KZ Dachau gebracht und kamen in Quarantäne.[2] Nachdem die Häftlinge wieder arbeitsfähig waren wurden sie anschließend in andere Außenlager des KZ Dachau verbracht. Die verlassenen Baracken von Riederloh II wurden inzwischen mit ukrainischen Zwangsarbeitern belegt.

Erster Lagerführer war bis Ende November 1944 SS-Hauptscharführer Wilhelm Wagner, der später im Dachau-Hauptprozess zum Tode verurteilt und Ende Mai 1946 hingerichtet wurde. Sein Nachfolger und letzter Lagerführer in Riederloh II war SS-Hauptscharführer Edmund Zdrojewski der später in Krakau zu Tode verurteilt und erhängt wurde.[2]

Nach 1945

Auf dem Gelände der DAG-Fabrik und des Lagers Riederloh wurden nach 1946 vertriebene Sudetendeutsche aus Gablonz in der Tschechoslowakei angesiedelt. Ihre Siedlung entwickelte sich zu einem der größeren Stadtteile Kaufbeurens und wurde später Neugablonz genannt. Weitere Sudetendeutsche wurden in und um Riederloh II angesiedelt. Diese sehr viel kleinere Siedlung wurde zu dem heute als Steinholz bezeichneten Ortsteil der Gemeinde Mauerstetten. Aus diesem Grund wird Riederloh II bisweilen mit dem inoffiziellen Namen „KZ Mauerstetten-Steinholz“ bezeichnet.

Gedenkkultur

Am Südwestrand von Mauerstetten-Steinholz unweit eines Pflegeheims (Lage47.90176210.658055) befindet sich ein Friedhof mit einem Gedenkstein, der an den Tod der 472 jüdischen Opfer von Riederloh II erinnert. Der Opfer von vermutlichen Arbeitsunfällen seitens der nicht-deutschen Einwohner des Lagers Riederloh wird durch eine Gedenktafel in der römisch-katholischen Herz-Jesu-Kirche in Neugablonz gedacht. Psychisch kranke Arbeiter aus dem Lager Riederloh oder Menschen, die einen Nervenzusammenbruch erlitten hatten, wurden in der von Valentin Faltlhauser geleiteten Pflege- und Heilanstalt Kaufbeuren-Irsee verbracht und dort in der Aktion Brandt getötet, wenn ihre Genesung innerhalb von vier Wochen nicht erreicht wurde.

Literatur

Einzelnachweise

  1. Bundesministerium der Justiz: Verzeichnis der Konzentrationslager und ihrer Außenkommandos gemäß § 42 Abs. 2 BEG, Nr.1218 Riederloh
  2. a b Edith Raim: Riederloh In: Wolfgang Benz, Barbara Distel: Der Ort des Terrors. Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager., München 2005, S. 470f.
47.90164210.649743

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