Europäische Freihandelsassoziation

Europäische Freihandelsassoziation

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Europäische Freihandelsassoziation
EFTA

Logo der EFTA

Aktuelle Mitglieder
Englische Bezeichnung European Free Trade Association
Französische Bezeichnung Association européenne de libre-échange, AELE
Organisationsart Freihandelszone
Sitz der Organe
Gründung

4. Januar 1960

Mitgliedstaaten
Zeitzone UTC bis UTC +1
www.efta.int

Die Europäische Freihandelsassoziation (englisch European Free Trade Association, EFTA; französisch Association européenne de libre-échange, AELE) ist eine am 4. Januar 1960 in Stockholm (Schweden) gegründete Internationale Organisation. Das entsprechende Übereinkommen trat am 3. Mai 1960 in Kraft. Zielsetzung war die Förderung von Wachstum und Wohlstand ihrer Mitgliedstaaten und die Vertiefung des Handels und der wirtschaftlichen Zusammenarbeit zwischen den westeuropäischen Ländern wie auch der Welt insgesamt. Gleichzeitig sollte sie ein Gegengewicht zu den Europäischen Gemeinschaften bilden. Nach ihrem Übereinkommen (geändert 2001) stellt die EFTA eine in ihrem Anwendungsbereich begrenzte Freihandelszone zwischen ihren Mitgliedern ohne weitere politische Zielsetzungen dar.

Nach dem Übertritt Großbritanniens und weiterer EFTA-Gründungsmitglieder zur Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft 1973 verlor die EFTA zunehmend an Bedeutung. Seit 1995 gehören ihr nur noch Norwegen, Liechtenstein, die Schweiz und Island an, das 2009 einen Antrag auf Aufnahme in die Europäische Union gestellt hat.[1]

Inhaltsverzeichnis

Mitglieder

EFTA (seit 1995)
  • Mitgliedstaaten
  • Ehemalige Mitglieder

Die Gründungsmitglieder der EFTA waren Dänemark, Norwegen, Österreich, Portugal, Schweden, die Schweiz und das Vereinigte Königreich. Es folgten Finnland (assoziiertes Mitglied 1961, Vollmitglied 1986), Island (1970) und Liechtenstein (1991).

Nach dem Beitritt von Dänemark und dem Vereinigten Königreich (1973), Portugal (1986) sowie Finnland, Österreich und Schweden (1995) zur Europäischen Gemeinschaft (EG) und dem damit einhergehenden Austritt aus der EFTA umfasst diese nunmehr als sog. "Rest-EFTA" nur noch vier Staaten, nämlich Island, Liechtenstein, Norwegen, und die Schweiz. Mit Ausnahme der Schweiz bilden diese Länder heute zusammen mit den Mitgliedstaaten der Europäischen Union den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR), während die EU und die Schweiz ihr Verhältnis durch bilaterale Verträge regeln.

Im August 2005 haben die zu Dänemark, aber nicht zur Europäischen Union gehörenden Färöer-Inseln angekündigt, (wieder) Mitglied der EFTA werden zu wollen. Im Juli 2010 begannen die Beitrittsverhandlungen Islands mit der Europäischen Union, die gegebenenfalls dazu führen, dass Island die EFTA verlässt.

Institutionen

Es bestehen die folgenden EFTA-Institutionen:

  • Das EFTA-Sekretariat in Genf, Brüssel und Luxemburg übernimmt verschiedene Verwaltungs- und Koordinierungsaufgaben.
  • Die EFTA-Überwachungsbehörde in Brüssel überwacht die Einhaltung des EWR-Abkommens durch Island, Liechtenstein und Norwegen.
  • Der EFTA-Gerichtshof (eingerichtet 1994, drei Richter mit einer Amtszeit von sechs Jahren) in Luxemburg übt die gerichtliche Kontrolle in Bezug auf das EWR-Abkommen und die Staaten Island, Liechtenstein und Norwegen aus.

Generalsekretäre

Generalsekretäre der EFTA:[2]

  • Kåre Bryn (Norwegen) seit 1. September 2006
  • William Rossier (Schweiz) 1. September 2000 – 31. August 2006
  • Kjartan Jóhannsson (Island) 1. September 1994 – 31. August 2000
  • Georg Reisch (Österreich) 16. April 1988 – 31. August 1994
  • Per Kleppe (Norwegen) 1. Dezember 1981 – 5. April 1988
  • Charles Müller (Schweiz) 1. Januar 1976 – 30. September 1981
  • Bengt Rabaeus (Schweden) 6. Mai 1972 – 30. November 1975
  • John Coulson (Vereinigtes Königreich) 1. November 1965 – 5. Mai 1972
  • Frank Figgures (Vereinigtes Königreich) 1. September 1960 – 31. Oktober 1965

Geschichtliche Entwicklung

Die Entstehung der EFTA war als eine Reaktion der "äußeren Sieben" auf die Gründung der Europäischen Gemeinschaften ("Innere Sechs") zu verstehen und steht seit ihrer Gründung bis heute im engen Zusammenhang mit der Entwicklung der Europäischen Gemeinschaften zur heutigen EU. Der Schrumpfungsprozeß der heutigen Rest-EFTA, bedingt durch den Beitritt der meisten früheren EFTA-Staaten zur EU, ist unübersehbar.

Vorgeschichte: Europa nach dem Zweiten Weltkrieg

Der Zweite Weltkrieg mit seiner zerstörerischen Kraft hatte in der westlichen Welt die Erkenntnis gebracht, dass politische Isolation und Protektionismus einen Neuaufbau in friedlichem Miteinander unmöglich machten. Bereits auf der 1944 abgehaltenen Konferenz von Bretton Woods war deshalb neben der Ausarbeitung eines Währungssystems für die Nachkriegszeit das Konzept einer weltweiten Handelsorganisation (International Trade Organization, ITO) erarbeitet worden, die alle Länder der westlichen Welt umfassen sollte. Zwar wurde die ITO selbst nie realisiert, sie bildete aber die Basis für das GATT-Abkommen 1948, dem Vorläufer der heutigen WTO.

Marshall-Plan und OEEC

Die USA stellten 1947 im Rahmen des European Recovery Program (ERP, Marshallplan) 13 Mrd. US-$ zum Wiederaufbau bereit, wobei die europäischen Länder in den Entscheidungsprozess über die Verwendung der bereitgestellten Mittel eingebunden werden sollten. Zu diesem Zweck wurde 1948 die Organization for European Economic Co-operation (OEEC), gegründet, um die Distribution der US-Hilfe und die Aufstellung europäischer Wiederaufbaupläne zu koordinieren und auf die Liberalisierung von Handels- und Zahlungsströmen hinzuwirken. Die OEEC wurde ihrerseits 1961 in die Organisation for Economic Co-operation and Development (OECD) überführt.

Bei der Gründung der OEEC zeigte sich erstmals eine aufkommende Spaltung Westeuropas in zwei Lager: Die von Frankreich angeführten kontinentalen Föderalisten waren darum bemüht, zugunsten eines beschleunigten Einigungsprozesses nationale Kompetenzen auf europäische Ebene zu übertragen und die OEEC als supranationale Organisation zu etablieren. Die britischen und skandinavischen Funktionalisten lehnten hingegen jede Schwächung der eigenen Souveränität ab, wollten nur eine Kooperation der nationalen Regierungen zulassen (Intergouvernementalismus). Sie konnten ihre Vorstellungen bei der Gründung der OEEC weitgehend durchsetzen.

Gründung der Europäischen Gemeinschaften

Um den Frieden in Europa dauerhaft zu sichern, wurde insbesondere die Beendigung der historischen Rivalität zwischen Frankreich und Deutschland als notwendig erachtet. Nach einem Plan des französischen Außenministers Robert Schuman wurde von Deutschland, Frankreich, Italien und den Benelux-Ländern 1951 die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS), Montanunion) gegründet, eine Zollunion im Montanbereich unter der Kontrolle einer weitestgehend souveränen Hohen Behörde.

Bereits 1955 wurde beschlossen, die bestehende Kooperation auf alle Bereiche der industriellen Produktion auszuweiten und durch eine weitreichende Koordinierung der Agrar- und Atompolitik zu ergänzen. Mit der Unterzeichnung der Römischen Verträge schufen die Sechs zum 1. Januar 1958 die Europäische Atomgemeinschaft (Euratom) und die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG).

Weitere Details sind in dem Artikel Geschichte der Europäischen Union zu finden.

Die Gründung der EFTA

Parallele Freihandelsverhandlungen

Das Vereinigte Königreich von Großbritannien und Nordirland war aufgrund seiner weltweiten Interessen und seiner engen wirtschaftlichen Verbindungen zum Commonwealth nicht an der Verwirklichung einer geschlossenen Wirtschaftszone interessiert und blieb bei der Gründung der Europäischen Gemeinschaften zunächst ebenso außen vor wie Schweden, die Schweiz und Österreich, die aufgrund ihrer Neutralität keine derart weitreichenden politischen Verpflichtungen eingehen konnten bzw. wollten. Der von Großbritannien unterbreitete Plan zur Schaffung einer OEEC-weiten Freihandelszone unter Wahrung nationaler Zolltarife und eigener Außenhandelspolitiken scheiterte jedoch im Dezember 1958 in den so genannten Maudling-Verhandlungen. Großbritannien wollte durch die Gründung dieser Freihandelszone auch Mitglieder der europäischen Gemeinschaften anziehen, um deren Bedeutung zu schwächen, was aber nicht gelang.

Stattdessen wurden 1959 Verhandlungen zur Realisierung einer Ersatzlösung, der Schaffung einer kleinen Freihandelszone von sieben Ländern – Dänemark, Großbritannien, Norwegen, Österreich, Portugal, Schweden, Schweiz – aufgenommen. Diese mündeten nach nur sechs Monaten in die Stockholmer Konvention, dem Gründungsdokument der EFTA, auch als Übereinkommen zur Errichtung der Europäischen Freihandelsassoziation bekannt. Es beschreibt die Ziele der EFTA und legt die Rechte und Pflichten der Mitgliedstaaten fest.

Die Stockholmer Konvention wurde am 4. Januar 1960 unterzeichnet und trat am 3. Mai 1960 in Kraft. Die erste im Vertrag vorgesehene Zollsenkung nach Artikel 3 erfolgte zum 1. Juli 1960, und bis 1970 wurden die Zölle schrittweise ganz abgebaut. Das EFTA-Übereinkommen galt auch für Liechtenstein, welches mit der Schweiz durch eine Zollunion verbunden war. Ab Juni 1961 war auch Finnland durch ein Assoziationsabkommen in den territorialen Anwendungsbereich der EFTA mit einbezogen.

Zielsetzungen der EFTA

Die EFTA war von Anfang an als temporäre Organisation geplant, um durch Bündelung der gemeinsamen Interessen eine Annäherung an die EG zu erleichtern und die in der Präambel als primäres Ziel definierte Schaffung eines freien, alle OEEC-Länder umfassenden Marktes zu verwirklichen. Zwischenzeitlich sollte ein Abbau der Zollschranken den freien Handel zwischen den Mitgliedern erleichtern und den freien Welthandel im Sinne des GATT-Abkommens fördern. Artikel 2 der Stockholmer Konvention fordert konkret

  • die Förderung von Wirtschaftswachstum, Vollbeschäftigung, Produktivitätssteigerungen und finanzieller Stabilität zur stetigen Verbesserung des Lebensstandards,
  • die Gewährleistung gerechter Handels- und Wettbewerbsbedingungen,
  • die Erzielung und Aufrechterhaltung eines Ausgleiches zwischen den Partnern und den verschiedenen Wirtschaftssektoren,
  • einen aktiven Beitrag zur Ausweitung des Welthandels zu leisten.

Anders als die EG, die die ökonomische Integration im Wesentlichen als einen Zwischenschritt zur angestrebten politischen Integration betrachtete, wollte die EFTA ihren Mitgliedstaaten die volle politische Handlungsfreiheit erhalten; ein wesentliches Merkmal dafür war der Verzicht auf gemeinsame Außenzölle. Aufgrund erheblicher struktureller Differenzen wurden auch Landwirtschaft und Fischerei nicht miteinbezogen, außerdem wurde von einer Harmonisierung der nationalen Steuer- und Sozialsysteme abgesehen. Im Gegensatz zu den auf unbefristete Zeit angelegten EG-Verträgen definierte das EFTA-Abkommen von Anfang an auch das Recht, nach zwölfmonatiger Kündigungsfrist aus der Assoziation auszutreten. Eine vergleichbare Regelung wurde für die Europäische Union erst mit dem Vertrag von Lissabon eingeführt.

Über den ursprünglichen EFTA-Vertrag hinaus schlossen die Vertragspartner später noch weitere Abkommen. Hierzu zählt unter anderem das PIC-Abkommen (Pharmaceutical Inspection Convention) von 1970 zur Zusammenarbeit im Pharmarecht.

Organe der EFTA

Gemäß der EFTA-Philosophie, der Entstehung supranationaler Vollmachten entgegenzuwirken, sollten die notwendigen Institutionen mit einem Minimum an Organisationsaufwand so flexibel wie möglich bleiben. Als einziges Entscheidungsorgan wurde daher nach Artikel 32 der Stockholmer Konvention der EFTA-Rat geschaffen, der regelmäßig auf Minister- oder Beamtenebene zusammentrat und die politische Führung der EFTA bildete. Der EFTA-Rat konnte gleichzeitig Beschlüsse fassen und deren Umsetzung überwachen.

Allerdings besteht ein dem Europäischen Gerichtshof vergleichbarer Gerichtshof, der EFTA-Gerichtshof in Luxemburg.

Zur Unterstützung des Rates konnten je nach Bedarf Arbeitsgruppen und Komitees einberufen werden. Eine Sonderstellung nahm hierbei das Konsultativkomitee ein, das aus führenden, politisch unabhängigen Persönlichkeiten aus verschiedensten Bereichen der Wirtschaft aller Mitgliedstaaten bestand und eine Wahrnehmung der öffentlichen Meinung durch den Rat vereinfachte.

Weiterhin wurde am Amtssitz der EFTA in Genf ein für die Gesamtkoordination der EFTA-Aktivitäten verantwortliches ständiges EFTA-Sekretariat errichtet, wozu bis in die 90er Jahre nicht mehr als 150 Mitarbeiter nötig waren, während die EG-Kommission in Brüssel bereits in den 60er Jahren mehr als 5000 Mitarbeiter beschäftigte.

Die Entwicklung der EFTA bis heute

1960–69: EG/EFTA-Rivalität

Nach Gründung von EG und EFTA herrschte zwischen beiden Organisationen zunächst ein starkes Konkurrenz- und Rivalitätsdenken. Die EFTA war im ersten Jahrzehnt ihres Bestehens vorwiegend darum bemüht, sich als alternatives Integrationsmodell zu etablieren und die eigene Handlungsfähigkeit zu beweisen. Dies geschah vor allem durch Abbau der Binnenzölle, die nach beschleunigtem Zeitplan bereits zum 31. Dezember 1966, drei Jahre früher als zunächst geplant, stufenweise abgeschafft wurden.

Das Ziel der EFTA, eine starke Verhandlungsposition gegenüber der EG zu schaffen, wurde aber nicht erreicht. Verschiedene Versuche der gemeinsamen Annäherung der EFTA-Staaten an die EG in den Jahren 1960/61 blieben erfolglos und wurden von einer bilateralen Vorgehensweise abgelöst. Insbesondere im Vereinigten Königreich hatte man erkannt, dass sich das wirtschaftliche Wachstum in den EG-Staaten schneller vollzog als in der EFTA und dass eine politische Isolation drohte. Im Juli 1961 entschloss sich daher das Vereinigte Königreich, den EG-Beitritt zu beantragen. Diesem Antrag schlossen sich auch Dänemark, Norwegen und – außerhalb der EFTA – Irland an, während die neutralen EFTA-Staaten Österreich, Schweden und Schweiz die EG-Assoziierung beantragten.

Die von Frankreich und Deutschland dominierte EG ließ die Beitrittsverhandlungen im Januar 1963 zunächst jedoch scheitern. Erst nach Ablösung des französischen Staatspräsidenten Charles de Gaulle durch Georges Pompidou wurde über die 1967 erneut gestellten Beitrittsanträge beraten. Der grundsätzliche Beschluss zur ersten EG-Erweiterung wurde im Dezember 1969 gefasst.

1969–84: EG-Erweiterung und Freihandelsabkommen

Großbritannien und Dänemark traten zum 1. Januar 1973 aus der EFTA aus und zusammen mit Irland in die EG ein, in Norwegen wurde der EG-Beitritt per Referendum abgelehnt. Die erste EG-Erweiterung markierte den Beginn eines neuen Abschnittes zwischen EG und EFTA, die als pragmatischer Bilateralismus bezeichnet werden kann.

Auf Initiative Großbritanniens wurden zwischen der EG und den einzelnen EFTA-Staaten, zu denen ab 1970 auch Island gehörte, bilaterale Freihandelsverträge abgeschlossen. Innerhalb von vier Jahren, bis zum Juli 1977, konnte die größte Freihandelszone der Welt für gewerbliche und industrielle Erzeugnisse realisiert werden.

Den neutralen EFTA-Staaten öffneten sich damit die EG-Märkte für industrielle Güter, während ihnen die volle wirtschaftspolitische Handlungsfreiheit erhalten blieb. Über die Bereiche des Freihandels hinaus waren die EFTA-Staaten zudem um eine Zusammenarbeit mit der EG bemüht, unter anderem in den Bereichen Umweltschutz, Forschung und Technik, Atomenergie, Fischerei und Schifffahrt sowie technische Normen.

Gleichzeitig ergab sich für die EFTA aber auch die paradoxe Situation, dass mit der Verwirklichung der europaweiten Freihandelszone für industrielle Güter die vertraglichen Ziele zwar weitgehend erreicht worden waren, sie jedoch an Bedeutung und Attraktivität gegenüber der EG verloren hatte und auf die Funktion der bloßen Verwaltung des Freihandels reduziert zu werden drohte.

1984–89: EG-Binnenmarkt und Luxemburg-Prozess

Vor dem Hintergrund der Beseitigung der letzten quantitativen Restriktionen fand im April 1984 in Luxemburg ein gemeinsames Ministertreffen von EG und EFTA statt. Bei dieser ersten gemeinsamen Ministertagung beschloss man, die bestehende Kooperation fortzusetzen und auf Basis eines neuen multilateralen Dialoges den so genannten Luxemburg-Prozess zu etablieren. In diesem Zusammenhang wurde erstmals vom Konzept eines dynamischen Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) gesprochen, der einen Ausbau des freien Handels gewährleisten sollte.

Aus Sicht der EG aber war die bislang angewandte Form des bilateralen Dialogs mit einzelnen EFTA-Staaten nicht mehr geeignet, weil individuelle Verhandlungen die homogene Ausgestaltung der externen Beziehungen der EG erschwerten. Durch Ausklammerung sensibler Bereiche, wie z. B. der Landwirtschaft oder dem freien Personenverkehr, wurde aus Sicht der EG der Eindruck erweckt, dass sich die EFTA-Staaten ökonomische Vorteile verschaffen würden, ohne entsprechende Gegenleistungen zu erbringen.

1987 hatte die – ein Jahr zuvor um Spanien und Portugal erweiterte – EG in der Einheitlichen Europäischen Akte außerdem beschlossen, bis 1992 einen Europäischen Binnenmarkt zu verwirklichen. Auf der EFTA-Ministerkonferenz von Interlaken 1987 verkündete die EG-Kommission deshalb drei Prinzipien für die zukünftige Gestaltung der Beziehungen zur EFTA:

  • die Priorität des eigenen Integrationsprozesses gegenüber dem Ausbau externer Relationen,
  • die Bewahrung interner Entscheidungsautonomie und die Abwehr externer Einflüsse auf die innere Autonomie,
  • die Sicherstellung einer ausgewogenen Verteilung von Rechten und Pflichten (advantages and obligations).

Die Priorität der Vollendung des Binnenmarktes gegenüber einem Ausbau der externen Beziehungen der EG bedeutete, dass die traditionelle Vorgehensweise der EFTA, eine nur schrittweise vollzogene Annäherung an die EG zu betreiben, nun nicht mehr erfolgreich sein würde. Für die EFTA-Staaten bestand damit erneut die Gefahr der Marginalisierung durch die EG. Zwar waren EFTA und EG gemessen am Außenhandel zum jeweils wichtigsten Wirtschaftspartner des anderen geworden, aufgrund ihrer Größe waren die EFTA-Länder jedoch weit stärker von der EG abhängig als umgekehrt. Als Nichtmitglieder verfügten sie jedoch über kein politisches Mitbestimmungsrecht innerhalb der EG.

1989–95: EWR und zweite EG-Norderweiterung

In der Situation des zum Stillstand gekommenen Luxemburg-Prozesses unterbreitete im Januar 1989 der Präsident der EG-Kommission, Jacques Delors, den Vorschlag, die Annäherung zwischen EG und EFTA auf eine neue institutionelle Basis zu stellen. Die EFTA-Staaten sollten als Ganzes in den Gemeinsamen Markt eingebunden und in gemeinsame Entscheidungs- und Verwaltungsprozesse integriert werden.

Die Delors-Initiative wurde von den EFTA-Staaten positiv aufgenommen, bedeutete dies doch für sie eine Öffnung des Gemeinsamen Marktes auf Basis der vier Grundfreiheiten, ohne an den gemeinsamen EG-Politiken teilnehmen zu müssen: ausgeklammert aus den ab 1990 offiziell geführten EWR-Verhandlungen blieben z. B. die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik, die Agrarpolitik, die Verkehrspolitik, die Steuer- und Finanzpolitik und die Teilnahme an der geplanten Wirtschafts- und Währungsunion.

Zwar fiel es den einzelnen EFTA-Staaten zunächst schwer, die stark differierenden nationalen Interessen in einer gemeinsamen Position zu vereinen, grundsätzlich war man aber bereit, den Standpunkt der EG, das bestehende EG-Recht in vollem Umfang beizubehalten und die Regeln des Binnenmarktes auf den EWR zu übertragen, zu akzeptieren. Der Acquis communautaire (rechtlicher Besitzstand der EG) wurde jedoch nur als Ausgangspunkt betrachtet, um unter Berücksichtigung spezifischer nationaler Interessen zu individuellen Übergangs- und Sonderregelungen zu gelangen. Insbesondere wurden eine angemessene aktive Beteiligung bei der Gestaltung zukünftigen EWR-Rechts gefordert.

Durch den Zusammenbruch der sozialistischen Systeme in Osteuropa hatten sich jedoch die internationalen politischen Rahmenbedingungen entscheidend verändert, und die EG konnte noch stärker als politisches und ökonomisches Kraftzentrum in Europa in Erscheinung treten. Mit Beendigung des Ost-West-Konfliktes hatte für viele EFTA-Staaten die Neutralitätspolitik ihren dominierenden Charakter verloren und die politische Rechtfertigung für eine Sonderbehandlung der EFTA-Staaten war entfallen. Dies bedeutete, dass die EG nur noch zu wenigen Zugeständnissen bereit war und kompromisslos auf den eigenen Standpunkten beharren konnte.

Dies zeigte sich vor allem bei solchen Fragen, die die Mitbestimmung und die Auslegung von europäischem Recht betrafen. Die EFTA-Staaten mussten sich zwar verpflichten, sich am finanziellen Ausgleich strukturschwacher europäischer Regionen finanziell zu beteiligen, eine echte Mitbestimmung im von der EG dominierten EWR-Ministerrat, -Gerichtshof und im Gemeinsamen Komitee wurde ihnen jedoch nicht zugestanden; insbesondere das Europäische Parlament und der Europäische Gerichtshof hatten sich diesen Forderungen vehement widersetzt. Außerdem mussten sie eine automatische Übernahme aller zukünftigen Acquis akzeptieren, ohne am politischen Prozess beteiligt zu werden.

Insgesamt eröffnete der EWR zwar allen beteiligten Staaten die Erschließung großer Marktpotenziale und verschaffte den EFTA-Staaten zudem gewisse Privilegien gegenüber den osteuropäischen Ländern, aus Sicht der EFTA-Staaten war damit jedoch das eigentliche Ziel, die Chancengleichheit zwischen EG- und EFTA-Staaten zu wahren und der drohenden Marginalisierung zu entgehen, verfehlt. Der EWR stellte somit keine echte Alternative zur EG-Mitgliedschaft dar. Da eine echte Mitwirkung an politischen Entscheidungsprozessen in der EG nur als Vollmitglied erreicht werden könne, entschieden sie sich sukzessiv, den Beitrittsantrag zu stellen. Auf Österreich (1989) und Schweden (1991) folgten 1992 Finnland, die Schweiz und Norwegen, wodurch die EWR-Verhandlungen in gewisser Weise den Charakter von vorgezogenen EG-Beitrittsverhandlungen annahmen.

Dennoch wurde die Schaffung des EWR zum 1. Januar 1993, parallel zum Beginn des EG-Binnenmarktes beschlossen. Das EWR-Abkommen trat am 1. Januar 1994 in Kraft. Während die norwegische Bevölkerung 1994 bereits zum zweiten Mal den EG-Beitritt ablehnte und die Schweiz auch das EWR-Abkommen nicht ratifizierte, traten Österreich, Finnland und Schweden zum Januar 1995 der Europäischen Union bei.

nach 1995: Die EFTA heute

Seit 1995 wird die EFTA nur noch von Island, Liechtenstein, Norwegen und der Schweiz gebildet. Trotz großer Heterogenität und stark differierender wirtschaftspolitischer Interessen beschlossen aber die EFTA-Minister bei ihren gemeinsamen Treffen im Dezember 1994 und Juni 1995, die EFTA als Zweckverband fortzuführen und als Pfeiler im EWR zu erhalten. Gemäß einem Beschluss von 1999 wurde das EFTA-Übereinkommen zum 1. Juni 2002 um die so genannte Vaduzer Konvention ergänzt, um eine Anpassung an die EWR-Vereinbarungen (bzw. die Nichtteilnahme der Schweiz) sowie die 1995 etablierte WTO zu erreichen. Die Aufgabe der EFTA beschränkt sich heute vorwiegend auf die Verwaltung und Umsetzung der EFTA-Konvention (EFTA-interner Handel), das EWR-Abkommen sowie dem Abschluss von Freihandelsabkommen mit Drittländern, die seit den 1990er Jahren verstärkt geschlossen wurden.

Eine Aufnahme neuer Mitglieder war nach Ablehnung des slowenischen Beitrittsgesuches im Herbst 1995 hingegen unwahrscheinlich geworden. Trotzdem haben gewisse Länder, unter anderem Algerien, Interessen bezüglich eines Beitrittes angemeldet.[3] Eine zeitweilig diskutierte Funktion als Warteraum für osteuropäische Länder, die über einen mit der EFTA-Mitgliedschaft verbundenen EWR-Beitritt in kleinen Schritten an die EU hätten herangeführt werden können, erwies sich als zu wenig attraktiv. In der politischen Praxis wurde diese Idee deshalb nicht weiter verfolgt.

Freihandelsabkommen

  • Ägypten
  • Albanien
  • Chile
  • Golf-Kooperationsrat (Bahrain, Kuwait, Oman, Katar, Saudi-Arabien, Vereinigte Arabische Emirate)
  • Hongkong, Volksrepublik China
  • Israel
  • Jordanien
  • Kanada
  • Kolumbien
  • Korea, Süd
  • Kroatien
  • Libanon
  • Mazedonien
  • Mexiko
  • Marokko (ohne Westsahara)
  • Palästinensische Autonomiegebiete
  • Peru
  • Serbien
  • Singapur
  • Südafrikanische Zollunion (Botsuana, Lesotho, Namibia, Südafrika, Swasiland)
  • Tunesien
  • Türkei
  • Ukraine

Verhandlungen über Freihandelsabkommen

  • Algerien
  • Bosnien und Herzegowina
  • Indien
  • Indonesien
  • Montenegro
  • Russland/Belarus/Kasachstan
  • Thailand

Erklärung über Zusammenarbeit/Dialog über engere Handels-und Investitionsbeziehungen

  • Zentralamerikanische Staaten (Costa Rica, El Salvador, Guatemala, Honduras)
  • Malaysia
  • Mauritius
  • Mercosur (Brasilien, Argentinien, Uruguay, Paraguay)
  • Mongolei
  • Panama
  • Vietnam

Siehe auch

Literatur

  • Beyer, W. (1993), EFTA - woher und wohin?, in: FIW-Berichte Nr. 6 (1993).
  • Curzon Price, V. (1997), The European Free Trade Association, in: A. M. El-Agraa (Hrsg.), Economic Integration Worldwide, London: Macmillan. ISBN 0-333-65483-8
  • EFTA (1980), Die EFTA an einem Scheideweg, Genf: EFTA.
  • EFTA (2000), EFTA 1960-2000. 40 Years, Genf: EFTA.
  • Hug, Peter (1994), Neue Unübersichtlichkeit bei den Neutralen - Die internationale Politik von Finnland, Österreich, Schweden, Schweiz 1992/93 in: Österreichisches Studienzentrum für Frieden und Konfliktlösung u. a. [Hrsg.]: Friedensbericht 1994 - Krieg und gewaltfreie Konfliktlösung, Chur/Zurich ISBN 3-7253-0503-X S. 43–60
  • Nell, P. G. (1990), EFTA in the 1990 s: The Search for a New Identity, in: Journal of Common Market Studies, Vol. 23, Nr. 4 (1990).
  • Steppacher, Burkard (2007), Die andere Nachbarschaft: Die EFTA-Staaten Norwegen, Island, Schweiz und Liechtenstein, in: Werner Weidenfeld / Wolfgang Wessels (Hrsg.), Jahrbuch der Europäischen Integration 2007, Baden-Baden 2007, S. 261–264.

Einzelnachweise

  1. http://edition.cnn.com/2009/WORLD/europe/07/17/iceland.eu.application/index.html?eref=edition_business
  2. rulers.org: European Free Trade Association (englisch)
  3. News.ch: Couchepin unterstützt EFTA-Beitritt Algeriens, 27. Mai 2007

Weblinks


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