SA-4 Ganef

SA-4 Ganef
SA-4 Ganef

Sa-4.jpg

Allgemeine Angaben
Typ: Flugabwehrlenkwaffe
Hersteller: Konstruktionsbüro Ljulew
Entwicklung: 1957
Technische Daten
Länge: 8,84 m
Durchmesser: 860 mm
Gefechtsgewicht: 2.453 kg
Spannweite: 2.600 mm
Antrieb:
Erste Stufe:
Zweite Stufe:

4 Feststoffbooster
Staustrahltriebwerk
Geschwindigkeit: Mach 4
Reichweite: 50 km
Ausstattung
Zielortung: SACLOS via Funk
Gefechtskopf: 135 kg FRAG-HE
Zünder: Aufschlag- oder Funk-Näherungszünder
Waffenplattformen: Kettenfahrzeug
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SA-4 Ganef ist der NATO-Codename für den mobilen sowjetischen Flugabwehrraketen-Komplex 2K11 Krug (deutsch: 'Kreis') mit zweistufigen radargelenkten Flugabwehrraketen 3M8 und deren Modifikationen, die mit ihren Ramjet-Antrieben hohe Reichweiten erzielten. Der Komplex wurde ab 1967 bei der Sowjetarmee, später auch bei der NVA und den anderen Armeen des Warschauer Pakts eingeführt.

Inhaltsverzeichnis

Entwicklung

Die wachsende Stärke der NATO-Luftstreitkräfte Ende der 1950er-Jahre machte die Schwächen der SA-1 Guild immer deutlicher. Man erkannte die Notwendigkeit eines neuen, wirksameren Flugabwehrsystems. Das Ljulew-Konstruktionsbüro entwickelte daraufhin den Komplex SA-4 Ganef, ein Flugabwehrsystem gegen Ziele in mittleren bis großen Höhen.

Es wurden vier Varianten der SA-4 (3M8, 3M8M, 3M8M1, 3M8M2; später umbenannt in: 9M8, 9M8M, 9M8M1 und 9M8M2) bekannt, die sich nur geringfügig unterscheiden. Im Gegensatz zu den vorherigen sowjetischen SAMs (SA-1, SA-2, SA-3) handelte es sich bei der SA-4 um ein mobiles Flugabwehrsystem, bei dem sowohl die beiden Raketen als auch das H-Band-Feuerleitradar 'Pat Hand' auf einem Kettenfahrgestell GM123 (für die Startrampe 2P24) bzw. GM124 (für die Raketenleitstation 1S32) montiert waren. Das Zielerfassungs- und Zuweisungsradar P-40 für Regimentsgefechtsstand bzw. 1S12 für Abteilungsgefechtsstand, Long Track (E-Band) wurde auf ein AT-T-Fahrgestell montiert, das als Selbstfahrlafette für schwere Artillerie konzipiert worden war. Damit konnte die SA-4 schnell verlegt werden, was bei den Vorgängersystemen, besonders bei der SA-1, größeren Aufwand bedeutete. Nach der Einführung der ersten Variante (SA-4a, 9M8M1) bei den Streitkräften im Jahr 1967 folgte 1973 die SA-4b (9M8M2). Hier wurde die Fähigkeit zum Abfangen von Zielen auf kürzere Entfernungen auf Kosten der Maximalhöhe und -reichweite verbessert.

Eine typische SA-4-Batterie bestand aus einer Raketenleitstation 1S32 (RLS) (Long-Track-Zielerfassungsradar), drei Startrampen 2P24 (SR) (TEL – Transporter-Erector-Launcher) mit jeweils zwei Fla-Raketen 3M8, sowie einem Transportladefahrzeug 2T6 (TLF). Dies war ein mit einem Spezialkran ausgestatteter LKW vom Typ Ural-375D, der den Nachschub sowie das Be- und Entladen einer einzelnen Rakete im Zusammenwirken mit der Startrampe sicherte. Das Nachladen einer Startrampe mit zwei Raketen dauerte zwischen 10 und 15 Minuten, dazu waren allerdings zwei TLF notwendig.

Obwohl die SA-4 Ganef in den 1960er-/1970er-Jahren als effektives Flugabwehrsystem galt, ist sie nach heutigen Maßstäben (2005) aufgrund der geringen Zielgenauigkeit der Raketen und der leichten Bekämpfbarkeit ihrer aktiven Radarstationen als veraltet zu betrachten.

Technik

SA-4 der Nationalen Volksarmee während der Parade zum 39. Jahrestag DDR-Gründung

Die SA-4 Ganef wurde als Flugabwehrsystem gegen Ziele in mittleren bis großen Höhen konzipiert, als Ergänzung zu den Mittelstreckensystemen SA-6 Gainful und Kurzstreckensysteme wie SA-8. Die Raketen weisen eine Länge von 8,8 m (SA-4a) bzw. 8,3 m (SA-4b) auf. Die effektive Reichweite beträgt 8 bis 55 km. Feindliche Ziele können in Höhen von 100 m bis 27.000 m bekämpft werden (~24.000 Meter bei der b-Variante).

Die vier außen auf dem Raketenkörper montierten Starttriebwerke (Feststoffraketen) brennen etwa 15 Sekunden und beschleunigen die Rakete auf eine solche Geschwindigkeit, dass das Marschtriebwerk (luftatmender Ramjet-Motor) gestartet wird und konstant arbeitet. Das Marschtriebwerk beschleunigt die Rakete weiter auf eine Geschwindigkeit von bis zu 4 Mach, so dass diese sich von den umgebenden Starttriebwerken lösen kann. Dies erfolgt ungefähr in einer Entfernung von etwa 3,5 km. Im gleichen Moment wird die Steuerung der Rakete aktiviert und der Lenkprozeß seitens der Raketenleitstation beginnt.

Der Sprengkopf wiegt 150 kg, davon entfallen 90 kg auf den Sprengstoff; er wird in etwa 300 m hinter der Startrampe scharf geschaltet. Der Sprengsatz ist mit etwa 15.000 auf Stoffbahnen aufgeklebten Stahlwürfeln (Kantenlänge 3–4 mm) umwickelt, die ein Netz bilden, dessen Knoten die Hülle eines Flugzeugs bei der hohen Geschwindigkeit mühelos durchschlagen. Eine Detonation im Abstand von 250 bis 300 m ist damit ausreichend zur Vernichtung beliebiger Luftziele.

Die Elektronik des Systems basierte größtenteils auf Röhren, die nach einem elektromagnetischen Puls (EMP) relativ einfach ausgetauscht werden konnten.

Die Fahrzeuge besaßen ein auf einem Gyroskop basierendes System zur Ortsbestimmung. Der Navigationskreisel wurde an einem Ort mit bekannten Koordinaten gestartet und konnte über ein elektromechanisches System die Standortveränderung bei der Fahrt berechnen.

Die Startrampen und die Raketenleitstation besaßen jeweils eine Gasturbine zur Stromversorgung, konnten aber auch über Kabel mit Fremdstrom aus einem mitgeführten Aggregat PES 100 versorgt werden.

Steuerung

Die Rakete wird mit Hilfe einer Fernsteuerung von einer Raketenleitstation ins Ziel gelenkt. Das Long-Track-Radar kann hierfür Ziele in bis zu 300 km Entfernung und bis zu 30.000 Metern Höhe erfassen und Ziele in bis zu 150 km Entfernung den Stellungen zuweisen. Die vom Long-Track-Radar gesammelten Daten werden dann an die SA-4-Batterie geleitet, wo das 'Pat-Hand'-Feuerleitradar (H-Band) übernimmt. Das Radar kann Ziele auf bis zu ~125 km Entfernung aufschalten. Der Start einer Rakete erfolgt jedoch erst bei Entfernungen von maximal 80 bis 90 km. Die Raketenleitstation verfolgt dabei per Radar das Ziel und gleichzeitig die Rakete.

In der Rakete befindet sich für den Kontakt mit der Leitstation ein Antwortsender. Die von der Raketenleitstation errechneten Lenkkommandos werden an die Rakete per impulskodierten Funkkommandos übertragen und führen die Rakete in die Nähe des Ziels. Nach etwa 2/3 der berechneten Entfernung zum Ziel wird der Funkzünder in der Rakete von der Raketenleitstation scharf geschaltet. Dieser aktiv abstrahlende Funkzünder registriert reflektierte Impulse und bringt das Gefechtsteil zur Explosion. Die Abstrahl- und Empfangsrichtung des Funkzünders kann von der Bodenstation in Abhängigkeit von der Annährungsgeschwindigkeit an das Ziel geändert werden.

Zusätzliche Zielinformationen können auch mittels Thin-Skin-Radar übermittelt werden, das auf einem LKW/Anhänger montiert ist und Höheninformationen bei Entfernungen von bis zu 240 km ermitteln kann. Zur Radarerfassung wurde ein elektrooptisches Zielerfassungssystem hinzugefügt, das den (eingeschränkten) Einsatz der Raketen auch unter schweren ECM-Störungen gewährleisten soll.

Startaufbau

Die Startlafette kann um 45° vertikal und 360° horizontal geschwenkt werden. Die Besatzung findet in der Vorderseite (Fahrer) sowie seitlich des Drehkreuzes Platz. Das Starterfahrzeug ist zudem mit einem Luftfilter und einem Überdrucksystem ausgestattet, welche die Besatzung gegen ABC-Einwirkungen schützen, hat jedoch keine amphibischen Fähigkeiten. Zusätzlich kann noch ein Infrarot-Nachtsichtgerät von Fahrer und Kommandant genutzt werden. Die Rampe musste manuell von den Besatzungsmitgliedern startbereit gemacht werden; dazu musste das Fahrzeug verlassen werden, was bei ABC-Waffeneinsatz problematisch wäre:

  • Entfernen der über die Raketen gezogenen Schutzplanen
  • Einschlagen einer Erdungsstange und Verlegen einer Telefonleitung zur Leitstation
  • Öffnen und Umklappen der Transportsicherung (diese fixierte sowohl die Raketen als auch die Lafette)
  • Entfernen einer Abdeckung am Heck der Rakete und Herankurbeln eines Steckverbinders der Rakete
  • Aufstecken der beim Transport demontierten Leitflächen
  • Hochfahren der Gasturbine zur Stromversorgung
  • Durchführen eines Vorstarttests

SA-4 im Einsatz bei der NVA

Besatzung einer 2P24

Die Besatzung bestand in der NVA aus

  • Kommandant (Berufsoffizier oder Berufsunteroffizier oder Unteroffizier auf Zeit)
  • Obermechaniker (Unteroffizier auf Zeit, einer der drei Mechaniker der Batterie bediente den Stromerzeuger PES 100 mit)
  • Fahrer (Unteroffizier auf Zeit)

Besatzung der 1S32

Die Besatzung bestand aus

  • Stationsleiter (Berufsoffizier: Stellvertreter des Batteriechefs und Führungszugführer)
  • Oberfunkorter1 für Winkelkoordinaten (Unteroffizier auf Zeit)
  • Oberfunkorter2 für Entfernung (Unteroffizier auf Zeit)
  • Basisfahrer (Unteroffizier auf Zeit)

Die halbjährige Ausbildung der Besatzungen erfolgte in der DDR in Zingst auf dem Darß. In etwa zweijährigen Abständen wurden Schießübungen mit scharfen Raketen auf Zielflugkörper auf einem Schießplatz (russisch: Polygon) in Kasachstan (nahe der russischen Stadt Astrachan) durchgeführt.

Standorte

Standorte von SA-4-Regimentern der Truppenluftabwehr der NVA waren Hohenmölsen (Fla-Raketenregiment 3) in Sachsen-Anhalt und Basepohl bei Stavenhagen (Fla-Raketenregiment 5) in Mecklenburg-Vorpommern.

Siehe auch

Weblinks

 Commons: 2K11 Krug – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien

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