- Saardom
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Der so genannte Saardom (amtlicher Name: Katholische Pfarrkirche Heilig Sakrament) gilt als größter Sakralbau im Saarland. Er ist die Pfarrkirche der Pfarrei Hl. Sakrament und dominiert neben der imposanten Hochofenkulisse der Dillinger Hütte das Stadtbild von Dillingen.
Inhaltsverzeichnis
Architektur
Die Kirche wurde zwischen 1910 und 1913 nach Plänen des Trierer Kirchbaumeisters Peter Marx (1871-1958) [1] vorwiegend im neoromanischen Stil erbaut, lässt aber in der für den Historismus bezeichnenden eklektizistischen Manier vor allem in der Gestaltung der Türme auch Anklänge an gotische Vorbilder erkennen (vgl. Bamberger und Naumburger Domtürme, letztlich von der Kathedrale von Laon abgeleitet). Das Querschiff zitiert detailgetreu die romanische Apsis des St. Simeons-Stiftes an der Porta Nigra in Trier.
Der Grundriss beschreibt ein lateinisches Kreuz. Der Bau besteht aus einem Langhaus mit zwei Seitenschiffen (Basilika), Querschiffen nach Westen und Osten, sowie einer Apsis nach Norden mit Kapellenkranz. Die Vierung wird von einem Vierungsturm bekrönt, der auch die doppeltürmige (asymmetrische) Fassade mit ihrer Rosette prägt.
Der oktogonale Vierungsturm verfügt über eine Zwerggalerie, die im Architekturraum des Rheinlandes öfter zu finden ist. Auch die Arme der Querschiffe und der Chor schließen mit einer Zwerggalerie ab. Die Doppelpfeiler des Langhauses sind aus Schiffweiler Sandstein gefertigt worden. Sie sind zum Mittelschiff hin gerundet und enden in reich ornamentierten Kapitellen, deren figürliches Zentrum die Seligpreisungen (Mt 5, 3-12) bilden. Die figürlichen Darstellungen in den Kapitellen des Chores zeigen die sieben Sakramente. Dabei werden sechs in den Kapitellen dargestellt (Taufe, Firmung, Krankensalbung, Buße, Priesterweihe, Ehe) und das siebte, das Altarsakrament der Eucharistie, durch den Hochaltar bzw. den Zelebrationsaltar symbolisiert.
Über den Kapitellen des Langhauses erheben sich kleine Säulchen, die Dienste tragen. Diese Dienste gehen in der Zone des Obergadens in Gurtbögen über, die das Tonnengewölbe rhythmisieren. Das Tonnengewölbe wird durch Stichkappen aufgehellt. Der Obergaden wird durch eine Balustrade zum schmalen Laufgang gemacht. Die Wölbung der Seitenschiffe geschieht durch Kreuzgrate. Das durch Halbrunde abschließende Querschiff hat Ähnlichkeit zu der Kölner Kirche St. Maria im Kapitol. Chorbereich und Apsis sind durch sieben Bögen mit dem Chorumgang verbunden. In der Längsachse schließt die Kirche im Chorumgang in einer geraden Scheitelkapelle, die links und recht von einer halbrunden Radialkapelle begleitet wird. Diese Architekturmotiv findet sich auch in der romanischen Kirche Saint Austremoine (erbaut um 1130–50) in Issoire in der Auvergne.
Auf den Säulen der Apsis ruhen gestelzte Bögen. Auf den Chorkapitellen stehen kleinere Säulen, die in die Rippen des Apsisgewölbes übergehen. Das Apsisgewölbe ist von sieben Rundbogenfenstern beleuchtet. Im Übergang zum Querschiff erweitert sich der Chorumgang zu quadratischen Kapellen, die zum Querschiff und zum Chor geöffnet sind. Die Querhausarme verfügen über jeweils fünf Fenster und sind durch Blendbögen auf Pfeilern und Säulen gegliedert. Der sich über der Vierung erhebende achteckige Vierungsturm ist kreuzgratgewölbt und ist mit Blendbögen und Biforien und Balustraden geschmückt.
Die doppeltürmige Fassade orientiert sich an spätromanischen, gotischen und historistischen Motivvorlagen. Dabei ist der linke Turm größer als der rechte. Damit versuchte der Architekt Peter Marx der Fassade in der Art eines „historischen Zeitraffers“ ein über Jahrhunderte gewachsenes Erscheinungsbild ähnlich einer mittelalterlichen Kathedrale zu geben, bei der die ausufernde Bauzeit zu verschiedenen Ausformungen der Türme führte.
Die Freigeschosse der Türme verjüngen sich nach oben. Darüber erheben sich runde Ecktürmchen, die entweder offene oder vorgeblendete Säulenarkaden vorweisen. Der linke Turm schließt mit einem oktogonalen Helm ab, der mit Giebelgauben bereichert ist. Der rechte Turm verfügt über kleine gemauerte Giebel. Die Mittelfront des Langhauses schiebt sich vor die Türme und ist von achteckigen Flankentürmchen begleitet, die die Turmtreppen aufnehmen. Die polygonale Vorhalle des Saardoms, wie auch die ganze Mittelfront des Langhauses transponiert das einige Jahre zuvor durch den Metzer Dombaumeister Paul Tornow im Auftrag Kaiser Wilhelms II. errichtete neogotische Westportal (errichtet 1900-1903) des Metzer Domes (Portikus, Maßwerkrose, Galerie, Mittelschiffgiebel) mit den beiden sich dahinter erhebenden gotischen Domtürmen beim Saardom ins Neoromanische. Der Architekt Peter Marx zitiert dabei die offizielle wilhelminische Staatsarchitektur, denn die Metzer Domfassadengestaltung war von Kaiser Wilhelm II. persönlich geprüft und genehmigt worden.
Nach ihrer teilweisen Zerstörung im Zweiten Weltkrieg weist die Vorhalle nach ihrer Neugestaltung (1946-50) durch den Künstler Günther Maas aus Saarbrücken wieder reichen Bildschmuck auf. Die über dem mittleren Bogen dargestellte Kreuzigung Jesu wird flankiert durch Darstellungen der triumphierenden Ekklesia und der blinden Synagoga sowie biblischen Personen. Motive aus der Industrieregion des Saartales bereichern den bildhauerischen Schmuck.
Darüber weitet sich eine tiefe, blendbogengeschmückte Rundbogennische (ähnlich wie beim Dom zu Aachen), die durch ein zwölfspeichiges Rosenfenster durchbrochen ist. Über der Rundbogennische erhebt sich eine Galerie, die im Mauerwerk der Treppentürmchen in Blendbogen weitergeführt ist. Insgesamt ist zu konstatieren, dass der Außenbau teilweise auf die rheinische Spätromanik zurückgreift, während sich der Innenraum an der Romanik der Auvergne (Tonnengewölbe, Kuppel auf Pendentifs, gestelzte Bögen) motivisch orientiert.
Geschichte
Als im Zuge des industriellen Aufschwungs die bisherige Pfarrkirche St. Johann für die immens angewachsene Bevölkerung zu klein geworden war, wurde der Bau einer neuen, größeren Pfarrkirche am damaligen Nordrand der Stadt geplant und unter dem damaligen Pfarrer Matthias Prior, der dann auch seine Grablege im Saardom erhielt, in Angriff genommen. Die Dillinger Hütte spendete 30.000 Reichsmark als Grundstock, die Gemeinde stellte den Bauplatz kostenlos zur Verfügung. Die Gesamtkosten beliefen sich auf ca. 1000.000 Reichsmark.[2] Nach einer dreijährigen Bauzeit konnte die neue Kirche 1913 von Michael Felix Korum konsekriert werden. Der Grundstein stammt aus den Domitilla-Katakomben. Er dokumentiert die Verbindung zu dem frühen Christentum. Der Name "Heilig Sakrament" ist vor dem Hintergrund der damaligen eucharistischen Bewegung von Papst Pius X. zu sehen. Die Kirche wird im Volksmund als Saardom bezeichnet, ist jedoch kein Dom im eigentlichen Sinne. Die Bezeichnung "Dillinger Dom" wird erstmalig in einer Festschrift von Pfarrer Prior erwähnt und von Landrat Hans Freiherr Schütz von Leerodt in einer Festansprache aufgegriffen.[2] Bedingt durch ein weiteres Anwachsen der Stadt, vor allem auch in die nördlich des neuen Saardomes gelegenen Gebiete, wurde die im Süden der Stadt befindliche Johanneskirche (im Volksmund fortan die alt Kirch genannt) wieder Sitz einer eigenen Pfarrei.
Kriegseinwirkungen
Im ersten Weltkrieg wurden 1917 vier von fünf Bronzeglocken (ca. 11000kg) für Rüstungszwecke eingeschmolzen. Sieben Jahre später kam Ersatz in Form von vier Gussstahlglocken, die bis heute erklingen[3]. Die im Zweiten Weltkrieg 1944 durch einen Luftangriff ausgelöste Explosion eines Munitionszuges auf dem Dillinger Bahnhof verursachte schwere Schäden. Eine zerstörte Fensterrose und eingestürzte Gewölbe waren die Folge. Die 1946 begonnene Wiederherstellung wurde Ostern 1953 beendet.
Ausstattung
- Das aus der ehemaligen Ausstattung der Kapelle im Dillinger Schloss stammende Triptychon aus dem frühen 16. Jahrhundert wird häufig dem niederländischen Meister Lucas van Leyden zugeschrieben. Stilistische Vergleiche lassen hingegen eine Herkunft aus der Werkstatt des Pieter Coecke van Aelst plausibel erscheinen. Das Thema des Altarbildes ist eine Anbetung der drei Könige. Das Werk wurde Anfang der 60er Jahre restauriert. Zur Weihnachtszeit wird es öffentlich ausgestellt.
- Die Orgel von Klais auf der Empore des Langhauses ist die vormalige Konzertorgel des Kölner Gürzenich, die 1996 für den Saardom erworben wurde. Sie hat 57 Registern auf Kegelladen; als Besonderheit wurde im Saardom als Effektregister ein Glockenspiel als Fernwerk im Vierungsturm eingebaut. Die Akustik der Orgel im Saardom konnte dabei gegenüber dem ursprünglichen Einbauort noch verbessert werden. Die Trakturen des Instruments sind elektrisch.[4]
I Hauptwerk C–g3
1. Bordun 16' 2. Prinzipal 8' 3. Grobgedeckt 8' 4. Gemshorn 8' 5. Oktave 4' 6. Blockflöte 4' 7. Nasat 22/3' 8. Oktave 2' 9. Sesquialtera II 22/3' 10. Mixtur VI-VIII 2' 11. Scharf IV 1' 12. Trompete 16' 13. Trompete 8' 14. Trompete 4' II Oberwerk C–g3 15. Rohrflöte 8' 16. Quintadena 8' 17. Salocional 8' 18. Principal 4' 19. Kleingedeckt 4' 20. Octave 2' 21. Waldflöte 2' 22. Gemsquinte 11/3' 23. Sifflöte 1' 24. Terzsept 11/7+4/5' 25. Scharf V-VI 1' 26. Cimbel II 27. Holzdulcian 16' 28. Krummhorn 8' Tremulant Röhrenglocken III Schwellwerk C–g3 29. Stillgedeckt 16' 30. Principal 8' 31. Englische Gambe 8' 32. Schwebung 8' 33. Flöte (überblasend) 8' 34. Octave 4' 35. Quinte 22/3' 36. Spitzflöte 2' 37. Terzflöte 13/5' 38. Mixtur IV-VI 11/3' 39. Basson 16' 40. Oboe 8' 41. Trompette harmonique 8' 42. Clairon 4' Tremulant Pedal C–f1 43. Untersatz 32' 44. Prinzipal 16' 45. Subbaß 16' 46. Stillgedackt 16' 47. Octave 8' 48. Gedeckt 8' 49. Octave 4' 50. Flöte 4' 51. Nachthorn 2' 52. Hintersatz IV-V 22/3' 53. Mixtur V-VI 2' 54. Posaune 16' 55. Metalldulcian 16' 56. Trompete 8' 57. Schalmei 4' - Koppeln: II/I, III/I, III/II, I/P, II/P, III/P, I 4'/P
- Spielhilfen: 2048-fache Setzeranlage, Sequenzer, Diskettenlaufwerk, Crescendowalze.
- Die erste Orgel des Dillinger Saardoms wurde 1914 von der Firma Johannes Klais (Bonn) erbaut. Sie hatte 45 Register, verteilt auf drei Manualen und Pedal. Ihre Disposition im deutsch-romantischen Stil war nahezu identisch mit der Stadthallenorgel der Stadt Viersen. Sie wurde im Zweiten Weltkrieg durch einen Granateinschlag zu 80 % zerstört.
Glocken
Seit 1924 existiert ein 4-stimmiges Gußstahlgeläut vom Bochumer Verein. Die größte Glocke wird nur an hohen Feiertagen geläutet.
Nr. Nominal Gussjahr Glockengießer 1 b0 1924 Bochumer Verein 2 d1 1924 Bochumer Verein 3 f1 1924 Bochumer Verein 4 g1 1924 Bochumer Verein Trivia
Einer Anekdote[5] nach zeigt ein in Sandstein geschlagenes Abbild im Saardom Johannes Hoffmann. Das Relief sollte ursprünglich zum Dank für die Zuwendungen Johannes Hoffmanns zur Beseitigung der im Zweiten Weltkrieg entstandenen Kriegsschäden angebracht werden. Da jedoch die Unterstützung geringer ausfiel als versprochen, wurde das Relief für den Kirchenbesucher unsichtbar über dem Kirchenschiff angebracht.
Weblinks
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Commons: Saardom – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
- Literatur über den Saardom in der Saarländischen Bibliographie
- Informationen zu Saardom im BAM-Portal
Einzelnachweise
- ↑ Sandra Ost: MARX, Peter. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 25, Nordhausen 2005, ISBN 3-88309-332-7, Sp. 917–920.
- ↑ a b Manfred Kostka, Warnfried Bartmann; Pfarramt Hl. Sakrament, Dillingen (Hrsg.): Saardom Dillingen. Dillingen 1997.
- ↑ Geläut
- ↑ Zur [http(:)//www(.)trierer-orgelpunkt(.)de/dillingen.htm Domorgel]
- ↑ Bild (Zeitung) 18. August 2008
49.3563888888896.7261111111111Koordinaten: 49° 21′ 23″ N, 6° 43′ 34″ OKategorien:- Kirchengebäude im Landkreis Saarlouis
- Kirchengebäude im Bistum Trier
- Baudenkmal im Landkreis Saarlouis
- Dillingen/Saar
- Kirchengebäude des Historismus im Saarland
- Erbaut in den 1910er Jahren
- Disposition einer Orgel
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