Salem International College

Salem International College
Schloss Salem (Südansicht)
Schloss Salem (Nordansicht)

Die Schule Schloss Salem ist ein deutsches Internat mit Hauptsitz in der ehemaligen Reichsabtei Salem in der Gemeinde Salem, unweit des Bodensees. Gegründet wurde die Schule 1920.

Von Anfang an wurden auf Salem Jungen und Mädchen aufgenommen. Die Gründer Kurt Hahn, Karl Reinhardt und Maximilian von Baden hatten aus ihrer reformpädagogischen Überzeugung eine Reihe von – weiter entwickelten – immer noch verbindlichen Grundsätzen für Salem erarbeitet.

Inhaltsverzeichnis

Standorte

Die Schule Schloss Salem besteht heute aus drei Teilschulen, der Unterstufe Burg Hohenfels, der Mittelstufe Schloss Salem sowie der Oberstufe mit den beiden Überlinger Standorten Schloss Spetzgart und dem neu hinzugekommenen Härlen. Insgesamt besuchen 670 Schüler die Salemer Schulen, davon 610 intern und 60 extern, etwa 40 % Mädchen und 60 % Jungen; fast 20 % der Schüler sind Ausländer.

Geschichte

1920 bis 1933

Maximilian von Baden (1867–1929), der letzte Reichskanzler des kaiserlichen Deutschland, der Politiker und Pädagoge Kurt Hahn und der Wirkliche Geheime Regierungsrat Karl Reinhardt gründeten die Schule Schloss Salem im April 1920. Aus den persönlichen Erfahrungen in der Zeit des Kaiserreiches und des Ersten Weltkrieges erhielt Salem bei Gründung den politischen Auftrag einer Erziehung zur Verantwortung, gestützt auf Reinhardts Reformen. Ziel war die Erziehung einer neuen geistigen Elite Deutschlands nach dem verlorenen Krieg.

Die Gründer, vor allem Kurt Hahn und Karl Reinhardt, gaben der Schule zu Beginn eine reformpädagogische Prägung, die parallel zur Modernisierung von Erziehung und Unterricht bis heute für das Internat von Bedeutung ist. So ist Salem seit seiner Gründung im Jahre 1920 koedukativ.

In den zwanziger und dreißiger Jahren folgten weitere Schulgründungen von Teilschulen an verschiedenen Standorten in der Nachbarschaft des Salemer Schlosses, die die Salemer Erziehung strukturell bis heute prägen. Stufenschulen wie z.B. die Juniorenschule Hohenfels (gegründet 1931) sollen die Möglichkeit altersgemäßer, individueller Erziehung bieten.

1933 bis 1945

In der Zeit des Nationalsozialismus ging Salem durch eine schwierige Phase. Kurt Hahn, der Jude war, wurde bereits im März 1933 verhaftet und musste im Juli des Jahres nach England emigrieren. Dort hatte er Anteil an der Gründung des Internats Gordonstoun in Schottland.

Zwar konnte Salem in dieser Zeit noch um den heute wichtigen Standort Spetzgart erweitert werden, zwei andere mussten jedoch für Jahre schließen. Im August 1941 wurde Salem unter die Aufsicht der Inspektion deutscher Heimschulen gestellt und die SS übernahm für die Jahre bis Kriegsende die Leitung und Aufsicht der Schule. Im Juli 1945 wurden die Salemer Schulen aufgelöst.

1945 bis 1970

Bereits im November 1945 eröffnete Salem unter der Leitung von Marina Ewald und mit Unterstützung von Berthold von Baden wieder. Die anderen Teilschulen folgten in den nächsten Jahren. 1950 erfolgte die Gründung der Altsalemer Vereinigung (ASV).

In den nächsten Jahren gelang der Schule unter der wechselnden Leitung von Georg Wilhelm von Hannover, Axel von dem Bussche, Horst Freiherr von Gersdorff und Hartwig von Bernstorff bis in die sechziger Jahre hinein seine Konsolidierung.

Kurt Hahn hatte nach dem zweiten Weltkrieg Anteil an der Gründung folgender Schulen, die sich an seinen pädagogischen Prinzipien orientieren:

  • 1949: Anavryta, Griechenland
  • 1949: Louisenlund, Deutschland
  • 1955: Battisborough, England
  • 1959: Rannoch, Schottland
  • 1959: Box Hill, England
  • 1965: Athenian School, USA

Eine weitere Schulgründung ist darüber hinaus das Atlantic College in Wales, das im August 1962 mit 54 Schülern eröffnete und heute bemüht ist, mit anderen sogenannten United World Colleges auf pädagogische Standards internationaler Erziehung zu setzen.

Zum 80. Geburtstag von Kurt Hahn im Juni 1966 ging es einen Schritt zur Internationalisierung Salems: bei den Feierlichkeiten wurde die sogenannte Round Square Conference, benannt nach einem Gebäude in Gordonstoun, gegründet. Dieser internationale Zusammenschluss von Internatsschulen auf der ganzen Welt legte einen Grundstein für die Internationalität, die heute in Form des International Baccalaureate, internationaler Schüler- und Lehrerschaft und einem weit ausgestalteten System von Schüleraustausch auf der ganzen Welt ihren Ausdruck finden soll.

seit 1970

Trotz der wirtschaftlich schwierigen Lage Salems in den frühen siebziger Jahren wurde unter Leitung von Ilse Lichtenstein-Rother und ab 1974 unter Leitung von Bernhard Bueb dem Oberstufenkolleg in Spetzgart Gestalt gegeben. Darüber hinaus kam es zu einer Fortentwicklung der anderen Salemer Teilschulen. Kurt Hahn begleitete diese Entwicklung bis zu seinem Tod 1974.

Mitte der achtziger Jahre geriet Salem durch ein Zerwürfnis mit dem markgräflichen Hause und der Kündigung der Nutzungsrechte des Salemer Schlosses in eine bedrohliche Lage. 1996 wurde eine Einigung zwischen dem markgräflichen Haus und der Schule mit einem langfristigen Miet- und Pachtvertrag erreicht.

Im Folgenden erfolgte durch die Leitung Salems mit Unterstützung der Altsalemer Vereinigung und des Vorstandes des Trägervereins der Schule die Neugründung des Salem International College in Überlingen. Dabei handelte es sich mit einem Aufwand von etwa 70 Millionen DM um das größte Schulbauprojekt Deutschlands (Realisierung durch Arno Lederer, Jórunn Ragnarsdóttir und Marc Oei, Stuttgart). Nach mehr als 30 Jahren kam es im Jahr 2005 zu einem Wechsel in der Schulleitung, wobei Ingrid Sund die Gesamtleitung und gleichzeitig Pelham Lindfield-Roberts die Leitung der Oberstufe übernahm, die lange Dieter Plate innegehabt hatte.

Der doppelte Neuanfang führte bald zu Spannungen im Leitungsgremium. Nach nur neun Monaten gab der Internatsvorstand die Trennung von Lindfield-Roberts bekannt. Anfang September trat auch Sund von ihrer Position zurück und wechselte zur Urspringschule. Parallel wurde der Vorstand des Internatsvereins neu gewählt.

Nach einer Neuorientierungsphase ohne Schulleiter bekleidet seit dem 1. Januar 2007 Eva Marie Haberfellner diese Position.

Bekannte Schüler Salems (Ehemalige)

Konzept

Erfahrungsgestützte Einheit von Erziehung und Unterricht, von Leben und Lernen, ob in sozialer, akademischer oder musisch-kreativer Perspektive, ist Leitvorstellung der Salemer Pädagogik. Dieses Konzept wurde bereits 1930 von Kurt Hahn für die von ihm gegründeten Schulen in seinen so genannten Sieben Salemer Gesetzen zusammengefasst. Die Salemer Dienste, Handwerk, Sport, Musik, Theater, Erlebnispädagogik, eine Vielzahl von Arbeitsgemeinschaften und nicht zuletzt das Erfahrungsfeld Internat stehen zusammen mit dem schulischen Unterricht für den ganzheitlichen Erziehungs- und Bildungsanspruch Salems.

Während der Siebziger- und Achtzigerjahre hatte die Schule unter ihrem Leiter Bernhard Bueb mit deutlichen Leistungs- und Disziplinproblemen unter der Schülerschaft zu kämpfen. Verbunden mit der Herkunft der meisten Schüler aus begüterten Elternhäusern geriet Salem in den Ruf einer Verwahranstalt für wohlstandsverwahrloste Kinder.

Unter diesem Eindruck wandte sich Bueb eindeutig konservativeren Ideen zu und vertritt nun eine wesentlich autoritärere und leistungsbezogenere Pädagogik, die er in seinem 2006 erschienenen Buch "Lob der Disziplin" darlegt. Lehrer müssten von der Liebe zu ihren Schülern geleitet sein. Kinder und Jugendliche sollten unter strenger Aufsicht ihre Talente ganzheitlich entwickeln und an eigene Verantwortung herangeführt werden. Bueb beklagt die Diskreditierung jeglicher Autorität durch die Erfahrung des Nationalsozialismus. Furcht spiele eine positive Rolle in der Erziehung, weil die Furcht vor Strafe den Respekt vor Regeln und Grenzen fördere. Diese Positionen erfuhren harsche öffentliche Kritik. Konkret führte Salem wesentlich strengere Strafen bis hin zum Schulverweis und auch stichprobenartige Drogentests ein.

Abschlüsse

Heute kann an dem staatlich anerkannten Gymnasium in Salem sowohl das deutsche Abitur (Allgemeine Hochschulreife nach baden-württembergischem Recht) abgelegt werden als auch in englischer Sprache das International Baccalaureate (IB).

Zusammensetzung der Schülerschaft

Salem schreibt alljährlich Schulen in ganz Deutschland an, um interessierte Schüler für das Internat zu gewinnen. Auch ist Salem bekannt für dessen Internationalität und Präsenz in internationalen Organisationen (z. B. Round Square Conference). Es werden etwa an ein Drittel der Schüler Stipendien oder Teilstipendien vergeben; mit Leistungsstipendien wendet sich die Schule an besonders begabte und interessierte Schüler.

Schulleitung und -trägerschaft

Traditionell befindet sich die Schule in freier Trägerschaft des gemeinnützigen Vereins "Schule Schloss Salem e. V.". Dieser setzt sich hauptsächlich aus Altschülern der Schule zusammen, die alle fünf Jahre gewählt werden. Zusätzlich können neue Kandidaten, auch durch Nichtmitglieder, z. B. durch den Elternbeirat oder die Schulleitung, vorgeschlagen werden.

Der Vorstand des Internatvereins besteht aus 7 Vereinsmitgliedern, die in der Vollversammlung auf jeweils drei Jahre gewählt werden. Die Mitglieder des Vorstandes haften nach den Regeln des Vereinsrechts.

Der Vorstand überträgt seine Kompetenzen mit einer Generalvollmacht auf das von ihm bestimmte Leitungsgremium, welches sämtliche operativen Tätigkeiten übernimmt. Das Leitungsgremium umfasst den Gesamtleiter, den Geschäftsführer und den Studienleiter, sowie die Leiter der drei Teilschulen. Die Arbeit des Gremiums wird vom Vorstand kontrolliert, welcher wiederum durch den Internatsverein legitimiert wird. Dieser bedarf als Besitzer der Schule keiner weiteren Legitimation.

Auf der Suche nach den Nachfolgern für Bernhard Bueb, Gesamtleiter von 1973-2005, und Dieter Plate, Stufenleiter der Oberstufe von 2001-2005, hat es das erste Mal in der Geschichte Salems ein transparentes Auswahlverfahren gegeben, bei dem eine Vielzahl verschiedener Personen aus dem Umfeld des Internats (z. B. Mitglieder des Elternbeirats, Schüler und Mitarbeiter) ein Mitspracherecht hatten. Nach der 4 Jahre andauernden Suche traten 2005 Ingrid Sund, Gesamtleitung, und Pelham Lindfield Roberts, Oberstufenleitung, die Nachfolge an. Im Juni 2006 jedoch trat Lindfield Roberts noch vor Ende des Schuljahres im gegenseitigen Einvernehmen mit dem Leitungsgremium vom Amt des Oberstufenleiters zurück und wurde durch Christian Niederhofer, Geschäftsführer der Schule Schloss Salem, ersetzt. Niederhofer wird das Amt des Geschäftsführers und des Oberstufenleiters bekleiden, bis ein Nachfolger für Lindfield Roberts gefunden ist. Im September gab der Vorstand des Internatsvereins bekannt, dass Ingrid Sund die Leitung der Schule zum Schuljahresbeginn niederlegen wird. Im November 2006 wurde bekanntgegeben, dass die Gesamtleitung ab dem 1. Januar 2007 von Eva-Maria Haberfellner übernommen wird.

Weiteres

Salem gehört der Round Square Conference an, einem internationalen Zusammenschluss von Internatsschulen mit gemeinsamer Zielsetzung. Diese Schulen unternehmen zusammen Projekte und pflegen einen regen Schüleraustausch quer über alle Kontinente. Außerdem ist Salem Mitglied in der Vereinigung deutscher Landerziehungsheime, LEH.

Von Salem ausgehend wurden die Internate Schule Birklehof 1932 und Stiftung Louisenlund 1949 gegründet.

Literatur

  • Anja Pielorz: Werte und Wege der Erlebnispädagogik Schule Schloß Salem. Luchterhand, Neuwied 1991
  • Ilse Miscoll (ed.) / Bernhard Bueb/ Heike Bueb/ Christian H. Freitag/ Martin Kölling et al.: Schule Schloss Salem: Chronik - Bilder - Visionen. Geschichte und Geschichten einer Internatsschule. Korb (Klett) 1995, ISBN 3-00-000418-1
  • Otto Seydel: Zum Lernen herausfordern. Das reformpädagogische Modell Salem. Klett-Cotta, Stuttgart 1995, ISBN 3-608-91235-5
  • Kurt Hahn: Reform mit Augenmaß. Ausgewählte Schriften eines Politikers und Pädagogen, hg. v. Michael Knoll. Klett-Cotta, Stuttgart 1998, ISBN 3-608-91951-1
  • Martina Knörzer: Schulentwicklung in Salem. Evaluation eines nachhaltigen Bildungsprozesses an der Schule Schloss Salem (mit 1 CD-ROM). Klinkhardt, Bad Heilbrunn 2004, ISBN 3-7815-1340-8
  • Bernhard Bueb: Lob der Disziplin. Eine Streitschrift. List, Berlin 2006, ISBN 3-471-79542-1; Ullstein Taschenbuch, Berlin 2008, ISBN 3-548-36930-8

Weblinks

47.7761111111119.27722222222227Koordinaten: 47° 46′ 34″ N, 9° 16′ 38″ O


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