- Hellmut Becker
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Hellmut Becker (* 17. Mai 1913 in Hamburg; † 16. Dezember 1993 in Berlin) war ein deutscher Jurist, Rechtsanwalt, Bildungsforscher und Bildungspolitiker.
Inhaltsverzeichnis
Jurist
Hellmut Becker − Sohn des preußischen Kultusministers Carl Heinrich Becker und Urenkel des Sprachforschers Karl Ferdinand Becker − besuchte die Internatsschule Schloss Salem/Bodensee und legte am Arndt-Gymnasium in Berlin-Dahlem das Abitur ab. Anschließend studierte Becker Jura an den Universitäten in Freiburg, Berlin und Kiel. Das Studium beendete er 1943 mit dem Zweiten juristischen Staatsexamen. Becker folgte 1937 als Assistent dem nationalsozialistischen Staatsrechtler Ernst Rudolf Huber von Kiel an die Universität Leipzig. Nach seiner schweren Verwundung im Russlandfeldzug im Herbst 1941 als Angehöriger des Gebirgs-Jäger-Regiments 99 der 1. Gebirgs-Division vor Rostow ging er zu Huber an die im besetzten Elsass neu gegründete Reichsuniversität Straßburg. Dort wohnte er bei Carl Friedrich von Weizsäcker. Becker war seit Mai 1937 Mitglied der NSDAP,[1] „ein Sachverhalt, den er nach Kriegsende offenbar selbst engsten Familienangehörigen verschwieg“.[2] Außerdem war er ein Anhänger der Dichtung Stefan Georges und stand mit Mitgliedern des George-Kreises in Kontakt, vor allem mit Robert Boehringer.
Nach Kriegsende unterstützte er Huber bei seiner Entnazifizierung und verteidigte 1947 den Staatssekretär des Auswärtigen Amtes Ernst von Weizsäcker im Wilhelmstraßen-Prozess. Weizsäcker wurde als Kriegsverbrecher verurteilt, weil er an den Judendeportationen aus Frankreich mitgewirkt hatte. Becker hat sich nach dem Einsatzgruppen-Prozess für zwei der dort zum Tode verurteilten Massenmörder eingesetzt. Becker hat Martin Sandberger – auf Wunsch von Carl Friedrich von Weizsäcker und Carlo Schmid – in einem Revisionsverfahren vertreten. Sandberger wurde schließlich 1958 entlassen. Becker hat sich in Zusammenarbeit mit Warren Magee als Anwalt für Otto Ohlendorf eingesetzt, nachdem dieser zum Tode verurteilt worden war, und kümmerte sich um sein Gnadengesuch. Becker sah den Hingerichteten zwar als „Massenmörder“, aber auch als „echten Intellektuellen“.[3] Becker war Teilnehmer am Heidelberger Juristenkreis, dessen Ziel es war, die Verbindungen unter den Verteidigern der Nürnberger Prozesse für eine Revision der Urteile nutzbar zu machen.[4]
Bildungspolitiker
Nach einer Zwischenstation am Frankfurter Institut für Sozialforschung wurde er 1956 Präsident des Deutschen Volkshochschulverbandes bis 1974 und danach noch Vorsitzender des Kuratoriums der Pädagogischen Arbeitsstelle des DVV und sorgte dafür, dass die Erwachsenenbildung und das lebenslange Lernen bei der Bildungsreform mit in den Blick rückte. 1963 war er Mitbegründer des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung in Berlin und dessen erster Direktor. Laut Karl Ulrich Mayer war er ein "unkonventionelles Mitglied" der Max-Planck-Gesellschaft, da er weder promoviert noch habilitiert war. Ebenfalls war er bei seiner Berufung kein Hochschullehrer. Als Direktor des MPI für Bildungsforschung war er auch Mitglied im Deutschen Bildungsrat. Becker war zwischen 1966 und 1972 wiederholt Diskussionsleiter bei den Bergedorfer Gesprächen, in denen die bundesdeutsche Bildungsreform vorangetrieben wurde.
Becker gehörte 1961 zu den Unterzeichnern des Tübinger Memorandums gegen eine atomare Aufrüstung Deutschlands.
Er war mit der französisch-deutschen Kinder- und Jugendbuchautorin „Toto“[5] Antoinette Becker verheiratet und hatte mit ihr sechs Kinder, darunter den Berliner Anwalt Nicolas Becker.
Die Vereinigung Deutscher Landerziehungsheime vergibt einen Hellmut-Becker-Preis.
Die Frankfurter Allgemeine Zeitung berichtete am 9. August 2011, dass der Schulleiter der Odenwaldschule Gerold Becker unter dem persönlichen Schutz von Hellmut Becker stand. Hellmut Becker habe von den sexuellen Vorlieben seines Schützlings gewusst und ihm dennoch zum Schulleiterposten verholfen.[6] In der ZEIT vom 18. August 2011 wird von Robert Leicht dazu ausgeführt, dass Hellmut Becker, den nicht mit ihm verwandten Gerold Becker zum Schulleiter gemacht habe, obwohl er wusste, dass dieser sich an seinem Patensohn vergangen hatte.[7]
Werke
- (zus. mit Alexander Kluge): Kulturpolitik und Ausgabenkontrolle: Zur Theorie und Praxis der Rechnungsprüfung, 1961
- Quantität und Qualität, Grundfragen der Bildungspolitik, Freiburg im Breisgau 1968
- Gerd Kadelbach (Hrsg.): Theodor W. Adorno. Erziehung zur Mündigkeit. Vorträge und Gespräche mit Hellmut Becker 1959-1969, Suhrkamp, Frankfurt 1971, ISBN 3-518-36511-8
- Hellmut Becker/Frithjof Hager: Aufklärung als Beruf. Gespräche über Bildung und Politik, R. Piper GmbH & Co. KG, München 1992, ISBN 3-492-11487-3
Literatur
- Eckart Conze, Norbert Frei, Peter Hayes und Moshe Zimmermann: Das Amt und die Vergangenheit. Deutsche Diplomaten im Dritten Reich und in der Bundesrepublik, Karl Blessing Verlag, München 2010, ISBN 3-896-67430-7, ISBN 978-3-89667-430-2
- Frithjof Hager (Hrsg.): Widersprüche aushalten. Aufgaben der Bildung in unserer Zeit, R. Piper GmbH & Co. KG, München 1992, ISBN 3-492-11587-X
- Bildungsforschung und Bildungspolitik. Reden zum 80. Geburtstag von Hellmut Becker, Max-Planck-Institut, Berlin 1994, ISBN 3-87985-034-8
- Gerold Becker (Hrsg.): Lust und Last der Aufklärung. Ein Buch zum 80. Geburtstag von Hellmut Becker, Beltz, Weinheim 1993, ISBN 3-407-83130-7
- Ulrich Raulff: Kreis ohne Meister, München 2009, ISBN 978-3-406-59225-6
- Karl Ulrich Mayer: Hellmut Becker, 17.5.1913 - 16.12.1993 in: Max-Planck-Gesellschaft, Berichte und Mitteilungen 2/94 - Jahresbericht und Jahresrechnung 1993, Nachrufe
Weblinks
- Literatur von und über Hellmut Becker im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Kurzbiographie bei Deutsches Institut für Erwachsenenbildung e.V.
Einzelnachweise
- ↑ Raulff, S.383, S.403ff, S.471f
- ↑ Eckart Conze, Norbert Frei, Peter Hayes und Moshe Zimmermann: Das Amt und die Vergangenheit. Deutsche Diplomaten im Dritten Reich und in der Bundesrepublik. München 2010, S. 405 f.
- ↑ Raulff, S. 404f.
- ↑ Raulff, S. 391
- ↑ Raulff, S.474
- ↑ Sie hatten die Macht, Kinder zu zerstören. Von Melanie Mühl. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 9. August 2011.
- ↑ Robert Leicht: Odenwaldschule. Geschlossene Gesellschaft. In: Die Zeit, 18. August 2011
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