Schlierenwagen

Schlierenwagen

Als Schlierenwagen wird eine Bauart von Reisezugwagen der ÖBB bezeichnet, die in den Jahren 1965 bis 1981 nach dem Vorbild der Schweizer Einheitswagen I gebaut wurden. Der Name leitet sich von der Schweizer Stadt Schlieren ab, wo die Einheitswagen (nicht aber die "Schlierenwagen" der ÖBB) ursprünglich gebaut wurden.

Inhaltsverzeichnis

Kurze Schlieren

Nostalgiezug mit Schlierenwagen und Elektrolokomotive der Reihe 1010

Es handelt sich um vierachsige Großraumwagen für den Inlandverkehr, gebaut von 1965 bis 1981 von SGP und Jenbacher Werken. Sie sind erkennbar an ihren charakteristischen einteiligen, weit herablassbaren Senkfenstern und ihren Einstiegen, die aus jeweils zwei miteinander gekoppelten schmalen Klapptüren bestehen. Ab Baujahr 1973 wurden diese Türen geändert, der Drehpunkt nach innen verlegt und die Türflügel geknickt, um nicht mit den 760 mm hohen Bahnsteigen in Deutschland zu kollidieren. Die Länge über Puffer beträgt 23,7 m, die Wagen sind für eine Höchstgeschwindigkeit von 140 km/h zugelassen (bis 1967 nur 120 km/h). In der ersten Klasse wurden 14, in der zweiten Klasse 18 Sitzreihen in Gegenüberanordnung untergebracht. Dabei entsprechen die Sitze in der ersten Klasse den Triebzügen ÖBB 4010, in der zweiten Klasse sind je nach Bauserie abteilartige Sitze oder feste Einzelsitze eingebaut. Die Sitzbezüge sind in der ersten Klasse blau, in der zweiten Klasse gab es ursprünglich grüne Kunstlederbezüge, ab Ende der 1970er Jahre orangebraune Veloursbezüge.

Die Fahrzeuge waren ursprünglich tannengrün angestrichen, das Dach war aluminiumfarben. Ab 1977 wurde der „Jaffa-Anstrich“ in blutorange-elfenbein mit Zierlinien und ursprünglich elfenbeinfarbenem, später umbragrauem Dach eingeführt. Ab 1988 wurde die Farbaufteilung geändert und die Zierlinien weggelassen, bei einem Teil der Wagen wurde das Fensterband verkehrsrot statt blutorange. Die im Nostalgieverkehr der ÖBB eingesetzten Wagen erhielten 2009 im Rahmen der Modernisierung eine blau beige Lackierung mit silbernem Dach.

Insgesamt wurden 810 Wagen in den Gattungen Apo, ABpo, Bpo, Bpoz (davon einige mit Buffet), BDpo und BDpoz gebaut (das Nebengattungszeichen „o“ für Wagen ohne Dampfheizung entfiel 1981). Die Halbgepäckwagen gibt es in zwei Ausführungen mit unterschiedlich großen Gepäckräumen, sie haben keinen Seitengang neben dem Gepäckraum und werden deshalb in der Regel an der Zugspitze oder am Zugschluss eingereiht.

Die Schlierenwagen wurden ursprünglich überwiegend im Fernverkehr eingesetzt, auch nach Deutschland, Schweiz und Italien. Seit der Auslieferung neuer Fernverkehrswagen laufen sie nur noch im Regionalverkehr. Die Wagen der ersten Klasse und die Buffetwagen sind heute bei der ÖBB-Erlebnisbahn und werden in Nostalgiezügen eingesetzt. Die ABp wurden ab 1992 teilweise ohne Änderung der Inneneinrichtung zur zweiten Klasse deklassiert, einige Wagen erhielten Mehrzweckräume zur Fahrradbeförderung anstelle der ersten Klasse sowie eine Steuerleitung für Wendezugbetrieb (nun als BDpz-l bezeichnet).

Lange Schlieren

Zum Wendezug umgebaute „lange Schlierenwagen“.

1980 folgte eine neue Serie, als „lange Schlieren“ bezeichnet, die die UIC-Standardlänge von 26,40 Metern besitzen. Ansonsten wurden sie nach den gleichen Baugrundsätzen (niedrige Wagenhöhe, kleinere Räder, Leichtbauweise) wie die kurzen Schlierenwagen gebaut. Die Wagen hatten nun Übersetzfenster und Schwenkschiebetüren erhalten und sind für eine Höchstgeschwindigkeit von 160 km/h ausgelegt. Sie wurden daher in den 1980er und 1990er Jahren überwiegend in InterCity-, Schnell- und Eilzügen verwendet und kamen damit auch nach Deutschland und in die Schweiz. Gebaut wurden die Typen Bmpoz, ABmpoz, Ampoz, BDmpsz und BRmpz (das „o“ in der Bezeichnung ist 1981 weggefallen). In der ersten Klasse waren 18, in der zweiten Klasse 20 Sitzreihen in Gegenüberanordnung untergebracht. Der lange Sitzteiler kam dabei auch der Gepäckunterbringung zwischen den Rückenlehnen zugute.

Mitte der 1990er Jahre wurden alle Halbgepäckwagen, Speise- und Buffetwagen sowie ein Teil der Sitzwagen zu Steuerwagen (Bmpz-s) umgebaut und kommen nunmehr in Wendezügen zum Einsatz (Marketingbezeichnung „CityShuttle“). Die Steuerwagen weisen einen großen Mehrzweckraum für Fahrräder, Kinderwagen und Traglasten auf. Alle A- und ein Teil der AB-Wagen wurden nachträglich in Wagen der zweiten Klasse (Bmpz-l) umgebaut, einige AB-Wagen wurden jedoch weiterhin als gemischte Erster/Zweiter-Klasse-Wagen betrieben und dem CityShuttle-Design angepasst. Bei den ÖBB gibt es in Regional- und Eilzügen keine erste Klasse mehr. Auch die Wagen zweiter Klasse wurden umgebaut, so wurde die Sitzanordnung teilweise auf Reihenbestuhlung geändert und der Sitzreihenabstand ohne Rücksicht auf den Fensterabstand reduziert, so dass jetzt 22 Sitzreihen in einem Wagen zweiter Klasse zu finden sind; die Kapazität beträgt jedoch weiterhin 80 Sitzplätze, weil im Eingangsbereich auf jeder Seite nur ein Sitzplatz angeordnet wurde. Nach dem Umbau gibt es nur noch ein WC, am anderen Wagenende wurden Ski- bzw. Fahrradabstellplätze eingerichtet.

In IC-Zügen wurden die Wagen der zweiten Klasse inzwischen von den Modularwagen abgelöst, einer flexiblen Wagenbauart, die bisher aber nur als Großraumwagen zweiter Klasse verwirklicht wurde. Aus Wagenmangel werden jedoch bis zur Auslieferung aller railjet-Garnituren auf einigen IC-Linien auch weiterhin „lange Schlierenwagen“ eingesetzt. Die Wagen sollen mindestens bis 2020 eingesetzt werden.

Literatur

  • Maximilian Rabl, Johann Stockklausner: Österreichische Personenwaggons. Entwicklung, Konstruktion und Betrieb seit 1832. 2. Auflage (Nachdruck der 1. Auflage 1982). Josef Otto Slezak, Wien 2003, ISBN 3-85416-066-6. S. 45f. (Beschreibung), 192-197 (Fotos mit Erläuterungen), 285f. (Typenzeichnungen T 250-252), 345 (Liste).
  • Peter Reinthaler, Hermann Heless: Reisezugwagen österreichischer Eisenbahnen, Vierachsige Reisezugwagen in Ganzstahlbauart der ÖBB, Eisenbahn-Fahrzeug-Archiv A.4, Alba, April 2006, ISBN 3-87094-194-4. S. 108-145 (Beschreibung, Fotos), S. 272 (Drehgestell), S. 292f (Bestandesverzeichnis).

Weblinks


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