Schloss Deichmannsaue

Schloss Deichmannsaue
Schloss Deichmannsaue

Das Schloss Deichmannsaue befindet sich im Süden des Bonner Ortsteils Rüngsdorf am Rande der „Mehlemer Auen“. Es wurde mehrmals umgebaut und erweitert und wird seit 1955 vom Bund genutzt. Von 1955 bis 1999 war es Sitz der Botschaft der USA und des Bundesbauministeriums. Seit 2000 ist die Liegenschaft Standort des Bundesamts für Bauwesen und Raumordnung, seit 2005 auch der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung.

Inhaltsverzeichnis

Ursprünge

Das Schloss wurde 1662 erstmals als „Auerhof“ erwähnt und befand sich seit 1836 im Besitz der Kölner Bankiersfamilie Deichmann. Die wohlhabende und gesellschaftlich hochstehende Kölner Familie suchte nach einer geeigneten Residenz, um dort ihre bisher in Köln organisierten Empfänge abhalten zu können.

Da kam die Versteigerung eines Landguts in Mehlem-Lannesdorf gerade recht. Im „Bonner Wochenblatt“ wurde das Objekt im Oktober 1836 wie folgt beschrieben: Das Landgut Mehlemer Aue „besteht a) aus herrschaftlichen und Oeconomie-Gebäulichkeiten mit der Hauptfronte nach dem Rheine und dem Siebengebirge, 2stöckig mit einer Mansarde, im Ganzen 12 Zimmer, 1 Saal, 1 Salon, 2 Küchen, Spinde, Kellern, Brunnen, Pferdeund Rindviehställen, Scheune, Kelterhaus, Backhaus, zwei Einfahrtsthore und Treibhaus; b) aus einem nach englischer Art angelegten Garten“ sowie weiterem Landbesitz mit Gemüsegarten, Ackerland, Weinbergen, Wiesen und Buschland, insgesamt über 100 Magdeburger Morgen groß.[1]. Bauliche Veränderungen erfolgten jedoch erst ab 1856. Nach der Fertigstellung der Eisenbahnstrecke Köln-Bonn im Jahre 1844 wurde die Strecke 1845 bis nach Rolandseck auf Betreiben der einflussreichen Aktionäre der Eisenbahngesellschaft, die ihre Villen bequemer erreichen wollten, verlängert. Die Fahrtzeit von Köln bis nach Mehlem reduzierte sich auf eine Stunde, so dass es Wilhelm Ludwig Deichmann nun möglich war, im Sommer jeden Abend auf seinen Landsitz zu fahren.

Nach dem Tod der Eltern fiel das Landgut an den ältesten Sohn Adolf Deichmann (1831–1907). Da er Bankier in London war, konnte er die Aue nicht nutzen und überließ sie seinem Bruder Theodor (1837–1895), der gemeinsam mit seinen Brüdern Otto (1838–1911) und Wilhelm (1841–1919) das Bankhaus Deichmann & Co. weiterführte. Theodor Deichmanns ältester Sohn Wilhelm Theodor (1864–1929) erbte schließlich das Anwesen und wurde Bauherr des schlossartigen Neubaus von 1911/12. Hier ließ er auf den Fundamenten des alten Gutshauses aus 1911/12 einen großen Neubau errichten.

Nachkriegsentwicklung

Schloss Deichmannsaue, Hauptgebäude

Im Jahre 1941 wurde das Schloss an die Wehrmacht verkauft. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs beschlagnahmten es alliierte Besatzungstruppen. Das belgische Militär zog dort ein. 1949 wurde in dem Schloss der Sitz des US-amerikanischen Hohen Kommissars John McCloy eingerichtet, für den es saniert und umgebaut wurde. Da es den Raumbedürfnissen des Kommissariats nicht mehr gerecht wurde, entstand 1951 nach Plänen von Sep Ruf in elf Monaten Bauzeit ein Erweiterungsbau in der für Amerika typischen Holzständerbauweise. 1955 wurde der Erweiterungsbau Sitz der Botschaft der Vereinigten Staaten von Amerika. Ebenfalls 1955 zog das Bundesministeriums für Raumordnung, Bauwesen- und Städtebau in Schloss und Teile des Anbaus ein. 1989 fand eine Generalsanierung der Liegenschaft statt.

Am 13. Februar 1991 wurde von einem Kommando der Rote Armee Fraktion (RAF) ein Anschlag auf die US-Botschaft verübt. Von einer Außenmauer der pakistanischen Botschaft am gegenüberliegenden Rheinufer in Königswinter schossen RAF-Terroristen aus zwei Waffen mehrere Gewehrkugeln auf das amerikanische Botschaftsgebäude. Dabei entstand jedoch nur ein Sachschaden. In dem Bekennerschreiben wurde die Tat mit dem zur gleichen Zeit stattfindenden Irak-Krieg der USA begründet. Mit einer der bei dem Anschlag verwendeten Waffen wurde am 1. April 1991 Detlev Rohwedder, der zuletzt Vorsitzender der Treuhandanstalt war, getötet.

Nach der deutschen Wiedervereinigung und dem Beschluss des Bundestags von 1991 zum Umzug der Bundesregierung nach Berlin musste eine neue Nutzung für die Liegenschaft gefunden werden. Die amerikanische Botschaft verlegte ihren Sitz 1999 nach Berlin, beließ aber eine Außenstelle in Form eines militärischen Verbindungsstabes in dem Gebäude. Das Bundesbauministerium, dessen erster Dienstsitz bis 2000 nach Berlin verlegt wurde, ließ sein 1998 aus der Bundesbaudirektion entstandenes Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR) in die Deichmannsaue einziehen. Der Bonner Dienstsitz des Ministeriums befindet sich seither am Robert-Schuman-Platz in Hochkreuz. Die nun größtenteils ungenutzte ehemalige US-Botschaft sollte mit der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung belegt werden, die im Rahmen des Berlin/Bonn-Gesetzes aus Frankfurt am Main nach Bonn umziehen sollte.

Für diesen Zweck wurde die ehemalige US-Botschaft bei Kosten von 31 Millionen Euro von Ende 2002 bis Anfang 2005 saniert. Die Bundesanstalt zog dort im April 2005 mit 650 Mitarbeitern ein, womit der letzte Behördenumzug des Berlin/Bonn-Ausgleichs abgeschlossen wurde. Der vom Botschafter genutzte frühere Dienstbereich wird heute als Schulungs- und Seminarbereich sowie für die Behördenleitung genutzt. Im Zusammenhang mit dem Einzug der Bundesanstalt wurde für die seitdem in der gesamten Liegenschaft beschäftigten 1.200 Mitarbeiter von September 2004 bis Mai 2006 für 4,2 Millionen Euro eine 800 m² große Kantine errichtet. Grundlage war ein Gutachten, das die Ersetzung der ehemaligen zwei Kantinenbereiche empfahl, die wegen ihrer geringen Größe und der veralteten Küchentechnik nicht mehr zur Versorgung der Mitarbeiter geeignet waren.

Einzelnachweise

  1. Bundesrepublik: Deichmannsaue

Literatur

  • Olga Sonntag: Villen am Bonner Rheinufer. 1819–1914, Band 3, Katalog 2, Bouvier Verlag, Bonn 1998, ISBN 3-416-02618-7, S. 175–199
  • Andreas Denk, Ingeborg Flagge: Architekturführer Bonn. Dietrich Reimer Verlag, Berlin 1997, ISBN 3-496-01150-5, S. 124.

Weblinks

 Commons: Schloss Deichmannsaue – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
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