- Hauptstadtbeschluss
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Als Hauptstadtbeschluss wird der Beschluss des Deutschen Bundestages vom 20. Juni 1991 bezeichnet, infolge der deutschen Wiedervereinigung seinen Sitz von Bonn nach Berlin zu verlegen. Der Begriff Hauptstadtbeschluss ist dabei irreführend, weil Berlin bereits 1990 mit Inkrafttreten des Einigungsvertrages Bundeshauptstadt der Bundesrepublik Deutschland geworden war.[1]
Inhaltsverzeichnis
Beschluss und Umsetzung
Nach kontroverser Debatte mit mehr als 600 Minuten beantragter Redezeit nahm der Bundestag mit 338 zu 320 Stimmen den Antrag Vollendung der Einheit Deutschlands an. Infolge eines marginalen Fehlers bei der Auszählung war zunächst ein Ergebnis von 337 zu 320 festgestellt worden. Die Zahl der Ja-Stimmen stellte sich aber nachträglich als um 1 höher heraus.
In der Folge wurden auf verschiedenen Ebenen Entscheidungen zum Umsetzen dieses Beschlusses gefällt. So sollten, in Wahrung der „fairen Arbeitsteilung“ zwischen Berlin und Bonn, von der im Beschluss die Rede war, neben dem
- Bundeskanzleramt und dem
- Bundespresseamt auch
- das Auswärtige Amt,
- das Bundesministerium des Innern,
- das Bundesministerium der Finanzen,
- das Bundesministerium der Justiz,
- das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie,
- das Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung,
- das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung,
- das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
nach Berlin verlegt werden, diese jedoch einen zweiten Dienstsitz in Bonn behalten.
Folgende Bundesministerien sollten in Bonn bleiben, jeweils mit einem zweiten Dienstsitz in Berlin:
- Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz,
- Bundesministerium der Verteidigung,
- Bundesministerium für Gesundheit,
- Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit,
- Bundesministerium für Bildung und Forschung,
- Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung,
- Bundesministerium für Post und Telekommunikation (1998 aufgelöst).
1994 wurde das Berlin/Bonn-Gesetz beschlossen. Ursprünglich sollten die Bundesministerien bereits 1995 nach Berlin umziehen, dieser Zeitplan konnte aber nicht eingehalten werden. Stattdessen erging ein Kabinettsbeschluss, in dem festgelegt wurde, dass der Umzug bis 2000 abgeschlossen sein sollte und ein Budget von 20 Milliarden DM (10,2 Milliarden EUR) nicht überschritten werden dürfe.
In dieser Zeit fielen grundlegende Entscheidungen, u. a.:
- das Reichstagsgebäude wird ständiger Sitz des Bundestages,
- die Mehrheit der Bundesministerien zieht nach Berlin um,
- die Mehrheit der ministeriellen Arbeitsplätze verbleibt in Bonn,
- die Bundesminister haben in Bonn bzw. Berlin einen Zweitsitz,
- das Bundespräsidialamt hat seinen Sitz in Berlin.
Seit Herbst 1999 nimmt Berlin seine Funktion als Parlaments- und Regierungssitz der Bundesrepublik Deutschland wahr.
Siehe auch
- Hauptstadtfrage der Bundesrepublik Deutschland
- Hauptstadtvertrag
- Hauptstadtfinanzierungsvertrag
- Geschichte Bonns
- Geschichte Berlins
Einzelnachweise
Literatur
- Andreas Salz: Bonn-Berlin. Die Debatte um Parlaments- und Regierungssitz im Deutschen Bundestag und die Folgen. Monsenstein und Vannerdat, Münster 2006, ISBN 3-86582-342-4 (zugleich: Bonn, Univ., Magisterarbeit).
Weblinks
- 20 Jahre Hauptstadtbeschluss – Online-Angebot der Bundeszentrale für politische Bildung
- Vollständige Parlamentsdebatte mit Rednerliste (www.bundestag.de)
- Der angenommene Antrag Vollendung der Einheit Deutschlands
- Auflistung der wichtigsten Hauptstadtvereinbarungen (www.berlin.de)
Kategorien:- Deutsche Wiedervereinigung
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