- Siegfried Broß
-
Siegfried Broß (* 18. Juli 1946 in Stuttgart) ist ein deutscher Rechtswissenschaftler. Er war zwischen September 1998 und November 2010 Richter des Bundesverfassungsgerichts.
Inhaltsverzeichnis
Werdegang
Broß studierte Rechtswissenschaften an der Eberhard Karls Universität Tübingen und an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Während seiner Studienzeit war er bei der Tübinger Königsgesellschaft Roigel aktiv.
1973 wurde Broß mit einer Arbeit über Untersuchungen zu den Appellationsbestimmungen der Reichskammergerichtsordnung von 1495 in München promoviert. Im selben Jahr begann er seine Tätigkeit als Richter am Verwaltungsgericht München. Von 1975 bis 1976 war er Verwaltungsbeamter im Landratsamt Mühldorf am Inn, von 1977 bis 1979 wissenschaftlicher Mitarbeiter beim Bundesverfassungsgericht.
Im Jahr 1980 nahm er eine Tätigkeit in der Rechtsabteilung der Bayerischen Staatskanzlei auf, von 1981 bis 1986 war er Richter am Bayerischen Verwaltungsgerichtshof.
Im Jahr 1986 wurde Broß zum Richter am Bundesgerichtshof ernannt, dem er bis 1998 angehörte.
Bundesverfassungsrichter
Zwischen September 1998 und November 2010 war Broß Mitglied im Zweiten Senat des Bundesverfassungsgerichts.
Broß sorgte seit seiner Ernennung zum Richter am Bundesverfassungsgericht mit zahlreichen Presseinterviews für Aufsehen, insbesondere indem er seine dezidiert kritische Haltung gegenüber weiterer europäischer Integration äußerte. Diese legte er auch in einem Sondervotum zum Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Europäischen Haftbefehl nieder. Als zuständiger Berichterstatter am Bundesverfassungsgericht verschob er im November 2006 auf unbestimmte Zeit die Entscheidung über die Klage von Peter Gauweiler gegen die Ratifikation des EU-Verfassungsentwurfs durch Bundestag und Bundesrat mit dem Argument, durch die ablehnenden Volksabstimmungen in Frankreich und den Niederlanden gebe es keinen Zeitdruck für die Entscheidung. Da Bundespräsident Horst Köhler zugesichert hat, erst nach der Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde das Ratifikationsgesetz zu unterzeichnen, ging Deutschland als Nicht-Ratifikationsstaat in die Ratspräsidentschaft 2007.
Broß setzt sich nachdrücklich für die Rechte der Angeklagten ein. So wurde durch sein Mitwirken der Untersuchungshäftling Mounir al Motassadeq, der als Helfer der Terroristen vom 11. September angeklagt war, vor der Berufungsverhandlung aus der Haft entlassen. Privat engagiert sich der parteilose Richter für die Menschenrechte, indem er sich weigert, undemokratische Länder zu besuchen oder Staaten, welche die Todesstrafe anwenden. So ist Broß noch nie in den USA gewesen, allerdings schon in Indonesien (wo ebenfalls die Todesstrafe gilt), wohin er regelmäßig Vortragsreisen unternimmt und Vorträge an rechtswissenschaftlichen Fakultäten hält.
Auszeichnungen und Ehrenamt
Seit 2002 ist Broß Honorarprofessor an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. 2009 wurde ihm die Ehrendoktorwürde der Universitas Islam Indonesia in Yogyakarta verliehen.[1]
Broß ist Ehrenvorsitzender der Deutschen Sektion der Internationalen Juristenkommission und der Juristischen Studiengesellschaft Karlsruhe.
Werke
- Untersuchungen zu den Appellationsbestimmungen der Reichskammergerichtsordnung von 1495. Zugleich: Universität München, Jurist. Fak., Diss. 1972. Berlin: Duncker und Humblot, 1973, 109 S.; ;ISBN 3-428-02855-4 (Schriften zum Prozeßrecht; Bd. 32)
- Heinrich Scholler; Siegfried Broß: Verfassungs- und Verwaltungsprozeßrecht. Bonn: Stollfuss, 1980, 356 S., ISBN 3-08-443151-5
- Heinrich Scholler; Siegfried Broß: Grundzüge des Polizei- und Ordnungsrechts der Bundesrepublik Deutschland. Heidelberg: C.F. Müller, 1981 (1983 ins Chinesische übersetzt)
- Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zum (allgemeinen) Werkvertragsrecht. [Frankfurt am Main]: Wertpapier-Mitteilungen, 1997, 14 S. (Wertpapier-Mitteilungen, Teil 4, Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht; [Jg. 51], Sonderbeilage Nr. 2)
Zahlreiche weitere Veröffentlichungen sind über die Bibliothek des Bundesverfassungsgerichts nachgewiesen. Siegfried Broß ist zudem Mitherausgeber des Verwaltungsarchivs.
Einzelnachweise
Weblinks
Wikimedia Foundation.