- Sinc-Funktion
-
Der Sinus cardinalis, auch si-Funktion, Kardinalsinus oder Spaltfunktion ist eine mathematische Funktion. Die Namen Kardinalsinus geht auf Phillip M. Woodward aus dem Jahr 1953 zurück.[1][2] Die Nomenklatur ist in der Literatur nicht einheitlich festgelegt, insbesondere in der englischsprachigen Literatur wird die Bezeichnung sinc sowohl für die normierte als auch für die nicht normierte Variante verwendet. In der deutschsprachigen Literatur wird eine Unterscheidung zwischen den beiden Festlegungen getroffen und die nichtnormierte Version als: [3]
definiert. In der Informationstheorie und der digitalen Signalverarbeitung, den Anwendungsgebieten der sinc-Funktion, findet hingegen meist die normierte Form mit der Bezeichnung sinc Anwendung:
Die im deutschen Sprachraum übliche Bezeichnung si für den nicht normierten Kardinalsinus ist nicht mit dem Integralsinus Si(x), der Stammfunktion der sinc-Funktion, zu verwechseln.
Inhaltsverzeichnis
Allgemeines
An der hebbaren Singularität bei x=0 wird die Funktion durch den Grenzwert sinc(0)=1 fortgesetzt, der sich aus der Regel von L'Hospital ergibt; manchmal wird die Definitionsgleichung auch mit Fallunterscheidung geschrieben.
Softwarepakete wie Matlab verwenden die normierte sinc-Funktion, welche sich auch als Produkt oder mit Hilfe der Gammafunktion Γ ausdrücken lässt als:
Die Taylorreihe der sinc-Funktion lässt sich unmittelbar aus der sin-Funktion ableiten zu:
Darstellung als Fouriertransformierte der Rechteckfunktion
Die sinc-Funktion ist die Fouriertransformierte der Rechteckfunktion
denn es gilt
- .
Aus den Eigenschaften der Fourier-Transformation folgt, dass die sinc-Funktion analytisch und damit beliebig oft stetig differenzierbar ist. Aus der Plancherel-Identität der Fourier-Transformation folgt weiter, dass sie orthogonal zu Verschiebungen ihrer selbst um ganzzahlige Vielfache von π ist, es gilt
- ,
wobei δl,k das Kronecker-Delta bezeichnet.
Mit einer passenden Normierung bilden diese Verschiebungen der sinc-Funktion also ein Orthonormalsystem im Funktionenraum . Die Projektion auf den von den sinc(x - kπ) aufgespannten Unterraum ergibt sich als
- .
Aufgrund der Interpolationseigenschaft gilt , also
- .
Funktionen aus diesem Unterraum sind also durch ihre Werte an den Stellen eindeutig bestimmt.
Die Rechteckfunktion als Fouriertransformierte der sinc-Funktion hat beschränkten Träger, ist daher samt den Linearkombinationen ihrer Verschiebungen bandbeschränkt. Umgekehrt ist jede bandbeschränkte als eine solche Linearkombination darstellbar, und daher durch die Funktionswerte an den genannten Stützstellen eindeutig bestimmt. Das ist die Aussage des WKS-Abtasttheorems.
Aufbaufunktion zur Signalrekonstruktion
Die sinc-Funktion hat insbesondere in der Signalverarbeitung eine große Bedeutung. Sie tritt in der sogenannten Samplingreihe (oder Kardinalreihe, E. T. Whittaker 1915) auf, mit Hilfe derer ein kontinuierliches bandbeschränktes Signal x aus seinen Abtastwerten x(kΔt) rekonstruiert bzw. eine beliebige Stützstellenfolge zu einem kontinuierlichen Signal fortgesetzt wird:
Diese ist die Interpolationsformel geringster Schwankung, d. h. das Frequenzspektrum ist beschränkt und hat die kleinstmögliche höchste (Kreis-)Frequenz bzw. Frequenz . Ist die Voraussetzung der Bandbeschränktheit für das Signal x nicht mehr gegeben, hat also das Ausgangssignal Anteile höherer Frequenzen, so ist die Folge dieser Abtastwerte zu grobmaschig, die hochfrequenten Anteile werden in zusätzliche niederfrequente Anteile umgesetzt, d. h. es tritt Aliasing (Fehlzuordnung der Frequenzanteile) auf.
Beugung am Spalt
Bei der Beugung von Wellen an einem Spalt bilden die Amplituden ein Beugungsmuster, das sich durch Fouriertransformation einer rechteckigen Öffnungsfunktion erklären lässt. Deshalb wird der Kardinalsinus auch als Spaltfunktion bezeichnet. Die bei der Beugung von Licht vom Auge wahrgenommene Helligkeitsverteilung ist allerdings das Quadrat der Wellenamplitude; sie folgt daher der quadrierten Funktion sinc2.
Ableitungen
Die n-te Ableitung von
lässt sich für alle x ≠ 0 analytisch bestimmen zu:
Die daraus gebildeten ersten zwei Ableitungen lauten:
Nullstellen
- gilt für
- gilt für
Maxima und Minima
Die Extrema von si(x) mit positiver x-Koordinate xn, n ≥ 1, liegen in guter Näherung bei
wobei für ungerade n ein Minimum angenommen wird und für gerade n ein Maximum. Für das erste Extremum mit positiver x-Koordinate – das Minimum bei x1 ≈ 4,49 – ist der absolute Fehler des Näherungswertes bereits deutlich kleiner als 1/100.
Neben diesen Extrema und dem absoluten Maximum bei 0 besitzt die Kurve wegen ihrer Symmetrie zur y-Achse auch Extrema bei −xn.
-
Maxima und Minima von si(x) = sin(x)/x Maxima Minima 0 ≈ 4,4934095 ≈ 1½π − 0,219284 ≈ 7,7252518 ≈ 2½π − 0,12873 ≈ 10,904122 ≈ 3½π − 0,091452 ≈ 14,066194 ≈ 4½π − 0,070973 ≈ 17,220755 ≈ 5½π − 0,057989 ≈ 20,371303 ≈ 6½π − 0,049049 ≈ 23,519452 ≈ 7½π − 0,042493 ≈ 26,666054 ≈ 8½π − 0,042998 ≈ 29,811599 ≈ 9½π − 0,033531 ≈ 32,956389 ≈ 10½π − 0,030334 ≈ 36,100622 ≈ 11½π − 0,0276935 ≈ 39,244432 ≈ 12½π − 0,025476 ⋯ ⋯ ≈ (2n−½)·π − ((2n−½)·π)−1 ≈ (2n+½)·π − ((2n+½)·π)−1
Siehe auch
Einzelnachweise
- ↑ Charles A. Poynton: Digital video and HDTV. Morgan Kaufmann Publishers 2003, ISBN 1558607927
- ↑ Phillip M. Woodward: Probability and information theory, with applications to radar. London: Pergamon Press 1953, ISBN 0890061033.
- ↑ Fernando Puente León, Uwe Kiencke, Holger Jäkel: Signale und Systeme. 5. Auflage. Oldenbourg, München 2011, ISBN 978-3-486-59748-6.
Weblinks
Commons: Sinc-Funktion – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wikimedia Foundation.