Sofsky

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Wolfgang Sofsky (* 1952 in Kaiserslautern) ist ein deutscher Soziologe, Journalist und Schriftsteller, der sich vor allem auf die Bereiche Krieg und Gewalt sowie das Spannungsverhältnis zwischen Freiheit und Sicherheit konzentriert.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Sofsky studierte Soziologie, Philosophie und Politikwissenschaften. 1981 promovierte er an der Universität Göttingen mit "Theoretischen Studien über die Methoden und Strukturen sozialer Erfahrung und Interaktion". Er lehrte Soziologie an der Universität Göttingen und bis Sommer 2000 an der Universität Erfurt. Er lebt als Privatgelehrter in Göttingen. Er schreibt regelmäßig für die Neue Zürcher Zeitung, die Frankfurter Allgemeine Zeitung, Die Welt wie auch für andere Organe.

Für seine Habilitationsschrift "Die Ordnung des Terrors - Das Konzentrationslager" erhielt er am 24. November 1993 in München den Geschwister-Scholl-Preis. In der Begründung der Jury hieß es: "Seit Eugen Kogons grundlegender Darstellung über den SS-Staat (1946) hat die Erforschung und Beschreibung des Konzentrationslagers als Inbegriff und Zentrum der nationalsozialistischen Menschenvernichtung niemals aufgehört. Dennoch waren die Versuche, zu einer umfassenden Erklärung ihres Funktionierens vorzudringen, eher selten. Sofsky hat sich dieser Aufgabe unterzogen und ein Werk von großer analytischer Kraft und Klarheit vorgelegt. Gestützt auf die Berichte der Überlebenden beschreibt er, wie die Mechanismen 'absoluter' Macht die Menschen existentiell zerbrechen. Raum und Zeit, Arbeit und soziale Strukturen verlieren in der 'Ordnung des Terrors' ihre Orientierungsfunktion." J. P. Reemtsma lobte das Buch in der "Zeit" und Karlheinz Dederke schrieb in der FAZ: "Das Buch dürfte zu einem Standardwerk zum Thema Gewalt - nicht nur in Konzentrationslagern - werden." Einer der ersten Kritiker des Werkes war Harald Welzer. Er sprach im Merkur (H. 1/1994) von einem "hermetischen" Buch und nannte es "dumm darin, dass es distanzlos im Grauen verweilt, das es zu beschreiben vorgibt". Sofskys Buch "Das Prinzip Sicherheit" (1995) wurde in der FAZ verrissen. Es sei "eine Frechheit".

Das Denken Sofskys ist stark von Elias Canetti geprägt. 1995 schrieb Sofsky: "Masse und Macht ist mir unverzichtbar geworden. Wer damit befaßt ist zu verstehen, was Menschen einander antun, den lehrt Canetti klare Sicht. Er schafft die Gedankenfreiheit, von der aus man neu beginnen kann. Seine Sätze sind von kristalliner Härte, ohne Ironie und Verachtung, aber auch ohne jenen erbaulichen Humanismus, der noch das Ärgste in das trübe Licht falscher Versöhnung taucht. Nur aus schwärzestem Wissen kann die Hoffnung entstehen, der Macht den Garaus zu machen, könnte das Motto des Buches lauten. Alles andere ist nur Utopie oder Ideologie, stärkt nur den Aberglauben des Optimismus."[1]

Werke (Auswahl)

Bücher

  • Verteidigung des Privaten. Eine Streitschrift. C. H. Beck, München 2007, ISBN 3-406-56298-1
  • Das Prinzip Sicherheit. S. Fischer, Frankfurt a.M. 2005, ISBN 3-10-072710-X
  • Operation Freiheit – Der Krieg im Irak. S. Fischer, Frankfurt a.M. 2003, ISBN 3-10-072709-6
  • Zeiten des Schreckens – Amok Terror Krieg. S. Fischer, Frankfurt a.M. 2002, ISBN 3-10-072707-X
  • Die Ordnung des Terrors: Das Konzentrationslager. S. Fischer, Frankfurt a.M. 1997, ISBN 3-596-13427-7
  • Traktat über die Gewalt. S. Fischer, Frankfurt a.M. 1996, ISBN 3-596-16855-4
  • Wolfgang Sofsky, Rainer Paris: Figurationen sozialer Macht. Autorität, Stellvertretung, Koalition.. Suhrkamp, Frankfurt a.M. 1994, ISBN 978-3-518-28735-4
  • Die Ordnung sozialer Situationen. Theoretische Studien über die Methoden und Strukturen sozialer Erfahrung und Interaktion. Opladen 1983.
  • Revolution und Utopie. Bemerkungen zur Emanzipationstheorie im fortgeschrittenen Kapitalismus. Makol, Frankfurt a.M. 1971

Aufsätze

  • Sicherheit durch Normalität. Stichworte zur Analyse der Alltäglichkeit, in: Frankfurter Hefte 33 (1978) 29-36.
  • Vom Wert der Arbeit, in: Frankfurter Hefte 36 (1981) 29-36.
  • Endzeiten. Kultursoziologische Notizen zum Weltuntergang. In: Frankfurter Hefte 37 (1982) 59-66.
  • Automatenmenschen und Gesellschaftsmaschinen. In: Frankfurter Hefte 39 (1984) 54-60.
  • Schreckbild Stadt. Stationen der modernen Stadtkritik, in: Die Alte Stadt. Vierteljahreszeitschrift für Stadtgeschichte, Stadtsoziologie, Denkmalpflege und Stadtentwicklung 13 (1986) 1-21.
  • (Mit Rainer Paris), Drohungen. Über eine Methode der Interaktionsmacht, in: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie 39 (1987) 15-39.
  • Absolute Macht. Zur Soziologie des Konzentrationslagers. In: Leviathan 18 (1990) 518-535.
  • ErlesenZerlesen, in: Süddeutsche Zeitung, 9.3.1995.
  • Gewaltzeit, in: Trutz von Trotha (Hrsg.), Soziologie der Gewalt. Opladen 1997. 102-121.
  • Teilhaben an der Macht der Toten. Von der Gewalt der Masken und ihrem Untergang in Zeiten der Konformität. In: SZ, 8.2.1997.
  • Das Gesetz des Gemetzels. Welcher Menschentypus steckt hinter den Exzessen in Algerien, Ruanda und Bosnien? In: Die Zeit, 2.4.1998.
  • Held, Märtyrer und Terrorist in einem: Der Selbstmordattentäter. In: Süddeutsche Zeitung, 19.9.2001.
  • Der Prozess der Gewalt, in: Michael Klein (Hrsg.), Gewalt - interdisziplinär. Münster 2002. 173-184.
  • Das Schwein, der Mensch. Elias Canettis poetische Zoologie. In: SZ, 20.3.2002.
  • Wie gerecht ist die Rache?, in: Psychologie heute 29 (2002), Nr. 4, 56-61.
  • Die halbierte Erinnerung. Die eigene Täterschaft ist im Bewusstsein der Deutschen verankert, es gibt keinen Grund, warum sie nicht der Opfer des alliierten Bombenterrors gedenken sollten. In: SZ, 5.12.2002, 13.
  • Vor dem Krieg. Ein Drängen, ein Zögern, ein Warten. In: SZ, 6.3.2003.
  • Das normale Gesicht des Bösen. Ein deutscher Beitrag zur Staatsgewalt: Vor 70 Jahren wurde das erste Konzentrationslager errichtet. In: Die Welt, 20.3.2003.
  • Prämien, Kopfjagd, Attentate. Politischer Mord und Kriegskunst. In: SZ, 29.9.2003, 14.
  • Ja oder Nein! Was der Demokratie so schwer fällt: die Entscheidung. In: SZ, 8.10.2003, 13.
  • Weder Kopftuch noch Kreuz. Wo Staat ist, darf Religion nicht sein: Ein laizistisches Plädoyer. In: Die Welt, 18.03.2004.
  • In den Verliesen des Krieges. In: Die Weltwoche Nr. 19/2004, 6.5.2004.
  • Jeder hält die Augen offen. Die Gefahren der Terror-Vorsorge. In: SZ, 1.8.2005.
  • Das Prinzip Freiheit, in: Ulrike Ackermann (Hrsg.), Plädoyers für eine offene Gesellschaft. Berlin 2007. 40-61.
  • Amok, der Rausch absoluter Macht. In: Tages-Anzeiger, 13.3.2009.

Interviews

Literatur

  • Michael Saager: Die Zukunft der Gewalt. Wolfgang Sofsky ist der Nahkämpfer unter den Gewaltsoziologen. In: Jungle World Nr. 52/2002.
  • Martin Endreß: Entgrenzung des Menschlichen. Zur Transformation der Strukturen menschlichen Weltbezuges durch Gewalt, in: Wilhelm Heitmeyer/Hans-Georg Soeffner (Hrsg.), Gewalt. Entwicklungen, Strukturen, Analyseprobleme. Frankfurt am Main 2004. 174-201.

Fußnoten und Einzelnachweise

  1. W. Sofsky: ErlesenZerlesen, in: SZ, 9.3.1995.

Weblinks


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