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Spanische Wegschnecke Spanische Wegschnecke
Systematik Klasse: Schnecken (Gastropoda) Ordnung: Lungenschnecken (Pulmonata) Unterordnung: Landlungenschnecken (Stylommatophora) Familie: Wegschnecken (Arionidae) Gattung: Arion Art: Spanische Wegschnecke Wissenschaftlicher Name Arion vulgaris Moquin-Tandon, 1855 Die Spanische Wegschnecke (Arion vulgaris[1], syn. Arion lusitanicus auctt. non Mabille, 1868), auch Kapuzinerschnecke[2], Große Wegschnecke oder Lusitanische Wegschnecke[3] genannt, ist eine 8 bis 12 Zentimeter lange Nacktschnecke. Sie gehört zu der Ordnung der Lungenschnecken (Pulmonata). In Nutzgärten und landwirtschaftlich genutzten Flächen stellt die nach Mitteleuropa eingeschleppte Schnecke eine große Plage dar.
Inhaltsverzeichnis
Namensgebung und ursprüngliches Vorkommen
Die Spanische Wegschnecke erscheint in der Literatur unter dem wissenschaftlichen Namen Arion vulgaris, eingeführt 1858 von Alfred Moquin-Tandon und Arion lusitanicus, eingeführt 1868 von Jules François Mabille. Arion lusitanicus ist eine in der Serra da Arrábida (in der Nähe von Lissabon /Portugal) endemische Art[4]. Der Name wurde nach 1956 irrtümlich auf die Art angewendet, die sich in Mitteleuropa auszubreiten begann und zunächst in Frankreich und der Schweiz auftrat[5][6]. Erst 1997 wurde erkannt, dass die Artbestimmung ein Irrtum war und dass die Schnecke zu einer bis dahin kaum bekannten Art aus Westfrankreich gehört, die 1855 als Arion vulgaris beschrieben worden war. Die Art kam ursprünglich in Westfrankreich oder Südwestfrankreich und möglicherweise auf der Iberischen Halbinsel vor und hat sich seit den 1970er Jahren rasant in Mitteleuropa verbreitet.
Ob die Art tatsächlich in Spanien lebt, ist nicht bekannt. Meldungen, die Art sei ursprünglich mit Gemüse aus Spanien eingeschleppt worden, sowie der Trivialname "Spanische Wegschnecke", basieren auf der zwischen 1956 und 1997 allgemein akzeptierten irrtümlichen Annahme, es handele sich um Arion lusitanicus Mabille, 1868 aus Portugal (es wurde vermutet, die Art würde auch in Spanien leben). Auch Meldungen nach 1997 bzw. 1999 beziehen sich oftmals noch auf Informationen, die vor 1999 publiziert wurden, und reflektieren damit den veralteten Kenntnisstand[7] (oft daran zu erkennen, dass in solchen Artikeln der Name Arion lusitanicus benutzt wird). 1997 wurden die neuen Erkenntnisse in einer regionalen spanischen Fachzeitschrift publiziert[8], was zunächst außerhalb Spaniens unbemerkt blieb, bis 1999 in einem bedeutenden Molluskenatlas in England darauf aufmerksam gemacht wurde[9].
Ausbreitung über Europa
Die Schnecke breitet sich als Neozoon seit Jahren in Mitteleuropa aus. In Deutschland wurde sie erstmals auf der deutschen Rheinseite, gegenüber von Basel, von G. Schmid 1969 gefunden.[10] Danach wurde die Spanische Wegschnecke in Deutschland häufiger gefunden. Bereits 1980 besiedelte sie weite Teile von Süddeutschland. In Österreich wurde die Spanische Wegschnecke erstmals 1972 entdeckt.[11] Allerdings dürfte sie schon wesentlich früher eingeschleppt und bis dahin übersehen worden sein, denn schon ein Jahr später verursachte sie in weiten Teilen des Weinviertels und des Marchfeldes in Gärten massive Schäden.[3] Bereits 1960 wurden erste Exemplare in der Schweiz und 1965 in Italien gefunden. 1991 wurde die Spanische Wegschnecke erstmals in Dänemark und 1996 in Polen gesichtet. Im südschwedischen Schonen war sie bereits 1975 angekommen, in Südnorwegen 1988 und in Südfinnland 1990.[12][13]
Bei feuchtwarmem Wetter kann die Vermehrung der Spanischen Wegschnecke extreme Ausmaße annehmen. So wurden im Sommer 2007 in Großbritannien bis zu 1.000 Exemplare pro m² gezählt. Sie ist mittlerweile die häufigste Nacktschnecke[7] und eine der häufigsten Schneckenarten in Deutschland, mit bis zu 12 Exemplaren pro m² Kulturfläche.[14]
Körper, Stoffwechsel und Lebensweise
Die Hautfärbung der Spanischen Wegschnecke ist sehr variabel, meist schmutzig-bräunlich, rötlich bis orangegelb. Von der einheimischen Großen Wegschnecke (Arion rufus) kann sie meist nur durch Sezieren unterschieden werden. Die Jungtiere können noch relativ einfach unterschieden werden: A. rufus ist einfarbig cremeweiß mit schwarzen Fühlern, während A. vulgaris eine orange beziehungsweise gelbe Zeichnung mit breiten dunkleren Seitenbändern aufweist.[15]
Die Nahrung besteht meist aus saftigen Pflanzen und Aas. Sie wird wie bei vielen Schnecken mit einer Raspelzunge (Radula) zerkleinert. Die Radula ähnelt einem mit mikroskopisch kleinen Zähnen bestückten elastischen Band, dem Radulaband. Dieses Band wird über einen knorpeligen Kern geführt. Die Radulazähnchen raspeln dabei die Nahrung klein und transportieren sie in den Pharynx (Schlund) der Schnecke.[16] Kannibalismus ist bei der Spanischen Wegschnecke häufig.
Bei Gartenbesitzern und Landwirten[17] ist die Spanische Wegschnecke als Schädling gefürchtet. Die Spanische Wegschnecke bevorzugt dabei bestimmte Pflanzen, wie beispielsweise die Tagetes (Studentenblume), Baldrian und Weißen Diptam, auch Kürbis- und Melonenpflanzen werden gerne gefressen.[18] Bei Nahrungsknappheit, beispielsweise durch hohe Populationsdichten, frisst die Spanische Wegschnecke nahezu alle Pflanzen.[7] Lebende Teile wild wachsender und ungezüchteter Pflanzen werden jedoch in der Regel gemieden, da diese im Lebendzustand Substanzen enthalten, die die Schnecke meidet. Bei vielen gezüchteten Pflanzen wurden diese natürlichen Abwehrmechanismen herausgezüchtet, oftmals absichtlich, entweder um sie für den Menschen genießbar zu machen (Salat, Gemüse) oder um die Produktionskosten zu senken (Zierblumen).[6] Aufgrund des Fehlens dieser Substanzen werden die lebenden Teile dieser Pflanzen von der Schnecke irrtümlich für abgestorbene Pflanzenteile gehalten.
Zwischen der Körperlänge und der Aktivität gibt es einen direkten Zusammenhang. Längere Exemplare sind deutlich aktiver als kürzere. Unter Laborbedingungen verbrachten die Spanischen Wegschnecken 68 % der Zeit mit Ruhen, 27 % der Zeit waren sie in Bewegung und lediglich 4 % der Zeit waren sie mit der Nahrungsaufnahme beschäftigt. Die Nahrungsaufnahme fand meist in der Dunkelheit (76 %) statt. Zwischen einzelnen Individuen gab es jedoch erhebliche Unterschiede. Die Laborergebnisse stimmen mit den Beobachtungen in der freien Natur weitgehend überein.[19]
Paarung und Reifung
Spanische Wegschnecken sind wie alle Landlungenschnecken Zwitter. Das heißt, sie können sich gegenseitig begatten. Wenn zwei paarungswillige Schnecken sich begegnen, beginnt ein meist mehrstündiges Paarungsritual. Dabei verschlingen sich die beiden Tiere ineinander und tauschen über ihre Penes ein schleimiges Samenpaket, die sogenannte Spermatophore aus. Im Körperinneren werden die eigenen Eizellen mit dem Sperma des Partners befruchtet. Einige Tage bis Wochen später legen die Schnecken unabhängig voneinander ihre 200 bis 400 Eier[20] in mehrere geschützte Gelege ab. Die Jungtiere schlüpfen im Spätherbst oder Februar/März. Sie haben dann eine Körperlänge von ca. 10 mm. Bis zum Spätsommer erreichen sie die volle Körperlänge.[17] Die Spanische Wegschnecke ist univoltin (eine Generation pro Jahr) und semelpar (nur ein Fortpflanzungszyklus).[21][22]
Natürliche Feinde
Wegen der starken Absonderung eines bitteren Schleims wird die Spanische Wegschnecke von Igeln oder Kröten meist verschmäht. Sie ist auch – im Vergleich zur Großen Wegschnecke – gegen Trockenheit vergleichsweise wenig empfindlich.[2]
Indische Laufenten verschmähen Spanische Wegschnecken dagegen nicht.[20] Mittlerweile gibt es sogar die Möglichkeit, Laufenten zur Bekämpfung einer Schneckenplage im eigenen Garten zu mieten.[23]
Der einheimische Gemeine Grabkäfer (Pterostichus melanarius) frisst bevorzugt die Eier der Spanischen Wegschnecke. Versuche, den Käfer in Gebieten mit Schneckenplage einzusetzen, zeigten aber nicht den erwarteten Erfolg.[24] Durch eine feinkörnige Bodenstruktur, die durch Mulchen unterstützt wird, lassen sich die nützlichen Laufkäfer anlocken.[25]
In der Schweiz verliefen erste Versuche mit parasitischen Fadenwürmern (Nematoden) gegen die Spanische Wegschnecke recht erfolgreich.[14] Zur Anwendung geeignet ist dabei die Nematode Phasmarhabditis hermaphrodita.[26][27] Auch das Bakterium Moraxella osloensis wird als biologisches Mittel gegen die Spanische Wegschnecke diskutiert[28], obwohl es gelegentlich auch humanpathogen sein kann.[29]
In verschiedenen Publikationen wird die These vertreten, dass die geschützte Weinbergschnecke unter anderem die Gelege der Spanischen Wegschnecke frisst. Dies wird jedoch von anderen Autoren bestritten.[3]
Bekämpfung
Neben der Bekämpfung mit natürlichen Feinden gibt es weitere Optionen, auf Schäden durch die Spanische Wegschnecke zu reagieren. Im Biolandbau liegt der Schwerpunkt bei vorbeugenden Maßnahmen, da chemische Mittel nicht angewendet werden dürfen.[17]
Hausmittel
Das bekannteste Hausmittel gegen Nacktschnecken ist die sogenannte Bierfalle. Zwar lassen sich damit Schnecken direkt und kostengünstig vernichten, jedoch zieht sie auch Schnecken aus der Umgebung an, die dann auf ihrem Weg zur Falle Fraßschäden anrichten und Eier ablegen können.
In Kaffeepulver enthaltenes Koffein ist für Schnecken ein starkes Gift. Bereits das Beträufeln mit einer Lösung, die 0,5 % Koffein enthält, führte in Laborversuchen nach spätestens vier Tagen zum Tod. Zur Schneckenbekämpfung ist Filterkaffee wegen des höheren Koffeingehaltes geeigneter als löslicher Kaffee.[30] Die Düngung mit unverdünnter Gülle oder mit frischem Biogaskompost schadet den Nacktschnecken.[17]
Beim Anbau von Spargel hat sich in den Niederlanden der Einsatz von Kochsalz (Natriumchlorid) bewährt. Die Spanische Wegschnecke ist, wie die anderen Nacktschnecken auch, gegenüber Salz sehr empfindlich. Die Anwendung von Salz ist jedoch nur bei Spargel möglich, da dieser hohe Salzkonzentrationen verträgt. Die Salzdosis liegt bei ca. 2.000 kg pro Hektar und muss zweimal im Jahr erfolgen.[31]
Mechanische Maßnahmen
Im Bereich von Kleingärten haben sich Schneckenzäune oder sogenannte Schneckenkragen bewährt.[32] Allerdings helfen sie nur gegen von außen eindringende Schnecken und nicht gegen Tiere oder Eigelege, die sich bereits innerhalb des Schutzes befinden. Es sind verschiedene Bauweisen kommerziell erhältlich.[31] Eine wichtige präventive Maßnahme ist es, den Boden des Saatbettes so vorzubereiten, dass ein möglichst feines Saatbett ohne Hohlräume entsteht. Damit entzieht man den Nacktschnecken Unterschlupfmöglichkeiten.[17]
Die einfachste Maßnahme ist das Einsammeln der Schnecken und anschließende Abtöten mit heißem Wasser. Das oft empfohlene „Durchschneiden“ ist weniger empfehlenswert, da die toten Tiere ihre Artgenossen anlocken.[25]
Kommerzielle chemische Mittel (Molluskizide)
Die als Schneckenkorn bezeichneten handelsüblichen Mittel können aus verschiedenen Wirkstoffen aufgebaut sein.[25] Allgemein bezeichnet man chemische Wirkstoffe zur Schneckenbekämpfung als Molluskizide.
Schneckenkorn mit dem Wirkstoff Eisen(III)-phosphat bekämpft selektiv Schnecken, einschließlich der unter Naturschutz stehenden Weinbergschnecke sowie andere Gehäuseschneckearten. Vom Einsatz von Schneckenkorn wird daher meist abgeraten.[25] Für den landwirtschaftlichen Einsatz zum Schutz von Kopfsalat und Raps liegen positive Studienergebnisse vor, die Eisen(III)-phosphat als Mittel der Wahl und vorteilhaft gegenüber anderen chemischen Mitteln darstellen.[33]
Im Gegensatz zu Eisen(III)-phosphat wirken Metaldehyd und Methiocarb nicht selektiv gegen Schnecken. Metaldehyd bewirkt eine starke Schleimsekretion bei den Schnecken, sodass sie durch Austrocknung verenden. Methiocarb wirkt als Nervengift. Dabei werden die Schnecken zunächst hyperaktiv, verlieren dann den Muskeltonus und sterben.[34] Der Einsatz beider Wirkstoffe ist umstritten, da sie Böden und Gewässer belasten und auch Vögel und Igel schädigen können.[25]
Die Spanische Wegschnecke als Tiermodell
Der Nacktschnecken-Schleimhaut-Reizungstest (Slug Mucosal Irritation test) ist eine vielversprechende toxikologische Untersuchungsmethode für die Toleranzbestimmung eines Produktes, das für die Schleimhäute eingesetzt werden soll. Der Test, in dem die Spanische Wegschnecke als Tiermodell verwendet wird, ist bereits heute eine zuverlässige Testmethode, um Chemikalien in drei Gruppen augenreizender Stoffe einzuteilen. Dies geschieht anhand der Menge des produzierten Schleimes und des Grades der Gewebezerstörung bei der Schnecke. Beim Kontakt mit reizenden Substanzen produzieren die Versuchstiere Schleim, um den Körper zu schützen. Die Abgabe von Proteinen und Enzymen (LDH und ALP)[35] von der Haut der Tiere ist ein Maß für die Gewebezerstörung.[36] Für diese Tierversuche wurden bisher ausschließlich belgische Exemplare der Spanischen Wegschnecke verwendet. Eine vergleichende Studie mit Schweizer Exemplaren von A. vulgaris zeigte, dass die Herkunft der Tiere keine Rolle spielt und die gleichen Resultate erhalten werden.[37]
Ein Beispiel für die Anwendung der Nacktschnecken als Versuchstiere ist die Entwicklung vaginal applizierter Medikamente.[38] Der Test ist prinzipiell für feste[39][40], halbfeste[41] und flüssige[37] Rezepturen geeignet. Das Verfahren ist auch dazu geeignet, den sehr umstrittenen[42] Draize-Test („Kaninchenaugentest“)[43] zukünftig zu ersetzen.[44]
Wissenswertes
Auf mit Schwermetallen belasteten Böden nimmt die Spanische Wegschnecke große Mengen an Cadmium auf. Exemplare, die bei Braubach eingesammelt wurden, akkumulierten das Metall vornehmlich im Mitteldarm, gebunden an ein Protein mit einer molaren Masse von ca. 15 kDa.[45]
Im 2007 von einer Schneckenplage betroffenen Dänemark wurde eine nationale Strategie gegen die Spanische Wegschnecke erarbeitet. Dabei gab es aus dem Umweltministerium den Vorschlag, Arbeitslose gegen Schnecken einzusetzen.[46]
Einzelnachweise
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Weblinks
Commons: Spanische Wegschnecke – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien- www.test.de, Schneckenbekämpfung – Mord im Morgengrauen, Stiftung Warentest, Juni 2001
- www.weichtiere.at, Die Ernährung der Schnecken, u. a. REM-Aufnahmen der Radula der Spanischen Wegschnecke
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