Steckbeckenspüler

Steckbeckenspüler
Steckbeckenspüler

Ein Steckbeckenspüler, auch Steckbecken-Spülgerät, Steckbecken-Spülautomat oder Fäkalienspüle genannt, reinigt und desinfiziert neben Steckbecken (Bettpfannen), Urinflaschen und Nierenschalen auch Waschschüsseln und Stuhleimer und Sauggläser. Eingesetzt werden Steckbeckenspüler in Krankenhäusern und Alten- sowie Pflegeheimen. Die Desinfektion kann nur thermisch oder nur chemisch oder chemo-thermisch erfolgen. Bei letzterer Methode kann Desinfektionsmittel im Dampf gelöst in die Raumluft übergehen und die Atemwege reizen und schädigen sowie Allergien auslösen. Die korrekte Bezeichnung nach der Norm DIN EN ISO 15883 ist „Reinigungs- und Desinfektionsgerät für Behälter für menschliche Ausscheidungen“.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die ersten Steckbeckenspüler wurden von Walter Fischer aus Stuttgart in den 1930er Jahren gebaut. Die von ihm gegründete Firma KODRA (Kunstwort aus: KOmbinierte Desinfektions und ReinigungsApparate) besteht heute noch. Der reinigende Wasserstrahl wurde früher mit einem Hebelsystem von außen manuell gelenkt.

Heute verfügen Steckbeckenspüler über Mikroprozessorsteuerungen. Diese ermöglichen je nach Spülgut ein spezifisches Waschprogramm mit verschiedenen Durchläufen. Angesteuert werden rotierende und starre Reinigungsdüsen, die je nach Beschaffenheit des Spülgutes angeordnet sein müssen.

Funktion

Die Reinigungsprogramme sehen vor, dass zuerst mit Kaltwasser vorgereinigt wird, damit die Schmutzstoffe gelöst werden und in den Abfluss fließen können - zudem wird eine Koagulation der in den Fäkalien enthaltenen Eiweiße vermieden. Danach folgen ein oder mehrere Spülgänge mit Warmwasser ggf. unter Zudosierung von Reinigungschemikalien. Die Reinigung erfolgt nicht im Umlaufprinzip wie bei Spülmaschinen. Das Reinigungswasser fließt nach Einbringung auf das Pflegegeschirr in der Spülkammer direkt in den Abfluss. Dies geschieht zum einen aus hygienischen Gründen, da die Pflegegeschirre aufgrund des Fäkalieninhaltes hochgradig mit Bakterien verunreinigt sind. Außerdem handelt es sich bei dem Stuhl um feste Partikel, die sich nicht zum Umlauf eignen, sondern Pumpe und Siebe bei jedem Spülgang verstopfen würden.

Bei thermischer Desinfektion in Reinigungsdesinfektionsautomaten wird über eine bestimmte Haltezeit, das Zeitfenster, in der die Temperatur konstant gehalten wird, das Spülgut mit Hitze desinfiziert. Das Maß der Einwirkung auf die pathogenen Keime wird dabei durch den sogenannten A0-Wert als Funktion aus Temperatur und Zeit dargestellt. Als ausreichend gelten über 60 Sec. 80 °C. Nach der Norm DIN EN ISO 15883-1 + 3 ist jetzt ein A0-Wert, der größer als 60 ist, vorgegeben worden, der der Fläche unterhalb der Temperaturkurve oberhalb einer Temperatur von 60 °C entspricht. [1]

Manche Geräte können jedoch sogar 93 °C über 10 Minuten halten. Der Energieverbrauch steigt allerdings bei unnötig langer Desinfektion erheblich an, ohne einen zusätzlichen Nutzen zu erbringen.

Mit Hausdampf sind faktisch 120 °C über einen sehr langen Zeitraum möglich. Nachteilig sind hierbei der hohe Energieverbrauch durch die ständige Bereithaltung von Dampf und die Installationskosten und der Wartungsaufwand für die im Haus verlegten Dampfleitungen. Hinzu kommt die unerwünschte Aufheizung des Gebäudes, dadurch steigen die Energiekosten (Kühlanlage) im Sommer nochmal erheblich. Diese Art der Dampfdesinfektion nennt sich „zentral thermisch“ gegenüber dem dezentral-thermischen Verfahren, bei dem der drucklose Dampf im Gerät selber produziert wird. Die thermische Wirksamkeit muss in jährlichen Wartungsintervallen mithilfe von Thermologgern nachgewiesen werden.

Bei chemischer Desinfektion wird das Spülgut mit in Wasser verdünntem Desinfektionsmittelkonzentrat besprüht. Dadurch ist eine Reinigungszeit von wenigen Minuten möglich. Die Desinfektionszeit beträgt jedoch mindestens 60 Minuten, da die Desinfektionsmittellösung solange einwirken muss, um die Keime zu reduzieren. [2] Höhere Konzentrationen des Desinfektionsmittel in der Lösung können die nötige Einwirkzeit verkürzen, erzeugen aber mehr schädliche Dämpfe, die die Atemwege schädigen und Allergien verursachen können. [3]

Steckbeckenspüler sind Medizinprodukte der Klasse IIa Medizinproduktegesetz (MPG), das auf der Richtlinie 93/42/EWG über Medizinprodukte beruht, und unterliegen damit der Medizinprodukte-Betreiberverordnung (MPBetreibV). Allerdings sind davon nur Geräte, in denen die thermische Desinfektion angewandt wird, betroffen. Bei den thermischen desinfizierenden Steckbeckenspülern sind nach dem Spülen und daran anschließender thermischer Desinfektion die Steckbecken bei der Entnahme aus dem Gerät vollständig desinfiziert. Dadurch die Zweckbestimmung – die Desinfektion – bereits im Steckbeckenspüler erfüllt und es handelt sich bei dem thermischen Steckbeckenspüler um ein Medizinprodukt. [4]


Die Steckbecken in chemischen Geräten sind nach dem Spülen und dem anschließenden Einsprühen mit Desinfektionsmittellösung noch nicht desinfiziert, wenn das Gerät zur Entnahme der Steckbecken entriegelt wird. Erst nach einer Einwirkzeit von 60 Minuten ist die Desinfektion vollzogen. [5] Die Zweckbestimmung – die Desinfektion – ist nach Ablauf des Spülprogrammes noch nicht erfüllt. Nur chemisch arbeitende Spülen werden daher auch als Steckbeckenspülapparate, vorgerichtet für chemische Desinfektion bezeichnet und sind kein Medizinprodukt.

Ein Problem bei der Verwendung chemisch desinfizierender Geräte ist die mangelnde Prozesssicherheit. Oftmals werden vom Anwender die geforderten Wartezeiten nicht eingehalten und die Steckbecken nach wenigen Minuten den Patienten wieder zugeführt. Durch diese Praxis entsteht eine doppelte Gefährdung des Patienten: einmal über die mangelhafte Desinfektion, zum zweiten durch den Kontakt mit dem Desinfektionsmittel. In der Praxis setzt sich daher die vom RKI ausdrücklich empfohlene thermische Desinfektion als die ausgereiftere Lösung durch.

Ein besonderer Aspekt ist der Umbau von chemisch desinfizierenden Anlagen auf thermisch desinfizierende. Bereits im Betrieb befindliche Geräte werden dabei vor Ort auf dezentral-thermische Desinfektion umgerüstet. Auch alte, aber bereits thermisch desinfizierende Steckbecken-Spülgeräte können so modernisiert werden. Allerdings gibt es Stellungnahmen (z.B. TÜV Österreich), die dieses Vorgehen einer Geräteneuentwicklung gleichstellen, womit bei jedem einzelnen umgebauten Gerät eine separate Typprüfung erforderlich wäre.

Einwegsteckbeckenschredder als Alternative

Es existieren auch Geräte, die Einwegsteckbecken aus Pappe schreddern und im Abwasser entsorgen. Sie sind in der Anschaffung billig. Die Folgekosten für die Einwegsteckbecken sind nach einiger Zeit aber höher als Anschaffungskosten und Folgekosten des Steckbeckenspülers zusammen. Überdies sind Einwegsteckbeckenschredder nach Behördenangaben in Deutschland nicht zulässig.[6]

Einzelnachweise

  1. Aseptica: Normentwurfe DIN EN ISO 15883
  2. Universität Tübingen: Aufbereitung von Medizinprodukten, S. 9
  3. Universität Wien: Desinfektion, Hauptvorlesung Hygiene Professor Koller, Chemische Desinfektion, S. 20 (PDF)
  4. Fachvereinigung Krankenhaustechnik e.V.: Neue gesetzliche Anforderungen für Reinigungs- u. Desinfektionsgeräte (PDF)
  5. Universität Wien: Desinfektion, Hauptvorlesung Hygiene Professor Koller, Chemische Desinfektion (PDF)
  6. Scherrer, König, Kümmerer: Entsorgungssysteme Patientenausscheidungen (PDF)

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